Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 25 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Die Thomsonsche Schachtfördereinrichtung mit elektrisch
betätigten Senkbühnen am Juliusschacht bei Brüx. Während die Thomsonsche
Fördereinrichtung bisher überall hydraulisch betrieben
wurde, ist neuerdings in Oesterreich mit Rücksicht auf die Frostgefahr versucht
worden, elektrische Energie zu verwenden, und zwar auf dem Juliusschacht der K. K.
Bergdirektion Brüx. Es handelte sich hier darum, die vorhandene Schachtförderung
derart leistungsfähiger zu gestalten, daß bei täglich zwei Förderschichten und
zweietagigen Förderkörben mit je einem Wagen von 7 Centner Ladung aus dem 200 m
tiefen Schachte 3600000 Centner Kohle im Jahre gefördert werden können. Die erhöhte
Leistungsfähigkeit wird dadurch erzielt, daß 1.) ein gleichzeitiger
Förderwagenwechsel auf allen Etagen ermöglicht wird, 2.) daß auf eigenen Senkbühnen
erfolgende Förderwagenüberheben in die Zeit des nächsten Förderkorbaufzuges verlegt
wird, und dadurch die Pausen zwischen den einzelnen Aufzügen auf ein Minimum
verringert werden, 3.) daß auf allen Etagen die Fahrbahnen der Förderwagen geneigt
sind, und somit ein automatischer Förderwageneinlauf besteht. – Der Wechsel des
Energiemittels bedingte eine durchgreifende Abänderung der Anlage und den Einbau
verschiedener Ergänzungseinrichtungen. Am Auslaufboden und im Füllorte ist vor und
hinter jeder Förderschale eine zweietagige Senkbühne angeordnet. Je zwei
nebeneinander liegende Senkbühnen sind durch eine Gliederkette mit einander
verbunden. Die beiden Kettenscheiben sitzen auf einer gemeinsamen Welle, die an
einem Ende eine Bandbremse besitzen. Auf diese wirkt ein Drehstrommotor von 8 PS.
mittels Schneckengetriebes und Stirnzahnradvorgeleges ein. Die Neigung der
Fahrbahnen beträgt 35 v. T. Durch den Fortfall des Druckwasserbetriebes war im
Füllorte sowie am Auslaufboden der Einbau einer Unterkette erforderlich. Von den
kleineren Veränderungen gegenüber den Druckwasseranlagen ist der Einbau einer Sperre
bei dem Verriegelungsmechanismus bemerkenswert, wodurch dieses nur am Auslaufboden
und im Füllort selbsttätig freigegeben wird, während des Schachtdurchganges aber
gesperrt bleibt. Durch das Höhersetzen des Anschlages zur Begrenzung der
Abwärtsbewegung des Verriegelungsmechanismus wird erreicht, daß herabfallende
Kohlestücke den Mechanismus nicht stören können und die sonst bei heftigen
Erschütterungen der Förderschale eintretende Entriegelung verhindert wird. Die
Anlage, die bisher zufriedenstellend gearbeitet hat, gestattet bei normalem Betriebe
eine Jahresförderung von 5 Mill. Centner. Die Kosten belaufen sich einschl. aller
Umänderungen auf 110000 Kr. (Oesterr. Zeitschr. f. Berg- u. Hüttenwesen 1912 Nr.
37.)
S.
––––––––––
Die Treibmittel des Dieselmotors mit besonderer
Berücksichtigung der Schiffahrt. An dem Vortrag „Die Entstehung des
Dieselmotors“ (s. D. p. J. 1912 S. 820.) anläßlich der 14. ordentlichen
Hauptversammlung der Schiffbautechnischen Gesellschaft schloß sich als
Unterthema „Die Treibmittel des Dieselmotors“ an. In elementarer Weise wurde
hier ausgeführt, welche erhöhte Bedeutung die Brennstofffrage in der weiteren
Entwicklung des Dieselmotorenbetriebs hat.
