Titel: | AUSLÄNDISCHE LOKOMOTIVEN AUF DER AUSSTELLUNG IN TURIN 1911. |
Autor: | Schwickart |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 305 |
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AUSLÄNDISCHE LOKOMOTIVEN AUF DER AUSSTELLUNG IN
TURIN 1911.
Von Schwickart, Ingenieur in
Köln-Kalk.
(Schluß von S. 299 d. Bd.)
SCHWICKART: Ausländische Lokomotiven auf der Ausstellung in Turin
1911.
Ich gehe nun zu den normalspurigen Güterzuglokomotiven über, die in Tab. 12
zusammengestellt sind.
B. Güterzuglokomotiven.
Die Lokomotiven Nr. 11 und 12 kann ich übergehen, da sie von der Brüsseler
Ausstellung her bekannt sind und mich der
1–D–0-Zweizylinder-Zwilling-Heißdampflokomotive, Gruppe 740, der Italienischen
Staatsbahnen zuwenden (Nr. 13 der Tab. 12).
Eine Schwesterlokomotive der in Fig. 6 dargestellten
ist die 1–D–0-Zweizylinder-Verbund-Naßdampflokomotive, Gruppe 730, nach Tab. 13.
Textabbildung Bd. 327, S. 305
Fig. 6. 1–D–0-Zweizylinder-Zwilling-Heißdampflokomotive der Italienischen
Staatsbahnen.
Mit dieser Maschine sind auf der Strecke Pistoia–Pracchia der Linie Pistoia–Pisa
Versuchsfahrten gemacht worden. In dieser Linie sind Steigungen von 3, 5, 11, 13, 25
und 26 v. T. zu überwinden, außerdem Kurven von 300 m zu durchfahren. Einige
Resultate sind in Tab. 14 vermerkt, um an Hand dieser die ausgestellte
Heißdampflokomotive besser beurteilen zu können.
Nachstehende Tab. 14 zeigt, daß die Zylinder nicht voll ausgenutzt sind, der Kessel
dagegen an der normalen Leistungsgrenze angelangt ist. Ein Ueberanstrengen des
Kessels ist bei dem ungünstigen Gelände mit Recht vermieden worden. Unter
Zuhilfenahme der Zugkraftreihen kann man die Widerstände von Lokomotive und Wagen
ermitteln. Wird ferner Ni/qm Heizfläche nach „Garbe“ angenommen, so läßt sich eine Leistungsübersicht der
1–D–0-Zwilling-Heißdampflokomotive nach Tab. 15 aufstellen.
Es sei ergänzend hinzugefügt, daß das Lokomotivgewicht sowie der Triebraddurchmesser
bei beiden Maschinen als gleich angenommen ist, da die geringen Unterschiede dies
ohne Bedenken zulassen. Ich habe schon im ersten Teil meines Artikels darauf
hingewiesen, daß die Kesselleistung auf die Einheit bezogen bei den Verbundmaschinen
schneller mit der Geschwindigkeitszunahme wächst als bei Zwillingmaschinen, wofür
Tab. 15 wieder ein Beweis ist. Der Hauptwert der Tabelle ist jedoch der Nachweis der
Ueberlegenheit der Heißdampf-Zwillinglokomotive gegenüber der
Naßdampf-Verbundlokomotive in diesem Falle von 13 bis 31,5 v. H. Der Kessel ist in
jedem Falle normal beansprucht. Die Zylinder sind, wie der Wert a erkennen läßt, bei niederen Geschwindigkeiten voll
ausgenutzt, bei Steigerung derselben nimmt die Füllung in der für Heißdampf
günstigen Weise ab.
Der Kessel von 1544 mm ∅ liegt 2800 mm über S. O. Die Abmessungen der Feuerbüchse,
die über der letzten Achse angeordnet ist, sind: Rostfläche 2500 ×
Tabelle 12. Güterzuglokomotiven.
Lokomotiven.
Lokomotive Nr.
11
12
13
14
15
16
Gattung
1–E–0
0–E–0
1–D–0
1–D–0
0–D–0 T
1–C–0 T
Bahnverwaltung
Belg. Staatsb.
