Titel: | ÜBER SELBSTTÄTIGE FERNSPRECHÄMTER. |
Autor: | M. Guttzeit |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 785 |
Download: | XML |
ÜBER SELBSTTÄTIGE FERNSPRECHÄMTER.
Von Ingenieur M. Guttzeit in
Berlin-Nonnendamm.
(Schluß von S. 772 d. Bd.)
GUTTZEIT: Ueber selbsttätige Fernsprechämter.
Textabbildung Bd. 327, S. 785
Fig. 4.
Der Leitungswähler (Fig. 4 und 5) besteht nun aus einer senkrecht angeordneten
Schaltwelle w, die durch einen Elektromagneten HM um zehn Schritt gehoben und durch einen zweiten DM in jeder der zehn Vertikalstellungen um zehn Schritt
gedreht werden kann. Die Welle besitzt drei untereinander angeordnete Kontaktarme,
von denen zwei zur Verbindung mit der Teilnehmeranschlußleitung und der dritte zur
Herstellung des Prüfstromkreises und zur Sperrung der Leitung dienen. Drei
Kontakthebel sind deshalb erforderlich, weil man in Wirklichkeit mit der in Fig. 3 angenommenen einfachen Sprechleitung a nicht auskommt, sondern noch eine zweite
Anschlußleitung b braucht. Jedem Arm entspricht ein
Satz von 100 Kontakten, die kreisbogenförmig in Reihen zu zehn untereinander
angeordnet und mit den einzelnen Anschlußleitungen verbunden sind. Dreht nun der
Teilnehmer, um z.B. Nr. 59 anzurufen, seine Scheibe zunächst von 5 ab, so werden
beim Rückgang der Scheibe in die Ruhelage fünf Stromimpulse in die Leitung gesandt,
welche den Hubmagnet HM fünfmal erregen, wodurch die
Schaltwelle um fünf Schritt gehoben wird. Nach Vollendung der Hubbewegung wird durch
eine sinnreiche Vorrichtung, den weiter unten beschriebenen Steuerschalter, der
Drehmagnet DM eingeschaltet. Bei der zweiten Drehung
der Fingerscheibe, von 9 ab, wird dann der Drehmagnet neunmal erregt und so die
Welle um neun Schritt gedreht, so daß sich die Kontaktarme auf den neunten Kontakten
der fünften Reihen einstellen, wie dies in Fig. 4
angedeutet ist. Damit ist die Verbindung hergestellt. Durch Sperrklinken wird die
Welle für die Dauer der Verbindung in der eingestellten Lage festgehalten. Zur
Trennung der Verbindung dient ein besonderer Auslösemagnet AM, welcher anspricht, sobald einer der beiden Teilnehmer seinen Hörer
wieder anhängt. Die Schaltwelle fällt dann sofort in die Ruhelage zurück.
Textabbildung Bd. 327, S. 785
Fig. 5.
In Fig. 6 ist das Schaltungsschema eines kleinen
Amtes für 100 Teilnehmer im Prinzip wiedergegeben, es erläutert zugleich die
Wirkungsweise des eben erwähnten Steuerschalters, dessen Ausführungsform Fig. 7 zeigt. Er besteht aus einer gleichfalls durch
Elektromagnete bewegten Schaltwelle mit fünf Kontaktarmen und aus einer Anzahl
Relais.
Das Schema zeigt links die Nummernscheibe des anrufenden Teilnehmers, rechts die
Schaltwelle des Leitungswählers mit dem Hubmagneten H,
dem Drehmagnet D, dem Auslösemagnet M, den Kontaktarmen a, b
und c und dem Kontakt k. Der
mittlere Teil des Schemas stellt den Steuerschalter dar, dessen Schaltwelle mit den
Kontaktarmen I bis V durch
Magnet S bewegt und durch Magnet N in die Ruhelage zurückgeführt wird. Die
Zentralbatterie des Amtes ist über die Relais A und B, das differential gewickelte Relais X und die Ankerkontakte des Trennrelais T mit der Teilnehmer-Anschlußleitung a und b verbunden. Das
Relais Y dient zur Besetztprüfung, Dr ist eine Drosselspule.
Textabbildung Bd. 327, S. 786
Fig. 6.
