ELEMENTARE BERECHNUNG DER TURBO-GEBLÄSE UND
KOMPRESSOREN.Von Oberingenieur R. von Stein,
Karolinental.(Fortsetzung statt Schluß von S. 282 d.
Bd.)von STEIN: Elementare Berechnung der Turbo-Gebläse und
Kompressoren.Beispiel: Wir wollen nun das bisher Gesagte an einem
Beispiel erläutern und wählen dazu den in der Z. d. V. d. I., Jahrgang 1909, Nr. 44
von Havlicek veröffentlichten Rateau-Kompressor, für welchen ziemlich vollständige Angaben
vorliegen.
[Textabbildung Bd. 327, S. 299]
Fig. 23.Wir entnehmen diesen Angaben zunächst, daß der Kompressor bei 4600 minutlichen Umdr.
4000 m3/Std. ansaugt und auf 7,2 at abs. = 6,2 at
Ueberdruck verdichtet. Er besteht aus vier Gruppen zu 7, 8, 10 und 11 Rädern, welche
in den aufeinanderfolgenden Gruppen 500, 430, 400 und 370 mm ∅ haben. Außerdem liegt
das unterteilte Gesamtdiagramm und die mit Maßzahlen versehene Skizze eines Rades
der ersten Gruppe vor.In Fig. 23 sehen wir eine genaue Kopie des oben
genannten Diagramms mit den Teillinien für die vier Gruppen. Da der 6,2 at
betragende Ueberdruck im Diagramm durch 41 mm dargestellt ist, so folgt daraus ein
Maßstab von 1 at = 6,613 mm. Die Teillinien gehen durch 1,82, 3 und 4,5 at abs. und
man erhält bei 137 mm Diagrammbasis von unten nach oben gerechnet 564, 487, 407 und
486 qmm für die Teilflächen. Die Gesamtfläche berägt somit 1944 qmm, so daß bei
genauer Teilung nach dem Flächengesetz 486 qmm auf jedes der vier Teildiagramme
entfallen sollte, wie es Fig. 24 zeigt. Das zweite
und vierte Teildiagramm genügt dieser Bedingung vollkommen, wogegen das erste und
dritte Abweichungen von + 15,8 bezw. – 15,8 v. H. aufweisen. Fig. 25 zeigt schließlich jene Teilung, welche dem
von der Isotherme begrenzten Diagramm nach dem Flächengesetz entspricht, was nach früherem
gleichbedeutend ist mit der Drucksteigerung nach einer geometrischen Reihe (hier mit
dem Quotienten 1,638). Diese Teilung weicht noch mehr von der angegebenen ab, als
die nach unserem Flächengesetz ermittelte.
[Textabbildung Bd. 327, S. 300]
Fig. 24.Um ein Urteil über die Abweichungen zu bekommen, stellen wir folgende Betrachtung
an:Wie immer auch die wirklichen Druckhöhen beschaffen sein mögen, jedenfalls können uns
nach früherem die Quadrate der Raddurchmesser als Maß für die in den verschiedenen
Rädern unter übrigens gleichen Umständen erzeugten Druckhöhen dienen, da alle Räder
dieselbe Umlaufszahl haben, deren Umfangsgeschwindigkeit also dem Durchmesser
proportional ist. Wir erhalten folgende Uebersicht:
Die erhaltenen vier Zahlen stellen in irgend einem Maßstab die verhältnismäßigen
Druckhöhen in den vier Gruppen unter sonst gleichen Umständen dar.Diese gleichen Umstände sind aber nicht vorhanden, da das spez. Gewicht der Luft mit
steigendem Druck zunimmt, welchem Umstände wir dadurch Rechnung tragen, daß wir die
obigen Zahlen mit dem Verhältnis der Basislänge des Gesamtdiagramms zur mittleren
Länge der Teildiagramme multiplizieren. Als mittlere Längen wollen wir das
arithmetische Mittel aus jenen der Fig. 23 und 24 einführen, da wir vorläufig beiden dieselbe
Wahrscheinlichkeit zuerkennen. Es ergibt sich folgendes:Die Summe der so erhaltenen Zahlen, nämlich 182 137, stellt
den Gesamtdruck, also die Gesamthöhe unseres Diagrammes, nämlich 41 mm, dar; wir
erhalten also in 182137 : 41 = 4442 jenen Divisor, durch welchen obige Zahlen
dividiert werden müssen, um die Höhen der Einzeldiagramme in mm gemessen zum
Vorschein zu bringen:
Bezeichnen wir das nach den eben ermittelten Werten geteilte Diagramm als
Normaldiagramm, die früheren hingegen als das „beobachtete“, „theoretisch
geteilte“ und „nach der geometrischen Progression geteilte“ Diagramm,
und bilden noch die jeweiligen Differenzen gegenüber dem Normaldiagramm, so erhalten
wir folgende Uebersicht:
[Textabbildung Bd. 327, S. 300]
Fig. 25.Diese Zusammenstellung läßt erkennen, daß das nach unserem Flächengesetz eingeteilte
„theoret. Diagramm“ die kleinsten Unterschiede
gegenüber dem als richtig zu betrachtenden „Normaldiagramm“ aufweist. Wesentlich größer sind die Abweichungen
bei dem nach der geometr. Progression geteilten Diagramm, obwohl die wirkliche
Verdichtungslinie wegen der vorzüglichen Kühlung sehr nahe der Isotherme verläuft.
