Titel: | KONSTRUKTIONSPRINZIPIEN DER MOTOREN FÜR LUFTFAHRZEUGE. |
Autor: | Ansbert Vorreiter |
Fundstelle: | Band 327, Jahrgang 1912, S. 805 |
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KONSTRUKTIONSPRINZIPIEN DER MOTOREN FÜR
LUFTFAHRZEUGE.
Von Ing. Ansbert Vorreiter in
Berlin.
(Fortsetzung von S. 756 d. Bd.)
VORREITER: Konstruktionsprinzipien der Motoren für
Luftfahrzeuge.
Bei gleicher Anzahl der Zylinder wird bei der V-förmigen Anordnung, gegenüber
der Reihenanordnung, die Kurbelwelle nur etwa ⅗ so lang, und man spart nicht nur am
Gewicht der Kurbelwelle, sondern auch an dem entsprechend kürzeren Kurbelgehäuse. Am
größten wird die Gewichtsersparnis an diesen Teilen bei der sternförmigen Anordnung
der Zylinder. Diese Anordnung wird bei Motoren mit umlaufenden Zylindern angewandt.
Bei Sternmotoren mit feststehenden Zylindern ist die Oelung schwierig, wenn man
nicht die Kurbelwelle senkrecht anordnet, so daß alle Zylinder in einer wagerechten
Ebene liegen. In diesem Falle muß man die Kraft mittels konischer Zahnräder auf die
wagerechte Propellerwelle übertragen, was nicht immer angängig ist, und daher hat
sich diese, zuerst von Farcot angegebene Sternanordnung
(abgesehen von Motoren mit umlaufenden Zylindern), noch wenig eingeführt. Bei nur
einem Kurbelzapfen muß die Anzahl der Zylinder dabei ungerade sein, um gleiche
Zündabstände zu erhalten, also 3, 5 oder 7 Zylinder. Bei zwei Kurbelzapfen sind dann
sechs oder zehn Zylinder vorhanden (Fig. 3 bis 6).
Textabbildung Bd. 327, S. 804
Fig. 3 bis 5. Zylinderanordnung und Zündfolge bei Achtzylindermotoren.
Esnault-Pelterie entwickelte aus der sternförmigen die
fächerförmige Anordnung der Zylinder, indem er die drei unteren Zylinder nach oben
klappte, so daß sie zwischen die vier oberen Zylinder zu stehen kommen. Um einen
guten Massenausgleich und einen gleichmäßigen Zündabstand zu erreichen, ist dann
eine doppelt gekröpfte Welle nötig, so daß also statt des einen Kurbelzapfens
der Sternmotoren deren zwei vorhanden sind. Für sieben Zylinder wird dann die
Kurbelwelle und das Gehäuse derselben nur etwa ⅔ so lang wie für einen
Vierzylindermotor mit in einer Reihe angeordneten Zylindern, die vier Kurbelzapfen
erfordern.
Textabbildung Bd. 327, S. 804
Fig. 6. Sternmotor und Umlaufmotor.I-V = Reihenfolge der
Zündungen.
Zur Erzielung eines stoßfreien Laufes ist, wie schon oben bemerkt, die gleichmäßige
Verteilung der Kraftimpulse, d.h. der Zündungen, auf die zwei Umdrehungen des
Viertaktmotors notwendig, und zwar wird der Lauf des Motors um so gleichmäßiger und
stoßfreier sein, je mehr Kraftimpulse während der zwei Umdrehungen des Viertaktes
auftreten.
Der Viertakt bedingt bei peripherischer Anordnung der Zylinder (Sternmotor und daraus
entwickelter Fächermotor) auf einer gemeinschaftlichen Kreisebene eine ungerade
Zylinderzahl, da nur diese die gleichmäßig fortschreitende Arbeitswirkung
gewährleistet. Es erklärt sich dies aus dem bekannten Arbeitsvorgänge, wonach per
Zylinder nur in jeder zweiten Umdrehung eine Zündung, d.h. ein Kraftimpuls erfolgen
kann. Es kommt also jeder Zylinder bei jeder zweiten Umdrehung an die Reihe. Im Interesse des
gleichmäßigen Zündabstandes muß demnach immer ein Zylinder übersprungen werden (Fig. 6), also z.B. bei Motoren mit drei, fünf oder
sieben Zylindern in der Reihenfolge der mit Bogen verbundenen Zahlen:
Textabbildung Bd. 327, S. 805
Daraus geht ohne weiteres hervor, daß die Explosionen für alle Zylinder immer in
gleichen Abständen erfolgen, und daß die Perioden sich abwechselungsweise in
kontinuierlichem Rhythmus wiederholen.
