Titel: | ÜBER DAS ERDÖL. |
Autor: | F. Romberg |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 565 |
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ÜBER DAS ERDÖL.
Im Zusammenhang mit seiner maschinentechnischen
Verwendung.
Von F. Romberg,
Charlottenburg.
(Fortsetzung von S. 551 d. Bd.)
ROMBERG: Ueber das Erdöl.
Etwas später als in Amerika begann die industrielle Entwicklung der
Oelverarbeitung im russischen Kaukasus. Schon in den fünfziger Jahren des vorigen
Jahrhunderts hatte Moldenhauer, ein Assistent Liebigs, den dieser dem russischen Baron Thornau auf seinen Wunsch zur Verfügung stellte, in Baku
eine Fabrik eingerichtet, um aus Abfällen asphaltähnlicher Natur Leuchtöle zu
gewinnen. Weil die Ausbeute zu gering und das Produkt als Leuchtmaterial unbrauchbar
war, schlug das Unternehmen fehl und sollte bereits endgültig aufgegeben werden, als
der Chemiker Eichler, der an Moldenhauers Stelle getreten war, auf Grund seiner Laboratoriumsversuche
die Verarbeitung von Rohnaphtha empfahl. Diesmal war der Erfolg vollständig und über
alle Erwartungen günstig: eine bedeutend größere Ausbeute und ein helles, direkt
marktfähiges Destillat wurden erzielt. So entstand im Jahre 1859 die Bakusche Naphtha-Gesellschaft.
Jedoch befriedigte das erwähnte Produkt nur solange, bis im Jahre 1863 eine
überlegene Konkurrenz erschien, in Gestalt des ersten amerikanischen Oeles, das nach
Rußland gelangte und vollkommen licht und klar war, sowie gut brannte. Dies zwang
Eichler und andere, ihr Erzeugnis durch Reinigung
mittels Schwefelsäure und Soda wesentlich zu verbessern, was nach einigen
Schwierigkeiten, die weniger in der Anwendung als in der Beschaffenheit dieser
Chemikalien begründet waren, auch vollkommen gelang. Langsam wuchs der Erfolg und
allmählich, mit der Wolgagegend beginnend, verdrängte die russische Ware die
amerikanische vom russischen Markt. Noch lag aber die Entwicklung in den Fesseln des
staatlichen Pachtsystems, welches seit 1821, wie gesagt, bestanden hatte. Als dieses
im Jahre 1873 verschwand, war der Zeitpunkt für einen gewaltigen Aufschwung
gekommen. Allerorts wurde mit Erfolg gebohrt, und es entstanden zahlreiche Fabriken
zur Verarbeitung des gewonnenen Oeles, zum Teil in primitivster Form: in Baku
wurden sogar Wohnhäuser in Fabriken umgewandelt. Als sehr hinderlich erwies sich im
Laufe der Zeit noch die Steuer, welche nach Aufhebung des Pachtsystems für das
erzeugte Kerosin vom Staate erhoben wurde. Sie war für die Entwicklung rationeller
Verarbeitung sehr hemmend, weil sie, obwohl schon im Anfang nicht unbeträchtlich,
allmählich gesteigert wurde und namentlich durch die unsinnige Methode der
Verrechnung oft arg belästigend wirkte. Infolgedessen nahm die Ausbreitung der
Industrie im Vergleich zu der amerikanischen keinen sehr raschen Fortgang. Aber
trotz dieser ungünstigen Verhältnisse stieg die Kerosinproduktion während 1870–77
von 6200 t auf 74000 t, während der Import amerikanischen Oeles von 1865–1875
jährlich bis zu 40000 t betrug. Schon im Jahre 1872 begann Ragosin außer Leuchtöl auch Schmieröl nach besonderer Methode zu erzeugen
und damit den Grund zu legen zur eigentlichen Schmierölindustrie, als deren Schöpfer
er zu betrachten ist. Zu wirklicher Bedeutung reifte diese Industrie aber erst mit
dem Beginn der achtziger Jahre heran.
