Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 237 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Ueber die Verwendung von Diesel-Maschinen zum Antrieb von
großen Seeschiffen schreibt W. Kaemmerer in der
Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure, der wir das Nachfolgende
entnehmen.
Eine der ersten Firmen, die sich mit dem Bau von Schiffs-Diesel-Motoren befaßte, war die Firma Frerichs &
Co., Osterholz-Scharmbeck. Nachdem diese Werft zuerst einen Heringslogger
mit einem kleinen 80 pferdigen Zweizylinder-Diesel-Motor
ausgestattet und Erfahrungen mit demselben gesammelt hatte, baute sie auch ein
Verkehrs- und Schleppboot mit einem 200-pferdigen direkt umsteuerbaren
Vierzylinder-Diesel-Motor. Neuerdings hat sich die
Werft aber auch dem Bau von größeren Diesel-Schiffen
zugewendet und zu diesem Zweck das Ausführungsrecht für die Junkers-Maschine erworben. Nach den Mitteilungen des Direktors der
Gesellschaft auf der vorjährigen Hauptversammlung der Schiffbautechnischen
Gesellschaft hat die Werft eine neue, besonders praktische Bauart dieses Systems
geschaffen. Zurzeit ist die Frerichs-Werft mit der
Herstellung zweier 650 pferdigen Junkers-Maschinen für
ein Tankschiff der Deutsch-Amerikanischen Petroleum-Gesellschaft
beschäftigt. Das Schiff erhält eine Tragfähigkeit von 4000 Ladetonnen, seine Länge
beträgt 90 m zwischen den Loten, und seine Breite über Hauptspant bei rd. 8 m
Seitenhöhe beträgt der Tiefgang im beladenen Zustand 6,5 m.
Der im Achterteil des Schiffes befindliche Maschinenraum enthält die oben erwähnten
beiden 650 pferdigen Diesel-Maschinen, deren Achsen
leicht divergierend angeordnet sind. Ferner längs des Querschotts die aus zehn
Flaschen bestehende Batterie für die Druckluft, eine Ballastpumpe und eine Donkey-Pumpe, seitwärts an der Bordwand eine
Kühlwasserpumpe, einen mit Dampf betriebenen Hilfskompressor, gekuppelt mit
einer Hilfs-Lenz-Pumpe, und vor dem hinteren
Maschinenraumschott eine Diesel-Dynamo für die
Schiffsbeleuchtung. In dem darüberliegenden Deckshaus befinden sich Wohnräume und
ein Dampfkessel zum Betrieb der Hilfsmaschinen. Die Hauptmaschinen bezitzen je drei
Zylinder von 390 mm ∅ und 450 mm Hub. Der Spülpumpen- und der zweistufige
Kompressorzylinder sind übereinander angeordnet und bilden gleichsam den vierten
Zylinder der Maschine.
Drei andere Diesel-Tankschiffe läßt die Deutsch-Amerikanische Petroleum-Gesellschaft bei der Germaniawerft in Kiel erbauen, über die an dieser Stelle
schon berichtet wurde. Zwei von diesen Schiffen haben ein Deplacement von je 7770 t
und das dritte ein solches von 15000 t. Die Längen betragen 122 bezw. 160 m, die
Breiten über Hauptspant 16 bezw. 20 m und die Geschwindigkeit etwa 10 kn.
Die beiden kleineren Schiffe erhalten je zwei sechszylindrige einfachwirkende
Zweitakt-Diesel-Maschinen, welche bei 140 minutl.
Umdrehungen je 1150 PSe leisten.
Jede Maschine besteht aus zwei Zylindergruppen von je drei Zylindern, die unabhängig
voneinander betrieben werden können. Die Maschinen gleichen in ihrem äußeren Aufbau
ungefähr den in Heft 4, Jahrg. 1912 von D. p. J. beschriebenen Kreuzkopf-Diesel-Maschinen der Grazer
Waggon- und Maschinenfabrik A.-G. Sie besitzen
jedoch nicht wie diese eine besonders eingesetzte Zylinderbuchse, letztere ist
vielmehr mit dem Zylinderkopf und dem ringförmigen Auspuffsammler aus einem Stück
gegossen, das dichtend in den besonders hergestellten Zylindermantel paßt. Die
Spülpumpen sind ähnlich wie bei manchen Dampfmaschinen die Kondensatorluftpumpen an
der Rückseite der Maschinenständer angeordnet und werden vom Kreuzkopf aus mittels
Lenker, Schwinge und Schleppkurbel angetrieben. Die Schleppkurbel betätigt dabei gleichzeitig die
Kühlwasser- und Lenz-Pumpe. Als Einblasekompressoren
dienen zwei besondere von kleineren Diesel-Maschinen
angetriebene Kompressoren, von denen ein einziger genügt, um beide Hauptmaschinen
mit Einblase- und Anlaßluft zu versorgen. Interessant ist, daß die Auspuffgase der
Hauptmaschinen zum Vorwärmen der zum Betrieb der Ruderrnaschinen verwendeten
Druckluft benutzt werden. Zum Betrieb einer Reihe weiterer Hilfsmaschinen wird Dampf
verwendet. An Bedienungskosten werden bei dem Schiff jährlich 7 bis 8000 M gespart.