Textabbildung Bd. 327, S. 805
Fig. 7. Doppeltwirkender Motor.
Auch Motoren mit doppelt wirkenden Zylindern sind des gleichmäßigen Drehmomentes und
der Gewichtsersparnis wegen konstruiert worden, d.h. also Motoren, bei welchen auf
jeder Kolbenseite die Arbeitsvorgänge stattfinden, oder die Doppelkolben haben. Bei
diesen Konstruktionen kommt man also bei gleich gutem Gleichförmigkeitsgrad mit der
halben Zylinderzahl aus, der Motor wird leichter und beansprucht weniger Raum. Die
komplizierte Konstruktion dieser Motoren hat jedoch ihre Einführung in größerem
Umfange verhindert (Fig. 7). Die gleichen Vorteile
erreicht man mit den Zweitaktmotoren, und diese Motortype hat um so mehr Aussicht,
in die Luftfahrt Eingang zu finden, als die Hauptnachteile des Zweitaktmotors
gegenüber dem Viertaktmotor, die seine Einführung im Automobilbetriebe unmöglich
machten, für Luftfahrzeuge nicht in Betracht kommen. Der Zweitaktmotor hat
bekanntlich den großen Nachteil, im Drehmoment und der Tourenzahl nicht so variabel
zu sein als der Viertaktmotor, er funktioniert nur richtig und mit geringem
Brennstoffverbrauch bei einer gewissen Tourenzahl und bestimmter Belastung. Da nun
der Luftschiff- und noch mehr der Flugzeugmotor fast stets mit der gleichen
Tourenzahl und der gleichen Belastung arbeitet, können wir für die Luftfahrt die
Vorteile des Zweitaktmotors uns zunutze machen; das sind namentlich die einfache
Konstruktion, geringes Gewicht und billige Herstellung. Grade in Magdeburg hat dies zuerst richtig erkannt und verwendet für seine
Eindecker einen Zweitaktmotor. Auch in Amerika werden von mehreren Fabriken
Zweitaktflugmotoren gebaut.
Eine große Bedeutung für den Flugzeugbau haben die Motoren mit umlaufenden Zylindern
und feststehender Kurbelachse. In letzter Zeit baut man auch Motoren, bei denen
sowohl Zylinder wie Kurbelachse in verschiedenem Drehsinne, oder wie beim Bucherer-Motor in gleichem Drehsinne mit
verschiedener Tourenzahl umlaufen. Seitdem es eine Automobilindustrie gibt, ist es
bereits versucht worden, rotierende Motoren herzustellen, denn die Vorteile eines
derartigen Motors für Automobilzwecke und jetzt besonders für Flugzeuge liegen auf
der Hand. Der Hauptvorteil ist der, daß ein Motor, bei welchem die Zylinder
rotieren, ganz sicher ohne Wasserkühlung auskommen kann, da durch die schnelle
Rotation der Zylinder für eine sehr rasche Lufterneuerung und daher schnellste
Wärmeableitung gesorgt ist. Ferner dienen das Motorgehäuse samt Zylindern und
Steuerungsorganen gleichzeitig als Schwungmasse. Man könnte deshalb bei rotierenden
Motoren die Anzahl der Zylinder vermindern, da die großen rotierenden Massen einen
hohen Gleichförmigkeitsgrad bedingen. Motoren mit drei, vier und fünf Zylindern sind
daher bei dieser Konstruktion zur Erzielung eines gleichmäßigen Laufes vollkommen
ausreichend. Es werden jedoch meist Umlaufmotoren mit sieben und mehr Zylindern
gebaut, um für die verlangte Leistung von 50 PS und darüber mit relativ kleinen
Zylinderdurchmessern auszukommen.
