Titel: | POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU. |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 604 |
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POLYTECHNISCHE RUNDSCHAU.
Polytechnische Rundschau.
Ueber den Diesel-Motorenbau auf der Germaniawerft
sprach auf der diesjährigen Sommerversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft
Maschinenbaudirektor Regenbogen-Kiel.
Nach einem kurzen geschichtlichen Ueberblick über die experimentellen und
konstruktiven Arbeiten der Germaniawerft auf diesem neuen Gebiet kam der Vortragende
auf den gegenwärtigen Stand des Diesel-Motorenbaues bei
seiner Firma zu sprechen. Die ersten Versuche in Kiel wurden mit einer in Essen
gebauten doppeltwirkenden Viertaktmaschine angenommen. Dieselbe besaß auch auf der
unteren Kolbenseite zentrale Einspritzung, was durch Verwendung zweier Kolbenstangen
ermöglicht wurde. In der Folge wurde diese Maschine in einen Zweitaktmotor umgebaut
und auch damit Versuche angestellt. Insbesondere wurden Proben mit schräggestellter
Brennstoffnadel und mit Wassereinspritzung in den Auspuffringkanal vorgenommen. Auch
der Frage der Verwendung des Diesel-Motors in
Unterseebooten für Unterwasserfahrt wurde die nötige Beachtung geschenkt. Es wurden
Versuche angestellt, die bezweckten, den Betrieb ohne Frischluft durchzuhalten. Die
Auspuffgase wurden zu diesem Zwecke mit Sauerstoff gemischt und dann als arbeitendes
Medium verwandt. Der nächste Schritt zur Entwicklung neuer Diesel-Typen war der Bau eines raschlaufenden 50 PSe-Zweitaktmotors mit Stufenkolben. Die Anordnung des
Stufenkolbens unter dem Arbeitszylinder ergab jedoch verschiedene Unzuträglichkeiten
und einen geringen Nutzeffekt. Auch Bearbeitung und Montage gestalteten sich
ziemlich schwierig, weshalb die Konstruktion nicht weiter verwendet wurde.
Der Bau von stationären Motoren begann im Jahre 1906. Vom Jahre 1908 ab, wo der
Beschäftigungsgrad unserer Werften ein sehr schlechter war, wurde der Bau von
stationären Diesel-Motoren in größerem Umfange betrieben,
wobei sich für die Werft die Möglichkeit ergab, sich einen guten Arbeiterstand
für den Diesel-Motorenbau heranzubilden und auf dem neuen
Gebiet Erfahrungen zu sammeln. Die Werkstätten mußten bald vergrößert werden. Neben
den stationären Modellen wurden auch eine ganze Reihe von Schiffsmotorentypen
geschaffen. Dabei wurden die Erfahrungen des Schiffsdampfmaschinenbaues in
ausgiebiger Weise zu Rate gezogen und die Getriebeteile der größeren Schiffs-Diesel-Maschinen sind durchweg denen von
Schiffsdampfmaschinen nachgebildet. Bei der Schaffung größerer Einheitsleistungen
spielte die Frage der Kolbenkühlung eine sehr wichtige Rolle. Bei langsamlaufenden
Viertaktmotoren machte sich die Kühlung des Kolbens von etwa 500 mm ∅ ab
erforderlich, bei raschlaufenden Viertaktmotoren insbesondere bei Zweitaktmotoren
noch viel früher. Man hat es, um größeren Schwierigkeiten bei der Zuführung des
Kühlmittels aus dem Wege zu gehen, mit der Oelkühlung versucht. Dieselbe besitzt den
großen Vorteil, daß eventl. Undichtigkeiten nicht schaden, da das zur Kühlung
verwendete Oel sich ruhig mit dem in der Kurbelbilge befindlichen mischen kann.
