Titel: | NEUERE EISENBAHNWAGENKIPPER. |
Autor: | Hubert Hermanns |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 472 |
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NEUERE EISENBAHNWAGENKIPPER.
Von Ingenieur Hubert Hermanns,
Duisburg.
(Schluß von S. 446 d. Bd.)
HERMANNS: Neuere Eisenbahnwagenkipper.
Eine weitere Bauart eines Wagenkippers zur Beladung von Flußschiffen, der den
Vorteil hat, daß das Schiff in seiner ganzen Breite beschüttet werden kann, geben
Fig. 8 und 9
wieder, und zwar zeigt Fig. 8 die Plattform vor dem
Kippen und Fig. 9 während des Kippvorganges. Die
Kippbühne ist hier mit einem durch Motor angetriebenen Fahrwerk ausgerüstet, mit dem
der zu kippende Wagen über das Schiff ausgefahren werden kann. Der Maschinist, der
alle Bewegungen des Kippers steuert, ist in dem oberhalb des Kippers vorgesehenen
Steuerhause untergebracht. An dem Kippergerüst ist an einem Ausleger eine
Ladeschurre aufgehängt, die beim Verholen des Schiffes mittels einer Handwinde
hochgezogen wird. Der ganze Kipper ruht auf Laufrädern und kann vorgefahren
oder zurückgezogen werden, je nachdem der Eisenbahnwagen in der Mitte oder auf einer
Seite des Schiffes entladen werden soll. Es ist so möglich, das Gut über die ganze
Breite des Schiffes zu verteilen, so daß die Lohnausgaben für das Verteilen des
Materials über die Breite des Schiffes mit der Hand gespart werden. Die Arbeitsweise
des Kippers scheint nach den vorhergehenden Ausführungen keiner weiteren Erläuterung
mehr zu bedürfen, zumal dieselbe aus Fig. 8 und 9 unmittelbar zu erkennen sein wird.
Textabbildung Bd. 327, S. 472
Fig. 8. Schwingkipper zur Beladung von Schiffen in der vollen Breite.
Bei sehr hohen Quaimauern und flachen Flußkähnen kann auch die in Fig. 11 dargestellte Bauart zur Anwendung kommen, die sich im
allgemeinen an die in Fig. 3 (454) abgebildete
Bauform anlehnt. Jedoch ist hier der Kipper in einer Aussperrung der Quaimauern
eingebaut. Der Schütttrichter ist auf Laufrollen gelagert und bewegt sich mit diesen
auf einer Schienenbahn, die über das Wasser vorkragt und an Seilen hängt. Ebenso ist
auch die vordere Kurvenführung heb- und senkbar an einem Windwerk aufgehängt. Nach
der Beladung des Schiffes wird zunächst die Kurvenführung hochgezogen und darauf der
Schütttrichter eingefahren und die Schienenbahn für den Trichter hochgeklappt, so
daß die Verholung des Schiffes in keiner Weise behindert wird. Den Kipper mit
aufgeklapptem Schienengleis und Kurvenführung und eingefahrenem Schütttrichter gibt
Fig. 12 wieder.
Textabbildung Bd. 327, S. 473
Fig. 9. Schwingkippper nach Fig. 8 in Kippstellung.
Wenngleich die unverkennbaren Vorzüge dieses neuen Kippers, geringer Kraftbedarf,
niedrige Anlage- und Betriebskosten, weitestgehende Schonung des Ladegutes,
hauptsächlich bei der Beladung von Schiffen in die Erscheinung treten, so steht doch
anderseits durchaus nichts im Wege, ihn auch als Landkipper derart zu verwenden, daß
das Ladegut in eine Schüttgrube ausgekippt und von hier aus durch ein anderes
Fördermittel weiter transportiert wird. Wie aus Fig.
10, die schematisch eine Darstellung eines derartigen Kippers gibt,
hervorgeht, ist eine solche Ausführungsform sehr einfach. Infolge des geringen
Kraftbedarfs ist es ohne weiteres möglich, den Kipper von Hand anzutreiben. Es
möge jedoch hierauf nicht näher eingegangen werden; es dürfte genügen, auf diese
Verwendungsmöglichkeit kurz hingewiesen zu haben.
Handelt es sich bei den vorstehend beschriebenen Kippern um solche in ortsfester
Anordnung, so sei hier noch eines von der Deutschen
Maschinenfabrik A.-G. ausgeführten Eisenbahnwagenkippers mit Fahrwerk
gedacht, der sich ohne weiteres in einen Eisenbahnzug einschalten und von Ort zu Ort
befördern läßt. Die Vorteile eines derartigen Kippers liegen auf der Hand, und es
waren daher schon lange die Bestrebungen der hier beteiligten Kreise auf die
Schaffung eines brauchbaren Kippers in fahrbarer Anordnung gerichtet. Mit der
Konstruktion des nachstehend näher behandelten Kippers hat diese Aufgabe ihre Lösung
gefunden.
Textabbildung Bd. 327, S. 473
Fig. 10. Schwingkipper als Landkipper verwendet.