Das 15000 t-Schiff erhält zwei Diesel- Maschinen von je
1750 PSe.
Zwei andere deutsche Werften, die Schiffswerft Johann C.
Tecklenborg in Bremerhaven-Geestemünde und die Reiherstieg-Schiffswerfte in
Hamburg, verwenden bei ihren Diesel-Schiffen Motoren nach der Bauart von Carels Frères, für die sie Lizenz erworben haben. Diese
sämtlichen Maschinen sind einfachwirkend und für Leistungen bis etwa 800 PSe in Viertaktausführung, darüber hinaus in
Zweitaktausführung gebaut.
Tecklenborg hat zunächst eine sechszylindrige
schnellaufende Diesel-Maschine ausgeführt, welche bei n =
330 minutl. Umdr. 200 PSe leistet. Der
Zylinderdurchmesser dieser Maschine beträgt 240 mm, der Hub 360 mm. Der Kompressor
ist als Zwillingsverbundkompressor in stehender Anordnung ausgeführt und wird direkt
von der Kurbelwelle aus angetrieben. Die Arbeitszylinder sind paarweise im Block
gegossen. Die Triebwerksteile unterscheiden sich nicht wesentlich von denen bisher
bekannter Typen. Die Kurbelwanne zeigt eine beträchtliche Neigung der Bodenfläche
nach dem Ende hin, an welchem sich die Oelpumpen befinden, eine bei großen Diesel-Maschinen immerhin ungewöhnliche Ausführung. Der
Motor wird umgesteuert durch Verschieben der Steuerwelle. Für ein bei Johann Tecklenborg gebautes Frachtschiff der Deutschen Dampfschiffahrt-Gesellschaft Hansa von 2650 t
Tragfähigkeit ist ein 1500-pferdiger einfachwirkender Zweitakt-Diesel-Motor vorgesehen von derselben Bauart, wie er kürzlich im
Engineering beschrieben wurde. Rahmen und Unterbau liefert unseres Wissens die Firma
Tecklenborg, die Zylinder Carels Frères, Die Hauptmaschine besitzt sechs Zylinder von 510 mm ∅ und
920 mm Hub in Zwillingsgruppenanordnung und macht 130 minutl. Umdr. Die
Kolbengeschwindigkeit erreicht somit nur den mäßigen Wert von 4 m i. d. Sek. Die
Gestelle bestehen aus je zwei kräftigen Stahlgußbalken von der bei Dampfmaschinen
bekannten Bauart. Die Kreuzköpfe sind aber trotzdem nur eingleisig ausgeführt. Die
Kurbelwelle besteht aus drei Teilen, die durch Flanschenkupplungen verbunden sind.
Zwei mittels Schwingen von den Kreuzköpfen aus angetriebene doppeltwirkende
Spülpumpen versehen die Maschine mit Spül- und Ladeluft. Am vorderen Ende der
Maschine befindet sich der auch in D. p. J. näher beschriebene dreistufige
sternförmig gebaute Einblaskompressor, Bauart Reavell.
Interessant ist die Umsteuerung der Maschine. Durch einen Handhebel wird unter
Zuhilfenahme von Druckluft die Hauptsteuerwelle der Maschine verdreht und eine vor
dieser liegende Manöverwelle in seitlicher Richtung verschoben (s. auch Engineering
vom 19. I. 12).
Die Vorrichtung zum Verstellen der Steuerung ist mit der Anlaßvorrichtung so
verblockt, daß das Anlassen erst erfolgen kann, nachdem die Steuerungsverstellung
beendet ist. Das Ausschalten der Druckluft und der Uebergang vom Druckluft- zum
Brennstoffbetrieb erfolgt für die einzelnen Zylinder nacheinander.