Hängt der Teilnehmer seinen Fernhörer ab, so werden a-
und b-Zweig der Anschlußleitung miteinander verbunden,
dadurch wird ein Stromkreis der Zentralbatterie von + über B, X, b- und a-Zweig der
Anschlußleitung X, A nach – geschlossen. Die Relais A und B sprechen an, aber
nicht X, da es differential gewickelt ist. Durch
Unterbrechung des Ankerkontaktes von B wird das
Trennrelais T und die c-Leitung vom – Pol der Batterie abgeschaltet und dadurch die rufende Leitung
besetzt gemacht.
Dreht nun der Teilnehmer, um z.B. Nr. 75 anzurufen, die Scheibe von „7“ ab, so
werden a- und b-Zweig der
Anschlußleitung bei der Teilnehmerstation an Erde gelegt. Hierdurch wird der über
B und die linke Wicklung von X führende Zweig des obigen Stromkreises beiderseits
mit Erde verbunden und dadurch stromlos, infolgedessen spricht X an, da die Symmetrie des Stromgestört ist. Durch den
linken Anker von X wird ein neuer Stromkreis für B geschlossen, sein Anker bleibt also angezogen, um ein
vorzeitiges Ansprechen des Auslösemagneten M zu
verhindern. Der rechte Anker von X schließt zwei
Kontakte, einen für den Hubmagnet H des Wählers, dessen
Stromkreis jedoch durch A noch offen gehalten wird, und
einen zweiten für den Steuerschaltermagnet S. Dieser
wird erregt und zieht seinen Anker an, ohne aber die Schaltwelle zu betätigen. Beim
Rücklauf der Anrufscheibe wird die a-Leitung siebenmal
unterbrochen, Relais A also siebenmal stromlos, es
gehen in folgedessen sieben Stromimpulse von Batterie (+) über rechten Anker von X, Anker von A, Hubmagnet
H, Kontaktarm IV des
Steuerschalters nach Batterie (–). H spricht siebenmal
an, sein Anker hebt die Welle des Leitungswählers um sieben Schritt, wobei
gleichzeitig der obere Kontakt von k geschlossen und
der untere geöffnet wird, so daß Trennrelais T für die
Dauer der Verbindung abgeschaltet ist. Sobald die Anrufscheibe in die Ruhelage
zurückkehrt, besteht wieder die zuerst geschilderte Stromverteilung, bei der beide
Wicklungen von X unter Strom stehen. X läßt die Anker fallen, S
wird stromlos und die Kontaktarme I bis V werden durch Federkraft von Kontakt 1 auf 2 gestellt, wodurch
der – Pol der Zentralbatterie über Kontaktarm IV mit
dem Drehmagnet D verbunden wird.
Der Teilnehmer dreht jetzt seine Scheibe zum zweitenmal, und zwar von 5 ab. Beim
Aufziehen der Scheibe bestehen die gleichen Stromverzweigungen wie vorher; d.h. a- und b-Leitung werden
geerdet, X und S sprechen
an. Die beim
Rücklauf der Scheibe auftretenden Impulse verlaufen aber jetzt über Drehmagnet D; die Welle des Leitungswählers wird deshalb um fünf
Schritt gedreht. Ist die Anrufscheibe in die Ruhestellung zurückgekehrt, so werden
X und S wieder
stromlos und die Kontaktarme des Steuerschalters werden auf die Kontakte 3 gestellt, Magnet S
erhält aber sofort einen neuen Impuls von Unterbrecher U (Stromweg: Batterie (+), Unterbrecher U,
Kontaktarm V des Steuerschalters, Magnet S, Batterie (–); infolgedessen bewegen sich die
Steuerschalterhebel gleich in Stellung 4. Bei Stellung 3 des Steuerschalters wurde
gleichzeitig die gewählte Teilnehmerleitung 75 geprüft. Bei freier Leitung ist
hierbei die c-Leitung des gewünschten Teilnehmers über
sein Trennrelais T, den Kontakt k seines Leitungswählers und den Ankerkontakt seines Relais B mit dem – Pol der Zentralbatterie verbunden, und es
besteht der Stromweg: Batterie (+), Relais Y, b-Ader,
Kontakt 3 und Kontaktarm III des Steuerschalters, c-Leitung,
Kontaktarm c des Leitungswählers, Kontakt 75, Leitung c des
Teilnehmers 75, Trennrelais T, Kontakt k des Leitungswählers, Ankerkontakt von B, Batterie (–). Relais F
spricht also an und schließt den Stromkreis für einen weiteren Impuls bei Stellung 4
der Kontakthebel, so daß diese auf Kontakt 5 übergehen.