Der Kipper, in Fig. 13 dargestellt, besteht aus einem
Unterwagen mit zwei mit diesem gelenkig verbundenen Auflaufbrücken, einem drehbaren
Oberwagen mit einer kippbaren Bühne und einem Aufzugswagen. Der Unterwagen ist mit
den Vorschriften der Staatsbahnverwaltung entsprechenden Drehgestellen und mit Stoß-
und Zugvorrichtung ausgerüstet. Nach den beiden Seiten hin schließen sich an den
Unterwagen die aufklappbaren Auflaufbrücken an. Der drehbare Ober wagen stützt sich
mittels kegeliger Rollen auf einem im Kreise gebogenen Gleis auf dem Unterwagen ab und trägt eine
kippbare, um eine kräftige Achse schwingende Bühne, die um 30° zur wagerechten
geneigt ist. Die Laufschienen der Bühne schließen sich in dieser Neigung unmittelbar
an die Schienen der Auflaufbrücken an und bilden die Fahrbahn für den erwähnten
durch eine Winde betätigten Aufzugswagen, der in Fig.
13 abgelassen ist.
Textabbildung Bd. 327, S. 474
Fig. 11. Schwingkipper mit ausfahrbarem Beladetrichter.
Textabbildung Bd. 327, S. 474
Fig. 12. Schwingkipper nach Fig. 11. mit aufgeklappter Kurvenführung und
Schienenbahn für den Trichter.
Die einzelnen Bewegungen des Kippers werden durch Motoren
angetrieben, von denen der Antriebsmotor für das Fahrwerk des Kippers, der sich mit
eigener Kraft weiter bewegen kann, und der Motor für das Drehwerk im Unterwagen
angeordnet sind, während die Motoren für den Antrieb der Aufzugswinde und des
Kippwerks auf dem Oberwagen stehen. Die Steuerapparate für die Motoren sind auf einer am
Oberwagen angebrachten seitlichen Plattform angeordnet, von der aus der Maschinist
die einzelnen Bewegungen des Kippvorganges bequem überschauen kann.
Textabbildung Bd. 327, S. 475
Fig. 13. Fahrbarer Wagenkipper mit abgelassenem Aufzugswagen.
Textabbildung Bd. 327, S. 475
Fig. 14. Fahrbarer Wagenkipper, Eisenbahnwagen hochgezogen.
Die zu kippenden Wagen werden mittels einer auf dem Oberwagen vorgesehenen Winde
herangeholt und mit dem vorderen Räderpaar auf den herabgelassenen Aufzugswagen
gefahren, worauf die Verholwinde stillgesetzt wird und die Hubwinde in Tätigkeit
tritt. Unmittelbar nach Einleitung der Hubbewegung heben sich die in Fig. 13 in abgeklapptem Zustande dargestellten
Textabbildung Bd. 327, S. 476
Fig. 15. Fahrbarer Kipper während des Auskippens.
Textabbildung Bd. 327, S. 476
Fig. 16. Fahrbarer Kipper, leerer Wagen nach der Gegenseite abfahrend.
Textabbildung Bd. 327, S. 476
Fig. 17. Fahrbarer Kipper im zusammengeklappten Zustande.
Fanghaken selbsttätig und greifen um die Vorderachse des Eisenbahnwagens, diesen
während der Aufwärtsbewegung haltend. Durch die Anordnung eines besonderen
Aufzugswagens wird ein Drehen der Wagenachsen in den Fanghaken während des
Hochziehens verhindert. Der Eisenbahnwagen bewegt sich nun mit dem Aufzugswagen über
die Auflaufbrücke auf die parallel zum Eisenbahngleis eingestellte Kippbühne. Nach
Erreichung der vorgesehenen Höchststellung wird nun der Oberwagen mit der Kippbühne
um 90° gedreht, so daß der Eisenbahnwagen im rechten Winkel zur Gleisachse steht,
und die Stirnwand des Wagens geöffnet. Darauf wird die unter 30° geneigte Kippbühne
mittels eines Kurbelgetriebes in eine Steigung von 45° gebracht, so daß der Inhalt
des Wagens herunterrutschen kann. Fig. 14 zeigt den
hochgezogenen Eisenbahnwagen, Fig. 15 den Wagen
während des Auskippens. Nach der Entleerung des Wagens wird die Kippbühne wieder bis
zur Steigung von 30° zurückgesenkt und um weitere 90° gedreht. Der Aufzugswagen kann
nunmehr mit dem darauf stehenden leeren Eisenbahnwagen auf der rückwärtigen
Auflaufbrücke abgelassen (Fig. 16) und
letzterer nach der der Auflaufseite entgegengesetzten Seite abgefahren werden.
Darauf wird der Aufzugswagen wieder auf die Kippbühne zurückgezogen, diese um 180°
in die Anfangsstellung zurückgedreht und der Aufzugswagen wieder abgelassen, um
einen neuen Eisenbahnwagen heranzuholen. Fig. 17
gibt den Kipper noch im zusammengeklappten Zustande fertig zum Einstellen in
Eisenbahnzüge wieder. Zu diesem Zweck werden die Auflaufbrücken hochgeklappt und
mittels Zugstangen verriegelt und dann das hintere Ende der Kippbühne mit dem darauf
ruhenden Aufzugswagen soweit gesenkt, daß das hintere Ende derselben auf der einen
Auflaufbrücke aufruht.
Die stündliche Leistung dieses Kippers beträgt unter der Voraussetzung, daß die Wagen
aus einer Entfernung von 30 m mittels der Verholwinde herangeholt werden, sechs bis
acht Wagen. Die mit dem Kipper angestellten Versuche haben recht günstige Ergebnisse
gehabt. Insbesondere rutschte auch das Ladegut bei einer Steigung der Kippbühne von
45° aus dem Wagen ohne Schwierigkeiten ab.