Es darf jedoch nicht verschwiegen werden, daß durch die Rotation der Zylinder
mindestens 8 v. H. der Motorleistung aufgezehrt wird, weil die Zylinder mit ihren
Kühlrippen, Ventilstangen usw. einen erheblichen Luftwiderstand erzeugen. Die
dadurch verlorene Arbeit ist etwa die gleiche wie bei einem Ventilator zur Erzeugung
der Kühlluft (Renault-Flugmotor) und wesentlich höher,
als der Arbeitsbedarf eines Motors mit feststehenden Zylindern mit Wasserkühlung für
die Wasserpumpe und einen Ventilator für den Kühlapparat.
Ein weiterer Vorteil des Umlaufmotors ist sein geringes Gewicht, eben erzeugt durch
den Fortfall der Kühlapparate mit Wasserpumpe und des Kühlwassers und durch die
kurze Kurbelwelle und dementsprechend kurzen Gehäuse.
Diesen großen Vorteilen, gleichmäßiger Lauf, geringes Gewicht und unter Umständen
auch Ausnutzung der gyroskopischen Wirkung, stehen mehrere Nachteile gegenüber.
Erstens ein hoher Benzin- und noch höherer Oelverbrauch. Das Oel wird nämlich unter
dem Einfluß der Tangentialkräfte herausgeschleudert. Es muß also viel Oel zugeführt
werden auch infolge der Corioliskraft, welche einen starken Druck zwischen
Zylinderwänden und Kolben hervorruft. Die Lebensdauer eines Umlaufmotors ist dadurch
eine weit geringere als die eines Motors mit feststehenden Zylindern. Dazu ist sein
Preis wegen der schwierigen Herstellung und Verwendung der besten Materialien ein sehr hoher.
Wegen des Einflusses der Tangentialkräfte müssen alle Teile, auch die Zylinder aus
Stahl gefertigt werden.
Die Corioliskraft und damit ihre schädliche Wirkung läßt sich verringern durch
Herabsetzung der Tourenzahl des Gehäuses mit den Zylindern. Hierdurch würde aber die
Leistung herabgesetzt, wenn nicht die Kurbelwelle in entgegengesetzter Richtung
rotiert. Auf diese Verhältnisse soll noch an anderer Stelle näher eingegangen
werden. Hier sei noch auf die Kolbenwege dieser verschiedenen Motorbauarten, erstens
Motoren mit feststehenden Zylindern, zweitens Motoren mit feststehender Kurbelwelle
und umlaufenden Zylindern und drittens Motoren mit rotierender Kurbelwelle und in
entgegengesetzter Richtung umlaufenden Zylindern aufmerksam gemacht, die in Fig. 8 dargestellt sind.
Textabbildung Bd. 327, S. 806
Fig. 8. Kolbenwege bei feststehenden und bei Umlaufmotoren.
Motor mit feststehenden Zylindern;
Umlaufmotor; Umlaufmotor mit in entgegen gesetzter Richtung umlaufender
Kurbelwelle.
Textabbildung Bd. 327, S. 806
Fig. 9. Steuerung durch ein Ventil.
a = Ventilkammer; b = Schieber; c =
Auspuffkanal; e = Ventil; f = Ventilfeder, h = Kipphebel; i = Achse; n =
Steuernocken.
Es sind nun auch noch Motoren konstruiert worden, bei welchen Kurbelwelle und
Zylinder in gleicher Richtung, natürlich aber mit verschiedener Geschwindigkeit
rotieren. Als Beispiel sei der Flugmotor von Bucherer in
Köln erwähnt. Bei dieser Konstruktion ergibt sich eine sehr hohe Tourenzahl für die
Kurbelwelle (etwa 2000).
Sehr wichtig ist, namentlich bei luftgekühlten Motoren, die Kühlhaltung der Ventile.
