Titel: | ERZVERLADEANLAGEN DER SOCIETA ANONIMA DI MINIERE E DIX ALTI FORNI „ELBA“ AUF DER INSEL ELBA. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 261 |
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ERZVERLADEANLAGEN DER SOCIETA ANONIMA DI MINIERE
E DIX ALTI FORNI „ELBA“ AUF DER INSEL ELBA.
Erzverladeanlagen der Societa anonima di Miniere e dix Alti Forni
„Elba“ auf der Insel Elba.
Inhaltsübersicht.
Allgemeines über die elbanische Eisenerzproduktion. Die
Transportfrage. Besondere Verhältnisse in der Verschiffung. Beschreibung zweier den
Verhältnissen angepaßten Verladestationen von Bleichert &
Co., Leipzig-Gohlis.
––––––––––
Das Hüttenwerk „Elba“ besitzt auf der Insel Elba
ausgedehnte reiche Eisenerzlager, deren Produktion in den eigenen Hochofen- und
Stahlwerken Portoferraio und Follonica verarbeitet wird. Ferner ist an der Gewinnung
die Società Siderurgicadi Savona beteiligt, die ihre
Anlagen in Bagnoli bei Neapel mit elbanischen Eisenerzen versieht. Dieselben Erze
werden auch in den großen Anlagen zu Piombino verhüttet.
Textabbildung Bd. 327, S. 261
Fig. 1.
Textabbildung Bd. 327, S. 261
Fig. 2.
Die hauptsächlichsten Erzlager finden sich an der steilen Ostküste in den Gebirgen
nördlich von Rio Marina, vgl. die Karte Fig. 1. Hier
liegt das Vorgebirge Pero mit dem fast senkrecht aus dem Meer aufsteigenden Berg
Calendozio, der auf seinen Gipfeln das bedeutende Erzlager Rio Albano trägt. Dieses
Lager wird in den Gruben von Capo Pero, Calendozio, Albano, Pistello, Puppaio,
Grattarino, Grotta, Giuncaia, Tarambano und Imbuto ausgebeutet.
Nördlich von Calendozio liegt der erzreiche, 352 m hohe Erzberg Jl Giogo bei
Portello, der im Volksmund Giove genannt wird, weil man dort befindliche Mauerreste
einem verfallenen Jupiter-(Giove-)Tempel zuschreibt. Dieses Erzlager wird durch die
beiden Gruben Zuccoletto und Rosseto abgebaut. Das umfangreichste Erzlager liegt
aber bei Rio an derselben Küste. Es wird auf 11 Millionen Tonnen geschätzt. Hier
befinden sich die Gruben Sanguinacci, Polveriera, Pozzi, Fondi, Falcacci und
Fabbriche.
Das Erz ist ein harter sphärosideritischer Brauneisenstein von dichter oder
kristallinischer und häufig glaskopfartiger Struktur mit Ockereinschlüssen. Es wird
im Tagebau gewonnen, namentlich in Giove Portello, wo sich das bessere Erz mit etwa
80 v. H. Eisengehalt befindet, während das Erz in Rio Albano durchschnittlich 40 v.
H. Eisen aufweist. Ein Bild aus einer Grube im Lager Rio Albano gibt Fig. 2. Die Förderung beträgt hier täglich etwa 800
t, in Giove Portello 1200 bis 1400 t. Im ganzen Erzgebiet sind etwa 2000 Mann
beschäftigt, die sich aus den Dörfern Rio Marina und Rio Alto rekrutieren. Früher
waren die Einwohner dieser Siedlungen Fischer oder Bauern, die namentlich die
Feigenzucht pflegten. Seit dem mächtigen Aufschwung, den die italienische
Eisenindustrie genommen hat, sind aber die Fischerboote vermodert und liegen die
Felder brach, denn die Arbeit in den Erzgruben macht sich besser bezahlt.
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Fig. 3.
Der Erztransport innerhalb der Gruben erfolgt mit Grubenbahnen, die im Gebiet Rio
Albano mit Pferden betrieben werden, während im Bezirk Giove Portello für die aus
Muldenkippern bestehenden Wagenzüge vier Lokomotiven zur Verfügung stehen.