Zur Zeit werden die meisten Dieselmotoren mit dem teueren Qualitätsbrennstoff, dem
Gasöl, betrieben. Neuerdings versucht man immer mehr zwei andere Treibmittel zu
verwenden, die in größerer Menge und billig zur Verfügung stehen: Das rohe Erdöl und
das Teeröl.
Es gibt schon viele Motoren, die mit Erdöl oder Teeröl getrieben werden, doch scheint
es, daß eine allgemeine Betriebssicherheit mit den verschiedenen Arten dieser beiden
Treibmittel noch nicht gewährleistet ist. Aus diesem Grunde nimmt die Seeschiffahrt,
soweit sie zum Motorbetrieb übergegangen ist, den billigen Treibmitteln gegenüber
eine noch abwartende Haltung ein.
Die Treibmittel des Dieselmotors leiten sich von zwei Hauptsubstanzen her, vom Teer
(Steinkohlenteer und Braunkohlenteer) und vom Erdöl. Durch Destillation werden die
eigentlichen flüssigen Brennstoffe hergestellt, und zwar sind es die mittleren
Destillate, welche als Dieselmotortreibmittel, die niedrig siedenden Anteile für
Automobilbetrieb Verwendung finden, während die hochsiedenden Destillationsprodukte
für die Verbrennungskraftmaschinen unbrauchbar sind.
Die Treibmittel sind Kohlenwasserstoffverbindungen, somit organische Körper, die
Moleküle können hier, wie die organische Chemie, die Chemie des Kohlenstoffes lehrt,
in unbegrenzter Mannigfaltigkeit in der Zusammensetzung entstehen.
Als Treibmittel ungeeignet sind vor allem solche flüssige Brennstoffe, die
unverbrennliche Bestandteile, Asche und Wasser oder mechanische Beimengungen
enthalten. Der Aschegehalt soll Zehntelprozente nicht übersteigen, beim Wassergehalt
dagegen entscheidet nicht allein die Menge, sondern auch die Natur des Oeles. Freier
Kohlenstoff darf auch nur in sehr geringen Mengen vorhanden sein, ebenso ist es mit
Asphalt.
Das Wesentlichste des Treibmittels ist sein Wasserstoffgehalt; der Wasserstoff ist
das leichteste, beweglichste und das reaktionsfähigste Element. Er bedingte die
Leichtflüssigkeit, Vergasungsfähigkeit und die hohe Verbrennungswärme des
Treibmittels. Von zwei Treibmitteln ist also stets dasjenige mit dem hohen
Wasserstoffgehalt das bessere.
Die kettenförmigen oder aliphatischen Verbindungen
(Methan, Aethan, Propan usw. nach der Gleichung C2H2n + 2) sind mit Wasserstoff gesättigt
und sind darum für den Dieselmotor die bestgeeignetsten Kohlenwasserstoffe. Die
kettenförmige, offene und einfache Bindung der Kohlenwasserstoffe übt außerdem auf
die Einleitung und Schnelligkeit der Verbrennung einen günstigen Einfluß aus.
Fundamental verschieden davon sind jene Verbindungen, die nach dem Benzolring
aufgebaut sind. Ihrem Wasserstoffgehalt nach sind sie ungesättigt. Die starke Bindung der
Kohlenstoffatome innerhalb des Moleküls beeinflußt die Verbrennung ungünstig. Es
kann hier der Fall eintreten, daß nicht alle freigewordenen Kohlenstoffatome wegen
mangelhafter Wärmeentwicklung verbrennen, es tritt dann Rußbildung ein. Jede
Verstärkung des Benzolcharakters wirkt ungünstig auf die Verbrennung ein.
Das rohe Erdöl könnte durch Ausfrieren, oder durch Fällen der hochsiedenden
Oelanteile mittels Mineralsubstanzen, wie Kaolin, Fullererde usw. vorbehandelt
werden, damit der widerspenstige Brennstoff zum Dieselmotorenbetrieb mehr geeignet
wird. Die Qualität des Teeröls, das heute schon mit besonderen Sorgfalt für
Motorzwecke hergestellt wird, kann wohl kaum noch erhebelich gesteigert werden.