Ital. Staatsb.
Ital. Staatsb.
Paris-Lyon-M.
Ital. Staatsb.
Ital. Staatsb.
Erbauer
UsinesMetallurg.Haine-St. Pierre
OfficineMeccaniche,Mailand
OfficineMeccaniche,Mailand
Fives-Lille
Ernesto Breda,Mailand
Ernesto Bred,Mailand
Heißdampf oder Naßdampf
Heißdampf
Naßdampf
Heißdampf
Naßdampf
Naßdampf
Naßdampf
Zylinderanordnung
Vierling
Vierzyl.-Verb.
Zweizyl.-Zw.
Vierzyl.-Verb.
Zweizyl.-Zw.
Zweizyl.-Zw.
Zylinderdurchmesser mm
4/500
2/3752/610
2/540
2/3802/600
2/530
2/455
Kolbenhub „
660
650
700
650
520
700
Triebraddurchmesser „
1450
1350
1360
1500
1095
1360
Laufraddurchmesser „
900
–
840
1000
–
840
Schleppraddurchmesser „
–
–
–
–
–
–
Fester Radstand „
7615
3000
4700
4250
2600
2250
Ganzer Radstand „
10115
6000
7300
8630
3900
6700
Feuerbüchsheizfläche qm
18,95
11,5
12
16
9
8
Rohrheizfläche „
220 außen
224,5
143
223,64
128
114
Ueberhitzerheizfläche „
62
–
45
–
–
–
Gesamtheizfläche „
300,95
236
200
239,64
137
122
Anzahl der Rohre
230/31
273
135/21
146 S
192
192
Durchmesser der Rohre, licht mm
45/118
47
47/125
65
45
45
Rohrlänge „
5000
5150
5000
4250
4250
3800
Rostfläche qm
5,1
3,5
2,8
3,08
1,6
1,8
Kesseldruck kg
14
16
12
16
12
14
Leergewicht t
93,9
65,8
59,3
66,6
43,5
45,6
Dienstgewicht „
104,2
75
66,2
73,45
57
54,5
Adhäsionsgewicht „
87,8
75
56,8
64
57
44
Wasservorrat cbm
–
–
–
–
6,5
5
Kohlenvorrat t
–
4
–
–
2,5
1,8
Tender.
Anzahl der Achsen
3
2
3
–
–
Fester Radstand mm
–
–
–
–
–
Ganzer Radstand „
3960
4200
4000
–
–
Wasservorrat cbm
24
13
12
nichtausgestellt
–
–
Kohlenvorrat t
7
–
6
–
–
Dienstgewicht „
54
25,9
13,3
–
–
Leergewicht „
22,5
12,9
31,3
–
–
Tabelle 13.
Zylinderdurchmesser der H.-Z.
mm
490
„ „ N.-Z.
„
750
Kolbenhub
„
700
Triebraddurchmesser
„
1370
Kesseldruck
kg
16
Heizfläche
qm
202,8
Rostfläche
„
2,82
Leergewicht
t
59,2
Dienstgewicht
„
65,9
Adhäsionsgewicht
„
56,3
1120 mm, Tiefe über Rost vorn 1600, hinten 1415 mm. Der Rahmen
ist unter der Büchse hergezogen. Die beiden vorderen Achsen sind zu einem Zara-Drehgestell vereinigt. Die Zylinder liegen außen und
treiben die vierte
Tabelle 14.
Zuglast
Geschwinding-keit
Umdrehungi.d. Sek.
Zugkraft
Leistung
Ni/qmHeizfläche
a=\frac{2\,.\,Z\,.\,D}{p\,.\,{d_n}^2\,.\,h}
amZughaken
indiz.
amZughaken
indiz.
t
km/Std.
kg
kg
Nn
Ni
171
25,5
1,65
4640
8560
438
808
4,04
0,37
171
28,5
1,84
5200
8480
550
897
4,48
0,37
177
35
2,25
4880
7690
633
998
4,99
0,335
163
40
2,57
4480
7020
665
1038
5,19
0,305
163
45,5
2,93
4000
6400
674
1078
5,39
0,288
177
56
3,6
3280
5740
680
1188
5,94
0,25
Achse an. Nach Art der Sächsischen Staatsbahnen sind hier Festersche Schieber in Anwendung gekommen. Von vorn nach hinten
betragen die Achsbelastungen 10,2, 14,2, 14,2, 14,2, 14,2 t, die Achsstände 2,6,
1,7, 1,5 und 1,5 m.
