Titel: | DOPPELSCHRAUBEN-MOTORFRACHTSCHIFF „MONTE PENEDO“. |
Autor: | A. Kellmann |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 724 |
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DOPPELSCHRAUBEN-MOTORFRACHTSCHIFF „MONTE
PENEDO“.
Von Ingenieur A. Kellmann,
Friedenau.
KELLMANN: Doppelschrauben-Motorfrachtschiff „Monte
Penedo“.
Inhaltsübersicht.
Abmessungen und Bauart, Maschinenleistung und Geschwindigkeit des
Schiffes, eingehende Behandlung der Maschinen hinsichtlich Abmessungen, Bauart und
Arbeitsweise. Wirtschaftlicher Vergleich mit transatlantischen
Dampffrachtschiffen.
––––––––––
Der Diesel-Motor führt sich auch zum Antrieb von
transatlantischen Dampfern mehr und mehr ein. Nachdem kürzlich zwei in Dänemark
erbaute transatlantische Schiffe mit Diesel-Motoren
ausgerüstet worden sind, hat jetzt auch ein in Deutschland erbautes, für
transatlantische Fahrt bestimmtes Schiff Diesel-Motoren
erhalten. Es ist der für die Hamburg-Amerikanische
Dampfschiffsgesellschaft, Hamburg, von den Howaldswerken in Kiel erbaute „Monte Penedo“, von 117 m Länge über
alles, 17 m Breite und einer Wasserverdrängung von etwa 10000 t bei voller Ladung.
Das Schiff hat Doppelschrauben und seine beiden Maschinen, die zusammen 2000 PS
indizieren, erteilten ihm auf seiner Ausreise von Hamburg nach Lissabon, die von
dort aus sofort nach Südamerika weiterging, eine Geschwindigkeit von 10 bis 11
Knoten. Bei der Probefahrt erreichte das Schiff sogar eine Geschwindigkeit von
13,8 Knoten.
Fig. 1 ist eine Ansicht des ganzen Schiffes, wobei
der Maschinenraum geschnitten ist. Es ist nach den Regeln des Germanischen Lloyd und
der Seeberufsgenossenschaft mit durchlaufendem Stahldeck gebaut, besitzt sechs
wasserdichte Querschotten und vier Laderäume. Die Ladevorrichtungen gestatten Güter
bis zu 35 t Stückgewicht an und von Bord zu befördern.
Die von Gebrüder Sulzer in Winterthur gelieferte
Maschinenanlage, die in der Fig. 1 durch schwarze
Flächen hervorgehoben ist, befindet sich hinten. Die Diesel-Motoren beanspruchen, wie man sieht, von vornherein einen erheblich
geringeren Raum, als gleichstarke Dampfmaschinenanlagen. Durch die hier getroffene
Wahl von Zweitaktmotoren ist aber noch eine erhebliche Raumersparnis gegenüber den
Viertaktmotoranlagen erzielt, die für die beiden dänischen Schiffe gewählt wurden.
Da das Schiff, wie Fig. 1 zeigt, mit einem
Schornstein ausgerüstet ist, der für die Abführung der Abgase und des Rauches eines
in der Fig. 1 nicht erkennbaren kleinen Dampfkessels dient, so
macht es äußerlich ganz den Eindruck eines Frachtdampfers mit hintenliegender
Maschine. Der Dampfkessel liefert den Dampf für die Heizung der Wohnräume und einige
kleine Hilfsmaschinen.
Fig. 2 gibt eine Ansicht der Backbordmaschine vom
Maschinistenstand aus. Fig. 3 ist teils eine
Oberansicht, teils ein Horizontalschnitt durch die zur letzten Kurbel links
gehörende Kreuzkopfführung. Fig. 4 ist ein mittlerer
Vertikalquerschnitt durch einen der vier zu jeder Maschine gehörigen Einzelmotoren,
und Fig. 5 ein Vertikalschnitt durch die eine
Spülluftpumpe und den zur Verdichtung der Brennstoffeinspritzluft dienenden
dreistufigen Kompressor. Die Maschinen laufen normal mit 160 Umdrehungen, wobei sie
zusammen 2000 PS indizieren und an jede Schraubenwelle 850 PSe abgeben. Jede Maschine hat vier Motorzylinder von
470 mm ∅ und 680 mm Hub. Die Kolben stehen unter 90° zueinander, so daß die
Arbeitstakte sich in gleichen Abständen folgen.
Textabbildung Bd. 327, S. 725
Fig. 1.
