Titel: | DER MIKRO-INDIKATOR ZUR UNTERSUCHUNG SCHNELLAUFENDER MASCHINEN. |
Autor: | O. Mader |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 484 |
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DER MIKRO-INDIKATOR ZUR UNTERSUCHUNG
SCHNELLAUFENDER MASCHINEN.
Von Dr.-Ing. O. Mader,
Aachen.
(Schluß von S. 469 d. Bd.)
MADER: Der Mikro-Indikator zur Untersuchung schnellaufender
Maschinen.
Um die Bedingungen des eigentlichen Anwendungsgebietes des Mikro-Indikators
kennen zu lernen, wurde zu Versuchen an schnellaufenden
Benzinmotoren übergegangen. Die Indizierung eines Motors wird ja um so
schwieriger, je schneller er läuft, je plötzlicher die Verbrennung vor sich geht, je kleiner
seine Dimensionen sind, je mehr Erschütterungen im ganzen Motor auftreten. Alle
diese Schwierigkeiten traten im extremsten Maße bei der Indizierung eines kleinen,
ziemlich ausgelaufenen, luftgekühlten Vierzylinder-Fahrradmotors der Fabrique Nationale, Herstal, durch den
Versuchs-Mikroindikator auf.
Die Daten des Motors sind: Hub 57 mm, Zylinderdurchmesser 45 mm, Hubvolumen 0,091 1,
Totraum 0,0321 (durch Füllen mit Wasser bestimmt), Verdichtungsgrad 1 : 3,8. Bei
1800 Umdr. i. d. Min. soll der Motor laut Katalog 4 PS nominell leisten. Die
Einlaßventile waren selbsttätig, nur die Auspuff pendle gesteuert. Die Kühlung wurde
durch einen besonderen Ventilator besorgt, die Bremsung durch eine kleine, durch
Riemen angetriebene Dynamo.
Anbringung und Antrieb erfolgte in der in Fig. 18 (S.
452) angedeuteten Weise. Wenn auch der hier verwendete, verschiedentlich verstärkte
starre Antrieb, dessen unbedingte Notwendigkeit sich
bei diesen Versuchen zuerst ergab, noch nicht als vollkommen angesehen werden
konnte, so ergab er doch für erste Versuche schon
befriedigende Resultate, wie die photographische Vergrößerung einer Diagrammreihe (Fig. 35a–e) zeigt.
Diese Reihe ist größtenteils auf eine Glasplatte geschrieben. Dabei wurde der
Zündungspunkt immer weiter vorgeschoben, bis überhaupt keine Zündung mehr eintrat.
Kurz vorher war die Maximalleistung erreicht.
Die Diagramme zeigen vorerst noch neben einer ungewohnten Strichstärke teilweise sehr
starke Eigenschwingungen, durch die sich jedoch die wahre Gasdruckkurve als
Mittelwert ganz gut ziehen läßt. In Fig. 36 sind
diese Mittelkurven übereinander gezeichnet.
Bei der großen Tourenzahl des Motors (n = 1800 – 2000) war es bei dem
Versuchsindikator sehr schwer, die Zeitdauer des Schreibens (durch Andrücken und
Zurückziehen der Glasplatte) richtig zu erraten; meist wurden mehrere Diagramme
übereinander geschrieben. Deshalb wurde bei dem zweiten Entwurf die besondere, halb
selbsttätige Andrückvorrichtung mit Kurvenscheibe vorgesehen, die sich auch sehr gut
bewährte. Auch die Verschiebevorrichtung mit Klinke für die Glasplatte sowie die
Einschaltkupplung erwiesen sich hier als nötig.
Mit dem auch anderweitig verbesserten zweiten Mikro-Indikator wurden nun eingehendere
Versuche an einem älteren 4 PS-Benzinmotor der Aachener
Stahlwarenfabrik angestellt.
Textabbildung Bd. 327, S. 484
Fig. 35a bis e. Mikrodiagramme eines Fahrradmotors (n = 1800).
Es seien hier einige Diagramme und kurz eine thermische Untersuchung dieses Motors vorgeführt. Diese
Messungen machen jedoch keinen Anspruch auf wissenschaftlichen Wert, denn dazu müßten sie mit
größerer Sorgfalt angestellt werden; auch war der Motor mit einer sehr schlecht und
unregelmäßig funktionierenden Akkumulatorenzündung sowie mit einem für ihn
ungeeigneten Vergaser versehen. Es sollte hier nur die Anwendungsmöglichkeit des
Indikators untersucht werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 485
Fig. 36.
Fig.
37a–h sind Diagramme bei verschiedenen Tourenzahlen, zugleich zeigt sich auch
der Einfluß der Schreibstiftabnutzung. Bei hohen Tourenzahlen treten die
Eigenschwingungen stärker auf, doch kann man diese durch dichter eingeschliffene
Kolben und schwereres Schmieröl verringern. Fig. 38
gibt schematisch die Skizze der Versuchsanordnung, die Tab. 3 (S. 487) die
gefundenen Werte, Fig. 39 einige daraus abgeleitete
Kurven, Fig. 40 die Photographie des Motors und der
Anbringung des Mikro-Indikators.
Der für die Dichtheit der Kolben, vollkommene Verbrennung und andere thermische
Eigenschaften des Arbeitsprozesses wichtige Exponent der
Expansions- bezw. Kompressionslinie läßt sich mit den Mikrodiagrammen bereits
mit genügender Genauigkeit bestimmen.