Würde man als Kühlflüssigkeit Wasser, insbesondere Seewasser, nehmen, so würde eine
eventl. Undichtigkeit zu großen Unzuträglichkeiten führen. Bei Maschinengrößen, die
eben eine Kühlung des Kolbens erforderlich machen, genügt nun zur Erzielung der
nötigen Betriebssicherheit schon das Abführen einer verhältnismäßig geringen
Wärmemenge und es kann als Kühlflüssigkeit ohne weiteres Oel verwendet werden,
obwohl letzteres nur eine spez. Wärme von 0,4 besitzt. Anders ist es bei Maschinen
mit großem Durchmesser, namentlich wenn dieselben im Zweitakt arbeiten. Hier genügt
nach Ansicht des Herrn Regenbogen das Schmieröl als
Kühlflüssigkeit nicht mehr und man muß Wasserkühlung anwenden.Anmerkung der Redaktion: Der Vortragende hat
hierbei anscheinend außer Bedacht gelassen, daß das Schmieröl einen weit höheren
Siedepunkt als das Wasser hat und sich daher ohne Schaden für die
Betriebssicherheit der Maschine auf eine weit höhere Temperatur erwärmen
läßt, falls dies nötig sein sollte. Tatsächlich hat sich ja auch die
Oelkühlung bei den neuen doppeltwirkenden Maschinen der M. A. N. sehr gut
bewährt.
Die Germaniawerft hat sich daher zur Einführung von
Wasserkühlung entschlossen. Es war dazu aber nötig, besondere
Sicherheitsvorkehrungen zu schaffen, die ein Ausfließen des Schmieröls in den
Kurbelkasten verhinderten. Der Arbeitskolben der Maschine erhielt deshalb an seinem
unteren Ende eine Art hohlen Stufenkolben, dessen Innenraum mit dem Kühlwasserraum
des Kolbens in Verbindung steht. Auf diesem stufenförmigen Fortsatz sind zwei
Posaunenrohre aufgesetzt, die in zwei besonders abgeteilte Räume des Zylindermantels
hineinragen. Die Stopfbuchsen, die die Abdichtung dieser Posaunenrohre gegen den
Zylindermantel besorgen, liegen hierbei außerhalb des Kastengestells, so daß eventl.
Undichtigkeiten kein Verschmutzen des Schmieröls im Kastengestell zur Folge haben.
Die Kühlwasserzuführung erfolgt nun nach dem Zylindermantel in einen der beiden
besonders abgeteilten Räume; durch das Posaunenrohr gelangt das Kühlmittel durch
einen Steigkanal in den Kühlraum des Arbeitskolbens und durch ein Fallrohr wieder
nach unten in den stufenförmigen Fortsatz und in das zweite Posaunenrohr. Aus
letzterem fließt es dann in den zweiten besonders abgeteilten Raum des
Zylindermantels und verläßt diesen durch eine Kühlwasserabflußleitung. Die
Vorrichtung erfüllt allem Anschein nach ihren Zweck in sehr vollkommener Weise.
Auch der Frage der Teerölverwertung, welche ja für deutsche Verhältnisse ein
besonders großes Interesse besitzt, hat die Germaniawerft
beizeiten ihr Augenmerk zugewendet, und hat auch eine große Anzahl von Patenten auf
diesem Gebiet angemeldet. Für Schiffsmotoren ist zwar die Teerölfrage von geringerer
Wichtigkeit, doch kann es im Kriegsfalle sehr wertvoll sein, wenn wir auf unsere
einheimische Teerölproduktion zurückgreifen können, um unseren Schiffen die nötigen
Betriebsstoffe zu sichern. Das Verfahren der Germaniawerft beim Teerölbetrieb besteht darin, daß der durch Einleitung
der Zündung erforderliche Zündtropfen unmittelbar an den Sitz der Nadel
herangedrückt wird durch vorübergehende Druckminderung in dem Raum vor dem
Nadelsitz. Der Brennstoff (das Teeröl) wird durch eine gewöhnliche Brennstoffpumpe
über dem Zerstäuber eingeführt. Der Zündtropfen wird in einem Ringraum gelagert. Der
letztere steht durch einen Kanal, der durch ein besonderes Steuerorgan verschlossen
werden kann, mit der Atmosphäre oder einem Raum von niedrigerem Druck als die
Einblaseluft ihn besitzt, in Verbindung. Einige Zeit vor Eröffnung der Nadel, d.h.
vor Beginn der Einspritzung, wird nun der Druck in dem Ringraum, der den Zündtropfen
aufgenommen hat, vermindert. Infolge des Ueberdruckes über dem Zerstäuber wird
dadurch ein geringer Teil des Brennstoffes durch den Zerstäuber nach dem
ringförmigen Brennstofflagerraum für den Zündtropfen gerissen.