War die russische Oelindustrie infolge staatlicher Mißwirtschaft, zielloser
Ueberproduktion, sowie mangels Organisation der Erzeugung und des Absatzes anfangs
der siebziger Jahre, dem amerikanischen Vorbilde entsprechend, einem Zustand
völliger Zerrüttung und Versumpfung nahe, so erwuchs auch ihr zu jener Zeit ein
Retter in der Not. Dies waren die Gebrüder Robert und Ludwig Nobel, ebenfalls Männer einfacher Herkunft und
ohne erhebliche Mittel, aber begabt mit klarem Blick, reichem Organisationstalent,
großer Tatkraft und Umsicht. Dank dieser Eigenschaften bahnten sie der kommerziellen
Verwertung des Kerosins neue Wege, fanden und verwirklichten neue Prinzipien für die
Oelverarbeitung, die heute noch maßgebend sind, und organisierten den Transport,
insbesondere durch den Bau von Rohrleitungen, Tankschiffen und Eisenbahntankwagen, ganz ebenso, wie
es in Amerika Rockefeller tat. Als 1877 Nobels Bemühungen auch die Fabrikationssteuer erlag,
machten Gewinnung und Verarbeitung des Oels rasche Fortschritte. Im Jahre 1879 wurde
die Naphtha-Produktionsgesellschaft Gebrüder Nobel
begründet. Ihr Kapital betrug 3 Millionen Rubel, 1902 bereits 15 Millionen.
Entsprechend gab es 1880 schon 195 Raffinerien in Rußland. Von 1885 ab nahm auch das
Pariser Haus Rothschild an der Entwicklung lebhaften
Anteil, indem dieses den Bau der Bahn Baku–Batum ins Werk setzte und an diesen
Plätzen ebenfalls große Gewinnungs- und Verarbeitungsanlagen erbaute. Um den
deutschen Markt zu gewinnen, gründete Nobel 1888/89 die Deutsch-Russische Naphtha-Importgesellschaft mit dem Sitz in Berlin,
später zu ähnlichem Zwecke auch Gesellschaften in Oesterreich und England.
Nach vorstehenden kurzen Daten, welche die Geschichte der Oelindustrie in den beiden
Hauptbezirken betreffen, kommen wir zum Kern dieses Abschnitts, der
Erdölverarbeitung selbst. Vom chemischen Standpunkt betrachtet, müßte das Ziel
dieser Verarbeitung sein: die systematische Zerlegung in einfache, klar umgrenzte,
chemische Körper und der systematische Aufbau derselben nach den in der organischen
Chemie und Großindustrie bekannten Verfahren. Nach beiden Richtungen wurde in der
verwandten Steinkohlenteerindustrie, wie gesagt, Bedeutendes geleistet, in der
Oelindustrie hingegen zwar im Laboratorium neuerdings gearbeitet, aber hier sowohl
als namentlich auch im praktischen Betriebe noch wenig erreicht. Für die Zerlegung
sind verschiedene Wege denkbar, die aber zum großen Teil noch nicht ernstlich
beschritten worden sind, z.B. Verdunstung, Diffusion, chemische Reaktionen,
fraktionierte Fällung, alles Methoden, die keine Wärmezufuhr erfordern, während mit
Verwendung von Wärme sich die sogen. fraktionierte Destillation ergibt. Letztere
Methode ist heute die herrschende in der Fabrikpraxis. Ihr Wesen besteht darin, daß
die Zerlegung erfolgt durch allmähliche Wärmezufuhr, durch Destillation, und daß
diese Destillation nach bestimmten Temperaturstufen getrennt wird, woraus die
Benennung als fraktionierte Destillation sich ohne weiteres ergibt. Hierbei ist also
das in den Destillaten erzielte Ergebnis keine Reindarstellung von
Kohlenwasserstoffen, wie bei der Teerdestillation, sondern die Gewinnung komplexer
Gemische in Gestalt von technisch brauchbaren Körpern, deren Eigenschaften sie zur
Verwendung für Licht-, Heiz-, motorische und Schmierzwecke befähigen.