Es ist klar, daß bei stärkerer Abweichung beider Linien, welche die Regel bilden wird, dies
Gesetz bedeutende Abweichungen ergeben wird; man sollte also
von demselben trotz seiner Einfachheit keinen Gebrauch machen.Suchen wir nun die wirklichen Ueberdrücke im Normaldiagramm für die
aufeinanderfolgenden Gruppen durch Addition der für die Einzelgruppen erhaltenen
Werte und Reduktion derselben auf Atmosphären, indem wir die Millimetersummen durch
den Atmosphärenmaßstab 1 at = 6,613 mm dividieren, und setzen die beobachteten Werte
daneben, so ergibt sich folgendes:
GruppeNormal-diagrammBeobachtetesDiagrammAbweichungI 0,774 at 0,820 at 0,046 atII1,833 „2,000 „0,167 „III3,617 „3,500 „0,117 „IV6,200 „6,200 „ Θ „
Die Abweichungen sind also nirgends so groß, daß sie sich nicht ganz gut durch
fehlerhafte Ablesung an nicht genau geeichten Manometern mit vielleicht ziemlich
beträchtlichen Zeigerschwankungen erklären ließen, ganz besonders wenn man bedenkt,
daß die genaue Auffindung der Teillinien durchaus nicht der Zweck des abgeführten
Versuches gewesen ist. Auch die Abweichungen des theoretischen Diagramms vom
Normaldiagramm wird zum größten Teil auf die schon früher erwähnte Verschiebung der
Teilungslinien infolge Aufrundung der Radzahlen auf ganze Zahlen für jede Gruppe
zurückzuführen sein.4)Solche Verschiebungen
können auch wohl beasichtigt sein, um z.B. in einer der Gruppen eine
kleinere Radzahl zu erhalten. Streng genommen muß das Flächengesetz nur für
die einzelnen aufeinanderfolgenden Radpaare Gültigkeit haben.Wir wollen nun unter Zugrundelegung des Normaldiagramms zur Nachrechnung der Räder
übergehen.Die genauen Angaben für die Räder der ersten Stufe sind aus Fig. 26 zu entnehmen. Wir finden da alle nötigen Abmessungen mit Ausnahme
der achsialen Eintrittsbreite, welche der maßstäblichen Figur so genau als möglich
entnommen wurde. So ergab sich der Schaufelplan (Fig.
