Titel: | VERSUCHE AN EINEM VERBRENNUNGSMOTOR. |
Autor: | Fritz L. Richter |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 694 |
Download: | XML |
VERSUCHE AN EINEM VERBRENNUNGSMOTOR.
Von Dipl.-Ing. Fritz L. Richter in
Chemnitz.
RICHTER: Versuche an einem Verbrennungsmotor.
Inhaltsübersicht.
Es wird ein wichtiger Fehler bei Indizierungen und
Temperaturmessungen besprochen.
In Kurventafeln wird der Brennstoffverbrauch für verschiedene
Brennstoffe, die Kompressionsendspannung und die Verpuffungsspannung wiedergegeben.
Die Regelung des Motors und ihre Veränderung durch Abnutzung der Ventile wird
besprochen.
Die höchste Schleppkraft des Motors ist für verschiedene
Brennstoffe durch Ueberlastungsversuche festgestellt und wird in Kurventafeln und
Tabellen zusammengestellt. Hierbei wird der Einfluß der Zylinderschmierung auf
Schleppkraft und Wirkungsgrad bewiesen.
––––––––––
Die Lehranstalten für Maschinentechnik benötigen heute ein Maschinenlaboratorium, um
den Forderungen der Gegenwart gerecht zu werden. Der Unterricht in demselben
soll die Schüler hauptsächlich mit der Wirkungsweise der Maschinen und mit
technischen Messungen, also mit an sich bekannten Dingen vertraut machen. Das
Ergebnis der zu diesem Zwecke stattfindenden Untersuchungen an den Maschinen hat
dennoch weitgehend einen allgemeinen Wert. Einerseits ergibt sich eine gute Sammlung
von Verbrauchszahlen, die für einen normalen Betriebszustand der betreffenden
Maschine gelten, andererseits werden auch Ermittlungen vorkommen, die als neu oder
wenig bekannt Allgemeinwert für die Technik besitzen.
Ich leite seit einigen Jahren den Unterricht für die Königl. Maschinenbauschule,
frühere Werkmeisterschule in dem neu errichteten Maschinenlaboratorium der
Technischen Staatslehranstalten in Chemnitz. Nachfolgend gebe ich eine
Zusammenstellung der hierbei an einem Verbrennungsmotor ermittelten Ergebnisse.Die Veröffentlichung ist ein Teil der von den
Technischen Staatslehranstalten in Chemnitz herausgegebenen Abhandlungen und
Berichte, Heft „Der Unterricht im
Maschinenlaboratorium“.
Textabbildung Bd. 327, S. 694
Fig. 1. Beim Betrieb mit Benzin wird die Länge b = 57 mm aus der Schubstange
herausgenommen.
Fig. 1 zeigt den verfügbaren Verbrennungsmotor unter
gleichzeitiger Kennzeichnung der einzelnen Messungen. Der Motor, der von der Gasmotorenfabrik Deutz stammt, kann durch Verstellung des
Einlaßhahnes (Fig. 2) mit Leuchtgas und Sauggas
arbeiten und durch Umbau der Einlaßorgane (Fig. 3)
mit flüssigem Brennstoff, Benzin, Benzol, Spiritus. Fig.
4 zeigt schematisch die mechanische durch Wasser gekühlte Bremse.
Textabbildung Bd. 327, S. 694
Fig. 2. Einlaßventil.
Für die Untersuchung des Motors steht ein Indikator von Dreyer
Rosenkranz & Droop in Hannover mit außenliegender Feder zur
Verfügung, da die vorhandenen Maihak-Indikatoren mit
außen liegender Feder nicht mit den für die vorliegenden Spannungen erforderlichen
Zutaten ausgerüstet sind. Ihre gelegentliche Benutzung innerhalb des Gebietes der
Möglichkeit ergab einen wesentlichen Unterschied bei der Feststellung der
indizierten Leistung, der bei dem gleichen Motor unter gleichen Verhältnissen nur in
den Angaben des Indikators zu suchen sein kann, so daß eines der beiden Instrumente
unter allen Umständen falsche Angaben machen muß.
Textabbildung Bd. 327, S. 694
Fig. 3. Einlaßventil.
Tabelle 1 zeigt das Ergebnis eines an der Maschine aufgenommenen Versuchs. Die
einzelnen Messungen sind aus den Skizzen (Fig. 1 und
4) verständlich. Um den Unterschied bei der
Feststellung der indizierten Leistung zu zeigen, ist bei diesem Versuch wechselweise
mit beiden Indikatoren indiziert unter Beibehaltung des Arbeitszustandes
Tabelle 1.
Versuch am Verbrennungsmotor mit Leuchtgasbetrieb (Fig. 1 bis 4, 8 und 9).
