Titel: DER MIKRO-INDIKATOR ZUR UNTERSUCHUNG SCHNELLAUFENDER MASCHINEN.
Autor: O. Mader
Fundstelle: Band 327, Jahrgang 1912, S. 433
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DER MIKRO-INDIKATOR ZUR UNTERSUCHUNG SCHNELLAUFENDER MASCHINEN. Von Dr.-Ing. O. Mader, Aachen. (Fortsetzung von S. 424 d. Bd.) MADER: Der Mikro-Indikator zur Untersuchung schnellaufender Maschinen. II. Konstruktion des „Mikro-Indikators“. Die Durchführbarkeit der Grundidee und die Wahl der Größen für den „Mikro-Indikator“, wie im folgenden das neue Instrument genannt sei, hing vor allem von der Art der Aufzeichnung und der Feinheit der erzielten Diagrammlinien ab. Die äußerst scharfe Spitze eines Schreibstiftes mußte dazu leicht auf einer möglichst glatten Schreibfläche schleifen und einen dauernden Eindruck hinterlassen. Als sehr geeignet hierzu erwies sich ganz schwach berußtes Glas, das zugleich den Vorzug besitzt, eine starke Vergrößerung der Diagramme im durchfallenden Lichte im Mikroskop zu gestatten. Die einzelnen Rußteilchen sind von großer Feinheit und werden, sofern man die Rußschicht nur so dünn macht, daß alle Teilchen neben-, nie aufeinander liegen, von der Schreibstiftspitze leicht und vollständig zur Seite geschoben. Textabbildung Bd. 327, S. 433 Fig. 8. Textabbildung Bd. 327, S. 433 Fig. 9. Die Berußung kann durch jede Kerze erfolgen. Versuche, mit Diamant auf Glas zu schreiben, ergaben keine für den Indikator brauchbare Linien. Die Rußdiagramme bedürfen, falls sie aufbewahrt werden sollen, der Fixierung, die durch vorsichtiges Uebergießen, nicht Bespritzen, des Glases mit einem farblos eintrocknenden Lacke (z.B. Zaponlack) erzielt wird. Vor äußeren Beschädigungen, vor allem vor Kratzern, sind die fertigen Diagramme natürlich durch vorsichtige Behandlung der Schichtseite und Aufbewahrung in besonderen Kästen zu bewahren. Durch Abwischen des Russes, bei fixierten mit Spiritus, werden die Glasplatten sofort für neue Diagramme verwendungsbereit. Die bei den Diagrammen erreichte Strichstärke hängt in erster Linie von dem Zustand der Schreibstiftspitze ab. Es gelingt verhältnismäßig leicht, eine scharfe Spitze anzuschleifen, jedoch nützt sich diese anfangs sehr schnell ab, da sie, um das Abschleudern und Hämmern des Stiftes bei den stärksten Vibrationen der Maschine zu verhindern, mit etwas Druck an die Glasplatte angelegt werden muß. Für gewöhnliche Versuche genügt der dann erzielte breitere Strich noch längere Zeit, für genaue Versuche muß der Stift öfters ausgewechselt werden. Darauf ist durch Normalisierung der Stifte und geeignete Konstruktion des Stiftträgers Rücksicht genommen. Schon die ersten Versuche ergaben immerhin, daß eine Strichstärke von 1/50 mm erreichbar ist. Läßt man nun 2 v. H. der Diagrammhöhe für die Strichstärke zu, wobei jedoch die gleichmäßige Breite der auf dem dunklen Rußgrunde entstehenden Linie noch eine weit genauere Ausmessung gestattet, so kommt man zu einer gesamten Diagrammhöhe bezw. -Länge von 2 mm, ein Maß, das der Konstruktion des Mikro-Indikators zu Grunde gelegt ist. Die Hauptteile bestehen hier wie bei den normalen Indikatoren aus Zylinder, Kolben und Meßfeder (Fig. 8), da der Wärme- und Einspannungseinfluß, wie der Mangel der Proportionalität eine Membran als ungeeignet erscheinen ließ. Die marktgängigen Indikatoren weisen für Kolben und Kolbenstange stets mehrfache Führungen auf, die, sollen nicht sehr schädliche Reibungen und Klemmungen auftreten, ganz genau zentriert sein müssen, was erfahrungsgemäß zumal nach längerem Gebrauch, schwer erreichbar ist. Deshalb wird beim Mikro-Indikator die Kolbenstange nur an zwei Punkten geführt, unten vom Kolben, oben von der doppelt gewundenen Feder. Diese Federführung scheint auf den ersten Blick keine Sicherheit gegen Querbewegungen des Kolbenstangenendes zu bieten. Geringes Schiefstellen ist jedoch ohne Einfluß auf das Diagramm, größeres tritt nie ein, wie die Versuche gezeigt haben, ein Ecken und Hängenbleiben