Titel: | Anglühöfen für Werkstättenbetriebe. |
Autor: | C. Wetzel |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 4 |
Download: | XML |
Anglühöfen für Werkstättenbetriebe.
Von Ing. C. Wetzel,
Dresden.
Wetzel: Anglühöfen für Werkstättenbetriebe.
Für andauernde Werkstättenbetriebe sind zum Anglühen von Eisenstäben, Platten
und anderen Eisenteilen Oefen mit nebeneinander und hintereinander angeordneten
Glühmuffeln vorteilhaft. Es werden in den Glühräumen beispielsweise Flacheisen von
300 bis 600 mm Länge, 120 mm Breite und Quadrateisen bis zu 26 mm Dicke auf Weißglut
erhitzt, wonach sie geschmiedet und gehärtet werden. Diese Oefen gebraucht man auch
in Fahrrad- und Nähmaschinenfabriken zur Beförderung der Härte und Lötverfahren,
ferner in Betrieben, wo das Material bei Erhitzung nicht mit der Flamme oder mit
brennenden Kohlen in Berührung zu bringen ist.
Die Anglühtemperatur kann in diesen Oefen durch Kohlen-, Gas- und Druckluftfeuerungen
erzeugt werden. Gewöhnlich sind mit Koks- und Kohlenfeuerungen billige Betriebe zu
erzielen, wo aber die Erhitzung der Anglühräume mit natürlichem Zuge schwer erreicht
wird, ist es zweckmäßig, die Feuerung mit Druckluft zu betreiben. In vielen Fällen
ist es zur schnellen Erhitzung der Muffeln auf Weißglut nötig, Druckluft zum
Betriebe der Feuerung zu verwenden. Mit Druckluft ist leicht eine gleichmäßige
Erhitzung der Räume und Einlage zu ermöglichen. Zur Erzeugung von. Druckluft benutzt
man Gebläsemaschinen in verschiedenen Ausführungen. Die von diesen Oefen abziehenden
heißen Feuergase können noch zu Nebenheizungen ausgenutzt werden.
Die Ausglühmuffelöfen sind nach Art und Größe des Betriebes in verschiedenen
Ausführungen verwendbar. In manchen Betrieben werden kleine feststehende oder
transportable Oefen, die schnellstens gleichmäßig auf die erforderliche
Glühtemperatur erhitzt werden können, gebraucht. Bei diesen bringt man die
anzuglühenden Werkstücke nach Abheben des Deckels in den Glühraum. Es können auch
Oefen mit mehreren Glühmuffeln eingerichtet werden.
Zum Anglühen von Eisenstäben bis 750 mm Länge hat man 800 mm lange Muffeln
angenommen, damit an beiden Enden des Stabes 25 mm Bodenfläche unbelegt bleiben. In
diesen Zwischenräumen können sich die Stäbe bei Erhitzung ungehindert und genügend
ausdehnen. Dieselben erleichtern das Einbringen der Stäbe. Gewöhnlich werden die
Stäbe in der Glühmuffel nicht ganz gleich nebeneinander geschoben. Man schiebt die
Stäbe nur so weit vor, damit sie nicht an der hinteren Seite des Glühraumes
anstoßen. Die auf beiden Seiten des Raumes zur Verfügung stehenden Zwischenräume
sollen aber möglichst eine gleiche Größe erhalten.
Textabbildung Bd. 328, S. 4
Abb. 1.
Wie in Abb. 1 erkenntlich, werden die Stäbe oder
Werkstücke zum Anglühen auf dem Boden n der Muffel m ausgebreitet. Es ist aber auch zu ersehen, daß man
Gegenstände von verschiedener Größe zum Anglühen in den Raum stellen kann. Unter der
Muffel befindet sich die Feuerung s. Die Kohle wird an
der Seite des Ofens durch die Tür g auf den Planrost
h gebracht. Die durch den Rost h fallende Asche wird durch die Tür k aus dem Raume u gezogen.
Die im Feuerungsraum erzeugte Flamme wird gegen die untere Bodenfläche der Muffel
bewegt, wo sie in die Seitenzüge q verteilt wird. Da
man bei dieser Konstruktion das Glühgut nach Abnahme des Deckels z in den Raum w bringt, so
können die Feuergase im Zuge am ganzen Umfange der Muffel zur Erhitzung des Gutes
ausgenutzt werden. Die Deckel z sind entweder zum
Abheben oder zum Verschieben nach einer Seite eingerichtet. Die verschiebbaren
Deckel werden aus einfachen Schamotteplatten hergestellt.
Textabbildung Bd. 328, S. 5
Abb. 2.