Tabelle 15.
Zuglast
Geschwinding-keit
Umdrehungi.d. Sek.
Zugkraft
Leistung
Ni/qmHeizfläche
a=\frac{2\,.\,Z\,.\,D}{p\,.\,{d_n}^2\,.\,h}
amZughaken
indiz.
amZughaken
indiz.
t
km/Std.
kg
kg
Nn
Ni
265
25,5
1,65
7160
11080
750
1120
7,2
6
255
28,5
1,84
7760
11040
853
1200
7,8
6
245
35
2,25
6790
9600
875
1240
8,2
5,16
217
40
2,57
5960
8500
887
1260
8,1
4,6
210
45,5
2,93
5100
7500
861
1265
8,15
4,05
200
56
3,6
3740
6200
772
1280
8,25
3,35
Textabbildung Bd. 327, S. 307
Fig. 7. 1–D–0-Vierzylinder-Verbund-Naßdampflokomotive der
Paris-Lyon-Mittelmeerbahn.
Ebenfalls eine 1–D–0-Maschine ist die Vierzylinder-Naßdampflokomotive der
Paris-Lyon-Mittelmeerbahn (Nr. 14 der Tab. 12), die neuerdings von der Maschinenbauanstalt Humboldt in Köln-Kalk als Vierlinge
Heißdampfmaschine gebaut wird.
Die Feuerbüchse der ausgestellten Lokomotive ist nach Belpaire, wie Fig. 7 zeigt, mit einer
Länge oben von 2842,5 mm und 2899,5 mm unten, und einer Breite von 1259 mm oben und
1022 mm unten. Die beiden ersten Achsen sind zu einem dem Krauß-Drehgestell ähnlichen Zara-Gestell
vereinigt. Am Mittelzapfen ist ein Ausschlag von etwa 110 mm vorgesehen; die
Rückstellung erfolgt durch Blattfedern. Der Rahmen des Drehgestells ist ein
Stahlformgußstück. Da die Fig. 7 alles Wissenswerte
erkennen läßt, sei hier nur noch auf den eigenartigen Antrieb der Kulisse für die
inneren Niederdruckzylinder hingewiesen. Die vielen Zapfen werden einen großen toten
Gang und damit ungenaue Füllungen zur Folge haben.
Neben diesen Güterzuglokomotiven mit Schlepptender sind noch zwei normalspurige
Tenderlokomotiven zu nennen, die den Italienischen Staatsbahnen zugehören. Erstere
ist eine 0–D–0-Naßdampflokomotive, Gruppe 895 (Nr. 15 der Tab. 12). Diese Maschine,
die in Fig. 8 dargestellt ist, ist wegen der
eigenartigen Anordnung der Kohlen- und Wasserbehälter interessant. Die Kohlen sind
sowohl in zwei Eckkästen an Führerhaushinterwand und Seitenwänden, wie in einem nur
links befindlichen Kasten an Führerhausvorderwand untergebracht. Der Wasserkasten
zeigt ⊤-förmigen Querschnitt. Die lichte Breite von 920 mm zwischen den Rahmen ist
oberhalb der Rahmen auf 2160 mm erweitert, bei einer größten Höhe von 1000 mm und
einer Tiefe von 650 mm von Rahmenoberkante bis Wasserkastenboden. Für die
Steuerwellenlager und Hebel sind entsprechende Einschnürungen vorgesehen. Die
Rahmenbleche selbst dienen bei 1234 mm Abstand nicht als Wände des Kastens, dieser
hängt vielmehr frei im Rahmen. Im übrigen sei auf die Skizze verwiesen.