Stromweg: Batterie (+), Unterbrecher U, mittlerer
Kontakt des rechten Ankers von Y, Kontakt 6 und 4 des
Steuerschalterhebels V, Magnet S, Batterie (–). Gleichzeitig schließt bei Stellung 4 der Kontakthebel der
Anker des Relais Y einen Teil der Relaiswicklung kurz
und verbindet die c-Leitung des gewählten Teilnehmers
über Hebel III des Steuerschalters mit Erde, wodurch
die Leitung für andere Teilnehmer gesperrt ist. Bei Stellung 5 der
Steuerschalterhebel erhält S abermals einen Impuls von
Unterbrecher U, so daß die Hebel nach 6 gehen.
Textabbildung Bd. 327, S. 787
Fig. 7.
In Stellung 5 wurde ferner die gewählte Leitung über Hebel I und II mit der Rufstromquelle verbunden und
dadurch dem Teilnehmer ein Anrufsignal übermittelt. Vorher hat bereits der rufende
Teilnehmer ein Summersignal erhalten, das ihm anzeigt, daß die gewünschte Leitung
frei ist. Bei Stellung 4 der Kontakthebel wurde nämlich durch den linken Anker von
Y und Kontakthebel IV
des Steuerschalters eine durch einen Unterbrecher induzierte Spule
eingeschaltet.
Bei Stellung 6 des Steuerschalters ist die Zentralbatterie über die Drosselspule Dr und Relais Y an die
gewünschte Leitung geschaltet. Nimmt der angerufene Teilnehmer seinen Hörer ab, so
wird Y wiederum eingeschaltet und schließt einen neuen
Impuls für S, so daß die Kontakthebel in die
Endstellung 7 übergehen. Auch in dieser Stellung ist die Zentralbatterie über Dr und Y an die gewählte
Leitung geschaltet, die c-Ader bleibt, ebenso wie in
Stellung 6 und 7, über Hebel III zum. Zwecke der
Sperrung mit Erde verbunden.
Ist die gewählte Leitung aber besetzt, so spricht Y
nicht an, da die c-Leitung des gewünschten Teilnehmers
vom – Pol der Batterie abgeschaltet ist; infolgedessen wird bei Stellung 4 des
Hebels III auch kein Impuls für den
Steuerschaltermagnet S geschlossen, der Steuerschalter
bleibt also in Stellung 4 liegen, und der rufende Teilnehmer erhält ein
Besetztsignal (Summerzeichen).
Die Speisestromkreise für den rufenden und gerufenen Teilnehmer sind in üblicher
Weise durch Kondensatoren getrennt.
Hängen nach Beendigung des Gesprächs die Teilnehmer ihre Hörer wieder zurück, so
werden die Auslösemagnete M und N betätigt. Hängt der Rufende zuerst an, so werden Relais A und B stromlos, der
abfallende Anker von B schließt den Stromweg: Batterie
(+), M bzw. N, Kontakt k, Ankerkontakt, Batterie (–). Wenn dagegen der
angerufene Teilnehmer zuerst anhängt, so wird Y
stromlos, sein Anker schließt den Stromweg: Batterie (+), M bzw. N, oberer Kontakt k, Ankerkontakt, Kontakthebel IV (Stellung 7), Batterie (–). Der Ankerkontakt von N hält den Auslösestrom so lange aufrecht, bis der
obere Kontakt k durch die Schaltwelle des
Leitungswählers geöffnet wird.
Von den Teilnehmern eines Amtes spricht nun aber zur selben Zeit stets nur ein
kleiner Teil und zwar, wie die Erfahrung zeigt, höchstens 10 v. H. Man braucht
deshalb auch nicht jedem Teilnehmer einen nur ihm zugänglichen Leitungswähler, der
gerade kein billiger Apparat ist, zuzuteilen, sondern es ist völlig ausreichend,
wenn für je zehn Anschlußleitungen ein solcher Wähler
vorgesehen wird. Damit aber der rufende Teilnehmer jederzeit einen freien
Leitungswähler erreichen kann, wird jede Anschlußleitung mit einem kleinen, billigen
Wählapparat, den man Vorwähler genannt hat, verbunden, welcher unter den zehn
Leitungswählern selbsttätig einen freien heraussucht, sobald der Teilnehmer seinen
Hörer abhängt.