Abb. 2 zeigt eine Vorrichtung, bei welcher die auf
dem Planrost a erzeugten Feuergase unter dem Boden s des vorderen Ofenteiles sich in die Seitenzüge der
Anglühmuffel n verteilen, wo sie die Höhe und im oberen
Zuge um den hinteren Muffelteil m ziehen. Die
abwärtsziehenden Feuergase berühren unter der Muffel die Bodenfläche k und gelangen dann in den Abzug hz. Die Werkstücke können durch die Oeffnungen w der Muffel zugeführt werden. Einen Ofen mit vier
Glühzellen zeigt Abb. 3. Die Feuerung k befindet sich an der vorderen Seite, damit die
Feuergase in dem Zuge w unter dem Muffelboden an die
hintere Seite geführt werden können. Im hinteren Zuge s
ziehen die Feuergase in die Höhe und über der Muffel im Zuge v an die vordere Seite, wo sie in den Schornstein übergeführt werden. Um
die Feuergase im vorderen Zuge nach beiden Seiten verteilt abzuführen, werden
Abzugskanäle c angeordnet, die über der Ofendecke mit
dem Abzüge in den Schornstein verbunden sind. Bei den Anglühmuffeln mit zwei
Oeffnungen werden die Stäbe auf einer Seite eingeschoben und auf der anderen
herausgezogen.
Textabbildung Bd. 328, S. 5
Abb. 3.
Die Oeffnungen der Anglühmuffeln werden nicht mit Verschlußsteinen zugesetzt, sondern
mit verschiebbaren Platten, die entweder hochgezogen oder seitwärts geschoben
werden, geschlossen. Die erwärmten Verschlußplatten kühlen nach dem Oeffnen der
Glühmuffeln in der Zeit bis zum Zurückführen in die Verschlußstellung etwas ab,
so daß dieselben nach Verschluß der Muffel wieder auf die Temperatur im Glühraum
erwärmt werden. Damit diese Platten als Verschlußschieber nur allmählich abkühlen
und Wärme aufnehmen, also gegen diesen Temperaturwechsel widerstandsfähig sind,
werden dieselben in der Dicke von etwa 50 bis 60 mm zur Verwendung gebracht.
In manchen Betrieben ist zu bemerken, daß in Anglühmuffeln mit einer Oeffnung zum
Ein- und Austraget der Stäbe oder dergl. mehr Wärme in der geöffneten Muffel
erhalten bleibt, als in einer, die mit zwei Oeffnungen versehen und zu gleicher Zeit
an beiden Seiten geöffnet wird. Man kann aber auch in Glühmuffeln mit zwei
Oeffnungen die Wärme bestens halten, wenn zunächst nur an einer Seite der Muffel zum
Herausnehmen der Stäbe eine Oeffnung vorhanden ist. Es werden in diesem Falle erst
die angeglühten Werkstücke auf einer Seite herausgezogen und dann auf der anderen
Seite Werkstücke zum Anglühen in die Muffel gebracht. Wird aber das Herausziehen und
Einbringen der Werkstücke mit größter Geschwindigkeit ausgeführt, so können die
Oeffnungen an beiden Seiten der Muffel zu gleicher Zeit geöffnet und geschlossen
werden. In der kürzesten Zeit der Muffelbeschickung kann der Raum nur wenig
abkühlen.
Die nur in der Tageszeit benutzten Glühöfen sollen zur besseren Wärmehaltung nach
Schluß der Arbeitsschicht möglichst gut verschlossen werden, damit sie schnellstens
vor Beginn des Feuerungsbetriebes auf die höchste Glühtemperatur erwärmt werden
können. Nach diesem kann der Anglühbetrieb ohne Unterbrechung fortgesetzt
werden.
Der in größeren Muffeln an der Oeffnung durch die Mauerstärke etwas vergrößerte
Fassungsraum ist bei der Feuerungseinrichtung zu berücksichtigen. Derselbe kann aber
durch Anlegen der Verschlußplatten etwas gekürzt werden. Durch diese Raumerweiterung
wird die Auflagefläche vergrößert, und so bleibt zwischen den Verschlußplatten und
Stabeinlagen eine freie Bodenfläche, die genügt, um kleine Ungleichheiten in der
Lage der Stäbe unbeachtet lassen zu können. Bei abnehmbaren oder durch
Zugvorrichtungen senkrecht verstellbaren Verschlußplatten kann der Raum in der Dicke
der Mauer mehr zum Muffel Verschluß ausgenutzt werden. Auch bei Verwendung besonders
starker Verschlußplatten werden durch die Erweiterung des Raumes in den Seitenmauern
keine Wärmeverluste bemerkbar, weil die Verschlußplatten erst abgenommen werden,
wenn die im Muffelraum befindlichen Stäbe oder dergl. auf die Glühtemperatur erhitzt
worden sind. Und da man die in der Muffel auf die Glühtemperatur erhitzten Stäbe
nicht auf einmal herausziehen und verarbeiten kann, so muß die Muffel öfter geöffnet
und geschlossen werden. Da das Einschieben und Herausziehen der Eisenstäbe schnell
ausführbar ist, so ist es auch möglich, die Anglühräume nach dem Oeffnen sogleich
wieder zu schließen.