Was nun die Durchführung der Fabrikation betrifft, so wechselt dieselbe, je nachdem
sie in der Nähe oder fern vom Gewinnungsort erfolgt. In den einzelnen Ländern ist
der Fabrikationsgang ziemlich verschieden, namentlich auch deshalb, weil derselbe
abhängt von der veränderlichen chemischen Zusammensetzung des Rohöls, der Art des
Endprodukts, die je nach der Marktlage sich ändert, den Fabrikationseinrichtungen,
welche nicht immer für die direkte Erzeugung marktfähiger Produkte geeignet sind,
von den Transport-, Arbeiter-, Lohn- und Absatzverhältnissen, von den Steuer-
und Zollvorschriften, welche, wie schon bei den historischen Angaben erwähnt,
industriell stark hemmend wirken können und von manchen anderen Dingen. Ohne Zweifel
liegen in diesen Momenten erhebliche Schwierigkeiten, die der Entwicklung der
Oelindustrie nicht förderlich waren. Wenn gleichwohl die letztere so erhebliche
Fortschritte machte, so ist dies begründet in den stark treibenden Agentien, in der
Vermehrung des Lichtbedürfnisses und dem hieraus entspringenden Wettbewerb mit dem
Gas- und elektrischen Licht, sowie dem neuerdings überwiegenden Einfluß der
Maschinentechnik, die immer höhere Ansprüche an die Schmierölfabrikation und an die
Krafterzeugung in Motoren stellt.
Die heutige allgemeine Verarbeitung, die, wie gesagt, nach ihrem wesentlichen
Bestandteil als fraktionierte Destillation zu bezeichnen ist, beruht auf zwei
Eigenschaften, deren notwendig schon hier Erwähnung zu tun ist, während die
eigentliche Besprechung dieser und anderer Eigenschaften in das Kapitel über die
Verwendung der Erdöle gehört und dementsprechend weiter unten eingehender
durchzuführen ist. Jene Eigenschaften sind: die Siedetemperatur und das spez.
Gewicht. Beide stehen in einem gewissen, allerdings nicht etwa konstanten Verhältnis
zueinander. Die das Erdöl bildenden Kohlenwasserstoffe haben verschiedene
Temperaturen des Siedens, d.h. des Uebergangs vom flüssigen in den dampfförmigen
Zustand, womit also die Möglichkeit der Zerlegung durch Wärmezufuhr, der
fraktionierten Destillation, sich ergibt. Sie haben gleichzeitig aber auch
verschiedene spezifische Gewichte, wachsend mit der Höhe der Siedetemperatur. Beide
Eigenschaften laufen also in etwa einander parallel; Temperatur und spezifisches
Gewicht steigen und fallen gemeinsam. Demnach kann die Zerlegung erfolgen unter
stetiger Kontrolle entweder der Siedetemperatur oder des spezifischen Gewichts der
einzelnen Destillationsstufen oder Fraktionen. Sie erfolgt praktisch fast immer nach
dem Gewicht, was eigentlich einen Mangel bedeutet, da diese Kontrolle erst am
fertigen Produkt, diejenige der Temperatur aber am noch dampfförmigen Destillat,
dessen Zusammensetzung also noch zu beeinflussen ist, ausgeführt werden kann.
Hiernach ist die Grundlage für die heutige Verarbeitung durch zwei Momente gegeben:
die Zerlegung nach Temperatur und Gewicht ermöglicht erstens einen einfachen,
eventl. kontinuierlichen Fabrikationsgang, und sie ergibt zweitens Produkte, welche
für die gegenwärtigen verschiedenen Verwendungen brauchbare Eigenschaften haben.