Schwierigkeiten machte bisher nur der Transport der Erze herab zur Küste und die
Verladung in die Schiffe, nämlich in Dampfer von 3000–4000 t Gehalt, für den
Transport der reicheren Erze nach Neapel und Piombino, und die Segelschiffe von
150–600 t für die Förderung der ärmeren Erze auf dem kürzeren Wege nach
Portoferraio. Diese Schwierigkeiten ergaben sich nicht nur aus der Uebernahme der
Erze am Ufer durch Leichter und deren Weitergabe an die Schiffe auf freier See,
sondern hauptsächlich auch dadurch, daß die See an der offenen und ungeschützten
Küste nur etwa 150 Tage im Jahre genügend ruhig ist, um die Erzverladung auf dem
tiefen Wasser zu gestatten. Daraus folgte die Notwendigkeit der Verladung möglichst
großer Erzmengen in kürzester Frist, wobei leere Schiffsgefäße im allgemeinen in
genügender Zahl zur Verfügung stehen, die sich während des Wartens auf ruhiges
Wasser ansammeln. Ernstliche Kalamitäten in der Erzverladung wurden erst befürchtet,
als das Hochofenwerk Bangnoli bei Neapel seiner Vollendung entgegen ging, das im
Jahre 1910 seine ersten beiden Hochöfen anblies.
Die Gesellschaft sah sich daher im Jahre 1909 veranlaßt, einer mechanischen
Schiffsbeladung näherzutreten, um die befürchteten Mißstände von vornherein
auszuschließen. Dabei war als erste Bedingung die Forderung aufzustellen, daß
die mechanische Schiffsbeladungsanlage eine Leistungsfähigkeit von etwa 200 t i. d.
Std. aufweise, um so die Möglichkeit voller Ausnutzung der wenigen Tage mit gutem
Wetter zu geben. Da die Schiffe sich der seichten Küste nur bis auf 100–200 m nähern
konnten, war es weiterhin nötig, mit der Beladeanlage auf eine größere Strecke ins
freie Wasser hinauszugehen.
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Fig. 4.
Eine Mole aus festem Mauerwerk, auf der etwa die Grubenwagen hätten verkehren können,
würde an der exponierten Küste als Wellenbrecher gewirkt haben, sie hätte demnach
ganz besonders stark und kräftig konstruiert werden müssen und hätte außerordentlich
hohe Kosten verursacht. Es wäre außerdem fraglich gewesen, ob ein derartiges Bauwerk
in Jahresfrist hätte ausgeführt werden können. Außerdem würde eine derartige Mole
einen Sandfänger gebildet haben, und es wäre sehr wahrscheinlich gewesen, daß die
bisher nur an der Küste vorhandenen Untiefen durch den Molenbau binnen weniger Jahre
bis zur Molenspitze vorgeschoben worden sein würden, womit der Wert des Bauwerkes
völlig vernichtet worden wäre. Günstiger stellt sich hier unter allen Umständen ein
Pier auf einer Pfahlgründung, denn die eingerammten schmalen Pfähle bilden keine
Sandfänger und geben außerdem der Wucht der Wellen nur eine verhältnismäßig geringe
Angriffsfläche.
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Fig. 5.
Außer dem Pier konnte für die Schiffsbeladung noch die Drahtseilbahn in Frage kommen.
Trotz der geforderten großen Leistung von 2001 i. d. Std. wäre es nämlich in Rio
Albano und Giove Portello möglich gewesen, vom Ufer aus mit einer einzigen
Spannweite von 100–200 m bis zur Verladestation im Meer zu gehen. Eine isolierte
Verladestation im Meer hätte aber auf Caissons gegründet werden müssen, wodurch die
Herstellungskosten der Anlage wesentlich gewachsen wären, wogegen ein Pier in der an
den italienischen und elbanischen Küsten üblichen Ausführung in Eisenbahnschienen
vergleichsweise bedeutend geringere Unkosten verursacht. Man sah daher von einer
freien Schwebebahn ab und entschloß sich für einen Verladepier.
Bezüglich der Anfuhr des Erzes auf dem Pier konnte man sich für eine Standbahn
entschließen oder für eine Schwebebahn. Die Standbahn würde verschiedene
Zwischenfördereinrichtungen wie Bremsberge nötig gemacht haben. Die selbsttätige
Rückleitung der leeren Wagen hätte außerdem Schwierigkeiten verursacht und die
Konstruktion des Piers wäre Verhältnis schwer und teuer geworden.
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Fig. 6.