Der Aufbau der Maschine ähnelt in hohem Maße dem der üblichen stehenden
Schiffsmaschinen, d.h. die Zylinder werden von Maschinenständern getragen, die mit
der dreiteiligen Grundplatte der bei Schiffsmaschinen üblichen Form verbunden sind.
Die zwischen den Maschinenständern verbliebenen, durch leicht abnehmbare Deckel
verschlossenen Oeffnungen gestatten eine Ueberwachung des Gestänges und der Lager.
Die Kurbelwelle besteht aus zwei gleichen, zweifach gekröpften Schmiedestücken von
bestem Siemens-Martinstahl mit etwa 50 kg Festigkeit und wenigstens 22 v. H.
Dehnung. Die unteren Lagerschalen der Kurbelwelle sind aus Stahlguß und
halbzylindrisch, damit sie herausgedreht werden können, ohne daß man die betreffende
Welle herauszunehmen braucht. Die genau eingepaßten Lagerdeckel sind aus Gußeisen.
Deckel und Schalen sind mit Weißmetall ausgegossen. Die Wellenlagerbolzen können mit
Leichtigkeit ausgewechselt werden. Die Pleuelstangen sind ebenfalls aus bestem
Siemens-Martinstahl mit einer Länge von 4½ Kurbelradien hergestellt, ihre aus
Stahlguß und Bronze hergestellten Lagerteile sind mit Weißmetall ausgegossen. Die
Stangen sind am oberen Ende in der bei Schiffsmaschinen üblichen Weise gegabelt, und
die Gabellager greifen an kräftigen seitlichen Zapfen von Kreuzköpfen an, deren
nachstellbare Schuhe an Führungen gleiten. Die Führungen umfassen die
Kreuzkopfschuhe, so daß sie für Vorwärts- und Rückwärtsgang wirksam sind. Die
Kreuzköpfe sind durch Kolbenstangen aus bestem Siemens-Martinstahl mit den
Kolben verbunden. Im Kreuzkopf sind die Kolbenstangen mittels Gewinde und Mutter
befestigt, während ihre Verbindung mit den Kolben mittels Flanschen bewirkt ist. Die
Kolben sind hohl und werden durch teleskopartig ineinander gleitende zu den
Kolbenstangen parallele Rohre unter gänzlicher Vermeidung von Stopfbüchsen mit dem
als Freistrahl eintretenden Kühlwasser gespeist. Zur besseren Führung sind die
Kolben an ihrer unteren Seite noch mit verhältnismäßig langen, genau in die Zylinder
passenden Buchsen versehen.
Da die Maschinen im Zweitakt arbeiten und mit Auspuffschlitzen versehen sind, so sind
die dem hohen Verbrennungsdruck ausgesetzten kräftigen Zylinderdeckel durch
besondere Zugstangen mit der Grundplatte verbunden. Die Zylinder und
Maschinenständer sind also von den auf die Zylinderdeckel entfallenden Kräften
vollkommen entlastet. Das zur Schmierung der Hauptteile der Maschine dienende Oel
wird vor seiner Verwendung filtriert und gekühlt. Für die Zylinderschmierung sind
besondere Pumpen vorgesehen. Die Spülluftpumpen sind am Vorderende jedes Motors
angeordnet und werden durch eine mit der Hauptkurbelwelle verbundene schwächere
Kurbel angetrieben. Zur Regelung des Luftein- und Austritts dient ein
Kolbenschieber. Dieser wird in der bei Schiffsmaschinen üblichen Weise durch eine
Kulissensteuerung angetrieben. Die Einrichtung zur Verdichtung der zum Einspritzen
des Brennstoffes in die Zylinder dienenden Preßluft ist dreistufig. Der Kolben der
Niederdruckstufe dient gleichzeitig als Kreuzkopf für die Spülluftpumpe. Die Mittel-
und Hochdruckstufe des Kompressors sind auf dem Gestell der von den Hauptmaschinen
mitangetriebenen Kühlwasser- und Bilgepumpen angeordnet, wie Fig. 5 zeigt. Der Antrieb ihrer beiden Kolben erfolgt
mittels Balanciers von der Pleuelstange der Spülluftpumpe. Alle drei Stufen des
Kompressors sind mit Kühleinrichtung versehen und auf ihrem Wege von einer niederen
zur höheren Stufe durchströmt die Luft einen gekühlten Aufnehmer. Die Ventile dieses
Kompressors arbeiten durchweg selbsttätig und bedürfen keiner besonderen
Steuerung.