Textabbildung Bd. 327, S. 695
Zeit; Kühlwasser; Abgase (Fig. 9);
Mittlerer indiz. Druck in kg/qm; Rosenkranz; Maihak; Gasuhr; Stand; Differenz;
Luftuhr; Wasseruhr; Kontrolle für Wasseruhr; Lieferung; Mittel; Summe;
Abgasthermometer in Hülse A Fig. 8; Abgasthermometer in Hülse B Fig. 8 Füllung
mit Gasmotoröl; Abgasthermometer in Hülse B Fig. 8 Füllung mit Heißdampföl;
Bremslast P = 20 kg konstant; Nutzleistung = 4,8 PS; Reibungsverlust 3,3 PS mit
Rosenkranzindikator; 1,75 PS mit Maihakindikator; Mechanischer Wirkungsgrad 59,3
v. H. mit Rosenkranzindikator; 75,5 v. H. mit Maihakindikator.
des Motors und in unmittelbar anschließender Reihenfolge.
Beide Federn waren unmittelbar zuvor durch Gewichtsbelastung (Fig. 5) geeicht. Der Versuch ist bei geringer
Belastung des Motors vorgenommen, weil die hier eintretenden Spannungen noch mit den
bei den Maihak-Indikatoren vorliegenden Hilfsmitteln
beherrscht werden können, anderseits aber die Diagramme bereits sehr gleichmäßig
ausfallen, indem die Streuung bei Leerlauf fortfällt, die für die vorliegende
Betrachtung sehr störend wäre.
Textabbildung Bd. 327, S. 695
Fig. 4. Bremse zum Verbrennungsmotor.
Bei einer Nutzleistung von 4,8 PS stellt der Rosenkranz-Indikator eine indizierte Leistung von 8,1 PS, der Maihak-Indikator eine solche von 6,35 PS fest, so daß die
Reibungsverluste sich einmal zu 3,3, das andere Mal zu 1,75 PS ergeben und der
mechanische Wirkungsgrad zu 59,3 und 75,5 v. H. Die Unterschiede sind gewiß so
bedeutend, daß sie wesentlich außerhalb der Genauigkeitsgrenze liegen, die man bei
Indizierungen anzunehmen bereit ist. Fig. 6 zeigt
die beiderseits aufgenommenen Diagramme einschließlich der Eichergebnisse. Letztere
weisen bereits darauf hin, daß der Rosenkranz-Indikator
kein Vertrauen verdient. Dabei ist noch hervorzuheben, daß der Indikator bei
herausgenommener Feder durchaus leicht spielte, so daß von einer zu großen
Kolbenreibung nicht gesprochen werden kann. Sowohl bei der Eichung als auch bei
der Indizierung waren beide Indikatoren sorgfältigst geschmiert, da dieser Versuch
nicht erst zu der Beobachtung führte, sondern die bereits festgestellte Wahrnehmung
einwandfrei nachweisen sollte. Das Entstehen der Reibung beim Rosenkranz-Indikator habe ich durch die schematische Zeichnung (Fig. 7) zum Ausdruck gebracht. Durch die hohe Lage
des Angriffspunktes der Feder drückt die Feder bei aus gearbeiteter Führung
exzentrisch und ruft auf diese Weise eine Eckwirkung hervor, die ihrerseits zu
starken Reibungserscheinungen führt. Da die so entstehenden Reibungswiderstände
gleichzeitig mit den Federkräften wachsen, wird diese Reibungserscheinung nicht bei
der Anwendung starker Federn gegenstandslos, wie es allgemein für die Kolbenreibung
gilt. Deshalb erscheint der Fehler sogar in ausgesprochener Weise bei der
Untersuchung eines Verbrennungsmotors.
Textabbildung Bd. 327, S. 695
Fig. 5. Eichung des Maihak-Indikators.
Durch diesen Reibungswiderstand bleibt sowohl während der
Kompression als auch während der Expansion der Schreibstift hinter der
Sollstellung zurück, das Diagramm wird von beiden Seiten zu groß.Der hier untersuchte Indikator ist 1909
geliefert. Ich habe auf den gleichen Fehler bei einer älteren Ausführung der
Firma bereits früher verwiesen, Zeitschrift des Vereines Deutscher
Ingenieure 1904, S. 619.
Textabbildung Bd. 327, S. 696
Fig. 6. Betrieb mit Leuchtgas; Nutzleistung 4,8 PS n = 240 l/Min.
Textabbildung Bd. 327, S. 696
Fig. 7. Kolbenstellung ohne Belastung.
Textabbildung Bd. 327, S. 696
Fig. 8.
