Titel: | SELBSTTÄTIGE WASSERVERSORGUNG. |
Autor: | Alfred Schacht |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 795 |
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SELBSTTÄTIGE WASSERVERSORGUNG.
Von Ingenieur Alfred Schacht in
Berlin.
(Schluß von S. 776 d. Bd.)
SCHACHT: Selbsttätige Wasserversorgung.
Die zweite, neuerdings mehrfach anzutreffende Art der selbsttätigen
Wasserversorgung ist die, bei der ein geschlossener Druckkessel für das selbsttätige
Schalten verwendet wird. Bei günstig gelegenem Saugwasserspiegel läßt sich der
gesamte Aufbau in der Weise sehr zweckmäßig bewerkstelligen, daß die Pumpe und der
Druckkessel im Keller des mit Wasser zu versorgenden Gebäudes aufgestellt werden,
wobei sich leicht eine bequeme Zugänglichkeit zu beiden Teilen erreichen läßt. Der
Druck im Kessel muß so groß sein, daß unter seiner Einwirkung das Wasser bis in die
am höchsten gelegene Zapfstelle der Verbrauchsleitung gedrückt wird. Die
selbsttätige Betätigung erfolgt hier meist durch einen Druckschalter, wie sie von
den Elektrizitätsfirmen angefertigt werden. Bei Verwendung eines Druckschalters
entspricht die Anordnung der Fig. 4. Der
Druckschalter ist mit einer Membran versehen und steht mit dem Innern des Kessels in
Verbindung. Falls die Bedingungen des in Frage kommenden Elektrizitätswerkes dieses
zulassen, so erfolgt bei kleineren Motorleistungen das Einschalten des Motors
direkt, eventl. wiederum unter Verwendung eines Vorschaltwiderstandes. Bei größeren
Leistungen muß wiederum ein Selbstanlasser verwendet werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 794
Fig. 4.
Die Pumpe fördert unter dem Einfluß des Druckschalters in den Druckkessel und zwar so
lange, bis in diesem ein vorher eingestellter, den örtlichen Verhältnissen genau
angepaßter, höchster Druck erreicht ist, und schaltet sich dann selbsttätig aus.
Findet nun an irgend einer Stelle der Verbrauchsleitung, welche an den Druckkessel
angeschlossen ist, eine Wasserentnahme statt, so strömt das Wasser unter der
Einwirkung der Luft, die in entsprechender Spannung im Kessel über dem Wasser steht,
aus dem Kessel an diese Stelle. Infolgedessen sinkt der Druck im Kessel und zwar so
lange, bis eine gewisse Menge Wasser der Leitung entnommen ist, und der Druck im
Kessel eine bestimmte untere Grenze erreicht hat, wobei dann der Motor mit der Pumpe
selbsttätig wieder anspringt. Die Pumpe läuft dann so lange, bis die Wasserentnahme
aufhört und der Kessel wieder gefüllt ist. Es kann also eine bestimmte Menge Wasser
dem Kessel entnommen werden, ohne daß die Pumpe sofort anlaufen und fördern muß.
Diese Wassermenge ist abhängig von der Größe des Kessels und von dem
Druckunterschied beim Ein- und Ausschalten. In der Fig.
5 ist die Arbeitsweise graphisch wiedergegeben und zwar für eine
Kreiselpumpe, die eine maximale Wassermenge von etwa 1250 l/Min, auf maximal 50 m
W.-S. zu fördern vermag. Bei der unteren Schaltgrenze fördert die Pumpe, der
bekannten Charakteristik der Kreiselpumpen entsprechend, etwa 1700 l/Min, auf 35 m
W.-S. Es kann also bei diesen Schaltgrenzen und bei einer Pumpe mit vorstehender
Charakteristik, ferner bei Verwendung eines Kessels von etwa 10 cbm Inhalt eine
Wassermenge von etwa 3 cbm dem Kessel entnommen werden, ehe die Pumpe anläuft.
Voraussetzung ist natürlich, daß der Kessel in der richtigen Weise mit Luft
angefüllt ist, wofür eine besondere Luftpumpe, die bei größeren Anlagen elektrisch,
bei kleineren von Hand angetrieben wird, zur Anwendung gelangt. Der Motor der
Kreiselpumpe muß natürlich für den größten Kraftbedarf, der. wie aus der
Leistungskurve ersichtlich ist, bei der unteren Schaltgrenze auftritt, vorgesehen
werden.
