Titel: DIE ELEKTRIZITÄT IN LANDWIRTSCHAFTLICHEN BETRIEBEN.
Fundstelle: Band 327, Jahrgang 1912, S. 413
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DIE ELEKTRIZITÄT IN LANDWIRTSCHAFTLICHEN BETRIEBEN. (Schluß von S. 397 d. Bd.) Die Elektrizität in landwirtschaftlichen Betrieben. Von den transportablen Motoren sollen hier die Motorkarren und Motorwagen der Siemens-Schuckertwerke kurz beschrieben werden. Die Motorkarre besteht aus einem kleinen zweirädrigen Wagen, der von Menschen oder von Tieren fortbewegt werden kann, und auf dem der Elektromotor nebst Schaltapparaten aufgebaut ist. Der Motor wird vollständig regensicher gekapselt oder in der billigeren offenen Ausführung mit einer Blechschutzhaube (Fig. 2 S. 396) geliefert. Auf dem Deckel der Blechhaube befindet sich das Handrad der Anlaßwalze, das zum Ein- und Ausschalten des Motors dient und mit dem Primärschalter zusammengebaut ist. An der Stirnseite des Schutzkastens ist zur Aufnahme des Kabels während des Transportes ein Kabelsattel angebracht. Motorkarren werden mit Motoren von etwa 4 bis 12 PS ausgerüstet. Bei größeren Leistungen würde das Gewicht für eine zweirädrige Ausführung zu groß werden. Der Motorwagen. Für größere Leistungen werden vierrädrige Wagen mit Motoren von 10 bis 16, 16 bis 25 und 26 bis 50 PS benutzt. Die Ausführung der Wagen sowie die Konstruktion der Motoren, Anlaßwalzen, Kabel usw. entspricht langjährigen praktischen Erfahrungen. Textabbildung Bd. 327, S. 412 Fig. 5. Elektrischer Pflug. Der Motorwagen besteht aus einem hölzernen Wagenkasten mit festem Untergestell und vier hölzernen Rädern mit Eisenbandagen. Das Wageninnere ist durch Querwände in vier abgeschlossene Räume geteilt, in denen der Motor mit Anlaßwalze, die Kabeltrommel, die Riemenscheibe und die mitzuführenden Werkzeuge Aufnahme finden. Durchmesser und Breite der Räder sind so groß, daß die Wagen auch auf schlechten Wegen gefahren werden können. Das eiserne Vordergestell ist um einen Zapfen drehbar, wodurch sich der Wagen bequem lenken läßt. Der Wagenkasten ruht auf den Hinterrädern und dem Drehzapfen des Vordergestelles, also auf drei Punkten, so daß er auch auf unebenem Terrain durch Verziehen oder Verkanten nicht leidet. Zur Feststellung am Arbeitsplatze werden Zwischenklotzungen zwischen die Räder gelegt (Fig. 1 S. 396). Jeder Wagen besitzt außerdem eine kräftige Handbremse. Der Elektromotor ist in der normalen offenen Bauart und mit Schleifringrotor ausgeführt. Zum Anlassen dient eine einfach und dauerhaft ausgeführte Anlaßwalze. Diese wird durch ein Handrad betätigt, das mit Rücksicht auf die erforderliche Bewegungsfreiheit in der Aufstellung des Wagens auf seine rechte oder linke Längsseite umgesteckt werden kann. Mit der Anlaßwalze ist der Schalter zum Abschalten des Motors vom Netz zusammengebaut. Die Motorbedienung beschränkt sich mithin auf das Drehen des Handrades. Zum Schutz des Motors gegen unzulässige Ueberlastung sind Sicherungen eingebaut. Zur Stromzuführung dient ein bewegliches, den Anforderungen des rauhen landwirtschaftlichen Betriebes entsprechend hergestelltes Kabel. Seine Konstruktion, insbesondere die äußere Umhüllung, hat sich zur vollsten Zufriedenheit bewährt. Das Kabel wird auf eine Kabeltrommel im Innern des Motorwagens aufgewickelt. Die Verbindung zwischen dem Kabel und dem Motor erfolgt über Schleifringe, die an die Kabeltrommel angebaut sind. Hierdurch wird eine Anschlußdose mit Stecker gespart und das Kabel geschont, indem man bei Inbetriebsetzung des Motors nur eine der Entfernung des Wagens von der festen Leitung entsprechende Kabellänge abzuwickeln braucht. An