An Hilfsmaschinen sind im Schiff vorhanden ein dreistufiger Hilfskompressor, der von
einer 100 pferdigen Diesel-Maschine betrieben wird, ein
Dampfkompressor, ein Dampfkessel, eine Motordynamo für Licht, eine elektrische
Ballastpumpe, ein Kondensator, eine Speisepumpe und eine Dampf-Lenz-Pumpe. Die Druckluft für das Einblasen des Brennstoffs und das
Manövrieren wird in einer Batterie von fünf großen Stahlflaschen aufgespeichert. Die
Rudermaschine wird mit Druckluft von 7 bis 15 at betrieben, während für die
Ladewinden und Ankerspills Dampfbetrieb vorgesehen ist.
Für das Tankschiff „Excelsior“ der Deutsch-Amerikanischen Petroleumgesellschaft in Hamburg hat die Reiherstiegschiffswerft den Auftrag für den Einbau einer
Diesel-Maschinenanlage erhalten. Das Schiff faßt 3700
Brutto-Registertonnen und besaß bisher eine Dampfmaschine als Antriebskraft. Die
einzubauende Diesel-Maschine erhält sechs Zylinder von je
600 mm ∅ und 1100 mm Hub und soll bei 100 minutl. Umdr. 1800 PSe leisten. Sie ist als einfachwirkende
Zweitaktmaschine gebaut und gleicht der vorhin beschriebenen Maschine von Tecklenborg. An Hilfsmaschinen werden eingebaut: Ein
kleiner mittels Dampfmaschine betriebener Kompressor zur Erzeugung der ersten
Druckluft für die Inbetriebsetzung, ein mit Diesel-Motor
angetriebener Kompressor, welcher im normalen Betrieb die Einblaseluft liefert, eine
Lichtdynamo mit Oelmotorantrieb, eine Ballastpumpe und eine mittels Elektromotor
betriebene Brennstofförderpumpe. Die Rudermaschine besitzt auch hier
Druckluftantrieb, während Ankerspill und Ladepumpe Dampfantrieb erhalten haben. Zur
Erzeugung des Dampfes wird ein kleiner, mit Oelfeuerung ausgestatteter liegender
Dampfkessel verwendet.
Alle diese Ausführungen und noch weitere im Bau befindliche lassen mit aller
Deutlichkeit erkennen, daß das Jahr 1912 in der Frage der Ersetzung des
Dampfantriebs großer Seeschiffe durch Oelmotoren große Neuerungen und eine
gründliche Umwälzung bringen wird. [Zeitschrift d. V, d. I. 24. Februar 1912.]
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Ueber Kautschuk und seine Prüfung berichtet Professor Memmler in der Gummizeitung, Jahrgang 1912 Nr. 15.
Die bisher übliche chemische Prüfung des Kautschuks, bei der durch Analyse der Gehalt
an Kautschuk, Harzstoffen, Schwefel, organischen und anorganischen Füllstoffen bestimmt wurde, gab
zwar ein Bild über die chemische Zusammensetzung, über den mehr oder weniger großen
Reichtum des Fabrikats an wirklichem Kautschuk, nicht aber über die mechanischen
Eigenschaften des Fabrikats, auf die es in letzter Linie ankommt. Wichtig sind vor
allem die Elastizität, die Festigkeit, das Dehnungsvermögen, die
Widerstandsfähigkeit gegen Abnutzung und gegen den zerstörenden Einfluß der Zeit.
Prüfungsmethoden zur Ermittlung der oben erwähnten Eigenschaften sind also den rein
chemischen Methoden vorzuziehen. Man hat, um die Zugfestigkeit des Gummis zu
bestimmen, aus Weichgummi streifenförmige Stücke herausgeschnitten, die an beiden
Enden in der Zerreißmaschine festgeklemmt wurden. Diese Methode lieferte aber nur
schlechte Resultate. In der Folge hat man dann ringförmige Probekörper aus Plattem,
von ungefähr quadratischem Querschnitt ausgestanzt und auf Festigkeit untersucht.
Der so gewonnene Gummiring wurde mittels einer von Schopper-Dalén konstruierten Maschine über zwei
drehbare Rollen gelegt, die ihren Abstand ständig vergrößerten, indem ein
zylindrischer Kolben auf den unteren Ring einwirkte. Gleichzeitig erhielt die sich
entfernende Rolle eine fortschreitende Drehung, so daß der Probering allmählich über
die Rollen wanderte und die etwa durch Reibung an den Auflagestellen auftretenden
lokalen Spannungen beseitigt wurden. Eine weitere Vorrichtung, um die Abnutzbarkeit
des Weichgummis zu bestimmen, gibt Professor Martens in
Groß-Lichterfelde an. Bei seinem Apparat läuft eine Gummikugel in einer V-förmigen
Rinne aus Gußeisen ununterbrochen um und wird dabei von oben her durch Gewichte
belastet. Dadurch nutzt sich die Kugel allmählich ab und zeigt ähnliche
Zerstörungserscheinungen wie die Vollgummireifen von Automobilen.