Bei dem oben beschriebenen Druckschalter beträgt die Differenz zwischen dem
Einschalten und dem Ausschalten etwa 1 bis 1,5 at. Eine größere Differenz kann ohne
weiteres am Druckschalter selbst eingestellt werden, während eine kleinere infolge
der Konstruktion nicht zu erreichen ist. Wenn aber aus irgend einem Grunde ein ganz
minimaler Unterschied, etwa 0,1 at, zwischen der höchsten und der niedrigsten
Spannung verlangt wird, so kommen Kontaktmanometer zur Anwendung, die, mit Hilfe
eines Schwachstromrelais und durch den Selbst- oder Variationsanlasser den Motor zum
Anlaufen bringen. Diese Kontaktmanometer sind mit einstellbaren Kontakten versehen,
so daß eine spätere Aenderung der Druckgrenzen ohne weiteres möglich ist,
vorausgesetzt natürlich, daß der Motor und die Pumpe dieses zulassen. Fig. 6 zeigt die Abbildung einer für einen ähnlichen
Zweck gelieferten Anlage.
Textabbildung Bd. 327, S. 795
Fig. 5. Liter in der Minute.
Da es nun vorkommen kann, daß aus irgendeinem Grunde die Pumpe nicht anläuft, so kann
man eine Reserve schaffen, indem man eine zweite Pumpe aufstellt, die zwar in den
gleichen Kessel fördert, aber mit einer besonderen Anlaßvorrichtung versehen ist.
Die Einstellung des Schalters dieser zweiten Pumpe geschieht zweckmäßig so, daß man
bei einer Spannung von etwa 2 bis 3 m W.-S. unter dem für die erste Pumpe
eingestellten, niedrigsten Druck die zweite Pumpe anlaufen läßt, so daß in jeder
Weise für eine betriebssichere Anlage gesorgt ist. Es müßte also beim Versagen der
ersten Pumpe oder auch dann, wenn die erste Pumpe den augenblicklich auftretenden
großen Wasserverbrauch nicht mehr zu bewältigen vermag, der Druck im Kessel um den
oben angegebenen Wert noch weiter sinken und hierbei die zweite Pumpe zum Anlaufen
und Fördern bringen. Diese Schaltungsweise ist unter dem Namen Delphinpumpwerk
geschützt.
In einfacherer, aber bei weitem nicht so vollkommener Weise läßt sich aber auch
eine Reserve durch folgende Anordnung schaffen: Zwei gleiche Pumpen fördern, durch
die Absperrschieber in entsprechender Weise reguliert, in einen gemeinsamen
Druckkessel, und zwar arbeitet stets nur eine Pumpe. Durch einen Umschalter hat man
es nun in der Hand, entweder die eine oder die andere Pumpe durch die, beiden Pumpen
gemeinsame Anlaßvorrichtung selbsttätig in Betrieb setzen bzw. ausschalten zu
lassen.
Die Anlagen mit Druckkessel haben gegenüber denen mit offenem Hochbehälter
verschiedene Vorteile, die sich in Folgendem kurz zusammenfassen lassen. Das Wasser
ist stets gleichmäßig temperiert und nicht abgestanden, da es doch nur dann dem
Behälter entnommen wird, wenn es wirklich gebraucht werden soll. Das Wasser kann
nicht durch hineingefallene Körper verunreinigt werden, wie dieses leicht bei
offenen Behältern vorkommen kann. Die Kosten für die Einrichtung eines besonderen
Wasserturmes kommen in Fortfall bzw. es braucht keine Rücksicht auf die Belastung
der Gebäudemauern durch das Gewicht des gefüllten Reservoirs genommen zu werden.
Einzelne besonders hoch oder entfernt gelegene Stadtteile, die bisher wegen der
großen Kosten von der Wasserversorgung ausgeschlossen waren, können in bequemer
Weise Wasserleitungsanschluß erhalten, und ebenso kann der Wasserdruck in bereits
bestehenden Stadtteilen durch Schaffung von sogen. Hochdruckzonen erhöht werden.
Textabbildung Bd. 327, S. 795
Fig. 6.