Die Saugventile werden wohl durch die frischen Gase gekühlt, um so mehr sind jedoch
die Auspuffventile der Wärme der verbrannten Gase ausgesetzt. Das Bestreben vieler
Konstrukteure geht deshalb dahin, Saug- und Auspuffventile zu vereinigen, und zwar
wird meistens eine Konstruktion angewandt, die bereits vor zehn Jahren vom Verfasser
angegeben wurde, wobei das eine Ventil für jeden Zylinder mit einem Rundschieber
versehen ist, welcher sowohl den Ein- wie Auslaß steuert. Das Ventil bleibt demnach
vom Beginn der Auspuffperiode bis zum Schluß der Saugperiode geöffnet. Die
obenstehende Fig. 9 zeigt die Konstruktion an der
Zeichnung der deutschen Patentschrift Nr. 148467. Das kombinierte Einlaß- und
Auslaßventil e mit dem fest verbundenen Kolbenschieber
ist in der Auspuffstellung gezeichnet. Die Gase entweichen durch den Kanal c,
während der Kanal b für das frische Gasgemisch durch
den Schieber noch geschlossen ist. Die Ventilstange, die mittels des Hebels h auf Achse i das Ventil
e bewegt, bzw. der Ventilstössel, gleitet dann auf
dem Bogen 2 bis 3 der in
Fig.
10 gezeichneten Kurvenscheibe. Bei Weiterdrehung derselben in der
Pfeilrichtung kommt von 3 bis 4 die zweite Stufe der Kurvenscheibe zur Wirkung, und das Ventil e und damit der Schieber wird in die Stellung 3 bis 4 der Fig. 9 bewegt, der Auspuffkanal geschlossen, der
Saugkanal geöffnet. Nachdem sich die Kurvenscheibe von 4 bis 5 gedreht hat, wird von 5 bis 6 (Fig. 10) das Ventil
geschlossen. Der äußere Kreis der Fig. 10 mit dem
entgegengerichteten Pfeil ist der Kurbelkreis, die Zahlen an demselben geben die
Stellung der Kurbel bzw. des Kolbens im Verhältnis zur Kurvenscheibe an. Da es sich
um einen Viertaktmotor handelt, kommen zwei Umdrehungen der Kurbelwelle auf eine der
Steuerwelle. Fig. 11 stellt eine abgeänderte Form
des Schieberventils dar, wobei der Kolbenschieber nicht mit dem Ventil fest
verbunden ist, sondern lose auf der Ventilspindel schiebbar ist und durch besonderen
Stössel bzw. Kipphebel betätigt wird. Bei der ersten Ventilbewegung von 1 bis 2 der Fig. 10
bleibt der Schieber in Ruhe und Svird erst bei der Ventilbewegung von 3 auf 4 durch einen
besonderen Hebel bewegt oder durch einen Ansatz auf der Spindel des Ventils
mitgenommen, wobei der obere Kanal geöffnet, der untere geschlossen wird.
Textabbildung Bd. 327, S. 806
Fig. 10 bis 10b. Steuernocken (Kurvenscheibe) für kombinierte Ventile.
Fig. 10a zeigt die Nockenscheibe von vorn gesehen in einer abgeänderten Form, wobei
diese Scheibe außer zur Steuerung auch zur Regulierung des Motors dient. Die
Nockenscheibe ist sehr breit und auf der Steuerwelle verschiebbar. Da der zweite
Nocken 4 bis 5 konisch
ist, wird bei achsialer Verschiebung der Kurvenscheibe der Saughub allmählich
verringert, das frische Gasgemisch also gedrosselt. In Fig. 10b verläuft die
zweite Stufe der Nockenscheibe schräg, so daß bei achsialer Verschiebung derselben
der Schieber allmählich immer später in die Saugstellung geschoben wird. Bei Beginn
des Saughubes steht also noch der Auspuffkanal offen, und es werden zunächst
Auspuffgase bzw. Luft in den Zylinder zurückgesaugt, erst später frisches
Gasgemisch.
Diese Konstruktion hat den Fehler, daß beim Ueber gang von der
Auspuffstellung in die Saugstellung beide Kanäle geöffnet sind. In der von dem
Verfasser später angegebenen und an einem Versuchsmotor ausgeführten Konstruktion
nach Fig. 12 ist dieser Fehler vermieden, da sich
erst der Auspuffkanal schließt, ehe der Einlaßkanal geöffnet wird, wie aus der
Zeichnung ohne weiteres hervorgeht.
Ventile der Konstruktion nach Fig. 10 benutzten Esnault-Pelterie und andere Konstrukteure, in letzter
Zeit auch die Maschinenfabrik Oerlikon. Auch die
Befestigung der Ventilfeder bzw. der Scheibe für dieselbe ist bei der gezeichneten
Konstruktion beachtenswert. Eine verbesserte Ausführung zeigt Fig. 13.