Die Eigenart der Verdampfung bewirkt es, daß in jeder Destillationsstufe neben
leichteren auch schwerer verdampfende Kohlenwasserstoffe mit übergerissen werden. Es
entsteht also selbst bei wiederholter Durchführung des Vorgangs immer noch ein
verschieden siedendes Gemisch von Kohlenwasserstoffen. Sonach gibt es für das Sieden
der einzelnen Fraktionen keine Temperaturpunkte, sondern nur Intervalle oder, wie
man richtiger sagen kann, Siedegrenzen. Den gleichen Siedegrenzen von Destillaten,
die aus Oelen verschiedener Herkunft und Zusammensetzung
Schema A. Rohöl.
A) Vorbereitende Arbeiten (Entwässerung, Vorwärmung usw.). B)
Fraktionierte Destillation auf Halbfabrikate. C) Weiterverarbeitung auf
Fertigprodukte (Fraktionierte Rektifikation, Redestillation, Raffination,
Krakdestillation usw.)
Fraktionierte Destillation
Textabbildung Bd. 327, S. 567
1, Benzindestillat (Rohbenzin);
Rektifikation (= wiederholte Destillation); Raffination (Reinigung auf
Fertigprodukte); Leichtbenzine; Schwerbenzine; Rigolen; Motorbenzine;
(Petroleumäther); Lackbenzine; Gasolin; Rückstand; Benzine; (für Motore usw.);
Leuchtöldestillat; Raffination (Reinigung); Leuchtöl; (Kerosin Salonöl
Kaiseröl); Mittelöldestillat; Raffination; Redestillation; Paraffinöle;
Solaröle; Raffination; Paraffin; Filtrate; Pyronaphtha; Gasöle; (Vaselinöl);
Leuchtöl; Schmieröle; Krak (Zersetz.-)Destillation; Spezialschmieröle; Blauöle
Grünöle; Rohölrückstände; Gase (zur Heizung und Krafterzeugung verwendbar);
Solaröldestillat; Spindelöldestillat; Maschinenöldestillat; Zylinderöldestillat;
Paraffinhaltiges Destillat; Rückstand; Redestillation; Raffination;
Krakdestillation; Spindelöl; Zylinderöl; Dunkle Zylinderöle; Paraffinöle;
Solaröle; Paraffinwachs; Gasöle; Schmierfette; Goudron, Pech Asphalt;
Maschinenöl (leichtes und schweres); Koks
gewonnen worden sind, entspricht nicht notwendig das
gleiche spez. Gewicht, so daß letzteres keinen absoluten Maßstab für die
Siedetemperatur ergibt, was ich vorher schon durch die Bemerkung andeutete, daß das
Verhältnis zwischen Temperatur und Gewicht nicht unbedingt konstant sei.
Auf die zahlreichen verschiedenen Verarbeitungsmethoden, deren Anwendung je nach der
Zusammensetzung und der Art der zu bildenden Produkte fast überall wechselt, bis ins
einzelne einzugehen, ist hier natürlich nicht möglich. Vielmehr kann nur versucht
werden, einen Ueberblick über den allgemeinen Fabrikationsgang zu geben, der allen
Verfahren im ganzen gemeinsam ist. Dieser Gang zerfällt in:
vorbereitende Arbeiten vor der Destillation,
fraktionierte Destillation des Rohöls in Halbfabrikate,
Weiterverarbeitung der Halbfabrikate auf Fertigprodukte.
Wie diese Arbeiten systematisch verbunden werden und welche Ergebnisse sie zeitigen,
ist in nebenstehendem Schema A übersichtlich zusammengestellt.