Wie weit die Ansicht richtig ist, daß der Brennstoff bisher dem Motor sehr weit
entgegengekommen ist, und es nun am Motor liegt, sich dem Brennstoff anzupassen,
soll hier nicht entschieden werden.
Am Verbrennungsprozeß im Motor läßt sich nichts ändern. Wenn die Methode des
Dieselverfahrens für gewisse Brennstoffe nicht vollkommen ausreicht, so müssen neue
Mittel und Wege gefunden werden, um eine einwandfreie Verbrennung zu erhalten.
Gewisse Stoffe, die mit der Verbrennung nichts zu tun haben, üben aber einen
wesentlichen Einfluß auf die Verbrennung aus, z.B. Wasserdampf. Ebenso könnte durch
Anwendung von Katalysatoren die chemische Reaktion der Verbrennung beschleunigt und
vervollkommnet werden.
Dipl.-Ing. Wimplinger.
––––––––––
Sandstrahlgebläse und ihre Anwendung. Sandstrahlgebläse
sind heutigentags zu einem wichtigen, für manche Industrien geradezu unentbehrlichen
Werkzeug geworden. Die stark angreifende Wirkung von feinen Sandkörnchen, die mit
großer Geschwindigkeit auf feste Körper auftreffen, wurde durch Zufall entdeckt, und
bereits im Jahre 1871 konstruierte der Amerikaner Benjamin
Chew Tilghman einen Apparat, durch welchen feiner Quarzsand einem
Preßluftstrahl beigemischt und so gegen die zu behandelnden Körper geschleudert
wurde. Der Apparat wurde dann im Laufe der Zeit in seinen Einzelheiten noch
wesentlich verbessert, an dem Prinzip des Druckluftstrahles wurde jedoch im
allgemeinen festgehalten, obwohl man auch teilweise mit Erfolg versuchte, dem
Sandkörnchen durch einen Dampfstrahl oder durch Vakuumansaugung die Treibenergie
mitzuteilen.
Eine normale Druckluftsandstrahl-Einrichtung – meist in fahrbarer Anordnung – besteht
aus einem von einem Explosionsmotor oder von einem Elektromotor von 3–20 PS-Leistung
angetriebenen Luftkompressor mit Windkessel. Ein weiterer Kessel enthält in seinem
oberen Teil Quarzsand und mündet mit seinem unteren trichterförmig gestalteten Teil
in ein Rohrstück, durch welches die bis auf 1–1½ at. komprimierte Druckluft geblasen
wird, welche den aus dem oberen Behälter stetig nachrutschenden Sand mit sich
reißt. Die mit Sand angereicherte Luft kann ohne weiteres durch Schläuche bis zu 30
m Länge geleitet werden. Diese münden je nach Art und Menge der verlangten Arbeit in
Stahlrohre von 6–16 mm Düsenöffnung. Anwendung finden die Sandstrahlgebläse
vornehmlich in der Glas- und in der keramischen Industrie zum Mattieren oder zum
Einarbeiten von Schriften und Mustern. Da man nämlich die Erfahrung gemacht hatte,
daß harte Körper sehr stark, weiche aber fast garnicht angegriffen wurden, so war es
ein leichtes, durch aufgelegte Schablonen aus Weichgummi bestimmte Flächen dem
Einfluß des Sandstrahles zu entziehen. Durch passende Wahl von Korngröße, Zeitdauer
und dem Druck der Luft lassen sich auf Glos oder Steinkörpern überraschende Effekte
erzielen.
Eine nicht minder wichtige Rolle spielt das Sandstrahlgebläse zum Reinigen aller Art
Metallteile. Der Strahl dringt auch in die feinsten Ritzen und schafft eine
metallisch reine Oberfläche, auf der sowohl Farbe, als auch Metallüberzüge
ausgezeichnet haften. Bei Eisenkonstruktionen, die den Witterungseinflüssen
ausgesetzt sind, ist bekanntlich das Aufbringen eines haltbaren Farbenüberzuges fast
eine Lebensfrage.