Der Gewichtsersparnis halber finden wir bei Luftschiff- und Flugmotoren vielfach
durchbohrte Kurbelwellen, ebenso werden die Pleuelstangen häufig hohl ausgeführt
bzw. mit einer Reihe von Durchbohrungen versehen und die Ventilgestänge als
Rohrgestänge ausgeführt.
Manche Konstrukteure machen Kolben- und Pleuelstange sehr kurz, um an Gewicht zu
sparen. Dies muß man als einen groben Fehler bezeichnen. Bei einem für Dauerbetrieb
geeigneten Motor darf man die beim Automobilbau bewährten Verhältnisse nicht
verändern, also Kolbenlänge annähernd Hub, Pleuelstange gleich zweimal Hub. Nur bei
des achsialen Motoren (z.B. N. A. G. Luftschiffmotor, Busse & Selve-Flugmotor),
kann man die Schubstangen kürzer machen.
Aus dem gleichen Grunde der Gewichtsersparnis werden die Wassermäntel der Kühlung
vielfach aus Kupferblech aufgezogen, in neuerer Zeit sogar, wie bei den E. N.
V.-Motoren (Motor Syndicate Limited in Courbevoie), auf galvanischem Wege
hergestellt. Vielfach werden schon die Kupfermäntel selbst mit Kühlrippen versehen
(Rumpler), um dadurch die Kühlfläche zu
vergrößern.
Um bei gegebenen Zylinderdurchmessern eine möglichst hohe Leistung zu erzielen, wird
natürlich mit ziemlich hoher Kompression gearbeitet, und um einen möglichst hohen
volumetrischen Wirkungsgrad zu erreichen, werden die Widerstände für Ein- und Auslaß
möglichst vermindert, d.h. die Ventilquerschnitte möglichst groß gewählt. Aus
dem gleichen Grunde, wie auch um Gewicht zu sparen, arbeiten die Motoren für
Flugzeuge mit freiem Auspuff, verzichten also auf den Auspufftopf. Dies ist jedoch
bei Motoren für Luftschiffe nicht angängig, im Gegenteil ist hier der konstruktiven
Ausbildung des Auspufftopfes eine ganz besondere Sorgfalt zu widmen, um zu
verhindern, daß aus demselben Gase von höherer Temperatur austreten, da hierdurch
eine Entzündung des Wasserstoffgases verursacht werden könnte, wenn solches durch
Undichtigkeiten der Ballonhülle austritt.
Textabbildung Bd. 327, S. 807
Fig. 11. Ventil mit gesteuertem Schieber.
Textabbildung Bd. 327, S. 807
Fig. 12. Verbessertes Doppelventil.e = Ventil; f = Ventilfeder; f1 = Schieberfeder; s = Schieber.
Textabbildung Bd. 327, S. 807
Fig. 13. Befestigung der Ventilfeder.a, b = geteilte Scheibe; c =
Federscheibe.
Um bei gegebenem Gewicht eine möglichst hohe Motorleistung zu erzielen, werden die
Tourenzahl bzw. die Kolbengeschwindigkeiten, namentlich bei Motoren für Flugzeuge,
gesteigert. Die gegen die hohe Tourenzahl geltend gemachten Bedenken, daß der
Verschleiß ein zu großer ist, namentlich am Kolben wegen der großen
Kolbengeschwindigkeit, sind ungerechtfertigt, nachdem durch die Erfolge bewiesen
ist, daß man ohne Bedenken Motoren mit erhöhter und höchster Geschwindigkeit laufen
lassen kann. Maschinen mit 5 bis 7 m i. d. Sek. Kolbengeschwindigkeit sind bei
unseren heutigen Materialien unbedenklich.
Bei Automobilmotoren geht man heut noch höher, wobei allerdings zu berücksichtigen
ist, daß der Automobilmotor nur vorübergehend mit der höchsten Tourenzahl arbeitet.
Beweist es uns doch die unumstößliche Tatsache, daß Automobilmotoren in Droschken
und Omnibussen seit langen Jahren den täglichen Dauerbetrieb aushalten, ja, daß oft
erst nach einer Betriebszeit von mehreren Jahren eine größere Reparatur an den
Motoren, nötig wurde.