Um die obere Zugabdeckung zu erleichtern, werden Hohlsteine zur Verwendung
gebracht. Man kann aber auch, um die Wärme im Ofen zu halten, mit einer Tonschicht
belegen. Zu diesem Zwecke werden auch Decken mit Hohlräumen hergestellt, bei welchen
die Abdeckplatten auf Stützsteine gelegt werden. Hochgestellte Stützsteine werden
ferner in breiten Oefen zum Auflegen von Bodenplatten benutzt.
In Oefen mit mehreren Glühräumen werden die Scheidewände aus dicken Platten
hergestellt. Die Verwendung von Platten erleichtert die Herstellung der Oefen und
die Auswechselung einzelner Wände. Die Oefen erhalten einfache Verankerung. Um die
Feuerung leichter beschicken zu können, werden etwas schrägliegende Roste verwendet.
Bei Verwendung von Druckluft wird das Druckluftrohr unter dem Rost eingeführt.
Während des Druckluftbetriebes wird der Raum unterhalb der Rostfläche geschlossen
gehalten. Es werden z.B. Anglühmuffeln von 320 mm Weite, 200 mm Höhe und 800 mm
Länge zur Verwendung gebracht. Bei Oefen mit vier nebeneinander angeordneten Muffeln
sind die Verschlußplatten für seitliche Verschiebung eingerichtet; dieselben können
aber auch abgenommen oder in die Höhe gezogen werden. Bei Anglühöfen für
Druckluftbetrieb ist es zweckmäßig, die Sohle des Aschefalles etwas tiefer zu legen,
damit die Ablagerung der Asche ungehindert erfolgen kann. Im Abzugskanal wird ein
Regulier- und Abschlußschieber angebracht.
Damit bei kontinuierlichem Betrieb die Werkstücke schnellstens durchglüht zur
Verarbeitung gelangen können, sind mehrere Muffeln zu verwenden. Nachdem die aus
einer Muffel gezogenen Stäbe verarbeitet sind, kann in den nächsten Muffeln das
Durchglühen der Eisenstäbe so lange fortgesetzt werden, bis sie die höchste
Glühtemperatur erreicht haben. Die Muffeln werden der Reihe nach entleert und von
neuem mit Material belegt. Genügen zwei Muffeln für einen Betrieb: ohne
Unterbrechung, so kann beispielsweise ein Ofen mit vier Muffeln für zwei
Arbeitsstellen eingerichtet werden. Es kommt auch vor, daß eine Glühmuffel für eine
Arbeitsstelle genügt. Zur bequemen Hantierung mit glühenden Stäben muß der nötige
Vorraum vorhanden sein, und es zeigt sich, daß es in größeren Betrieben zweckmäßig
ist, mehrere Oefen zu verwenden. Für besondere Zwecke werden noch Glühherde
verwendbar, bei welchen die zum Anglühen aufgelegten Platten oder Werkstücke von
verschiedener Form Bedeckung durch abhebbare hohle Platten oder Deckformen
erhalten.
Zur Ausführung von Tauchlöteverfahren werden in der Nähe der Anglühöfen
Metallschmelzvorrichtungen angeordnet. Es werden Tiegel- oder Wannenöfen nach der
Größe der einzutauchenden Gegenstände nötig. Außer den bekannten Schmelztiegelformen
und Schmelzwannen können noch andere Gefäßformen Verwendung finden. Auch diese Oefen
können mittels Druckluftfeuerung betrieben werden. Gewöhnlich werden die
Schmelzgefäße mit einfachen Platten abgedeckt. Um die Wärme besser zu halten, hat
man hohle Deckplatten verwendet, die in der Mitte mit einem Schauloch versehen sind.
Mehrere Glühgefäße kommen zur Verwendung, wenn das Eintauchen der Gegenstände ohne
Unterbrechung fortgesetzt werden soll. In diesem Falle wird das Metall in Nebenöfen
geschmolzen. Die zum Einbrennen von Metallverzierungen oder dergl. zur Verwendung
kommenden Anglühöfen können mit ausziehbarem Traggestell versehen werden.