des Kolbens wurde damit aber vollkommen vermieden. Textabbildung Bd. 327, S. 434 Fig. 10. Feder, hohle Stange und Kolben sind fest zu einem Teile vereinigt und müssen zusammen ausgewechselt werden, wenn man einen anderen Diagrammaßstab wünscht. Dadurch entfällt jede Möglichkeit für ein Losrütteln im Betriebe und unrichtige Behandlung bei dem Zusammenschrauben. Der Kolben ist in normaler Weise eingeschliffen, nur etwas kürzer gehalten, um ein geringes Schiefstellen der Kolbenstange zu gestatten. Die Kolbenfläche beträgt normal genau 1 qcm für Drücke bis 30 at, für höhere Drücke, etwa bis 100 at, wird nicht mehr die Feder verstärkt, sondern der Kolbendurchmesser verringert. In den Zylinderkörper ist auch der Hahn mit eingebaut. Es hat dies den Zweck, die Verbindungsleitung mit dem Motorinnern kurz zu halten, den Gaseintritt unter den Kolben wenig zu drosseln und die Volumverhältnisse der Maschine durch die Anbringung des Indikators wenig zu ändern. Der Raum unter dem Indikatorkolben, einschließlich Hahnbohrung und Zuleitung beträgt 3 bis 4 ccm. Dies ermöglicht die Verwendung des Mikro-Indikators auch bei den kleinsten Zylindern, z.B. von Fahrradmotoren. So hatte z.B. der vom Verfasser untersuchte vierzylindrige 3 PS-Benzinmotor (vergl. später unter „Versuche“) 180 ccm Totraumvolumen und 636 ccm Hubvolumen, der Indikator ändert somit im oberen Totpunkt das Volumen um etwa 2 v. H., im unteren um etwa ½ v.H. Textabbildung Bd. 327, S. 434 Fig. 11. Fehler des Koordinatennetzes. Textabbildung Bd. 327, S. 434 Fig. 12. Getriebe. Textabbildung Bd. 327, S. 434 Fig. 13. Einzelteile des Mikro-Indikators. Textabbildung Bd. 327, S. 434 Fig. 14. Diagrammplatte. Zur Bewegung der Druck- und Maschinenkolbenstellung gleichzeitig verzeichnenden Schreibstiftes S wurde das im Schema in Fig. 9 dargestellte einfache Getriebe gewählt. Am Ende der Kolbenstange befindet sich eine ebene Fläche a, auf der das Ende einer Stange b schleift. Die Schreibstiftspitze S liegt genau in der Achse, die durch den Mittelpunkt dieses kreisrund ausgebildeten Stangenendes geht. Das zweite Ende E der Stange b wird durch einen um D schwingenden Hebel c hin- und hergezogen. Damit die Stange b stets auf der Kolbenstange aufliegt und jeder tote Gang in den Gelenken vermieden wird, ist eine Feder f mit sehr vielen Windungen angebracht. Der Einfluß dieser bei Dehnung wenig zunehmenden Federkraft auf den Maßstab der Hauptmeßfeder ist verschwindend, ihre Größe muß dem bei den Kolbenbewegungen vorkommenden maximalen Beschleunigungsdruck der Stange b mindestens gleich sein, um ein Abfliegen des runden Endes von der Kolbenstange zu verhüten. Das sorgfältige Vermeiden jeden toten Ganges, wie es durch solche Federanordnung geschieht, und jeder schädlichen Verbiegung ist übrigens eine der Vorbedingungen für gute Mikrodiagramme; jedes 1/50 mm Spiel, bei gewöhnlichen Indikatoren belanglos, bedeutet hier mindestens 1 v. H. Fehler! Infolge des Schleifens der Stange b wird an dieser Stelle leicht Abnutzung eintreten. Durch Härten und sorgfältiges Oelen der Schleifstellen läßt sich diese verringern, ihr Einfluß auf die Genauigkeit der Diagramme ist auch nicht sehr groß. Textabbildung Bd. 327, S. 435 Fig. 15. Versuchsindikator. Textabbildung Bd. 327, S. 435 Fig. 16. Textabbildung Bd. 327, S. 435 Fig. 17a. Textabbildung Bd. 327, S. 435 Fig. 17b. Textabbildung Bd. 327, S. 435 Fig. 17c. Textabbildung Bd. 327, S. 435 Fig. 17d. Das einfache Getriebe abc soll durch Heben der Kolbenstange a die Druck-, durch Drehung der Stange c die Hubaufzeichnung in einem rechtwinkligen Koordinatensystem ermöglichen. Dies ist genau natürlich nicht der Fall. Durch entsprechende Abmessungen lassen sich jedoch die Abweichungen innerhalb praktisch vollkommen genügender Grenzen halten. Während die Druckangabe vollkommen korrekt ist, ergibt sich der größtmögliche Fehler in der Hubangabe aus folgender Ueberlegung (Fig. 10). Bewegt sich die Kolbenstangenoberfläche aus ihrer