Die Ansichten über den Begriff von langsamlaufenden Motoren gehen weit auseinander.
Ein langsamlaufender stationärer Motor hat fast eine ebenso hohe
Kolbengeschwindigkeit als ein normaler (nicht Rennmotor) Automobil- und
Lufschiffmotor. Dies ist leicht erklärlich durch folgendes Beispiel:
Nehmen wir einen „Schnelläufer“ von 120 Bohrung,. 120 Hub, 1200 Touren i. d.
Min. an, also einen Motor von effektiv 8 PS per Zylinder. Sein Kolben legt einen Weg
von 120 ∙ 2 ∙ 1200 : 60 = 4,8 m i. d. Sek. zurück. Ein langsamlaufender Motor
hat bei einer Leistung von etwa 8 PS, wenn er anstatt 120 mm 320 mm Hub macht,
anstatt 1200 nur 400 Touren i. d. Min., also ist hier die Kolbengeschwindigkeit =
320 ∙ 2 ∙ 400 : 60 = 4,3 m i. d. Sek., d.h. fast die gleiche wie bei dem anderen
Motor.
Genau so liegen die Verhältnisse mit den übrigen beweglichen und sich reibenden
Teilen, da z.B. die Kurbelwelle eines Schnelläufers 36 mm hat und die eines
langsamlaufenden Motors etwa das dreifache beträgt. Die Hauptsache ist lediglich nur
die, daß eine Maschine zweckentsprechend und gründlich durchkonstruiert ist und man
allen eintretenden Verhältnissen Rechnung trägt.
Der heutige Stand der Motortechnik und die uns heute zu Gebote stehenden hochwertigen
Qualitätsmaterialien sowie die erschöpfende Verwertung aller nur verfügbaren
Herstellungsmöglichkeiten gestatten uns ohne weiteres, den Bau und die praktische
Verwendung von schnellaufenden Kolbenmotoren. Alte Motorenfirmen von Weltruf, die
früher mit ihren Motoren nicht über 800 bis 1000 Touren i. d. Min. hinausgingen,
bauen heute anstandslos Motoren von 1200, ja bis 2000 Touren i. d. Min. Da ja auch
die Umlaufzahlen von Dampfturbinen, Elektromotoren und dergl. oft noch weit höher
sind, trotzdem aber lange Jahre hindurch und dauernd gut funktionieren, so ist es
direkt ungerechtfertigt, an der hohen Tourenzahl der „Schnelläufer“ den
geringsten Anstoß zu nehmen. Bei direktem Antrieb der Schrauben hat diese hohe
Tourenzahl jedoch den Nachteil im Gefolge, daß der Wirkungsgrad der Schrauben ein
schlechter wird; es empfiehlt sich daher, bei Motoren mit hohen Tourenzahlen, trotz
der Reibungsverluste und des vermehrten Gewichtes, ein Vorgelege anzuwenden, um die
hohe Umdrehungszahl des Motors für die Schrauben ins Langsame zu übersetzen. Eine
gute Lösung hat Renault gefunden, der die Schraube auf
die Steuerwelle setzt. Ein anderer Ausweg wäre der, sehr langhübige Motoren zu
konstruieren statt des Mehrgewichts des Vorgeleges, also lieber ein Mehrgewicht
infolge der Verlängerung der Zylinder sowie Antriebs- und Steuerungsorgane in Kauf
nehmen. Durch den erheblich besseren Wirkungsgrad der langhübigen Motoren würde am
Gewicht des Brennstoffes gespart werden, bzw. der Aktionsradius der Luftfahrzeuge
wird vergrößert.