der Wagendeichsel kann ein kleiner Kabelsattel zum Auflegen des ausgerollten Kabels befestigt werden. Ebenso kann an die Wagendeichsel ein kleiner schmiedeeiserner Ausleger zur Befestigung einer Glühlampenarmatur angeschraubt werden (Fig. 1, 3 und 4 S. 396), so daß man die Drescharbeit auch bei Dunkelheit fortsetzen kann. Die Deichsel wird dann an dem Wagen hochgerichtet und durch eine einfache Vorrichtung in der senkrechten Lage festgehalten. Führt eine Hochspannungsleitung in der Nähe der Stakenplätze oder an den Feldscheunen vorbei, so empfiehlt sich die Verwendung eines fahrbaren Transformators (Fig. 4), der mittels eines Mastschalters an die Hochspannungsleitung angeschlossen wird und die Hochspannung auf die Gebrauchspannung herabsetzt. Man hat dann keine besonderen Niederspannungsleitungen nötig und kann das elektrische Dreschen an jeder gewünschten Stelle des Feldes vornehmen. Hierdurch werden Zeit, Gespanne und Leute gespart und der Verlust an Frucht auf dem Wege vom Felde zum Gutshofe vermieden. Textabbildung Bd. 327, S. 413 Fig. 6. Elektrisches Pflügen. Elektrische Pflüge. Die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft baut Elektropflüge, die nach dem Einmaschinensystem arbeiten und in Größen bis 90 PS ausgeführt werden. Da Pflüge lediglich im Anschluß an Ueberlandzentralen betrieben werden, kommen nur Drehstrommotoren zur Verwendung. Ein kompletter Pflugsatz besteht aus folgenden Teilen: Motorwagen (Fig. 5), Pflugseil, Gegenwagen, Leitungskabel, Seilträger, Ackergerät, Kabelwagen. Textabbildung Bd. 327, S. 413 Fig. 7. Seilträger. Die Fig. 6 zeigt die Aufstellung dieser Teile im Betriebe. Der Motorwagen steht auf der einen Seite des zu pflügenden Feldes, ihm gegenüber in Entfernungen bis etwa 400 m der Gegenwagen. Zwischen beiden verläuft das Seil, in welches das Ackergerät eingehängt ist. Der Motorwagen trägt die Triebmaschine, den Elektromotor, der seine Kraft entweder auf die Windetrommeln überträgt, die das Seil bewegen, oder nach Umlegung einer Kupplung die Hinterräder des Wagens beim Selbstfahren antreibt. Alle Triebwerksteile und auch der Elektromotor sind durch Kapselung geschützt. Zur Bedienung des ganzen Apparates genügen zwei handlich angeordnete Hebel. Die Steuerung des Motors geschieht auf einfachste Art durch eine Kurbel in gleicher Weise wie bei den Straßenbahnen. Gegen falsche Bedienung und Ueberanstrengung sichert ein Apparat, der den Motor selbsttätig stillsetzt, wenn die Zugkraft am Seil das zulässige Maß überschreitet, z.B. beim Anfahren an größere Steine, beim Verstopfen des Pfluges usw. Es wird hierdurch die Bruchgefahr nach Möglichkeit vermindert. Das Seil ist aus bestem Pflugstahldraht hergestellt. Es wird mittels Seilführungen ordnungsmäßig auf die Trommeln aufgewickelt, die genau so angeordnet sind, wie bei den Dampfpflügen. Außerdem halten Seilträger (Fig. 7) das Seil so vom Boden ab, daß sich die Abnutzung des Pflugseiles durchaus in normalen Grenzen hält. Der Gegenwagen wird je nach der Beschaffenheit des Ackers verschieden hergestellt. Die Verankerungs-Vorrichtungen, mit denen sich der Wagen im Boden festhält, sind in jedem Falle so ausgebildet, daß sie die seitliche Verschiebung sicher verhindern, wenn der Pflug von dem Motorwagen nach dem Gegenwagen gezogen wird. Bewegt sich der Pflug zum Motorwagen zurück, so ist der Gegenwagen entlastet und wird nun infolge der Umdrehung der Rolle um ebensoviel weiterbewegt, wie die Arbeit des Pfluges inzwischen fortgeschritten ist. Fig. 8 zeigt eine Ausführungsform. Das Ackergerät (Fig. 9) wird für jeden einzelnen Fall auf Grund der auf diesem Gebiete