Textabbildung Bd. 327, S. 485
Fig. 37a bis 37h. Mikrodiagramme eines 4 PS-Benzinmotors.
Textabbildung Bd. 327, S. 485
Fig. 38. Schemaskizze der Versuchsanordnung.
B = Bremsdynamo mit regelbarer
Fremderregung (Verluste durch Leerlaufmethode bestimmt); C = Vergaser; D =
Drosselklappe; E = Benzinvorrat; F = Meßpipette; G = Auspuff; H =
Akkumulatorenzündung; J = Anlasser; K = Glühlampenwiderstand; L = Voltmeter; M =
Tachometer; N = Amperemeter; O = Netz; P = Unterbrecher; Q =
Mikro-Indikator.
Wenn die Kurve gegeben ist durch pvn = C, so
berechnet sich
n=\frac{l\,n\,\frac{p_1}{p_2}}{l\,n\,\frac{v_2}{v_1}}. So
ergab sich z.B. bei dem früher untersuchten kleinen Fahrradmotor (Fig. 18 u. 36):
Diagramm
e
d
c
nExpans.
1,40
1,50
1,48
nKompress.
1,08
Der für Kompression zu niedrige, für Expansion zu hohe Exponent lassen schon auf
sehr große Wärmeabführung oder Kolbenundichtheit schließen; tatsächlich ergab der
Motor auch nur mit sehr dickem Oel überhaupt eine brauchbare Kompression.
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Fig. 39.
Für drei bei verschiedenen Tourenzahlen genommene Diagramme des 4 PS-Motors (Totraum
0,205 l, Hubvolumen 0,636 l) ergaben sich folgende Werte:
Umdr. i. d. Min.
Textabbildung Bd. 327, S. 487
Dabei entspricht der Index 1 und 5 dem oberen, 3 und 4 dem
unteren Totpunkt, 2 der Mitte des Kolbenhubes.
Textabbildung Bd. 327, S. 487
Fig. 40.
Textabbildung Bd. 327, S. 487
Fig. 41.
Will man die Kompressions- und Zündungsverhältnisse bezw. die erreichten Maximaldrücke genauer kennen
lernen, so nimmt man „versetzte“ Diagramme, wie sie Fig. 41 von dem 4 PS-Motor zeigen. Hier ergab sich z.B., ähnlich wie es
Koerting (Z. d. V. d. I. 1888) an einem
Leuchtgasmotor fand, daß die Zündungszeit mit wachsender Tourenzahl abnimmt, wie die
in Tab. 4 zusammengestellte ungefähre Auswertung der Diagramme (Fig. 42) zeigt.
Aus diesen \frac{Z}{T} errechnet sich eine maximale Amplitude der
bei der Drucksteigerung erregten Eigenschwingungen
=(0,2-0,15)\,\frac{\Delta\,P}{c} max.
In letzter Zeit wurde dem Verfasser durch das Entgegenkommen der Aachener Stahlwarenfabrik (Fafnirwerke) Gelegenheit
gegeben auf dem Prüfstande dieser Firma einen ihrer kleinen Einzylindermotoren
(80/120) mit gesteuertem Einlaßventil bei etwa 1000 und 1500 Umdrehungen i. d. Min.
zu untersuchen; aus der sehr gleichmäßige Resultate ergebenden Diagrammreihe seien
in Fig.
43a bis 43c drei Beispiele
mitgeteilt. Das
Tabelle 3.
Textabbildung Bd. 327, S. 487
Im Brennstoffe; Indizierte
Leistung; Effektive Leistung; Kühlwasserwärme; Umdrehungen i. d.
Min.; zugeführte Wärme; Mitte; Indiz.; Therm. Wirkungsgrad; abgef. Wärme;
zugef. Wärme; Ablauftemp.; (Heizwert WE/kg Spez. Gew.); Druck; teilweise
Verdampfung.
Tabelle 4.
Tourenzahli. d. Min.n
Kurbeldreh-winkel währendder
Zündungo
ZündungszeitZSek.
\frac{Z}{T}(T = 0,0019
fürMikro-Indikator)
1150
29
0,0042
2,2
1160
32
0,0046
2,4
1460
37
0,0042
2,2
1960
38
0,0032
1,7
starke Sinken des mechanischen Wirkungsgrades mit Steigen der
Tourenzahl, wie bei dem alten Motor (Fig. 39), wurde
hier nicht beobachtet.
Zum Vergleich, wie die spez. Leistung gesteigert worden ist, wurde in Fig. 44 das Diagramm Fig. 37a mit denen
der Fig.
43a und 43b
zusammengezeichnet. Besonders bemerkenswert ist die gesteigerte Kompression.
Textabbildung Bd. 327, S. 488
Fig. 42.
Textabbildung Bd. 327, S. 488
Fig. 43a Normales Diagramm; nExp. = 1,27; ncor. = 1,23.Fig. 43b
Nachzündung.Fig. 43c Kein Benzin, Motorwarm.
Textabbildung Bd. 327, S. 488
Fig. 44.
Außerdem wurde neuerdings, um auch an warmlaufenden Motoren, z.B. für Flugzeuge, ein
Arbeiten zu ermöglichen, in den Zylinderkörper des Mikroindikators, unter dem Hahn
eine Wasserkühlung eingebaut, die jedoch nur bei starker Wärmeableitung durch das
Metall vom Motor her, nicht wegen der heißen Gase, benutzt zu werden braucht, besonders also, wenn an
der Befestigungsstelle des Indikators die Motorkühlung nicht genügend wirken
kann.