Vorbereitende Arbeiten werden namentlich erforderlich durch den Gehalt des aus der
Erde kommenden Oels an Bohrschlamm, Sand, Salzwasser, Emulsionen dieser Teile und
sogen. Röhrenwachs, das zum größten Teile aus festen Kohlenwasserstoffen (Paraffin
usw.) besteht. Diese Beimengungen müssen entfernt werden. Andernfalls verlegen sie
die Pumpen und Rohre, durch welche das Oel weiter befördert wird, oder sie sammeln
sich in den Destillationsapparaten und zerstören allmählich die Kesselbleche
derselben durch Ueberhitzen und Ausglühen. Wasser im Erdöl bewirkt unnötigen
Brennstoffverbrauch, gefährliche Siedeverzüge, lebhaftes Schäumen, Uebersteigen des
Kesselinhalts beim Destillieren usw. Demgemäß wird dasselbe als größter Feind des
Petroleumfabrikanten betrachtet. Abgesehen von diesen Nachteilen hat ein Verbleiben
jener Körper (Wasser, Sand usw.) im Oel auch eine unzulässige Verschlechterung der
Fabrikate zur Folge. Die Beseitigung der Beimengungen erfolgt im wesentlichen durch
Absitzenlassen in Lagerbehältern, als welche teils offene und gedeckte Erdreservoire
(Fig.
9, 10), namentlich aber Eisenbehälter (Fig. 11, 12), in
Betracht kommen. Die Entwässerung ist im kalten Zustande durch Absitzenlassen allein
oft schlecht erreichbar und überhaupt ziemlich schwierig, da gewisse Rohöle mit
großer Kohäsion das Wasser ungewöhnlich stark festhalten. Eher schon führt eine
Vorwärmung oder Verdünnung zum Ziele; außerdem sind zahlreiche andere Verfahren
vorgeschlagen und im Gebrauch, welche die Schwierigkeit dieses Vorganges zur Genüge
illustrieren. Aus den Reservoiren wird das gereinigte Oel durch Pumpen und
Rohrleitungen direkt in die Apparate benachbarter Fabriken gedrückt oder, falls
letztere von dem Produktionsort weiter entfernt und durch Rohrleitungen mit diesen
nicht in Verbindung stehen, unter Benutzung von Zisternenwagen oder Tankschiffen an
die Verarbeitungsstätten befördert.
Die mit dem entsprechend vorbereiteten Oel vorzunehmende Destillation bezweckt, wie
gesagt, die Zerlegung in mehrere Fraktionen mit verschiedenen Siedegrenzen. Nach dem
Gehalt des Oels an Benzin, Leuchtöl, Paraffin, Schmieröl usw. wechseln die
Destillationsverfahren erheblich. Im großen und ganzen jedoch ist die aus obigem
Schema ersichtliche erste Zerlegung in Rohbenzin, Leuchtöle, Mittelöle und
Rückstände üblich. Diese Halbfabrikate werden dann entweder am gleichen Ort oder in
besonderen anderswo liegenden Raffinerien zu Fertigprodukten verarbeitet. Auch die
Durchführung der Destillation an sich ist je nach Ort und Zusammensetzung und
anderen Umständen verschieden. Man kann unterscheiden: erstens nach der Art der
Wärmezufuhr Destillation in Kesseln mit freiem Feuer, eine solche mit direkter
Einführung von gesättigtem oder überhitztem Dampf und eine Kombination aus beiden;
zweitens nach dem Druck im Destillationskessel Destillation mit gewöhnlichem oder
(heute noch selten und für Rohöle nicht üblich) erhöhtem Druck oder mit Vakuum;
drittens nach der Zeitfolge der Vorgänge periodische Destillation (in Chargen) oder
eine kontinuierliche (ununterbrochene); viertens nach dem chemischen Vorgang eine
konservierende Destillation, bei welcher die Kohlenwasserstoffe in ihrer
Zusammensetzung unverändert bleiben und eine destruktive oder Krakdestillation mit
chemischer Spaltung und Zerlegung der Kohlenwasserstoffe, so daß aus schweren
leichte Kohlenwasserstoffe erhalten werden können.
Textabbildung Bd. 327, S. 568
Fig. 9 und 10. Erdreservoire.