Man entschloß sich daher für die Schwebebahn und gab dem Projekt der
Drahtseilbahnfabrik von Adolf Bleichert & Co. in
Leipzig den Vorzug.
Nach diesem inzwischen ausgeführten Projekt, das für Rio Albano und Giove Portello
zwei gleichartige Schwebebahnen vorsieht, ergab sich die billigste und einfachste
Lösung der Verladefrage in folgender Form:
Die mit den Grubenwagen ankommenden Erze werden noch in der Grube in Füllrümpfe
abgestürzt, aus denen die Drahtseilbahnwagen beladen werden (s. Fig. 3). Von diesen gemauerten Füllrümpfen mit
geneigtem Boden der Taschen sind in Rio Albano 12 mit einer Länge von 50 m, in Giovo
Portello 24 von zusammen 80 m Länge vorhanden, wobei aus 6 Rümpfen immer
gleichzeitig in Seilbahnwagen mit Klappverschlüssen abgezogen wird. Die Wagen, die
mit 1 t Erz beladen werden sollen, werden dann gewogen. Zu dem Zweck sind in die
Hängebahnstränge jeder der beiden Beladestationen auf drei parallelen Zweigen
je drei selbsttätige Wagen eingebaut, die selbsttätig die gewogenen Erzmengen
registrieren (Fig. 4). Darauf werden die Wagen aus
der Station herausgeschoben und gehen auf die freie Strecke über. Beim Ausgang aus
der Station kuppeln sie sich selbsttätig an das ständig umlaufende Zugseil an.
Die freie Strecke wird aus Stahldrahtseilen gebildet, auf denen die Laufwerke der
Wagen rollen. Die Tragseile sind in der Beladestation verankert. Die Station Rio
Albano von oben gesehen mit dem Uebergang der festen Hängebahnschienen auf die
Tragseile zeigt Fig. 5, die gleichzeitig erkennen
läßt, daß die Tragseile auf der freien Strecke von eisernen Stützen getragen werden
und die auch die recht beträchtliche Steigung der Bahn zeigt, wobei der Bleichert sehe Kuppelapparatautomat völlig sicher am
Zugseil festhält. Am Rande des Gestades stehen noch einige Stützen, zwischen denen
die Tragseile abgelenkt und durch schwere Spanngewichte gespannt werden. Auf diese
Weise ist eine Ueberlastung der Seile völlig ausgeschlossen. Die Spannvorrichtung
ist in Fig. 6 wiedergegeben. Es zeigt diese Figur,
die ebenfalls der Anlage Rio Albano entnommen ist, auch die Konstruktion des Piers
aus Eisenbahnschienen. Auf dem Pier sind die Stützen angeordnet, die die festen
Hängebahnschienen tragen, in denen sich die Tragseile über dem Meere fortsetzen. Das
Zugseil ist auch um diese Strecke herumgeführt und wird am Ende der
Brückenkonstruktion durch eine Umlenkscheibe umgelenkt. Die Höhe der Hangebahn über dem Meere
beträgt 13 m, so daß die Schiffe bei jedem Wasserstand bequem von oben beladen
werden können. Der Beladepier für die Schiffe hat eine Breite von 3 m, er ist am
Ende auf 30 m Länge zu einer Plattform von 9 m Breite erweitert. Hier werden die
Schiffe durch fahrbare Schurren beladen, in die die Seilbahnwagen selbsttätig
auskippen. Die Gesamtanlage im Meer für die Bahn Rio Albano ist in Fig. 7 dargestellt, die auch zeigt, daß die ladenden
Schiffe den Pier überhaupt nicht berühren, so daß die Schiffsbewegungen den
Verladevorgang in keiner Weise beeinflussen.
Textabbildung Bd. 327, S. 264
Fig. 7.
Die Schüttrichter für das Ueberladen des Erzes (Fig.
8) sind fahrbar, wobei die Schurren durch einen besonderen Drehkran
aufgezogen und zur Seite geschwenkt werden können, so daß man sie an den vor dem
Pier liegenden Schiffen ohne weiteres vorbeischieben kann. Auf jeder Seite des Piers
ist nur eine Schurre angeordnet. Die ankommenden Wagen entladen je nach Stellung des
Anschlages in die erste oder in die zweite Schurre, so daß die Förderung
ununterbrochen vor sich gehen kann. Der Uebergang der Wagen über die am Ende der
Brücke befindliche Umkehrscheibe erfolgt selbsttätig, ohne daß sich die Wagen vom
Zugseil lösen. So werden auf der Brücke keine Leute zur Bedienung der Bahn gebraucht
mit Ausnahme derer, die von Zeit zu Zeit die Schurre verschieben. Die Anlage Giove
Portello, von der Fig. 9 ein Bild gibt, ist in ganz
derselben Weise wie die von Rio Albano gebaut.