Ebenso wichtig wie bei Automobilmotoren ist natürlich auch bei Luftschiff- und
Flugzeugmotoren die Kühlung. Scheinbar liegen beim Luftfahrzeugmotor die
Verhältnisse für eine Luftkühlung günstiger als beim Automobil, da die
Geschwindigkeit gegenüber der Luft fast immer dieselbe ist und zwar eine ziemlich
hohe, also eine schnelle und regelmäßige Lufterneuerung gewährleistet wird. Viele
Versuche an luftgekühlten Motoren, auch seitens des Verfassers, haben jedoch
erwiesen, daß es bei größeren Zylinderdimensionen nicht möglich ist, die Wärme durch
Luftkühlung in hinreichender Weise abzuführen, wenn nicht ein Hilfsauspuff in der
inneren Totpunktlage aufgedeckt wird und für schnelle Abführung der heißen Gase
sorgt. Die Mängel, die beim Automobilmotor der freie Auspuff hervorruft, treten bei
Motoren für Flugzeuge kaum auf. Der freie Auspuff beeinflußt nämlich den
Vergaser, indem am Ende der Saugperiode frische Luft angesaugt wird, die das
Benzinluftgemisch ärmer macht. Dem läßt sich zwar dadurch in einfachster Weise
begegnen, daß der Vergaser ein überreiches Benzinluftgemisch liefert, aber die
Gemischbildung läßt sich nur für eine gewisse Tourenzahl einstellen. Wird der Motor
gedrosselt, so wird das Gemisch durch die Zusatzluft aus dem freien Auspuff zu arm
und ist nicht mehr zündungsfähig. Daher ist ein Motor mit Hilfsauspuff nur in sehr
engen Grenzen in seiner Leistung veränderlich. Im Automobilbetriebe sehen wir daher
solche Motoren nur bei Schrittmachermaschinen für die Rennbahn angewandt, die bei
stets gleichbleibendem Uebersetzungsverhältnis immer mit voller Leistung beansprucht
werden. Dies ist aber auch bei Motoren für Flugzeuge der Fall, daher ist bei
denselben die Anbringung des unteren freien Hilfsauspuffs vorteilhaft. Außer dem
Vorteil der schnelleren Wärmeabführung wird der Auspuffwiderstand geringer und das
Auspuffventil erfordert weniger Kraft zum Oeffnen. Schließlich wird auch der
volumetrische Wirkungsgrad verbessert, da die Füllung des Zylinders bei der
Saugperiode besser ist. Für sehr große Zylinderdurchmesser wird jedoch auch mit
diesem Hilfsauspuff eine genügend schnelle Wärmeabführung nicht mehr erreicht, so
daß man gezwungen ist, bei starken Motorleistungen auf die im Automobilbau erprobte
Wasserkühlung zurückzugreifen. Der Hilfsauspuff hat auch noch den Fehler, daß sehr
viel Oel verloren geht, da die Auspuffgase das Oel mitreißen. Solche Motoren
verursachen mitunter einen Oelregen, der bei vorn eingebautem Motor den
Flugzeugführer sehr belästigt. Bei Motoren mit umlaufenden Zylindern kann man ohne
Hilfsauspuff sicher mit Luftkühlung auskommen.
Für die schnelle Abführung der Wärme ist auch die Anordnung der Auspuffventile
wichtig und die Gestaltung des Explosionsraumes. Ein halbkugelförmiger
Explosionsraum mit großen Ventilen in der Zylinderachse ist am günstigsten. Solche
Zylinder geben auch den besten Wirkungsgrad und die Herstellung aus Stahl und damit
eine Gewichtsersparnis ist möglich. Um den Raum im Deckel besser auszunutzen, kann
man auch je zwei Ventile für Einlaß und Auslaß anordnen. Auch zwei Ventile für den
Auspuff, eines für den Einlaß ist günstig. Drei Ventile sind leichter auf den
Zylinderdeckel unterzubringen als vier. Zwei kleine Auspuffventile statt nur eines
großen Ventils erzielen auch den Vorteil einer größeren Betriebssicherheit. Die
kleinen Ventile leiden weniger unter der Wärme der Auspuffgase.
Ein weiterer Umstand ist noch vorhanden, welcher der Luftkühlung engere Grenzen
anweist. Bei Motorluftschiffen besteht immer die Möglichkeit, daß Gase aus der
Ballonhülle austreten und mit der Luft ein brennbares, explosibles Gemisch bilden.
Wenn auch die Möglichkeit gering ist, so kann es doch vorkommen, daß die Gase durch
irgendwelche Luftbewegung den überhitzten Motorwandungen zu nahe kommen und sich
entzünden. Anders liegen die Verhältnisse bei Flugzeugen; dort wird kein brennbares
Gas verwendet und in der Tat scheinen sich dort luftgekühlte Motoren besser behaupten zu können.
