Titel: | NEUERE EISENBAHNWAGENKIPPER. |
Autor: | Hubert Hermanns |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 454 |
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NEUERE EISENBAHNWAGENKIPPER.
Von Ingenieur Hubert Hermanns,
Duisburg.
(Fortsetzung von S. 442 d. Bd.)
HERMANNS: Neuere Eisenbahnwagenkipper.
Einen nach vorstehend kurz skizzierten Gesichtspunkten für Syndicato Asturiano del Musel in Gijon in Spanien ausgeführten Kipper gibt
Fig. 3 wieder, während der Kipper in Fig. 4 im Seitenriß und Aufriß dargestellt ist. Der
Kipper ist auf einem portalartig ausgebildeten Gerüst aufgestellt, das eine feste
Fahrbühne mit einer beweglichen Plattform trägt. Diese ruht sowohl mit ihrem
vorderen, als auch mit ihrem hinteren Ende auf Laufrollen. Während sich die hinteren
Laufrollen auf in einer bestimmten Kurve gebogenen Schienen aufwärts bewegen, laufen
die vorderen Rollen auf einer nach vorne auskragenden Kurvenführung, die an einer
einziehbaren Auslegerkonstruktion aufgehängt ist. Bei einer Vorwärtsbewegung der
Plattform muß sich diese also mit dem darauf stehenden Eisenbahnwagen schrägstellen,
so daß letzterer nach Lösung der Stirnklappe seinen Inhalt auskippt. Der Wagen
stützt sieht während des Kipp Vorganges gegen einen mit der Plattform verbundenen
Prellbock, der aus einer starken Holzbohle gebildet ist.
Textabbildung Bd. 327, S. 454
Fig. 3. Wagenkipper mit Schwingbewegung in Seitenansicht.
Der Antrieb der hinteren Rollen auf der nach aufwärts gebogenen Schienenbahn kann
entweder mittels eines Windwerks durch Seil- oder Kettenzug erfolgen, oder auch
durch direkten Antrieb der Rollen mittels eines Motors. In jedem Falle dient
indessen der motorische Antrieb lediglich dazu, die Bewegung einzuleiten und zu
regeln, da nach Einleitung der Bewegung für das Aus- und Einschwingen selbst nur ein
ganz geringer Kraftaufwand erforderlich ist. Dies wird einerseits durch ein mit dem
Hinterende der Plattform verbundenes Gegengewicht, anderseits durch eine
zweckentsprechende Krümmung der Laufschienen erreicht. Beim Ausschwingen erzeugt die
in Richtung der Plattform wirkende Zugkraft H eine
tangential nach aufwärts gerichtete Kraft P1 die größer ist als die durch Last Eigengewicht
hervorgerufene, nach abwärts gerichtete Kraft P2. Das Hinterende der Plattform muß danach eine
Aufwärtsbewegung ausführen. In der äußersten Stellung ist die Schienenkurve so
gewählt, daß P2 = P2
wird. Beim Entleeren des Wagens nimmt M entsprechend
ab. Infolgedessen wird P1 < P2, und die Plattform läuft selbsttätig in ihre
Anfangsstellung zurück.
Um ein Stürzen der Kohlen im freien Falle zu verhüten, kommt ein Schütttrichter in
Teleskopform zur Anwendung, der in Seilen an dem einziehbaren Ausleger hängt und
nach der Füllung des Schiffes, um dessen Verholen nicht zu behindern, ebenso wie die
vorkragende Kurvenführung hochgezogen wird. Fig. 5
zeigt den Kipper mit aufgeklappter Kurvenführung und hochgezogenem Trichter. Wie
bereits erwähnt, besteht letzterer aus einschiebbaren Röhren und wird bei der Beladung
eines Schiffes soweit gesenkt, daß das untere Rohr bis zum Schiffsboden bezw. bis
auf das bereits im Schiff befindliche Material reicht. Der Trichter wird stets bis
zum Hals mit Material gefüllt gehalten und das jeweils unterste Rohr mittels eines
an dem Trichter befestigten Windwerks nach jeder Wagenladung soweit gehoben, daß
eine der neuen Wagenladung entsprechende Materialmenge austreten kann. Da sich die
Trichteröffnung unmittelbar unter der Kipperplattform befindet, so ist die Sturzhöhe
des Gutes nur eine ganz geringe, und einer Zerkleinerung desselben wird wirksam
vorgebeugt. Der Antrieb des Windwerks für das Einziehen der Rohre kann entweder von
Hand durch Betätigung eines Flaschenzuges oder auch durch einen Elektromotor
erfolgen.