Dort erwärmt sich dieser zuerst vorgeschleuderte Brennstoff sehr stark, gelangt
beim Oeffnen der Nadel zuerst in den Zylinder und leitet die Zündung ein. Der übrige
Brennstoff folgt, mit Einblaseluft gemischt, nach, und findet in der Flamme des
Zündtropfens eine genügend hohe Temperatur für seine eigene Verbrennung vor. Auf
diese Weise wird es möglich, bis zu den kleinsten Belastungen des Motors herab ohne
Zuhilfenahme eines leichter entzündlichen Brennstoffes den Betrieb aufrecht zu
erhalten. Nur zum Anfahren wird ein leichter entzündliches Gasöl oder Paraffinöl
verwendet, bis der Motor genügend warm geworden ist.
Außer den stationären langsamlaufenden Motoren schwerer Bauart (250 bis 300 kg f. d.
PS) wurde auch ein mittelschwerer raschlaufender Typ durchgebildet mit einem Gewicht
von 120 bis 160 kg f. d. PS. Die Maschine ist mit Preßschmierung in einem
geschlossenen Gestell ausgestattet. Für stationäre Zwecke werden diese Maschinen in
Gußeisen, für Schiffszwecke (Schiffshilfsmaschinen) in Stahlguß oder Bronze gebaut,
wodurch das Gewicht des Motors auf 30 bis 40 kg f. d. PSe sinkt. Nach diesem System wurde ein 450 pferdiger Sechszylindermotor mit
400 minutl. Umdrehungen gebaut, der zum Antrieb von Dynamomaschinen für
Kriegsschiffe dient. Nach einem ähnlichen Typ wurde der erste direkt umsteuerbare
Schiffs-Diesel-Motor der Germaniawerft gebaut, welcher durch Verschieben der Nockenwelle
umgesteuert wird.
Für Bootszwecke waren die bisher angeführten Typen immer noch zu schwer, weshalb eine
besondere Type hierfür entworfen werden mußte. Man legte zu diesem Zwecke die
Arbeitszylinder blockweise zu je zweien zusammen und sparte dabei je ein
Kurbelwellenlager und dementsprechend auch an Baulänge. Als Baumaterial wurden fast
ausschließlich Stahl und Bronze gewählt. Maschinen dieses Typs von mehr als 100 PS
werden auch als direkt umsteuerbare Sechszylindermaschinen ausgeführt. Für die
kleineren Leistungen wird die Umsteuerung durch ein Wendegetriebe oder eine
Segelschraube ersetzt. Auch für Schraubenschiffsantriebe wurden diese raschlaufenden
umsteuerbaren Bootsmotoren schon verwendet. Die Reduktion der Tourenzahl wurde dabei
durch ein breites Pfeilräderpaar und großes Uebersetzungsverhältnis (1: 8) erzielt.
Auch für stationäre Landanlagen hat die Werft schon ähnliche Aggregate geliefert.
Neben den oben erwähnten Viertaktmotoren hat die Germaniawerft auch eine ganze Reihe von Zweitaktmotorentypen entwickelt.
Für die Deutsch-amerikanische Petroleumgesellschaft baut
die Germaniawerft zurzeit drei große Tankschiffe, die sie
mit Zweitakt-Diesel-Motoren von je 1200 PSe-Leistung und 140 minutl. Umdrehungen ausstattet.
