Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 302 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Ueber Quarzglasherstellung hielt auf der 32.
Hauptversammlung des Vereins deutscher Fabriken feuerfester Produkte am 2. März d.
J. Direktor A. Pohl der Deutschen Thon- und
Steinzeugwerke einen interessanten Vortrag, dem wir das Folgende entnehmen.
Das bisher übliche Verfahren von Heräus, bei welchem zur
Herstellung von Quarzglas reiner Bergkrystall und Knallgasgebläse benutzt wurde,
lieferte ein verhältnismäßig teures Produkt, das nur in geringem Maße technische
Verwendung finden konnte.
Seit dem Jahre 1905 existiert aber eine englische Erfindung von Bottomley und Paget, welche eine wesentlich
billigere Fabrikation des Quarzglases gestattet. Bei diesem englischen Verfahren
wird reiner Sand von 99,6 bis 99,8 v. H. Kieselsäuregehalt im elektrischen
Widerstandsofen erhitzt. Der Ofen besteht aus einem um zwei Achsen schwenkbaren
wagerechten Ofen, an dessen beiden durch Deckel verschlossenen Stirnseiten die
Elektroden eingesetzt sind. Zwischen die beiden Elektroden ist ein Widerstandsstab
aus Graphit eingeschaltet, um welchen herum der zu schmelzende Quarz röhrenförmig
angeordnet wird. Durch die beiden Elektroden wird elektrischer Strom von 1000 Amp.
und 15 Volt Spannung eingeleitet. Der Schmelzpunkt des Quarzes liegt bei 1700 bis
1800° C. Doch tritt schon bei 1500°C ein Erweichen der Charge ein. Ist nach einer
etwa 30 Minuten wahrenden Stromzuführungsdauer die Erweichung des Quarzinhalts
genügend weit vorgeschritten, so wird der zuerst in wagerechter Stellung
betriebene Ofen schnell um seine beiden Zapfen in die senkrechte Stellung
geschwenkt, die Deckel des Ofens mit den Stromzuführungskabeln und den Elektroden
entfernt und der gefrittete Quarzkörper rasch nach unten herausgenommen. Das untere
Ende der so erhaltenen Quarzgasröhre wird schnell mittels einer Zange
zusammengepreßt und geschlossen. Gleichzeitig wird das obere Ende mit Hilfe einer
Zange gepackt und auf ein Eisenrohr, das nun die Funktion der Glasbläserpfeife
übernimmt, luftdicht aufgepreßt. Das Blasen des Quarzglases erfolgt genau in der
gleichen Weise wie das der gewöhnlichen Gläser, nur wird dabei Preßluft
verwendet.
Dadurch, daß bei dem Widerstandsstab aus Graphit bei dem Prozeß ein kleiner Teil
unter Bildung von Kohlenoxyd verbrennt, läßt sich das Quarzglasrohr später leicht
von dem Stab herunterbringen.
Die wertvollsten Eigenschaften des so gewonnenen Quarzglases sind seine hohe
Säurebeständigkeit, seine große Unempfindlichkeit gegen Temperatureinflüsse und eine
bedeutende elektrische Isolierfähigkeit. Von allen Säuren vermag nur die Flußsäure
und bei Temperaturen über 400° Phosphorsäure das Quarzglas anzugreifen. Die große
Unempfindlichkeit gegen Temperaturschwankungen rührt daher, daß der
Ausdehnungskoeffizient des Quarzglases nur 1/17 von demjenigen des gewöhnlichen Glases beträgt.
Man kann das Quarzglas daher sehr gut verwenden zu säurefesten Gefäßen, namentlich
für Schwefelsäure und Salpetersäure, zu Gefäßen für Elektrolyse, zu Beizzwecken, zu Isolatoren,
Thermometern usw. Der hüttenmännischen Verwendung des Quarzglases stehen indessen
noch einige Schwierigkelten entgegen, da es sich mit Metalloxyden, namentlich mit
Eisensauerstoffverbindungen leicht verschlackt. Dagegen läßt es sich leicht zu
Schmelztiegeln für Edelmetalle verwenden.
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Eine elektrisch angetriebene Motorsirene. Die in Fig. 1 dargestellte und von der A. E. G. gebaute
Motorsirene besteht aus dem antreibenden Elektromotor und der eigentlichen Sirene,
die beide direkt zusammengebaut sind. Die Sirene wird für Gleich- und Drehstrom
geliefert. Die Bedienung geschieht mittels eines Schalters, der von Hand oder
elektrisch aus der Ferne betätigt werden kann. Die Sirenen finden vorteilhaft da
Anwendung, wo ein schriller, weithin schallender Ton verlangt wird, oder wo starke
andere Geräusche übertönt werden sollen.