Das Schema Fig. 8 möge in Anlehnung an Fig. 3 das Vorwählerprinzip erläutern. Beim Abheben
des Hörers am Teilnehmerapparat spricht ein im Schema nicht gezeichnetes Relais an
und schließt den Kontakt a1. Der Fortschaltemagnet E wird dadurch über
den Unterbrecher U mit der Batterie verbunden und, der
Zahl der Stromunterbrechungen entsprechend, abwechselnd erregt und stromlos. Bei
jedem Stromstoß zieht er seinen Anker an und stellt die Kontaktarme H
und H1 schrittweise um
je einen Kontakt v weiter, und zwar so lange, bis Hebel
H1 eine freie
Prüfleitung c findet. In diesem Augenblick spricht das
Prüfrelais P der rufenden Leitung an, E wird bei p1 ausgeschaltet und die rufende Leitung über Hebel
H an die zum freien Leitungs- bzw. Gruppenwähler
(s.u.) führende Vielfachleitung gelegt. Gleichzeitig wird durch den Kurzschluß der
Wicklung 2 des Prüfrelais die Leitung für die weiteren sie passierenden Prüfarme
besetzt gemacht.
Textabbildung Bd. 327, S. 788
Fig. 8.
Die Konstruktion dieses Vorwählers ist in Fig. 9
dargestellt. Er besitzt aus dem bereits erörterten Grunde an Stelle der beiden in
der Schaltungsskizze gezeichneten Kontakthebel deren drei, zu ihrer Fortschaltung
dient der Elektromagnet E, dessen Anker K mittels der Sperrklinke S das auf der Schaltwelle sitzende Zahnrad Z
bewegt.
Wie die vorstehenden Ausführungen zeigen, setzt sich ein normales kleines
selbsttätiges Amt für 100 Teilnehmeranschlüsse aus 100 Vorwählern und 10
Leitungswählern zusammen, wenn man annimmt, daß nicht mehr als 10 v. H. der
Teilnehmer gleichzeitig sprechen. Ist der Betrieb außergewöhnlich lebhaft, so kann
man dem ohne weiteres durch eine größere Anzahl von Leitungswählern Rechnung
tragen.
Es bleibt uns nun noch zu erörtern, wie es möglich ist, mit diesen nur
hundertteiligen Apparaten Aemter für 1000, 10000, 100000 und mehr Anschlüsse zu
bauen. Man schaltet zu diesem Zwecke zwischen Vor- und Leitungswähler weitere
Wähler, sogen. Gruppenwähler ein, die gegenseitig in
Abhängigkeit gebracht sind und dazu dienen, die Hunderter-, Tausender-,
Zehntausender-Gruppen der Anschlußnummern auszuwählen. Diese Apparate sind fast
genau so konstruiert wie die Leitungswähler, arbeiten aber etwas anders als diese,
da der Teilnehmer nur das Heben der Schaltwelle bewirkt und die Drehbewegung, wie
beim Vorwähler, unabhängig vom Teilnehmer, selbsttätig erfolgt. Auch von diesen
Apparaten braucht, wie bei den Leitungswählern, nur ein geringer Prozentsatz der
Teilnehmerzahl vorhanden zu sein.
Textabbildung Bd. 327, S. 788
Fig. 9.
Textabbildung Bd. 327, S. 788
Fig. 10.
In Fig. 10 ist das Prinzip der Wähleranordnung in
einem Amt mit 1000 Anschlüssen dargestellt. Jede Teilnehmerleitung liegt an dem
Kontaktarm eines Vorwählers, außerdem führt eine Leitung (punktiert) zu dem Kontakt,
wo der
betreffende Teilnehmer gefunden wird, falls er der Angerufene ist. Die Kontakte von
je 100 Vorwählern sind vielfach geschaltet und durch zehn Leitungen mit den
Kontakthebeln von zehn Gruppenwählern verbunden. Die Gruppenwählerkontakte sind
ebenfalls, und zwar durch sämtliche Hundertergruppen, vielfach geschaltet, so daß
also 100 Gruppenwähler für 1000 Teilnehmer gemeinschaftlich sind. Von jeder
Kontaktreihe der 100 vielfachgeschalteten Gruppenwähler führen zehn Leitungen zu den
Kontakthebeln von zehn Leitungswählern. Von diesen Apparaten sind nur je zehn
vielfachgeschaltet, es sind also immer zehn Apparate für 100 Teilnehmer
gemeinschaftlich. Will sich nun z.B. Teilnehmer 900 mit 199 verbinden, so läuft beim
Abheben seines Hörers zunächst sein Vorwähler an, dessen Kontakthebel aus den ihm
erreichbaren zehn Leitungen eine zu einem freien Gruppenwähler führende Leitung
aussucht. Dreht der Teilnehmer jetzt seine Nummernscheibe von 1 ab, so wird der
Kontaktarm des Gruppenwählers um einen Schritt gehoben und wählt aus den zur 1.