Die Einführung der Spül- und Ladeluft erfolgt durch zwei seitlich in der Zylinderwand
übereinander angeordnete Schlitzreihen. Der Luftzutritt durch die unteren
Schlitzreihen wird allein durch den Kolben gesteuert, während der Zutritt durch
die oberen Schlitzreihen durch besondere Ventile gesteuert wird. Die Auspuffschlitze
sind den Eintrittsschlitzen für Spül- und Ladeluft gegenüber angeordnet. Die Abgase
gelangen durch eine gekühlte Auspuffleitung und einen Schalldämpfer ins Freie. Die
beschriebene Art der Einführung der Spül- und Ladeluft führte zu einer sehr
einfachen Ausbildung der Zylinderdeckel und der Steuerung. Für die Unterbringung im
Zylinderdeckel verbleiben nur noch das Brennstoffventil und das Anlaßluftventil.
Jede Maschine ist für sich umsteuerbar. Die Einrichtung zum Umsteuern der
Hauptmaschinen für Vorwärts- und Rückwärtsgang besteht einesteils in einer
Vorrichtung zur Verdrehung der Steuerwelle relativ zur Kurbelwelle, andernteils in
einer Vorrichtung zum Einschalten der Steuerung auf Anlassen, Betrieb und
Halt.
Textabbildung Bd. 327, S. 726
Fig. 2.
Die Umsteuerung kann sowohl von Hand als auch durch Druckluft
mittels eines kleinen Kolbenmotors vorgenommen werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 727
Fig. 3.
Beim Umsteuern wird die Maschine erst in der gewünschten Richtung mittels Preßluft
durch die Anlaßventile in Gang gesetzt. Außerdem wird die Steuerwelle gegenüber
der Kurbelwelle um einen gewissen Winkel verdreht, damit sich die Brennstoffventile
für die betreffende Gangrichtung im richtigen Augenblick öffnen. Die Anlaßventile
sind ebenfalls umsteuerbar, und es ist deshalb für jedes Anlaßventil ein Vorwärts-
und ein Rückwärtsdaumen angeordnet. Diese Daumen und die zur Bewegung der
Brennstoffventile dienenden sind auf einer für alle Zylinder gemeinsamen Daumenwelle
befestigt. Eine zweite Steuermaschine dient dazu, die Rollen jeweils von den
nichttätigen Anlaß- und Brennstoffdaumen abzuheben. Die Stellung der Daumen auf der
Welle ist derart, daß beim Passieren der Stellungen 1,
2 und 3 die Rollen wie folgt zu stehen
kommen:
Stellung 1. Beide Rollen sind
ausgerückt (Stoppstellung).
Stellung 2. Die Anlaßdaumen sind
eingerückt, die Brennstoffdaumen ausgerückt (Anlaßstellung).
Stellung 3. Die Anlaßdaumen sind
ausgerückt, die Brennstoffdaumen eingerückt (Betriebsstellung).
Diese drei Stellungen sind durch Verdrehung einer Kurvenscheibe bewirkt, die ihren
Antrieb von der Steuermaschine erhält.
Die Umsteuerung der Maschine erfolgt in der Weise, daß die Steuerung zunächst mittels
der Steuermaschine in die Stoppstellung gebracht wird. Hierauf wird die Daumenwelle
entsprechend dem gewünschten Vorwärts- oder Rückwärtsgang eingestellt, wobei
gleichzeitig die Steuerrollen mit den Vorwärts- oder Rückwärtsanlaßdaumen in
Berührung kommen. Sodann wird die zweite Steuermaschine in Betrieb gesetzt, und
dadurch die Daumenwelle nacheinander in die Stellungen 2 und 3 gebracht.
Der Umsteuervorgang vollzieht sich rasch und sicher.
Es ist ferner ein Sicherheitsregler vorgesehen, der im Falle eines Wellenbruches die
Brennstoffzufuhr und damit auch die Maschine selbsttätig abstellt. Auch beim Ein-
und Austauchen der Schrauben bei schwerer See wird der Gang der Maschine durch diese
Vorrichtung selbsttätig geregelt. Die Pleuelstangen der beiden äußeren Kurbeln jeder
Maschine treiben mittels Balanciers die Pumpen für die Zylinder-, Kompressor- und
Kolbenkühlung. Diese Pumpen sind, in der bei Schiffsmaschinen üblichen Art
ausgeführt und dienen sich, da sie mehrfach vorhanden sind, gegenseitig als
Rückhalt.