Textabbildung Bd. 327, S. 455
Fig. 4. Seitenriß und Aufriß des Wagenkippers mit Schwingbewegung.
Textabbildung Bd. 327, S. 455
Fig. 5. Schwingkipper mit aufgeklappter vorderer Kurvenführung und
hochgezogenem Beladetrichter.
Von diesem Kipper sind auch noch einige andere Bauformen für besondere
Verwendungszwecke entwickelt und konstruiert worden, die hauptsächlich dort in Frage
kommen, wo mit einem veränderlichen Wasserstande gerechnet werden muß. Um sich der
Wasserstandshöhe anpassen zu können, wird die Kipperplattform heb- und senkbar
gemacht und das Vorderteil der Plattform durch ausschwingbare Hebel unterstützt.
Einen Kipper nach dieser Bauart veranschaulicht Fig.
6. Die Kippbühne wird hier durch ein auf dem Gerüst angebrachtes
Windwerk gehoben und gesenkt. Das Gewicht der Bühne mit dem Wagen wird durch
Gegengewichte ausbalanciert, die sich in den beiden hinteren Säulen des Gerüstes bewegen.
Der Kraftbedarf zum Heben der Bühne wird dadurch auf ein Mindestmaß beschränkt.
Der in gleicher Weise, wie oben dargestellt, ausgebildete Trichter hängt hier an
einer Laufkatze, die sich in einem kastenförmigen Ausleger bewegt. Mit Hilfe der
Laufkatze wird der Trichter über das Schiff ausgefahren und nach der Beladung wieder
zurückgezogen. Eine Behinderung in der Verholung von Schiffen mit Masten und hohen
Deckaufbauten wird dadurch wirksam verhindert, daß der Ausleger mittels eines
Windwerks heruntergeklappt werden kann, nachdem die Laufkatze mit dem Schütttrichter
ausgefahren worden ist.
Der Betrieb dieses Kippers vollzieht sich also in der Weise, daß nach dem Anlegen des
zu beschüttenden Schiffes zunächst der Ausleger bis zur Wagerechten hochgeklappt
wird. Darauf wird die Laufkatze mit dem Trichter über das Schiff ausgefahren
und letzterer bis auf den Schiffsboden gesenkt. Mit Hilfe des Windwerks wird nunmehr
die Plattform mit dem darauf stehenden Eisenbahnwagen gehoben und die Kippbewegung
in der bereits oben erläuterten Weise eingeleitet. Der vordere Teil der Plattform
wird durch Schwinghebel abgestützt, die an ihrem unteren Ende zwischen Schienen
geführt sind und sich mit der Plattform auf- und abbewegen.
Textabbildung Bd. 327, S. 456
Fig. 6. Schwingkipper für veränderlichen Wasserstand mit an einer Laufkatze
hängendem Beladetrichter.
Textabbildung Bd. 327, S. 456
Fig. 7. Schwingkipper zur Beladung von Flußschiffen mit Senkbewegung.
Ist auch bei dieser Bauart zum Beladen von Schiffen zur Verringerung der Schütthöhe
noch ein Schütttrichter erforderlich, so kann dieser bei der Beschüttung von
Flußschiffen unter Verwendung einer anderen Bauform in Fortfall kommen. Fig. 7 zeigt eine schematische Darstellung der für
die Beladung von Flußschiffen entwickelten Bauart. Die Kippbühne ist hier an Seilen
aufgehängt und ihr Gewicht durch Gegengewichte soweit ausgeglichen, daß nach Lösen
der Hubwerksbremsen ein selbsttätiges Senken des beladenen Wagens erfolgt, bis die
erforderliche Höhe erreicht ist und die Bremsen wieder angezogen werden. Dann wird
der Wagen in der üblichen Weise gekippt und die Bühne mit dem leeren Wagen
zurückgeschwungen. Nach dem Lösen der Bremsen hebt sich die Bühne mit dem geleerten
Wagen unter dem Einfluß der jetzt überwiegenden Gegengewichte wieder selbsttätig und
der leere Wagen kann abgefahren werden. Diese Bauart zeichnet sich also besonders
dadurch aus, daß motorischer Antrieb für das Hubwerk in Fortfall kommt und daß sich
sowohl hierdurch als auch durch das Fortfallen des Schütttrichters die Anlage- und
Betriebskosten eines derartigen Kippers sehr niedrig stellen. Es sei noch bemerkt,
daß die Verschiedenheiten in den Gewichten der zu kippenden Wagen durch besondere
Zusatzgewichte ausgeglichen werden, die bei Wagen von geringerem Gewicht mit der
Bühne gekuppelt werden.
(Schluß folgt.)