26), aus welchem die wirksamen Ein- und Austrittsradien sowie die Ein- und
Austrittsweiten an diesen Stellen zu entnehmen sind. Da die Schaufelenden nicht
parallel verlaufen, so wurden die Weiten als Kreisbögen aus den Schnittpunkten der
Schaufelspuren als Mittelpunkten konstruiert (diese Kreisbögen sind als die Spuren
zylindrischer Niveauflächen zu betrachten).Diese Weiten ergeben sich zu be = 30 mm, ba
= 20 mm und damit:Eintrittsfläche = ze . ke . ae . be = 10 × 0,9 × 0,058 × 0,03 = 0,0157
qm,Austrittsfläche = za . ka . aa . ba = 20 × 0,95 × 0,061 × 0,02 = 0,0232 qm,wobei ke und ka
Kontraktionskoeffizienten vorstellen.Das zu fördernde Luftvolumen ist 4000 m3/Std. =
1,11 m3/Sek.Nehmen wir einen Spaltverlust von 10 v. H., an und berücksichtigen noch das
Verhältnis des mittleren Volums der ersten
Gruppe zum Ansaugevolum, so haben wir
für das Laufrad zu rechnen. Wir erhalten damit:we = 0,946 m3/Sek. : 0,0157 qm = 60 m/Sek. undwa = 0,946 m3/Sek. : 0,0232 qm = 40,75 m/Sek.Die wirkliche äußere Umfangsgeschwindigkeit ist:.Mit diesen Werten wurde das Diagramm (Fig. 26) entworfen, zu dem noch folgendes zu bemerken
ist:
[Textabbildung Bd. 327, S. 301]
Fig. 26.Als Geschwindigkeitsmaßstab wurde 1 mm = 1 m/Sek. gewählt; würde man nun die
Förderhöhe unmittelbar in m ablesen wollen, so würde sehr viel Platz auf dem
Zeichenblatte erforderlich sein, und überdies würden die Schnitte so spitz
ausfallen, daß eine große Unsicherheit entstände. Um dem abzuhelfen, tragen wir den
Wert g = 9,81 m/Sek2
in cm anstatt in mm auf, wodurch das erhaltene hth zehnmal zu klein ausfällt und durch Anhängung
einer Null an die abgelesene mm-Zahl auf den wahren Weit gebracht werden muß. In
unserem Falle lesen wir 80 mm ab und erhalten somit: hth = 800 m als theoretische
Luftsäulenhöhe (konstanter Dichte), oder m Wassersäulenhöhe auf
angesaugte Luft vom spez. Gewicht 1,2 kg/m3
bezogen.Das erhöhte mittlere spez. Gewicht der ersten Gruppe berücksichtigen wir durch
Multiplikation mit dem Verhältnis und
erhalten: m
Wassersäule,als mittlere theoretische Förderhöhe dieser Gruppe für ein
Lauf- und Leitradpaar, und da die Gruppe sieben Radpaare enthält, liefert sie eine
theoretische Gesamtförderhöhe von 7 × 1,25 m = 8,75 m Wassersäule.Nun ist aber die praktische Förderhöhe der ersten Gruppe 0,774 at = 7,74 m
Wassersäule, also der pneumatische Wirkungsgrad:
rund 88 v. H.Hätten wir die vierte Gruppe untersucht, so wäre das Ergebnis folgendes gewesen: Wassersäule/Rad,oder wegen i 1 Räder; 53,24 m Wassersäule für die letzte
Gruppe. Dieser Wert ist aber noch mit dem Verhältnis
zu multiplizieren, da die
Laufrader dieser Gruppe nur 370 mm ∅ haben; dies ergibt rund 29 m Wassersäule
theoretisch; 25,83 m Wassersäule ist aber die praktische Leistung der letzten Stufe,
somit der pneumatische Wirkungsgrad: 25,83 : 29 = 0,89 oder 89 v. H. fast wie zuvor.
Bei Ueberprüfung vieler Räder fand der Verfasser immer ähnliche Werte für ηp , doch wird es sich
aus Sicherheitsrücksichten empfehlen, nur mit 85 v. H. zu rechnen, da die
Verhältnisse nicht immer so günstig liegen.5)Sollte
ein so hoher pneumatischer Wirkungsgrad unwahrscheinlich erscheinen, so läßt
er sich leicht dadurch vermindern, daß man für die Ansaugung einen kleineren
Kontraktionskoeffizienten als 0,9 annimmt, wodurch We größer und das subtraktive
Glied kleiner ausfällt. Hierdurch wird auch hth vergrößert und ηp verkleinert. In manchen Fällen scheint
dies in der Tat richtiger zu sein.Arbeitsbedarf: Derselbe folgt aus Ne = 3 . p1 . V m3/Min. zuNe = 3 × 2,15 × 66,7 = 430 PS6)bezw. 460 PS für η
= 70 v. H.Die Richtigkeit dieses Wertes kann leider nicht nachgeprüft werden, da in dem Aufsatz
nur die theoretische Arbeit der isothermischen Verdichtung und selbst diese nicht
für die Normalleistung des Kompressors angegeben ist, doch stimmt der gefundene Wert
gut mit der Normleistung der Antriebsturbine (2 Stück zu 225 PS) überein.(Schluß folgt.)