der halben Diagrammhöhe entsprechenden Mittellage um \frac{h}{2} in die Höhe, so dreht sich der Schreibstift S um E und weicht dabei von der gewünschten Ordinate um x=b-\sqrt{b^2-\left(\frac{h}{2}\right)^2} ab. Hat sich dabei E vielleicht um die halbe Diagrammlänge \frac{s}{2} nach rechts verschoben, so würde sich auch S um \frac{s}{2} nach rechts, nach S' bewegt haben, falls E auf der Wagerechten nach E'' gewandert wäre. E wanderte aber auf einem Kreisbogen vom Radius c um D nach E', das um n unter E'' liegt. Dadurch kam S um y zu weit nach rechts, nach S'. Es wird die Bogenhöhe n=c-\sqrt{c^2-\left(\frac{s}{2}\right)^2}; m=\sqrt{b^2-\left(n+\frac{h}{2}\right)^2}; y=\sqrt{b^2-\left(\frac{h}{2}\right)^2}-m. Bei dem Mikro-Indikator ist gewählt; h = 2 mm, s = 2 mm, b = 25 mm, c = 3 mm; daraus wird x = 0,020 mm, y = 0,006 mm und der größtmögliche Fehler der Abszisse x + y = 0,026 mm. Zur Kontrolle dieser Rechnung wurde das in Fig. 11 vergrößert wiedergegebene Koordinatennetz mit dem Schreibstift des ersten Versuchsinstrumentes gezogen. Die Ordinaten wurden durch Anheben des Kolbens mit einer Druckschraube in Abständen von im Mittel 0,223 mm, die Abszissen entsprechend einer mit einem Transporteur kontrollierten Antriebshebelverdrehung von je 5° in Abständen von etwa 0,26 mm gezogen. Das Koordinatensystem ist auf eine Fläche von 3,6 × 2,8 mm ausgedehnt, für die Diagramme wurde jedoch höchstens der durch die --------------- umgrenzte Raum von 2 × 2 mm benutzt. Für diesen, bei dem ersten Versuchsinstrument noch nicht ganz richtig liegenden Raum, beträgt die größte Abweichung vom rechtwinkligen Koordinatennetz 0,05 mm = 2,5 v. H. der Diagrammlänge, falls man den Diagrammraum jedoch richtig legt (– – – –) nur 0,025 mm = 1,3 v. H. nach direkter Messung, wobei Fehler in der mechanischen Ausführung des Instrumentes sowie bei der Vergrößerung des Diagrammes im Mikroskop mit inbegriffen sind. Die allmähliche konstruktive Ausgestaltung des Schreibhebels hatte folgende Forderungen zu erfüllen: Leichte Federung des Schreibstiftes, Stiftachse und Achsen in D und E untereinander stets genau parallel, Stift durch einen Griff auswechselbar, ohne Beschädigung seiner Führungsfedern, keine Querdrehung des Stiftes bei großen Beschleunigungen in Richtung der Kolbenachse. Dies führte (Fig. 12) zur Vermeidung jeder Schraubenverbindung und Herstellung der Führungsblattfedern des eigentlichen Hebels und der Nabe aus einem Stahlstück. Die federnde Stifthülse ist in die Blattfedern eingenietet; beim Einschieben und Herausziehen werden die stets gleich langen Stifte an dem auf sie aufgepreßten, über die Hülse vorstehenden Ringe gepackt, dabei legt sich die Hülse mit einem ihrer Bunde an den starken Hebel an und die Blattfedern können nicht verdehnt werden. Als weiterer, dem Mikro-Indikator eigener Teil tritt noch der Glasplattenträger (Fig. 13) hinzu, im wesentlichen ein um eine Achse drehbarer, durch eine Feder an dem Rundnocken angepreßter -förmiger Rahmen, in den die berußte Glasplatte von oben eingeschoben und durch Federn mitsamt ihrem Rückenschild festgehalten wird. Durch eine rasche Drehung des Rundnockens mit einer Handkurbel wird die Glasplatte an den Schreibstift eingedrückt und wieder zurückgezogen. Zur Aufnahme eines weiteren Diagrammes wird die Platte durch eine Klinke etwas weiter geschoben. So können auf eine Platte (Fig. 14) in zwei Reihen 24 Diagramme genommen werden, wenn man den Indikatorhahn offen stehen läßt, in der Zeit von etwa 30 Sek. Dabei sind in der Hauptsache nur drei verschiedene einfache Handgriffe zu machen. Als Platten dienen normale „Objektträger“ des Gießener Formates (28 × 48 mm), wie sie für mikroskopische Präparate allgemein im Handel zu haben sind. Das erste einfache Versuchsinstrument zeigt Fig. 15, aus ihm entwickelte sich dann der eigentliche Mikro-Indikator mit den oben beschriebenen Teilen, dieser ist zusammengebaut in Fig. 16 und 17ad dargestellt. (Fortsetzung folgt.)