Diese Maschine besitzt Ständerbauart, wie sie bei Dampfmaschinen gebräuchlich ist
und ist mit einer Kreuzkopfführung versehen, obwohl die Arbeitszylinder nur
einfachwirkend sind. Die Wasserkühlung der Arbeitskolben wird nicht in der oben
beschriebenen Art bewirkt, sondern mittels Gelenkrohren, die das Wasser dem
Kreuzkopf zuführen. Von diesen gelangt es durch ein Rohr in der hohlen Kolbenstange
nach dem
Kolben, um auf der Außenseite dieses Rohres durch die hohle Kolbenstange wieder
abzufließen. Die Zylinderbuchse ist ausziehbar, um eine bequeme Reinigung zu
ermöglichen. Infolge dieser Anordnung ist es erforderlich geworden, die
Auspuffleitung mittels Stopfbuchsen durch den Außenmantel des Zylinders
hindurchzuführen. Zylinderkopf und Zylinderbuchse sind aus einem Stück gegossen. Der
Ausbau des Kolbens kann nach unten oder nach oben erfolgen. Das erstere wird
ermöglicht durch Teilung der Kolbenstange. Die Spülpumpe der Maschine wird mittels
Balancier vom Kreuzkopf aus angetrieben. Die Umsteuerung erfolgt durch
Längsverschiebung der obenliegenden Steuerwelle. Die Umstellvorrichtung, die das
Umstellen vom Brennstoffbetrieb zum Anlaßbetrieb und umgekehrt besorgt, ist für die
einzelnen Zylindergruppen geteilt ausgeführt, um einzelne Zylinder noch im
Anlaßbetrieb arbeiten lassen zu können, während die anderen ihre ersten Zündungen
machen. Dadurch wird eine gewisse Abstufung der Geschwindigkeit beim Manövrieren
erreicht. Da die Umstellvorrichtung und die Umsteuervorrichtung bei dieser Maschine
getrennt ausgeführt sind, mußte Vorsorge getroffen werden, daß die einzelnen Manöver
nicht in verkehrter Reihenfolge ausgeführt werden können. Zu dem Zweck wurde eine
zwangläufige Verblockung vorgenommen. Wenn drei Zylinder nach dem Umsteuern mit
Brennstoffbetrieb arbeiten, können die anderen drei Zylinder entweder auf Dock oder
ebenfalls auf Betrieb gestellt werden; was dann volle Fahrt ergibt. Dieser
einfachwirkende langsamlaufende Zweitaktmotor wird von der Germaniawerft bis etwa 3000 PS-Leistung gebaut. Für größere Leistungen
sind doppeltwirkende Motoren vorgesehen.
Auch eine langsamlaufende Zweitakttype für Schlepp- und schwere Verkehrsboote wird
von der Germaniawerft gebaut. Dieselbe besitzt
Säulenbauart und ist eine sogen. ventillose Zweitaktmaschine, d.h. eine Maschine,
bei der nicht nur der Auspuff, sondern auch die Spülluft durch Schlitze gesteuert
werden. Die Tourenzahl dieser Motoren darf nicht zu hoch genommen werden, weil die
Spülung im Gegenstrom erfolgt. Eine Maschine von 120 bis 140 PSe-Leistung hat bei 320 Umdrehungen vollkommen
zufriedenstellend gearbeitet. Die Maschine ist verhältnismäßig schwer (100 bis 120
kg f. d. PSe).
Für Kriegsfahrzeuge mußten besondere raschlaufende Maschinentypen von geringem
Gewicht entwickelt werden. Die Werft baut für solche Fahrzeuge mittelschwere Motoren
von 30 bis 40 kg f. d. PS, bei denen nur hochwertige Materialien Verwendung finden.
Die sechszylindrigen Motoren sind vollständig gekapselt ausgeführt und besitzen
direkte Umsteuerung. Die beiden Kompressorzylinder liegen in der Mitte zwischen zwei
Dreizylindergruppen und die beiden Spülpumpen an je einem Ende der Maschine. Zwei
Stück 600 pferdige Motoren dieses Typs, die fast ganz in Stahlguß und Bronze
ausgeführt sind und 300 Umdr. i. d. Min. machen, wiegen mit allem Zubehör zur
Maschinenanlage (ohne Wellenleitung) etwa 35 kg f. d. PS.