Die Länge der Rio Albano-Bahn beträgt 300 m bei einem Gefälle von 50 m.
Stündlich werden 200 Wagen abgefertigt, die sich in Abständen von 18 Sekunden
folgen, so daß die räumliche Entfernung bei 1,2 m Zugseilgeschwindigkeit 21,6 m
beträgt. Es sind also stets 28 Wagen auf der Strecke, außerdem für das Beladen und
Abwiegen in der Beladestation noch 6 Wagen. Zur Bedienung der Bahn sind mit den an
den Füllrümpfen und den Wiegevorrichtungen beschäftigten Leuten 25 Mann
erforderlich, wobei aber 3 Mann auf der Verladebrücke im Meere auch noch zu
Verholarbeiten für die Schiffe herangezogen werden. Da die Bahn im Gefälle arbeitet,
liefert sie einen Kraftüberschuß von 30 PS, der zum Antrieb einer Pumpe für die
Erzwäsche benutzt wird. Ein selbsttätiger Bremsregulator sorgt für gleichmäßige
Geschwindigkeit der Bahn.
Die Giove Portello-Bahn hat eine Länge von 740 m bei einem Gefälle von 120 m. Bei ihr
werden 70 PS frei, die durch eine Windflügelbremse vernichtet werden.
Die Förderleistung dieser beiden Bahnen ist mit 2001 i. d. Std. eine recht
beträchtliche, die in solcher Höhe freilich auch schon bei einer Reihe anderer
Drahtseilbahnen erzielt wurde. Gegenüber den normalen Drahtseilbahnen, deren
Förderleistungen sich zwischen 50 und 100 t i. d. Std. bewegen, weisen diese Bahnen
eine engere Wagenfolge auf. Jedoch ist der Zeitzwischenraum von 18 Sekunden bei der
Rio Albano- und der Giove Portello-Bahn noch nicht die erreichte Grenze. Bei einer
von der Firma Bleichert gebauten Erzverladebahn in Vivero in Spanien,
die 250 t i. d. Std. fördert, beträgt die Wagenfolge sogar nur 14,4 Sek. Noch
kürzere Wagenfolgen einzurichten, dürfte aber kaum möglich sein.
Man muß daher bei weiteren Leistungssteigerungen der Schwebebahnen zu anderen Mitteln
greifen, und fand diese auf der einen Seite in der Verwendung von Doppellauf werken,
auf der anderen im Bau von Doppeldrahtseilbahnen.
Textabbildung Bd. 327, S. 265
Fig. 8.
Die Anwendung vierrädriger Laufwerke zur Erzielung höherer Einzellasten bei
vermindertem Raddruck hat sich bei den beschriebenen Bahnen auf der Insel noch nicht
als notwendig erwiesen, obgleich sie bei hohen Leistungen in anderen Fällen
vorteilhaft sein kann. Beispielsweise ist das Bleichertsche Doppellaufwerk für die zurzeit im Bau befindliche
Schiffsbeladebahn der Société
des Mines et Carrieres de Flamanville in Aussicht
genommen, die außerdem als Doppelbahn ausgeführt wird und mit 500 t Stundenförderung
bei einem Nutzinhalt der Wagen von 1500 kg die leistungsfähigste bestehende
Drahtseilbahn sein wird. Eine wesentliche Eigentümlichkeit dieses Laufwerkes, die es
von den älteren Aufhängungsarten von Lasten an vier Rädern unterscheidet, ist es,
daß ein einziger nach dem bekannten Prinzip des Bleichertschen „Automat“ gebauter Kuppelapparat das gesamte Gewicht des
Wagens und der Last für die Klemmwirkung nutzbar macht.
Textabbildung Bd. 327, S. 265
Fig. 9.
Feste Regeln, in welchen Fällen die einfachen und in welchen die Doppellaufwerke
angewandt werden sollen, können freilich erst durch die Erfahrung gefunden werden,
die insbesondere erst über die Abnutzungsverhältnisse der Seile Aufschluß geben
muß.