Bei vorliegender Sirene beruht nun das Hervorbringen des Tones darauf, daß durch
abwechselnde Verdichtung bezw. Verdünnung der Luft Schallwellen erzeugt werden
Textabbildung Bd. 327, S. 303
Fig. 1.
Zu diesem Zweck ist die Sirene zweiteilig ausgebildet und besteht aus einem
feststehenden und einem rotierenden Teil; der feststehende Teil (das Gehäuse) ist am
Motorgehäuse angeschraubt, der rotierende Teil (das Rad) sitzt fest auf der
Motorwelle. Beide Teile sind nach der Motorseite zu abgeschlossen und an ihren
Stirnseiten mit einer Anzahl Oeffnungen versehen. Der rotierende Teil besitzt eine
entsprechende Anzahl Schaufeln, ähnlich denjenigen der Zentrifugal-Ventilatoren. Bei
schneller Rotation des Rades wird die Luft durch eine runde Oeffnung an der
Vorderseite angesaugt, verdichtet, wenn die Oeffnungen an der Stirnseite des Rades
durch das Gehäuse verdeckt sind, und dann mit Druck ausgestoßen, wenn diese
Oeffnungen durch die des Gehäuses freigegeben werden. Dadurch werden die umliegenden
Luftteilchen verdichtet, in fortschreitende Schwingungen versetzt und der Ton
erzeugt.
Das unangenehme Nachheulen der Sirene beim Auslaufen des Motors kann bei Gleichstrom
durch eine wirksame Bremsung des Antriebsmotors vermieden werden, wodurch die
Möglichkeit erreicht ist, kurze, scharf abgegrenzte Signale zu geben. Vorteilhaft
wird die Bremsung elektrisch durch die Ankerschlußbremsung ausgeführt.
Die hohe Umfangsgeschwindigkeit, die zugelassen werden muß, um einen kräftigen Ton zu
erhalten, bedingt die Verwendung nur besten Materials. Andererseits soll das
fliegend angeordnete Rad kein zu großes Gewicht haben. Man entschied sich deshalb,
das Rad aus Nickelstahl-Aluminium herzustellen, das am besten die verlangten
Eigenschaften in sich vereinigt. Der hohen Beanspruchung halber wird die Welle aus
Chromnickelstahl hergestellt und ist außerdem gegenüber der normalen Motorwelle
erheblich verstärkt. Gelagert ist die Welle in Kugellagern, da diese einer sehr
geringen Abnutzung unterwarfen sind und infolgedessen eine dauernd zentrische
Lagerung des Rades garantieren, was durch den kleinen Luftzwischenraum zwischen Rad
und Gehäuse bedingt ist.
Die Motorsirenen finden hauptsächlich Verwendung in Eisenbahnbetrieben stationär und
auf Akkumulatorenwagen, im Hütten- und Fabrikbetriebe und als Feuersirene in kleinen
Orten zur Alarmierung der Feuerwehr.
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Der Umbau der drahtlosen Station Nauen, von dem hier schon
mehrfach die Rede war, ist jetzt beendet und die neue Anlage ist dem Probebetrieb
übergeben worden. Die neuen Primärstromquellen, welche bekanntlich doppelt so stark
sind wie die bisher im Gebrauch befindlichen, bestehen aus zwei Dynamomaschinen von
etwa 100 KW Schwingungsenergie. Die eine Maschine, welche von der Bergmann-Elektrizitäts-Gesellschaft gebaut wurde, ist
eine Wechselstrommaschine mit hoher Wechselzahl und dient zum Betrieb einer Anlage
mit tönenden Löschfunken der Gesellschaft für drahtlose
Telegraphie. Die zweite Maschine, ein von der A. E. G. gebauter
Hochfrequenzgenerator, arbeitet nach dem System Goldschmidt und erzeugt ohne Benutzung einer Funkenstrecke unmittelbar
schnelle Schwingungen. Entsprechend der verdoppelten Maschinenleistung mußte auch
die Antennenleistung bedeutend vergrößert werden. Der alte Antennenturm besaß eine
Höhe von 100 m, der neue ist auf die doppelte Höhe vergrößert worden.
Die Antennenanlage besteht aus einem eisernen Mittelmast, der zum Zwecke der
Isolationen auf dicken Glasplatten gegründet ist, und aus 18 Spannmasten von 30 m
Höhe, die auf einen Kreis von 800 m ∅ um den 200 m hohen Mittelmast verteilt sind.
200 Schirmdrähte sind von der Spitze des Hauptmastes nach den Spitzen der
Peripheriemaste verspannt und ergeben ein Kapazitätsnetz von 120000 qm. Der
Mittelmast kann bis zu seiner Spitze bestiegen werden. Die Station Nauen ist mit
dieser neuen Anlage unter allen Anlagen der Welt an die erste Stelle gerückt, und
man darf gespannt sein, welches Resultat die Versuche ergeben werden. [Prometheus,
9. März 1912.]