Der Gang der Rohöldestillation ist nun im wesentlichen folgender, wenn wir z.B. einen
diskontinuierlichen Betrieb, d.h. einen solchen mit Chargen annehmen: Aus einem
besonderen Füllturm oder direkt aus dem Rohölreservoir gelangt das Oel in den
Destillierkessel, nachdem es heute meist noch zuvor einen Vorwärmer passiert hat,
der sich aus Gründen der Brennstoffersparnis und der Schonung des Hauptkessels usw.
als zweckdienlich ergibt. Im Füllturm und Vorwärmer können Wasser und Schlamm,
die noch im Oel enthalten, sich absetzen und wieder abgezogen werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 568
Fig. 11 und 12. Eisenreservoir.
Destillierkessel, auch Destillierblasen genannt (Fig.
13), sind nach Art moderner stationärer Zylinderdampfkessel gebaut, mit
oder ohne Flammrohre, mit Dom und entweder nur Außenfeuerung oder mit gleichzeitig
vorhandenen Einrichtungen zur Einführung gesättigten oder überhitzten Dampfes in das
Innere des Kessels. Letztere Einrichtungen bewirken wieder eine Brennstoffersparnis,
sowie einen wesentlichen Gewinn an Zeit für die Durchführung der Destillation.
Selbstverständlich ist die Blase mit den erforderlichen Armaturen ausgestattet, als
welche in der Hauptsache in Betracht kommen: Füll-, Meß-, Dampf-, Schwimmer-, Probe-
und Sicherheitseinrichtungen. Ist die Destillation des die Blase zu etwa ¾ bis ⅘
füllenden Rohöls im Gange, so werden der Reihe nach die angeführten Fraktionen
abgezogen. Maßgebend für die Unterbrechung der einen und den Beginn der anderen
Destillation ist, wie gesagt, das spez. Gewicht, welches dauernd geprüft wird, oder
auch die Anzeige von Thermometern, die die Temperatur der Destillatdämpfe messen.
Vom Dom der Blase werden die gasförmigen Destillate zu den Kühlern geführt. Zwischen
beiden wird oft noch eine Dephlegmation oder Separation eingeschaltet, womit
Einrichtungen bezeichnet werden, welche bezwecken, von den leichteren Destillaten
die unvermeidlich mit übergehenden Teile der schwereren zu trennen und diese in den Kessel
zurückgelangen zu lassen. Zum Teil bewirkt die Separation auch schon der Dom, wenn
er groß genug bemessen ist, ähnlich der Art, wie der Dom des Dampfkessels das
mitgerissene Wasser zum großen Teil separiert. In den Kühlern erfolgt die
Verflüssigung der Destillate unter Anwendung von Luft oder Wasser als Kühlmittel.
Entsprechend sind diese Einrichtungen als Luftkühler, Schlangenkühler, Röhrenkühler
oder endlich auch als Einspritzkondensatoren gebaut und jedesmal zu einem System,
dem „Kühlstock“, vereinigt. Aus diesen Kühlstöcken gelangen die Kondensate in
die „Empfangsstation“ oder die „Hahnenkammer“, wo zunächst das noch
vorhandene Wasser abgelassen wird und die frei auslaufenden Destillate in die
einzelnen Reservoire, die Vorlagen, übertreten. Durch eine Pumpstation werden die
Destillate ihrer weiteren Verarbeitung, der chemischen Reinigung oder auch erneuter
Destillation, zugeführt. Die bei der Kühlung unkondensierbaren permanenten Gase
müssen vor der Empfangsstation sorgfältig entfernt werden; sie werden abgezogen,
gesammelt, aufbewahrt und zum Heizen verwendet.