Nach ähnlichem Typ, aber wesentlich leichter gebaut, sind die
Zweitakt-Unterseebootsmotoren der Germaniawerft.
Dieselben sind aus sehr hochwertigen Materialien konstruiert und besitzen eine sehr
hohe Tourenzahl. Sie sind mit der oben beschriebenen Kolbenkühlung ausgestattet, die
sich viel besser bewährte wie die ursprünglich verwendete Oelkühlung, bei der sich
stets nach 8 bis 14 Tagen Oelansätze bildeten. Jeder Zylinder besitzt drei
Spülventile, welche von einem einzigen Hebel aus durch Vermittlung einer Platte
bedient werden. Von diesen Motoren sind schon eine große Anzahl für die inländische
und für ausländische Marinen gebaut worden.
Zu Anfang des Jahres 1911 wurde mit dem Bau einer doppeltwirkenden Maschine von
großer Leistung begonnen. Die Versuchsmaschine, die zur Ermittlung einer geeigneten
Zylinderkonstruktion mit günstigem Verbrennungsraum und zweckentsprechender
Steuerung dienen sollte, wurde zunächst als Einzylindermotor gebaut. Dieser Motor
ergab im Dauerbetrieb gute Resultate,
Es wurden weiterhin Versuche angestellt, die den Ersatz der Spülpumpen durch
Strahlapparate zum Zwecke hatten. Ein weiterer Versuch diente der Untersuchung des
Spülvorgangs im Zweitaktmotorenzylinder. Auf einen starkwandigen Glaszylinder wurde
der Zylinderkopf und die Spülventile eines Zweitaktmotors aufgesetzt. Die
Verlängerung des Glaszylinders wurde als Kolbenführung verwendet und enthielt die
vom Kolben gesteuerten Auspuff schlitze. Die Bewegungsumkehr des Kolbens wurde beim
Senken erzielt durch Gewichtsbelastung, beim Heben durch die unter dem Kolben
einströmende Druckluft. Durch einen Mehrwegehahn wurde die zeitlich genau
regulierbare Zu- und Abführung der Druckluft unter dem Kolben vermittelt. Die
Steuerung arbeitete wie beim normalen Zweitaktmotor. Der Druck der Spülluft wurde
durch fortlaufendes Nachfüllen in den Spülluftbehälter während der Versuche konstant
erhalten. Der Kolben wurde bei den Versuchen etwas über den Auspuffschlitzen
festgestellt und der Raum über ihm mit reiner Luft von 0,5 at Ueberdruck gefüllt.
Sodann wurde in den Spülluftbehälter dichter Rauch eingesaugt, der auf dem Wege zum
Arbeitszylinder möglichst gleichmäßig in der Luft verteilt wurde. Durch Ausrücken
der Klinke des Steuerhähnes wurde der Kolben gesenkt, die Luft über ihm entspannt
und ausgepufft, Beim Anheben der Spülventile trat dann die geschwärzte Luft in den
Zylinder ein und besorgte die Spülung. Der Vorgang wurde durch einen Kinematographen
festgehalten. Die Resultate waren mangelhaft. Der umgekehrte Weg war besser gangbar:
Der Raum über dem Kolben wurde mit geschwärzter Luft gefüllt und die Spülluft war
rein. Da der ganze Spülprozeß nur 1/15 bis 1/20 Sekunde dauerte, so konnten die Strömungslinien
nicht milder wünschenswerten Präzision festgestellt werden. Der Versuch wurde
deshelb verlangsamt.