gesammelten Erfahrungen bestimmt, wobei besonderes Gewicht auf Verminderung des Stromverbrauches gelegt wird. Es sind Einrichtungen getroffen, dem Pfluge eine Egge, Walze oder Schleife bezw. Untergrundpacker oder Stachel walze anzuhängen. Textabbildung Bd. 327, S. 413 Fig. 8. Verankerung. Ein Volt- und ein Amperemeter, die am Motorwagen, für den Führer jederzeit sichtbar, angebracht sind, ermöglichen eine dauernde Kontrolle der Arbeitsweise. Als Stromzuführung dient ein biegsames Kabel, das in Längen von 300 bis 1000 m verwendet wird. Die Isolation des Kabels ist aus bester, dauerhaftester Gummimischung so hergestellt, daß der Betrieb auch bei Regen usw. stets aufrecht erhalten werden kann. Zum Schutz gegen äußere Beschädigungen ist das Kabel mit einer eigens für den Pflugbetrieb passenden Umwehrung ausgerüstet. Es ist hierdurch eine Konstruktion des Pflugkabels geschaffen, die sich bei größter Widerstandsfähigkeit und vorzüglicher Isolation durch Biegsamkeit und geringes Gewicht auszeichnet. Textabbildung Bd. 327, S. 414 Fig. 9. Ackergerät. Zum Transport des Kabels wird ein Ausleger am hinteren Ende des Motorwagens, bei größeren Längen noch ein Kabelwagen benutzt, dessen Abmessungen mit Rücksicht auf schnelle Erledigung der Umsetzarbeit gewählt sind. Im Betriebe ist der Kabelwagen dem Winde wagen angehängt (Fig. 10). Das für längere Zeit ausgelegte Kabel wird an leichten Kabelstützen aufgehängt, die vom Kabelwagen mitgeführt werden. Bei Wegekreuzungen halten längere Stangen die Durchfahrt frei. Alle Gefährte können zum Transport zusammengehängt und bei günstigen Wegeverhältnissen durch den Motorwagen geschleppt werden. Es sind aber auch Vorrichtungen vorhanden, die den Transport leicht mittels Gespann gestatten. Die Wagen sind steuerbar und passen sich der Form der Feldgrenze nach Möglichkeit an (Fig. 11). Eine Verkürzung der Furchenlänge durch Wandern des Gegenwagens tritt weder bei hartem noch bei weichem Boden ein. Es kann auch sehr unebenes Gelände bearbeitet werden. Unnötige Seilbiegungen werden vermieden; die Seilabnutzung ist minimal. Die Bedienungsmannschaft kann aus den Landarbeitern zusammengestellt werden. Für die Bedienung der Pflüge sind nur drei, für die größten vier Mann erforderlich. Textabbildung Bd. 327, S. 414 Fig. 10. Kabelwagen. Es ist nur eine Stromzuführung nötig, und der Anschluß an die Freileitung einer Ueberlandzentrale gestaltet sich mit Hilfe eines fahrbaren Transformators sehr einfach. Die Elektropflüge können mit gleichem Erfolge sowohl für die Flacharbeit, als auch für die Tiefkultur verwendet werden. Die Flächenleistung beträgt während einer Betriebsstunde: Textabbildung Bd. 327, S. 414 Fig. 11. Bei einerFurchentiefevon und einer Motorleistung von 40 PSetwa 70 PSetwa 90 PSetwa 15 cm = 6 Zoll 0,6 ha = 2,4 Mg. 0,8 ha = 3,2 Mg. 0,85 ha = 3,4 Mg. 25   „  = 10  „ 0,4  „  = 1,6  „ 0,6  „  = 2,4  „ 0,7    „  = 2,8  „ 35   „  = 14  „ 0,3  „  = 1,2  „ 0,5  „  = 2,0  „ 0,6    „  = 2,4  „   Bei einerFurchentiefevon werden f. d. Morgen verbraucht bei leichteretwa bei mittlereretwa bei schwererArbeit etwa 15 cm = 6 Zoll 10 KW/Std. 11,5 KW/Std. 13 KW/Std. 25  „   = 10  „ 14       „ 16          „ 18       „ 33  „   = 14  „ 20       „ 22          „ 24       „ Der Stromverbrauch hängt zwar nicht unwesentlich von der Beschaffenheit des Bodens ab, doch können die folgenden Werte als Mittelwerte gelten: Die Kosten für das Pflügen mit elektrischer Kraft können nicht in Ziffern angegeben werden, die für alle Verhältnisse zutreffen, weil sie je nach der Ausnutzungsmöglichkeit der ganzen Einrichtung höher oder niedriger ausfallen.