Titel: | TURBO-KESSELSPEISEPUMPE. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 250 |
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TURBO-KESSELSPEISEPUMPE.
Turbo-Kesselspeisepumpe.
Inhaltsübersicht.
Beschreibung einer bemerkenswerten Konstruktion einer
Kesselspeisepumpe.
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Die Vorzüge des Turbinenantriebes haben auch zur Konstruktion von Kesselspeisepumpen
mit Antrieb durch kleine Dampfturbinen geführt. Infolge ihrer Vielstufigkeit wurden
sie aber im Vergleich mit Kolbenpumpen zu schwer und zu teuer und arbeiteten
außerdem wegen der geringen Umfangsgeschwindigkeit der kleinen Antriebsturbine
unwirtschaftlich.
Diese Mängel sucht eine von der A. E. G. gebaute Kesselspeisepumpe, welche
nachstehend beschrieben ist, zu beseitigen. Sie ist eine Maschine einfachster
Bauart. Ihre Hauptvorzüge sind der geringe Raumbedarf, die niedrigen
Anschaffungskosten, das kleine Fundament, Fortfall der Hochdruckstopfbuchse an dem
Pumpengehäuse, Erzielung vollständigen Druckausgleichs in der Pumpe und demgemäß
Anspruchslosigkeit in bezug auf Beaufsichtigung. Die Pumpen sind absolut
betriebssicher, arbeiten geräuschlos und regulieren selbsttätig die Tourenzahl
entsprechend dem wechselnden Wasserbedarf und Betriebsdruck, auch in Verbindung mit
den bekannten selbsttätigen Speisevorrichtungen und Wasserstandsreglern. Sie
arbeiten auch mit Kolbenpumpen parallel, und es können die Regulierungen zweier
Pumpen so geschaltet werden, daß die eine stillstehende Pumpe selbsttätig anläuft,
sobald die andere überlastet wird, d.h. nicht mehr genügend Wasser fördern
kann. Die Einrichtung der Pumpe ist im wesentlichen folgende:
Die A. E. G.-Turbo-Kesselspeisepumpe ist eine in der Regel einstufige
Zentrifugalpumpe, die infolge ihrer Radschaufelform und Anordnung imstande ist,
Wasser von einer der Temperatur nach zulässigen Saughöhe auf Drücke bis 25 at zu
fördern. Die Welle der Antriebsturbine liegt in zwei Lagern, die mit der unteren
Hälfte des Turbinengehäuses und den Lagergehäusen zu einem Rahmen vereint sind
(vergl. Fig. 1 und 2). Der Rahmen ist an der Dampfeintrittseite als Flansch ausgebildet; an ihm
wird das Pumpengehäuse befestigt; die Welle ist für die Aufnahme des Pumpenrades
nach dieser Seite verlängert. In dem zwischen Pumpe und Turbine befindlichen
Lagergehäuse ist auch der Sicherheitsregulator eingebaut.
Das Turbinengehäuse sowie die damit verbundenen Lagergehäuse sind aus
Spezial-Gußeisen hergestellt und in der Horizontalebene geteilt, so daß durch
Abnehmen des Turbinengehäuse-Oberteils die Innenteile der Turbine freigelegt werden
können. Die Gehäuse werden einer Wasserdruckprobe von 5 at Ueberdruck unterworfen.
Sie sind mit einem Sicherheitsventil versehen, das bei 2 at Ueberdruck abbläst und
bei eintretender Unregelmäßigkeit im Betrieb als Warnungssignal dient.
Die Einströmkästen, an denen sich die Düsen und der Leitapparat befinden, sind in
Stahlguß ausgeführt und werden einer Wasserdruckprobe von 30 at unterzogen. Je nach
der Pumpenleistung und den Dampfverhältnissen
Textabbildung Bd. 327, S. 250
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 327, S. 250
Fig. 2.