Textabbildung Bd. 327, S. 307
Fig. 8. 0–D–0-Tenderlokomotive der Italienischen Staatsbahnen.
Die im Bilde Fig. 9 wiedergegebene
1–C–0-Naßdampflokomotive, Gruppe 905, ist ebenso wie die vorhergehende von Ernesto Breda in Mailand erbaut. Diese unter Nr. 16 der
Tab. 12 angeführte Maschine entspricht ziemlich der preußischen
1–C–0-Tenderlokomotive mit Krauß-Drehgestell. Die 5 cbm
Wasser werden zwischen den Rahmen mitgeführt, die Kohlen sind in einem hinteren Kohlenkasten
untergebracht. Der Kessel liegt 2545 mm über S. O. Die Feuerbüchshinter- und
Vorderwand sind geneigt. Der Rost hat bei 1618 mm Länge eine Breite von 1120 mm,
wodurch der Feuerkasten nicht zwischen die Rahmen gebracht werden konnte.
Infolgedessen ist der Rahmen unter der Büchse hergezogen, was oft wie auch hier den
Nachteil geringer Feuerbüchstiefe hat. Die beiden ersten Achsen sind zu einem Zara-Drehgestell mit Pendelaufhängung vereinigt, die
beiden hinteren durch Balanciers verbunden.
Die Zylinder liegen wagerecht und treiben die dritte Achse an. Trotz Naßdampf sind
bei dieser Maschine Kolbenschieber von 255 mm ∅ in Anwendung gekommen, während die
0–D–0-Maschine Flachschieber hat. Auch hier liegen Zylinder- und Schieberkastenmitte
übereinander. Die Uebertragung der Exzenterstangenbewegung erfolgt durch einen
besonderen Hebel, der mit der Kulisse auf eine Welle aufgekeilt ist (s. Fig. 3 S. 279). Fast immer wiederkehrend ist das
Heranziehen des Aschkastenbodens als Rahmenstrebe.
Von den weiterhin ausgestellten Lokomotiven seien noch zwei Zahnradmaschinen
erwähnt.
C. Zahnradlokomotiven.
Beide den Italienischen Staatsbahnen gehörige Lokomotiven sind in Tab. 16
wiedergegeben.
Erstere ist von der Schweizer Maschinenfabrik Winterthur
für Paola-Cosenza, letztere von der Costruzioni
Meccaniche, Saronno für Sizilien erbaut. Eine eingehende Beschreibung
verlohnt sich nicht.
Tabelle 16.
Spurweite
mm
950
950
Gattung
0–C–0
0–C–0
Gruppe
980
40
Durchmesser der H.-Z.
mm
2,430
2,400
„ „ N.-Z.
„
2,430
2,400
Kolbenhub
„
500
450
Triebraddurchmesser
„
1040
950
Teilkreisdurchm. des Triebzahnrades
„
1030
860
„ „ Bremszahnrades
„
923,4
–
„ „ Transmissionsrades
„
924
–
Durchmesser des Zahnkolbens
„
384
–
Uebersetzungsverhältnis
1 : 2,41
–
Kesseldruck
kg
14
14
Rostfläche
qm
1,8
1,733
Feuerbuchsheizfläche
„
8
6
Rohrheizfläche
„
88
70,4
Gesamtheizfläche
96
76,4
Anzahl der Rohre
208
195
Durchmesser der Rohre, licht
mm
41
41
Länge der Rohre
„
3000
2800
Wässervorrat
cbm
3,3
4
Brennmaterial
t
1
1,2
Leergewicht
„
35,6
30,2
Dienst- und Adhäsionsgewicht
„
43,6
38,2
Maximale Zugkraft
kg
12000
–
Textabbildung Bd. 327, S. 308
Fig. 9. 1–C–0-Naßdampflokomotive der Italienischen Staatsbahnen.
Ich schließe hiermit meinen Artikel über die Lokomotiven der Turiner Ausstellung. Zum
Schluß sei mir noch gestattet, den deutschen wie ausländischen Firmem und
Bahnverwaltungen für ihre liebenswürdige Unterstützung meinen Dank
auszusprechen.