Leitungswählergruppe (1 Hundert) führenden, sämtliche 100 Gruppenwähler in
Vielfachschaltung durchlaufenden zehn Leitungen die eines freien Leitungswählers
aus. Nach der zweiten Drehung der Nummernscheibe (von 9 ab) wird die Schaltwelle des
ausgesuchten Leitungswählers um neun Schritt gehoben und nach der dritten Drehung
der Scheibe (wieder von 9 ab) um neun Schritt gedreht, so daß sich der Kontaktarm
auf den neunten Kontakt der obersten Kontaktreihe einstellt. Dieser ist durch die
punktiert gezeichnete Leitung mit Teilnehmer 199 verbunden.
Bei einem Zehntausendersystem gelangen zwei Arten von Gruppenwählern zur Anwendung,
die nacheinander in Funktion treten; 1. Gruppenwähler, welche die Tausender und II.
Gruppenwähler, welche die Hundertergruppen auswählen. Das Prinzip der Amtsschaltung
beruht demnach auf der Hintereinanderschaltung gleichartiger Wähler und man kann auf
diese Weise durch Einschaltung weiterer Gruppenwähler die Kapazität eines Amtes
beliebig erhöhen.
Das halbselbsttätige System, das seit mehreren Jahren in
Amsterdam, seit dem Sommer dieses Jahres in Posen im Betriebe ist und demnächst
auch in Dresden eingeführt wird, unterscheidet sich von dem vollselbsttätigen System
nur dadurch, daß die Teilnehmer in der bisherigen Weise mit dem Amt verkehren, die
Arbeit des Einstellens der Wähler ist hier dem Amt übertragen, wodurch die
Mitwirkung von Vermittlungsbeamtinnen erforderlich ist. Die Tätigkeit dieses
Personals beschränkt sich aber ausschließlich auf das Abfragen der gewünschten
Anschlußnummer und auf die Einstellung der Wähler. Die den Beamtinnen hierfür zur
Verfügung stehenden Apparate sind mit Rücksicht auf die starke Inanspruchnahme
anders konstruiert als die Nummernschalter der Teilnehmerstationen für
vollselbsttätigen Betrieb.
Textabbildung Bd. 327, S. 789
Fig. 11.
Zur Einstellung dienen Tastaturen, von denen für jede Beamtin
mindestens zwei vorgesehen sind. Der Betrieb ist folgender: Sobald der Teilnehmer
das Amt durch Abhängen seines Hörers anruft, wird er durch einen Wähler selbsttätig
mit einer unbeschäftigten Beamtin verbunden, an deren Arbeitsplatz eine Ruflampe
aufleuchtet. Die Beamtin fragt ab und stellt die gewünschte Verbindung her, indem
sie die der genannten Nummer entsprechenden Tasten nacheinander niederdrückt. Beim
Drücken der letzten Taste werden die Wähler ausgelöst und die Beamtin ist sofort für die
Entgegennahme eines neuen Anrufes wieder frei. Noch während die Wähler arbeiten,
kann sie daher mittels des zweiten Tastensatzes eine weitere Verbindung herstellen.
Die einzelne Beamtin vermag also, da sie mit der Ausführung, Ueberwachung und
Trennung der Verbindung nichts zu tun hat, eine weit größere Zahl von Anrufen zu
erledigen als beim manuellen System, so daß bis zu 75 v. H. der bei diesem nötigen
Beamtinnen gespart werden. Der selbsttätige Teil des Amtes zeigt im übrigen genau
die gleiche Anordnung wie beim vollselbsttätigen System.
Textabbildung Bd. 327, S. 790
Fig. 12.