In Verbindung mit der oben beschriebenen Art der selbsttätigen Wasserversorgung mit
Hilfe eines Druckkessels kommen, und zwar besonders bei kleinen Anlagen,
Selbstschlußhähne zur Anwendung, die sich beim Drücken mit der Hand öffnen und beim
Loslassen selbsttätig wieder schließen. Es wird dadurch vermieden, daß die Pumpe
infolge eines zufälligerweise nicht vollkommen geschlossenen Hahnes fortwährend
anlaufen muß.
Mitunter ist in den Anschlußbedingungen der Elektrizitätswerke eine Bestimmung
enthalten, wonach während bestimmter Tagesstunden dem Leitungsnetz elektrische
Energie nicht entnommen werden darf. Diese Bedingung wird aber in den meisten Fällen
nur dann aufrecht erhalten, wenn die Wasserversorgung für einen etwas
nebensächlichen Zweck, z.B. für Gartenbesprengung, bestimmt ist. Bei der
selbsttätigen Betriebsweise läßt sich diese Bestimmung sehr leicht in der Weise
erfüllen, indem die elektrischen Verbindungsleitungen durch eine Schaltuhr
hindurchgeführt werden, die durch genau einstellbare Kontakte mit Hilfe eines
Uhrzeigers den Strom während der vorgeschriebenen Zeit unterbricht und denselben
nach Ablauf dieser Zeit wieder schließt.
Wenn man nun darauf verzichtet, stets in dem Druckkessel einen gewissen Wasservorrat
zu haben, so kann man auch die einzelnen Zapfstellen als elektrische Kontakte
ausbilden, die im Falle der Wasserentnahme den Strom schließen und die Pumpe fördern
lassen. Hört die Wasserentnahme auf, so wird der Strom unterbrochen und die Pumpe
stillgesetzt. Die Pumpe muß also bei der Entnahme des kleinsten Wasserquantums
anlaufen, was zur langen Lebensdauer derselben auch nicht gerade beiträgt. Diese
Anordnung kann auch nur für kleine Anlagen verwendet werden und stellt im
allgemeinen keine vorteilhafte Lösung des Gedankens der selbsttätigen
Wasserversorgung dar, da infolge der vielen Kontaktstellen sehr leicht eine Störung
eintreten, und die Pumpe dann nicht fördern kann.
Wenn nun die Pumpe zum Füllen eines hydraulischen Akkumulators dient, so tritt an die
Stelle des Schwimmers das Akkumulatorgewicht, an welchem das freie Ende des
Drahtseiles befestigt wird. Das Drahtseil bewegt den Kontaktapparat, dieser wiederum
den Anlasser und letzterer läßt den Motor mit der Pumpe anlaufen. Falls die
örtlichen Verhältnisse eine Anordnung des Momentschalters in unmittelbarer Nähe des
Akkumulators gestatten, so wird auch noch das Drahtseil mit den Führungsrollen
usw. entbehrlich. Am Akkumulatorgewicht werden dann Mitnehmer vorgesehen, die in der
höchsten und in der niedrigsten Stellung den Anlasser betätigen.
Textabbildung Bd. 327, S. 796
Fig. 7.
Um Dampfkessel hinsichtlich der Kesselspeisung von der menschlichen Bedienung
unabhängig zu machen und dadurch einen höchsten Grad von Betriebssicherheit zu
erzielen, kann man nach Fig. 7 einen
Wasserstandsregulierapparat verwenden, wie solche z.B. von der Firma Otto Rennert & Co. in München hergestellt werden. In
dem Apparat hebt oder senkt sich, entsprechend dem Wasserstand im Kessel, ein
Schwimmer derartig, daß er in seiner höchsten und tiefsten Stellung Kontakte
schließt, die wiederum durch einen besonderen Anlasser den Motor mit der
Kesselspeisepumpe anlaufen bzw. stillsetzen lassen.
Für das selbsttätige Anlaufen von Pumpen, die durch Explosionsmotoren angetrieben
werden, hat sich bisher eine einwandfreie Konstruktion nicht finden lassen. Man kann
aber durch elektrische Läutesignale der Umgebung anzeigen, daß der Druck im Kessel
bzw. der Wasserstand im offenen Behälter auf einen niedrigsten Wert gesunken ist,
und so eine bestimmte Person zum Ingangsetzen des Pumpenaggregats veranlassen.