Die Ueberlegenheit des Sandstrahlgebläses gegenüber dem bekannten Reinigungsverfahren
mittels Drahtbürste wurde durch Wägen von Blechstreifen von 0,5 und 2 mm Dicke vor
und nach der Reinigung festgestellt, wie die Tabelle zeigt:
Sandstrahl
2 mm Blech
= 1,33 v. H..
Gewichtsabnah
„
0,5 „ „
= 3,5 v. H.
„
Drahtbürste
2 „ „
= 0,0075 v. H.
„
„
0,5 „ „
= 0,038 v. H.
„
Die Leistung bei Eisenkonstruktionsteilen beträgt unter normalen Verhältnissen in der
Stunde bei einer Düse
von
6
mm
lichter
Weite
2- 3
qm
Oberfläche
10
„
„
„
4- 6
„
„
16
„
„
„
6-15
„
„
In gleicher Weise können verschmutzte Sandsteinfassaden etc.
gereinigt werden. Der Sandstrahl greift auf der ganzen Oberfläche gleichmäßig an und
gibt dem Stein sein früheres Aussehen wieder.
Eine sehr zweckmäßige Anwendung findet der beschriebene Drucklufterzeuger in
Verbindung mit einem besonderen Zerstäuberapparat zum Aufbringen von Farbe, so daß
nicht nur beispielsweile die Teile einer Brückenkonstruktion gereinigt, sondern auch
gleich mit Anstrich versehen werden können.
(W. Eckler, Der Eisenbau, Okt. 1912.)
Rich. Müller.
––––––––––
Die Briketterzeugung. Unter den briketterzeugenden Ländern
steht in den letzten 10 Jahren das Deutsche Reich an der Spitze, während vorher
Belgien und Frankreich hauptsächlich für die Brikettfabrikation in Betracht kamen.
Während die Produktion dieser beiden Länder gleichmäßig und allmählich zugenommen
hat, kann die deutsche Brikettindustrie auf eine schnell aufblühende Entwicklung zurückblicken
und hat in kurzer Zeit die Konkurrenten im Ausland weit überholt.
Einen interessanten Ueberblick über diese Entwicklung und zugleich über den
augenblicklichen Stand der Briketterzeugung gibt die nachstehende Tabelle.
Brikettproduktion in 1000 t.
Jahr
DeutschesReich
Frankreich
Groß-britannien
Belgien
Italien
Oesterr.-Ungarn
Ver. Staat.v. Amerika
Zu-sammen
ins-gesamt
davonStein-kohlen-briketts
1900
–
–
1763
–
1396
704
191
–
–
1901
9251
–
1883
–
1588
738
196
–
13656
1902
9241
–
1959
–
1617
645
254
–
13739
1903
10476
–
2168
–
1686
704
280
–
15314
1904
10413
–
2259
–
1735
888
305
–
16600
1905
13075
–
2268
1239
1712
825
364
–
19483
1906
14501
–
2286
1538
1887
812
404
–
21426
1907
16414
3524
2635
–
2041
768
450
60
23906Vorläufige
Zahlen.
1908
18223
3995
2768
1630
2341
805
446
82
26295
1909
18810
3976
3074
1536
2707
904
485
127
27643
1910Vorläufige
Zahlen.
19567
4441
3102
1633
2651
924
443
–
32889Für
Großbritannien bezw. Vereinigte Staaten sind die Zahlen über das
Vorjahr wiederholt.
1911Für
Großbritannien bezw. Vereinigte Staaten sind die Zahlen über das
Vorjahr wiederholt.
21828
4991
3344
–
2779
794
458
198
35981Für
Großbritannien bezw. Vereinigte Staaten sind die Zahlen über das
Vorjahr wiederholt.
Die deutsche Jahresproduktion hat sich in diesem Dezennium von 9,25 Mill. t (1901)
auf 21,8 Mill. t (1911) gehoben und sich also reichlich um das Doppelte vermehrt.