Im Gegensatz zur beschriebenen diskontinuierlichen wird die kontinuierliche
Destillation so durchgeführt, daß in mehreren (fünf und mehr) Kesseln, die
miteinander verbunden sind, entsprechend zahlreiche Fraktionen gleichzeitig
nebeneinander gewonnen werden. Die Vorteile dieser Methode liegen in der bedeutend
gesteigerten Wärmeausnutzung, der Schonung der Kessel infolge geringerer
Temperaturschwankungen, der erhöhten Leistungsfähigkeit und Zeitersparnis, indem ein
wochenlanger Betrieb ohne Unterbrechungen möglich ist, in der Ersparnis an
Bedienungspersonal, der erhöhten Betriebssicherheit usw. Unrationell ist dieses
Destillationsverfahren für kleine Rohölmengen und verschiedenartige Rohölsorten, die
unmittelbar hintereinander verarbeitet werden sollen.
Textabbildung Bd. 327, S. 569
Fig. 13. Destillierkessel.
Anschließend an die Erzeugung der Halbprodukte durch Destillation des Rohöls erfolgt
die weitere Verarbeitung der ersteren. Zunächst erfährt das Rohbenzin eine
„Redestillation“ der „Rektifikation“ in Leichtbenzin (spez.
Gewicht 0,640–0,725) und Schwerbenzin (0,725 bis 0,760). Das Leuchtöldestillat wird
ebenfalls in zwei oder drei Unterfraktionen zerlegt (spez. Gewicht 0,760 bis 0,790,
0,790–0,845, 0,845–0,875). Sämtliche Unterfraktionen werden dann weiterbehandelt.
Der Benzingehalt der Rohöle ist, nebenbei bemerkt, je nach der Herkunft derselben
sehr veränderlich; er schwankt zwischen 2 v. H. bei deutschem Oel bis über 40 v. H.
bei amerikanischen und besonders russischen Oelen.
Die Redestillation des Rohbenzins geschieht in Einrichtungen ähnlicher Bauart,
wie sie in der Teer- und Spiritusindustrie üblich sind; sie werden daher auch
übereinstimmend mit diesen als Kolonnenapparate bezeichnet. Es sind zylindrische, zu
mehreren miteinander verbundene Kessel mit Heizschlangen, in welchen gesättigter
oder überhitzter Wasserdampf die Heizung bewirkt. Außer der Kolonne umfaßt die
gesamte Rektifikatiosanlage wiederum den Dephlegmator, den Kühler, die
Verteilungseinrichtungen und die Vorlagen. Nach der Rektifikation werden die
erhaltenen Benzinsorten für gewisse Verwendungen noch einer Raffination, einer
chemischen oder mechanischen Reinigung unterworfen, worauf weiter unten noch
einzugehen ist. Bleibt das Benzin unraffiniert, so spricht man von rektifiziertem
Benzin; von raffiniertem Benzin jedoch, wenn außer der Rektifikation noch eine
Raffination erfolgt ist. Diese Bezeichnungen in Verbindung mit den Siedeintervallen
oder spezifischen Gewichten sind die zweckmäßigsten; dagegen die zahlreichen
Phantasienamen (Autobenzin, Motorenbenzin usw.), die im Handel gebräuchlich, nur
irreführend. Die wichtigsten Benzinsorten mit ihren spezifischen Gewichten sind in
dem obigen Schema zusammengestellt.
Die weitere Behandlung des dritten Rohöldestillats, der Mittelöle, auch Zwischenöle
oder Nachlauf genannt, ist von ihrer Zusammensetzung abhängig. Sind sie
paraffinfrei, so können sie oft direkt als Gasöl oder raffiniert als Solaröl z.B.
für Motoren, zur Oelgaserzeugung usw. Verwendung finden. Bei größerem Paraffingehalt
werden sie zweckmäßig zunächst entparaffiniert und darauf redestilliert. Hierbei
erhält man als Produkte Sekundaleuchtöl, Solaröl, Gasöl, Blauöl und ganz leichte
Maschinenöle, Neutralöle.