Der eben beschriebene Versuch ist zwar ganz lehrreich, dürfte aber nach unserer
Meinung immerhin kein richtiges Bild des Spülvorgangs liefern, da die dem Verbuch
zugrunde liegenden Verhältnisse den in der Maschine auftretenden Verhältnissen auch
nicht annähernd entsprechen. Die Luft stagnierte vor dem Eintritt in den Zylinder und mußte erst
beschleunigt werden. Ferner fehlten die beim wirklichen Verbrennungsprozeß
auftretenden hohen Temperaturen und damit auch die Strömungen und Wirbelbildungen,
die durch den Temperaturausgleich mit den Wandungen hervorgerufen werden. Die
Bewegung beim Kolbensenken war anscheinend eine gleichförmig beschleunigte, während
man es in Wirklichkeit mit einer verzögerten Bewegung zu tun hat, wie sich aus den
Kurbeldiagrammen ableiten läßt.
Im ganzen genommen zeigt die Ausführung von Direktor Regenbogen, daß der Germaniawerft ein eminentes
Verdienst um die Entwicklung des Motorenbaues in Deutschland zukommt.
––––––––––
Die praktische Ausbildung der Ingenieure. Die
Aufnahmebestimmungen unserer Technischen Hochschulen schreiben vor, daß die
Studierenden des Maschinenbaues und der Elektrotechnik vor Ablegung der
Diplomprüfung ein Jahr lang praktisch in einer Fabrik tätig gewesen sein müssen.
Diese praktische Vorbildung bezweckt, dem angehenden Ingenieur einen Einblick in die
Organisation und den Betrieb eines industriellen Werkes zu gewähren, ihm die für
seinen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln und
ihm eine gewisse Kenntnis der Lebensanschauungen und der ganzen Lebensart der
Arbeiterschaft zuzuführen.
Die Frage, ob das praktische Jahr ganz vor Beginn des Studiums liegen soll, oder ob
es teilweise in die Ferien verlegt werden darf, ist bislang nicht übereinstimmend
entschieden.
Der Deutsche Ausschuß für Technisches Schulwesen berief im Mai 1912 zur Beratung über
die Gestaltung der praktischen Vorbildung einen Ausschuß, an dessen Verhandlungen
hervorragende Vertreter der Industrie, sowie Vertreter von staatlichen
Behörden, Technischen Hochschulen und Technischen Mittelschulen teilnahmen. Nach
eingehenden Beratungen einigte sich die Versammlung auf den Beschluß, daß es sich
nach wie vor empfehle, von den künftigen Maschineningenieuren, soweit sie die
Diplomprüfung ablegen wollen, eine einjährige praktische Ausbildung zu fordern, von
der zum mindesten ein halbes Jahr vor Beginn der Studien abgeleistet werden
müsse.
Für die Schüler höherer Maschinenbauschulen hat der Deutsche Ausschuß in seinen
Beschlüssen vom 21. November 1910 eine mindestens zweijährige praktische Vorbildung
als erforderlich bezeichnet, die ganz vor Beginn der Studien zurückzulegen ist.
Obwohl nun die deutsche Industrie anerkennt, daß sie im eigensten Interesse bestrebt
sein muß, die Ausbildung ihrer künftigen leitenden und mittleren Beamten nach
Kräften zu fördern, so ist es doch oft dem jungen Mann, der Maschineningenieur
werden will, nicht leicht, ein Werk zu finden, das ihn in geeigneter Weise praktisch
ausbildet. Der Deutsche Ausschuß hat beschlossen, hier versuchsweise vermittelnd
einzutreten, er wird eine Vermittlungsstelle errichten, die den angehenden
Praktikanten den Eintritt in geeignete Fabriken ermöglichen soll. Wenn seitens der
Industrie genügende Unterstützung gewährt wird, dann kann die geplante
Vermittlungsstelle zweifellos großen Nutzen schaffen und auch auf die bessere
Ausgestaltung und Ausnutzung der praktischen Ausbildungszeit erwünschten Einfluß
gewinnen. Diesem Zwecke sollen insbesondere auch die vom Deutschen Ausschuß
herausgegebenen Merkblätter dienen, welche die Vermittlungsstelle den Praktikanten
übermitteln wird.