Ein zweiter Apparat zur Bestimmung der Abnutzbarkeit von Weichgummi wurde von Mai angegeben, bei demselben läuft ein Gummiring zwischen
zwei Messingwalzen unter gleichzeitiger Belastung durch ein Anhängegewicht.
Die Bestimmung der Abnutzung erfolgt in der Weise, daß nach einer gewissen Zahl von
Umläufen die abgenutzte Kugel gewogen wird. Der Gewichtsverlust bietet dann einen
Maßstab für die Qualität.
Zur Ermittlung der Alterserscheinungen werden Gummischnüre in Schleifenform
ausgespannt und durch angehängte Fächer, die mit Schrot gefüllt werden, dauernd
gespannt erhalten. Man beobachtet dann dauernd die fortschreitenden
Längenänderungen, bis keine weitere Längenänderung mehr auftritt. Dann wird
entlastet und das Zurückgehen beobachtet. Durch oftmaliges Wiederholen des Vorgangs
wird der Gummi allmählich schlechter und schließlich ganz zerstört. Aus der
Geschwindigkeit, mit der die erlittenen Längenänderungen wieder ausgeglichen werden,
sowie aus der Anzahl der zur Zerstörung des Gummis nötigen Belastung läßt sich
wiederum ein Schluß auf die Dauerhaftigkeit des Materials ziehen.
––––––––––
Ueber die Entwicklung der Materialprüfungsanstalten sprach
am 20. Februar im Oesterr. Betonverein Professor Otto
Greger vom k. k. Technologischen Gewerbemuseum in Wien. Der Vortragende
führte zunächst aus, daß die Anzahl der Materialprüfungsanstalten in den letzten
Jahren so stark zugenommen hat, daß ein Ueberblicken aller Institute durch eine
einzelne Person gänzlich ausgeschlossen erscheint. Vielmehr müßte ein ganzer Stab
von Mitarbeitern tätig sein, um ein vollständiges Bild der Entwicklung, also eine
Geschichte des Materialprüfungswesens (deren Wert ein hoher wäre) geben zu können.
Als Beispiel für die Entwicklung des Materialprüfungswesens überhaupt wählte der
Vortragende die mechanisch-technischen Prüfungsanstalten und zeigte an der Hand von
Lichtbildern das Wachstum dieser Institute durch Vorführung der von ihnen in
verschiedenen Stadien eingenommenen Räume und Bauten, durch graphische Darstellungen
der ausgeführten Untersuchungen, Einnahmen, Ausgaben und Personalverhältnisse,
Lichtbilder der Mutterinstitute – zumeist technischer Lehranstalten –
vervollständigten die Uebersicht. Mit dem Technologischen Gewerbemuseum, einer
Schöpfung Sr. Exzellenz Dr. W. Exner beginnend, sah man
die Materialprüfungsanstalten von Wien, Stuttgart, Zürich, Berlin-Groß-Lichterfelde,
Ternitz und Essen. Ferner wurden die Anstalten von München und Paris besprochen. Den
Beispielen war zu entnehmen, daß die staatlichen wie privaten
Materialprüfungsanstalten nicht nur in der relativ kurzen Zeit ihres Bestehens eine
kräftige Entwicklung aufzuweisen haben, sondern daß auch – Hand in Hand mit dem
Wachstum gehend – eine stetig zunehmende Lockerung des Zusammenhanges mit den
Mutterinstituten festgestellt werden konnte.
Als Aufgaben der Materialprüfungsanstalten wurden die Materialentnahme Eichung von
Festigkeitsmaschinen und Apparaten, die Durchführung von Proben, Abgabe von
Gutachten, Kontrolle des Normalsandes und Kalkes, die Herstellung von Normalkörpern
und Lichtbildern, die Durchführung beantragter und eigener Forschungen, sowie die
Veröffentlichung der Proben- und Forschungsergebnisse bezeichnet. Von den Pflichten
der Materialprüfungsämter wurde besonders die bei militärischen Untersuchungen, aber
auch für die gesamte Industrie bedeutungsvolle Wahrung des Amtsgeheimnisses
hervorgehoben und die Qualität der an diesen Anstalten tätigen Kräfte wie die Rechte
der Materialprüfungsämter besprochen. Ferner präzisierte der Vortragende die
Aufgaben der technischen Hochschulen sowie der Materialprüfungsanstalten dahin, daß
erstere der Lehre und Forschung, letztere jedoch der Kontrolle und Forschung dienen
sollen.