Der Umstand, daß das halbselbsttätige System für den Teilnehmer keinerlei Aenderungen
mit sich bringt, macht es ganz besonders dazu geeignet, in großen Netzen, in denen
man aus irgendwelchen Gründen nicht sofort zum vollselbsttätigen Betrieb übergehen
kann, sich aber die großen Vorteile des selbsttätigen Systems nicht entgehen lassen
will, allmählich zum vollselbsttätigen Betrieb überzuleiten. Der Uebergang vom
halbselbsttätigen zum vollselbsttätigen Betrieb kann dann ohne jede Störung durch
allmähliche Auswechslung der Teilnehmerstationen erfolgen. Ein großer Vorzug des
vollselbsttätigen Systems entfällt zwar beim halbselbsttätigen, nämlich die völlige
Unabhängigkeit des Teilnehmers vom Vermittlungspersonal. Auch sind durch Hörfehler
bedingte Falschverbindungen nicht ausgeschlossen, hiervon abgesehen besitzt es aber
alle die zahlreichen Vorzüge des vollselbsttätigen, von denen als wichtigste
folgende zu nennen sind:
Schnelligkeit der Verbindungen, Vermeidung von
Mißverständnissen und Falschverbindungen, sofortige Trennung beim Anhängen des
Hörers.
Unabhängigkeit vom Vermittlungspersonal und von den
Dienststunden des Amtes, stete Betriebsbereitschaft zu jeder Tages- und Nachtstunde,
keine Zwischenfragen und keine vorzeitige Trennung.
Wahrung des Gesprächsgeheimnisses infolge Fortfalls
jeglicher Gesprächskontrolle, kein Mithören, keine Doppelverbindungen.
Außer diesen wohl jedem Teilnehmer willkommenen Betriebsverbesserungen bietet
das System aber auch große Vorteile in wirtschaftlicher Hinsicht. Vor allem
gestattet es die weitestgehende Dezentralisation und gibt damit die Möglichkeit,
durch kurze Anschlußleitungen erheblich an Leitungsmaterial zu sparen, ferner kann
das Netz den Verkehrsanforderungen entsprechend allmählich ausgebaut werden. Die
Umschalteeinrichtungen erfordern keine kostspieligen Bauten, lassen sich vielmehr in
einfachen Räumen, auch Mietsräumen, unterbringen. Der Fortfall des großen
Beamtenapparates verringert die Betriebskosten durch Ersparnis an Gehältern,
Pensionen usw. ganz bedeutend. Die Kosten für die Kontrolle und Instandhaltung der
Apparate sind gering, die Lebensdauer der Einrichtungen ist groß infolge des äußerst
geringen Verschleißes, im Gegensatz zu der sehr starken Abnutzung der manuellen
Umschalteeinrichtungen. Sehr wesentlich ist, daß jede Störung sofort selbsttätig
angezeigt und jede gestörte Leitung sofort selbsttätig gesperrt wird, wodurch dem
überwachenden Mechanikerpersonal die Kontrolle ungemein erleichtert wird.
Ein großer Vorzug des selbsttätigen Systems besteht auch darin, daß es ohne weiteres
mit bereits vorhandenen manuellen Einrichtungen zusammen arbeiten kann. Es eignet
sich daher auch besonders zur Erweiterung solcher Anlagen, deren Kapazität erschöpft
ist, so daß sie, wenn sonst noch gut imstande, nicht verworfen zu werden brauchen.
Das System eignet sich in gleich vorteilhafter Weise für Anlagen jeden Umfanges, für
öffentliche und private Anlagen.
Um die Montage der Wähler zu illustrieren, ist in Fig.
11 ein einzelnes Wählergestell mit 100 Vorwählern und 10 Leitungswählern
abgebildet. Fig. 12 zeigt die Aufstellung der
Wählergestelle des neuen Posener Amtes. Die einzelnen Gestelle werden bereits in der
Fabrik vollständig fertiggestellt und geschaltet, so daß an Ort und Stelle nur die
nötigen Kabelverbindungen und Anschlüsse ausgeführt zu werden brauchen, wodurch die
Amtsmontage ganz wesentlich erleichtert und beschleunigt wird.
Den vorstehenden Ausführungen ist das nach dem Amerikaner Strowger
benannte System der Automatic Electric Co. zu Chicago
zugrunde gelegt, das bisher allein nennenswerte praktische Erfolge aufzuweisen hat.
Deutscher Arbeit blieb es vorbehalten, dieses System, besonders durch Schaffung
zuverlässiger Konstruktionen weiter auszubilden und derart zu vervollkommnen, daß es
unter allen Verhältnissen einen einwandfreien Betrieb verbürgt.