Während der letzten Flugveranstaltungen, z.B. beim Wettbewerb der Wasserflugzeuge in
St. Malo hatten sich die luftgekühlten Renault- und
Gnomemotoren (letztere mit rotierenden Zylindern), vorzüglich bewährt. Mit einem
luftgekühlten Anzani-Motor flog bekanntlich Bleriot über den Kanal. In der französischen
Flugzeugindustrie herrscht noch heute der luftgekühlte Motor, während in Deutschland
mehr wassergekühlte Motoren eingebaut werden.
Es darf aber nicht übersehen werden, daß der Gewichtsunterschied eines luftgekühlten
Motors (abgesehen von solchen mit rotierenden Zylindern (der Gnomemotor der
leichteste f. d. PS) gegenüber dem eines Motors mit Wasserkühlung gar nicht so
erheblich ist, daß es gerechtfertigt erscheinen kann, die verminderte
Betriebssicherheit eines Motors mit Luftkühlung gegen eine kleine Gewichtsersparnis
in Kauf zu nehmen. Auch der luftgekühlte Motor braucht verschiedene Organe, wie
durch Rippen vergrößerte Oberflächen der Zylinderwandungen, Ventilatoren,
Blechhauben, Rohrleitungen usw., welche zusammen ein ganz erhebliches Gewicht
repräsentieren. Als Beispiel sei der Renault- und der Farcot-Motor erwähnt (Fig.
14). Für große Flugzeuge, die starke Motoren benötigen, ist daher ein
Motor mit Wasserkühlung vorzuziehen.
Bei luftgekühlten Motoren werden natürlich auch die Temperaturen der Zylinderwände
höher sein als bei Motoren mit Wasserkühlung, dementsprechend wird auch der
volumetrische Wirkungsgrad niedriger, und wir erhalten daher bei gleichen
Zylinderdimensionen geringere Motorleistung als bei Motoren mit Wasserkühlung.
Schließlich ist bei luftgekühlten Motoren auch die Schmierung schwieriger resp.
der Oelverbrauch größer.
Es finden daher zurzeit auch an Flugzeugen, abgesehen von Umlaufmotoren, meistens
Motoren mit Wasserkühlung Verwendung. Während in den ersten Jahren der Flugtechnik,
um das Gewicht eines Kühlers zu sparen, das Prinzip der Wasserverdampfung zur
Anwendung kam, wird heute allgemein ein Kühler benutzt. Bei Wasserverdampfung kann
der Motor nur so lange arbeiten, bis der Vorrat an Wasser verdampft ist. Die Société
„Antoinette“ wendet Wasserverdampfung mit
Kühlapparat resp. mit Kondensator an, indem der Dampf in einer Kühlschlange
kondensiert und das Kondensat durch eine Pumpe wieder dem Reservoir zugeführt wird.
Um bei Wasserkühlung mit einer geringen Kühlwassermenge auszukommen und kleinem
Kühler, muß man für einen schnellen Wasserumlauf sorgen, also eine verhältnismäßig
große Pumpe benutzen, etwa 15 bis 18 l i. d. Min.
Textabbildung Bd. 327, S. 809
Fig. 14. Luftgekühlter Flugmotor von Renault.B = Blechhaube; E =
Lufteinlaß; V = Ventilator.
Wichtig ist wegen der Gewichtsersparnis die Materialfrage.
Wir sehen daher, um möglichst geringe Gewichte der Hauptteile zu erhalten, viel
Aluminium in den Luftschiff- und Flugmotoren. Nach der Meinung des Verfassers ist es
aber falsch, so weit zu gehen, Zylinderköpfe, Ventilgehäuse und Kolben oder andere
wichtige Teile des Motors aus Aluminium zu fertigen. Aluminium ist ein wenig
zuverlässiges Material, wenn es stark beansprucht und dazu noch Erschütterungen
ausgesetzt ist. Der richtige Weg zur erheblichen Gewichtsersparnis ist die
Verwendung von Stahl, auch die Zylinder lassen sich bei guter Konstruktion aus Stahl
herstellen und dadurch kann man etwa 20 v. H. Gewicht ersparen (Daimler und Gnome).
(Schluß folgt.)