Die weitere Behandlung des aus den Mittelölen verbleibenden Rückstandes auf Schmieröl
geschieht, sofern eine ausreichende Viscosität diese Verarbeitung rechtfertigt,
durch Konzentration oder Reduktion. Zu dem Zwecke wird der Rückstand durch Zusatzöle
verdünnt und darauf im Kessel vorwiegend mit direktem Dampf allmählich wieder
eingeengt, wobei Flammpunkt, Stockpunkt (Erstarrungspunkt) und Viscosität in kurzen
Zeiträumen sorgfältig beobachtet werden. Das zurückbleibende Produkt wird durch
Filtration oder chemische Reinigung auf dunkle Maschinenöle, dunkle Vaseline,
Valvoline, Zylinderöle usw. verarbeitet.
Was endlich die Rohöldestillationsrückstände betrifft, so ist auch für deren
weitere Behandlung der Paraffingehalt maßgebend. Ist ein solcher nicht vorhanden, so
folgt bisweilen eine bloße Filtration über Koks bezw. eine heiße Filtration durch
Filterpressen, worauf sie für nebensächliche Schmierzwecke als Vulkanöle,
Wagenachsenöle usw. und auch zur Oelgasbereitung verwendbar sind; oder aber sie
werden durch Destillation auf Schmieröle verarbeitet. Paraffinhaltige Rückstände
werden entweder wie vorher bloß filtriert oder destilliert oder direkt
entparaffiniert. Der Destillation auf Schmieröl hat unter allen Umständen eine
Entwässerung und Vorwärmung vorauszugehen. Hierauf erfolgt dieselbe in rationellster
Form durch Anwendung von überhitztem Wasserdampf, von vermindertem Druck oder Vakuum
und durch Kühlung mittels kombinierter Luft und Wasserkühlung. Das Arbeiten mit
Vakuum bietet hier den besonderen Vorteil, daß die Destillationstemperatur
vermindert und der Vorgang selbst beschleunigt wird, was auf die Qualität des
Schmieröls sehr günstig einwirkt.
Die bei der Schmieröldestillation erhaltenen Produkte werden ziemlich einheitlich als
Vorlauf oder Solaröldestillat, Neutralöl-, Gasöl-, ferner Spindel- und Maschinenöl-
oder auch Zylinderöl-Destillat bezeichnet. Die paraffinfreien Destillate werden nach
Entwässerung auf Endprodukte raffiniert; die paraffinhaltigen erst nach Verdünnung
entwässert, entparaffiniert und auf Schmieröl-Fertigprodukte
weiterbehandelt.
Für die Destillation der Schmieröle und anderer kommt, wie erwähnt, noch ein Vorgang
in Betracht, der als Krakdestillation bezeichnet wird. Derselbe besteht in einer so
stark gesteigerten Erhitzung der Kohlenwasserstoffe des Erdöls, daß die Moleküle
derselben gespalten oder zerlegt werden. Infolge davon bilden sich hierbei ganz
andere Destillate als bei den geringen Erwärmungen der normalen konservierenden
Destillation. Praktisch erreicht man mit diesem Prozesse z.B.: Die Gewinnung von
Leuchtöl aus paraffinfreien Rückständen, also eine Erhöhung der Petroleumausbeute,
oder die Bildung von Leuchtöl und gut kristallisierendem Paraffin aus
paraffinhaltigen Rückständen oder die Herstellung von Paraffin und Schmieröl, unter
Verzicht auf die Gewinnung von Leuchtöl. Auch lassen sich eventl. Mittelöle, die
nicht direkt gereinigt oder verwendet werden können, zu Leuchtölen geringerer Sorte
verkraken usw. Die Rückstände der Schmieröldestillation ergeben, je nachdem dieser
Vorgang kürzer oder länger durchgeführt wurde, Goudron, Weichasphalt oder
Hartasphalt, dieser je nach Konzentration mehr oder weniger verkokst.
(Fortsetzung folgt.)