Der Hauptanteil dieser Produktion entfällt auf den Braunkohlenbergbau, in dem – nach
Ausweis der Statistik der Bergbehörden – im letzten Jahr 16,837 Mill. Tonnen
Braunkohlenbriketts hergestellt wurden. Aber auch wenn man nur die Fabrikation von
Steinkohlen betrachtet, so werden die 4,991 Mill. t – nach amtlichen Erhebungen –
von keinem anderen Lande überboten.
In Wirklichkeit sind die als „vorläufige Zahlen“ charakterisierten Angaben der
Tabelle für die letzten Jahre noch zu niedrig, da sie nur die Produktion der mit
Bergwerk enverbundenen Brikettfabriken umfassen. Die selbständigen Brikettwerke
unterstehen bekanntlich im Gegensatz zu den vorgenannten der Aufsicht der
Gewerbebeamten und werden in der Statistik der Bergbehörden daher nicht
berücksichtigt. Infolgedessen sind statt der vorläufigen Zahlen sogar noch
wesentlich höhere Ziffern zu erwarten. Z.B. wurden von der Reichsmontanstatistik,
die im Reichsamt des Innern aufgestellt wird und beide Zweige umfaßt, für das Jahr
1910 insgesamt 15,02 Mill. t Braunkohlenbriketts und 5,6 Mill. t Steinkohlenbriketts
nachgewiesen. Vergleicht man diese Zahlen mit den Angaben der Tabelle, so ergibt
sich die beträchtliche Differenz von 1,18 Mill. t schon bei der Produktion der
Steinkohlenbriketts.
Die Erzeugung guter Briketts ist natürlich abhängig von den Eigenschaften der Kohle.
Besonders eignet sich hierfür die westfälische Steinkohle, und so kommt es, daß der
Oberbergamtsbezirk Dortmund allein mit 4,2 Mill. an der Gesamtproduktion
Deutschlands von 4,99 Mill. t (1911) beteiligt ist, und die Brikettherstellung in
andern Bezirken Deutschlands hiergegen sehr zurückbleibt. An erster Stelle kommen im
Dortmunder Bezirk von den 14 briketterzeugenden Revieren (1911) die Bergreviere
Hattingen und Süessen mit je 0,7 Mill. t in Betracht.
Auch in Frankreich hat die Produktion sich im letzten Jahrzehnt annähernd verdoppelt,
während die Entwicklung in dem industriereichen Belgien langsamer fortschreitet und
in den übrigen Ländern auffallend zurückbleibt z.B. in Großbritannien, oder noch
ganz in den Anfängen begriffen ist, wie in den Ver. Staaten von Nordamerika.
Die Weltproduktion hat sich im Laufe des fraglichen Jahrzehnts fast verdreifacht und
ist von 13 auf 36 Mill. t gestiegen. An der Gesamtproduktion des letzten Jahres sind
als Hauptproduzenten beteiligt:
Deutschland
mit
60,67 v. H.
Frankreich
„
9,29 v. H.
Belgien
„
7,22 v. H.
(Glückauf, Nr. 45, S. 1852, 1912.)
Rußwurm.
––––––––––
Textabbildung Bd. 328, S. 27
Abb. 1.
Entfernungsmesser mit im ganzen Gesichtsfeld scharf
abgebildeter Trennungslinie. Bei den jetzt gebräuchlichen
Entfernungsmessern mit kurzer Basis am StandortNäheres
über die verschiedenen Arten von Entfernungsmessern findet sich in Chr. v.
Hofe Fernoptik St. 104 ff. Leipzig 1911., die fast ausschließlich
für den militärischen Gebrauch in Frage kommen, wird bekanntlich die Messung in der
Weise ausgeführt, daß die beiden oberhalb und unterhalb einer horizontal durch das
Gesichtsfeld hindurchgehenden Trennungslinie erscheinenden Bilder vom Objekt so
aufeinander eingestellt werden, daß sie in seitlicher Richtung vollkommen
zusammenfallen. Bei den sog. Koinzidenztelemetern, deren beide Teilbilder aufrecht
stehen, ergänzen sich diese dann zu einem vollständigen Bild (Abb. 1); bei den Inverttelemetern, deren oberes
Teilbild auf dem Kopf steht, berühren sie sich mit den Spitzen (Abb. 2). Die Genauigkeit dieser Einstellung kann
dadurch gesteigert werden, daß die Trennungslinie zwischen den beiden Bildern
möglichst dünn hergestellt wird. Für die Herstellung dieser Trennungslinie werden
drei Methoden angewandt.