Zwei 50 PS Viertakt-Diesel-Motoren dienen zum Antriebe
einer Dynamomaschine und eines Kompressors. Dieser beschafft die in
außergewöhnlichen Fällen für die Hauptmaschinenanlage erforderliche Druckluft. Die
Hilfsmotoren laufen mit 425 Umdrehungen, sie haben je drei Zylinder von 205 mm
Bohrung und 220 mm Hub. Die übrige Ausführung dieser Maschinen ist die bei
stationären Diesel-Motoren übliche.
Die zum Anlassen der Haupt- und Hilfsmaschinen und zum Manövrieren der ersteren
nötige Luft wird in nahtlosen Stahlgefäßen aufbewahrt, die so eingebaut sind, daß
ihr hinteres Ende tiefer als das vordere liegt. Das Kondenswasser muß sich also
hinten ansammeln und kann nur hier ein Durchrosten der Gefäßwände herbeiführen. Ein
aufgeschrumpftes Band verhindert den Bruch der Flasche an der etwa durchgerosteten Stelle, die
Luft kann indessen zwischen dem Bande und der Flasche austreten, um die Undichtheit
anzuzeigen. Die Luftflaschen sind in zwei Gruppen zu je drei Flaschen und eine zu
zwei Flaschen geteilt. Die erstere Gruppe von drei Flaschen für den Normalbetrieb
wird unter 65 at gehalten, die zweite Gruppe von drei Flaschen und die zwei übrigen
Flaschen dienen als erster und zweiter Rückhalt. Sinkt der Druck in der
Betriebsgruppe unter 40 at, so wird von den andern Flaschen nachgefüllt. Zum Laden
aller Flaschen dienen die Kompressoren der Hauptmaschinen, welche die Luft zunächst
in Verteilungsgefäße treiben, von denen sich die Leitungen zum Einblasen des
Brennstoffes und zum Füllen der Luftflaschen abzweigen. Als Rückhalt sind noch ein
Dampfkompressor und ein Diesel-Kompressor vorhanden.
Jede Hauptmaschine wiegt allein 55 t, mit allem Zubehör (Rohrleitungen,
Luftbehältern) 77 t. Das Gesamtgewicht der Maschinenanlage beträgt einschließlich
Lichtmaschinen 160 t. Die Länge des Maschinenraumes ist 16 m.
Der Brennstoffverbrauch wurde während eines 48-stündigen Dauerversuches zu 210 g für
die effektive PS-Stunde bei Normallast festgestellt, wobei der Verbrauch für die mit
den Hauptmaschinen unmittelbar gekuppelten, zum Lenzen usw. dienenden Pumpen mit
eingerechnet ist. Der Brennstoff für die Maschinenanlage wird in Bunkern aufbewahrt,
die gegen Feuer und Beschädigungen bei Zusammenstößen bestens geschützt sind.
Die ganze Maschinenanlage ist wesentlich billiger und einfacher als sie bei Anwendung
des Viertaktprinzips ausgefallen wäre. Die Motoranlage des „Monte Penedo“
bietet gegenüber einer gleichstarken Dampfmaschinenanlage die folgenden
Vorteile: Ersparnis an Maschinengewicht etwa 170 t, Ersparnis an Brennstoffgewicht
gegenüber einer Vierfach-Expansionsmaschine für eine Reise nach Buenos Aires und
zurück entsprechend 13500 Seemeilen 800 t und gegenüber einer
Dreifach-Expansionsmaschine 990 t. Es wird gegenüber der Vierfach-Expansionsmaschine
ein Gewinn an Tragfähigkeit des Schiffes von 15 v. H. und gegenüber einer
Dreifach-Expansionsmaschine von 18 v. H. erzielt. Der Gewinn an Laderaum beträgt im
vorliegenden Fall 1000 cbm. Von 16 Heizern und Trimmern der Dampfmaschinenanlage
werden nur sechs Mann bei der Motoranlage verwendet, so daß zehn Mann und
dementsprechend 1000 M für Löhnung und Verpflegung im Monat gespart werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 728
Fig. 4.
Textabbildung Bd. 327, S. 728
Fig. 5.
Was den Brennstoffpreis betrifft, so ist zu beachten, daß er zwar wesentlich höher
wie der der Kohle ist, aber auch durch den beträchtlich größeren Wärmewert des Oeles
zu einem erheblichen Teil ausgeglichen wird.