Für die Messung der Abgastemperatur 4 war in dem Auspuffrohr eine metallene
Thermometerhülse für ein Glasthermometer eingebaut, die ich in Fig. 8 wiedergebe und mit A bezeichne. Das Thermometer steckt einfach in dieser tief in das Rohr
hineinragenden Hülse und mißt so die hier herrschende Wandtemperatur. Da ich dieser
Messung kein Zutrauen schenkte, habe ich nach einigen Feststellungen die vielfach
angewandte Oelhülse versucht, die ich in Fig. 8 als
Hülse B ebenfalls darstelle. Da auch diese Messung
keine zuverlässigen Angaben machte, habe ich schließlich das Thermometer durch die
in Fig. 9 dargestellte Stopfbüchse unmittelbar in
den Gasstrom eingeführt. In dem Versuchsprotokoll der Tab. 1 ist mit dieser
Anbringung gearbeitet. Es zeigt sich, daß bereits durch verschieden tiefes Einführen
des Thermometers Meßunterschiede hervortreten. Mit ihnen wird man sich aber wohl
oder übel abfinden müssen. Um aber die wesentliche Fehlerhaftigkeit der Messung bei
den Vorrichtungen nach Fig. 8 zu kennzeichnen, habe
ich nach Beendigung des Versuchs die Hülsen schnell ausgewechselt und unter
Anwendung desselben Thermometers den Motor unter genau gleichen Verhältnissen
weiterlaufen lassen. Das Ergebnis ist der Tab. 1 angefügt. Es ist dabei darauf zu
verweisen, daß sich das Thermometer in der Hülset außerordentlich langsam
einstellte, daß aber gewartet ist, bis kein Steigen mehr vorlag.
Textabbildung Bd. 327, S. 696
Fig. 9.
Beide Vorrichtungen geben wesentlich falsche und zwar zu niedrige Werte. Die Hülse
leitet Wärme von innen nach außen an die äußere Rohroberfläche. Da die Temperatur
eines permanenten Gases zu messen ist, ist der Wärmeübergang vom Gas an die Wand ein
sehr schlechter. Dadurch stellt sich sofort ein Temperaturgefälle vom Gasstrom zum
Thermometer ein, sobald ein gewisser Wärmebetrag durch die Metallhülse, deren
Leitfähigkeit eine gute ist, abzufließen beginnt. Bei dem Oelstutzen kommt offenbar
eine Wärmeentziehung durch langsame Verdampfung oder Verdunstung des Oeles zustande.
Daß solche vorliegt, ist gut zu erkennen, wenn man etwas Oel auf die Rohrwand gießt.
Ich habe deshalb zwei verschiedene Oele benutzt, dasjenige, mit dem der Zylinder des
Verbrennungsmotors geschmiert wird, und dasjenige, welches für Heißdampf zur
Verfügung steht. Beide Messungen sind wesentlich zu niedrig.
Die Messung mit der unmittelbaren Einführung des Thermometers nach Fig. 9 ging absichtlich voran, um zu zeigen, daß die
zu niedrige Messung nach Fig. 8 nicht durch Versuchsfehler
möglich ist. Um zu zeigen, daß sie nicht durch Verstellung der Wasserkühlung
geschaffen ist, sind stets die Wassertemperaturen mitgemessen.
Da nun die Oelhülse B (Fig.
8) vielfach für die Messung üblich ist, so müssen alle derartigen
Feststellungen mit großer Vorsicht aufgenommen werden. Bei der Aufstellung der
Wärmebilanz hat man sich ganz allgemein an einen Fehlbetrag gewöhnt, den man sich
als einen nicht meßbaren Strömungsverlust erklärt. Ich erkläre diesen Wert in der
Hauptsache aus einer zu niedrigen Bestimmung der Abgastemperatur, zumal zu
vorstehender Feststellung noch eine Betrachtung hinzukommt. Für die Aufstellung der
Wärmebilanz ist die mittlere Auspufftemperatur maßgebend. Mit jeder Anbringung des
Thermometers, also auch mit derjenigen nach Fig. 9,
mißt man aber unter allen Umständen nur die mittlere Temperatur der Gase im Rohr. Da
die Abgase nur während ¼ der Zeit aus dem Zylinder austreten, und zwar mit durchaus
veränderlicher Geschwindigkeit, während des übrigen ¾ Teiles der Zeit nicht, so
liegt ein Unterschied vor, der vielleicht nicht zu vernachlässigen ist.
Es ist noch darauf zu verweisen, daß die Temperatur des überhitzten Wasserdampfes
fast stets mit dem Oelstutzen B (Fig. 8) gemessen wird. Da es sich hierbei um gleich
hohe Temperaturen und ebenfalls um ein permanentes Gas handelt, so gilt dasselbe.
Die Messungen sind also offenbar zu niedrig. Daß der Oelstutzen bei der Messung der
Temperatur von gesättigtem Dampf gute Uebereinstimmung mit der Spannungstabelle
gibt, verteidigt ihn gar nicht, ist vielmehr durchaus zu erwarten, da ein
gesättigter Dampf in seiner Wärmeabgabe an die Wand so freigebig ist, daß eine
eintretende geringe Wärmeabfuhr gar keine Bedeutung hat, kein Temperaturgefälle zum
Thermometer hervorruft.
Noch schwieriger als die Bestimmung der Temperatur der Abgase ist ihre zuverlässige
Analysierung. Mit Rücksicht auf den Bedarf des Unterrichts steht eine solche für
diesen Bericht nicht zur Verfügung.
(Schluß folgt.)