befindet sich im Einströmkasten eine Anzahl ständig
offener Düsen. Außerdem sind zwei Zusatzventile vorgesehen, die bei ungünstigen
Dampfverhältnissen oder bei Höchstleistung der Pumpe von Hand zu öffnen sind. Das
Regulierventil ist als Doppelsitzventil konstruiert und vollständig entlastet. Seine
Betätigung erfolgt unmittelbar vom Regulator aus. Das Absperrventil ist ein normales
Kegelventil, welches als Schnellschlußventil ausgebildet ist, dessen Spindel also
ständig unter Federdruck steht. Diese Federspannung kann durch den
„Sicherheitsregulator“ bei bestimmter Tourenzahl ausgelöst werden,
wodurch das Ventil plötzlich zuschlägt und den Dampf vollständig absperrt. Die
Regulierung der Pumpe ist so eingerichtet, daß der erzeugte Wasserdruck nahezu
konstant bleibt und sich die Umdrehungszahl entsprechend dem jeweiligen
Förderquantum selbsttätig einstellt. Dies wird durch einen Differentialkolben
bewirkt, der in einem Gehäuse gleitet und auf der Seite der großen Druckfläche mit
dem Dampfdruck vor dem Drosselventil oder auch direkt mit dem Kessel in Verbindung
gebracht ist. Die andere Seite ist mit dem Druckraum im Pumpengehäuse verbunden. Beide
Drücke müssen im Gleichgewicht sein. Erhöht sich infolge Schließens eines oder
mehrerer Kesselspeiseventile der Druck in der Pumpe, so wird der Kolben nach der
Dampfseite zu verschoben, bis das direkt gekuppelte Drosselventil die dem Druck und
der Förderleistung entsprechende Tourenzahl eingestellt hat. Vermindert sich der
Druck, so überwiegt der Dampfdruck und öffnet das Drosselventil. Sind sämtliche
Speiseventile geschlossen, so wird das Wasser innerhalb der Pumpe umgewälzt.
Textabbildung Bd. 327, S. 251
Fig. 3.
Der Sicherheitsregler besteht aus einem losen Schwungring, der bei normaler
Tourenzahl durch eine Feder in der Mittellage festgehalten wird, bei einer
bestimmten höheren Tourenzahl aber einseitig ausschlägt, einen Hebel auslöst und die
Wirkung der oben erwähnten Feder hinter dem Absperrventil zur Entfaltung bringt,
wodurch dieses zuschlägt. Der Sicherheitsregulator ist so eingestellt, daß das
Hauptabsperrventil bei einer die normale Tourenzahl um etwa 10 bis 12 v. H.
übersteigenden Geschwindigkeit abschließt.
Die Turbinenstopfbuchsen sind einfache Buchsen aus Spezialbronze, die direkt auf der
Welle liegen und zum Abdichten mit eingedrehten Nuten versehen sind.
Die Welle ist aus Nickelstahl angefertigt, um Rostbildung zu vermeiden. Das eine der
Lager ist als Anjauflager ausgebildet. Am Eintritt in die Pumpe ist die Welle
mit Weichpackung verpackt. Das Turbinenrad ist aus Siemens-Martin-Stahl hergestellt und als Körper
gleicher Festigkeit ausgebildet, wobei die Materialbeanspruchungen so gewählt sind,
daß selbst bei hoher Uebertourenzahl keine Materialveränderung eintreten könnte. Die
Schaufeln sind in den Radkranz eingesetzt; die fertigen Räder werden statisch und
dynamisch genau balanciert, um einen einwandfreien Gang der Turbine zu
gewährleisten.
Die Lager sind zweiteilig ausgeführt und mit einer Speziallegierung ausgegossen, die
für hohe Zapfengeschwindigkeit besonders geeignet ist. Sie sind mit Ringschmierung
ausgestattet und außerdem mit einer Vorrichtung versehen, durch die sie sich Oel aus
dem Oelbehälter ansaugen, falls die Ringe stehenbleiben sollten; eine Möglichkeit,
die z.B. an Bord bei geneigter Lage des Schiffes besteht. Das Anlauflager hat nur
den Zweck, bei An- und Abstellen der Pumpe eine seitliche Verschiebung der Welle zu
vermeiden. Im Betriebe ist die Welle infolge des Druckausgleiches in der Pumpe in
der Mittellage gehalten, ohne daß die Anlaufringe zur Anlage kommen. Sämtliche Lager
lassen sich nach Entfernung der Deckel leicht und bequem herausnehmen.
Die Pumpe ist einstufig; das Rad ist fliegend auf der verlängerten Turbinenwelle
aufgesetzt. Das Wasser tritt achsial in das Rad ein und wird durch den seitlich am spiralförmigen
Pumpengehäuse angesetzten Druckstutzen weitergeleitet. Rad sowie Pumpengehäuse sind
aus Bronze angefertigt; durch eine Kaltwasserdruckprobe von 35 at wird das Material
des Pumpengehäuses auf seine Brauchbarkeit untersucht.
Die Demontage der Pumpe erfolgt in der Weise, daß das Pumpengehäuse am Flansch
des Turbinenrahmens abgeschraubt und in Richtung der Welle abgezogen wird. Dadurch
sind sämtliche Innenteile freigelegt. Fig. 3 zeigt
den fertigen Aufbau der Pumpe in einer Anlage.