Textabbildung Bd. 328, S. 27
Abb. 2.
1. wird sie durch eine möglichst scharf polierte Prismenkante gebildet, die sich
in der Bildebene des Okulars befindet. Da diese Kante durch das Okular als Lupe mit
einer ziemlich starken Vergrößerung (mit 10 bis 17 x Vergrößerung) betrachtet wird,
so wird diese Trennungslinie immer noch eine gewisse Dicke besitzen und evt. auch
kleine Aussprünge aufweisen. Auch ist es leicht möglich, daß Staubteilchen an der
Prismenkante haften bleiben, die ebenfalls in störender Weise sichtbar werden. Im
übrigen wird diese Trennungslinie im ganzen Gesichtsfelde mit gleichmäßiger Schärfe
abgebildet (soweit das Okular überhaupt am Rande eine scharfe Abbildung
aufweist).
2. Eine bessere Methode, die Trennungslinie möglichst dünn herzustellen, besteht
darin, daß sie durch den scharf abgeschnittenen Rand einer Versilberung gebildet
wird. Eine chemisch auf Glas niedergeschlagene Versilberung ist sehr dünn; wenn
deren Rand scharf abgeschnitten wird, so wird infolgedessen die Trennungslinie fast
eine mathematische Linie bilden und selbst bei starker Okularvergrößerung immer noch
praktisch ohne Breitenausdehnung abgebildet werden. Die Versilberung ist bisher
meistens so angebracht, daß die Trennungslinie die Okularachse unter 45° oder 22 ½°
schneidet, so daß sie nur in der Mitte des Gesichtsfeldes scharf abgebildet wird;
daß dagegen auf der einen Seite des Gesichtsfeldes die Trennungslinie dem Okular zu
nahe, auf der anderen zu weit vom Okular entfernt ist und infolgedessen verschwommen
dargestellt wird. Für den praktischen Gebrauch erscheint auf diese Weise die
Trennungslinie nur etwa in dem mittleren Drittel des Gesichtsfeldes genügend scharf,
jedoch hat sich allmählich herausgestellt, daß es z.B. bei Messung von beweglichen
Zielen oder sonst bei schnell vorzunehmenden Messungen hinderlich ist, immer erst
das Bild einigermaßen in die Mitte des Gesichtsfeldes bringen zu müssen, ehe man die
Messungen ausführen kann.
3. Aus den vorhin angegebenen Gründen war es wünschenswert, die durch ihre besonders
geringe Ausdehnung ausgezeichnete Trennungslinie, die durch den Rand einer
Versilberung gebildet wird, so herzustellen, daß sie durch das ganze Gesichtsfeld
scharf hindurchgeht. Die auf diese Weise gebildete Trennungslinie ist ganz allgemein
der Firma Goerz durch das Patent Nr. 243135 geschützt.
iSe stellt eine so ideale Trennungslinie vor, daß sie wohl nicht übertroffen werden
kann.
Dr. v. Hofe.
––––––––––
Kesselhaus-Reorganisation. Zur Beantwortung der Frage, ob
es lohnend ist, eine Kesselhausanlage im modernen Sinne umzubauen, ist es in erster
Linie notwendig, sich darüber klar zu werden, in welchem Zeitraum die Kosten des
vorgenommenen Umbaues durch die erzielte Kohlenersparnis getilgt werden. Zu diesem
Zweck stellt man die Kosten einer bestimmten Dampfmenge, z.B. von 1000 kg. dadurch
fest, daß man den Preis von 1000 kg Kohle durch den Quotienten
\frac{D}{B} teilt. Darin bedeutet D die erzeugte
Dampfmenge in kg Stunde, B die verbrauchte Kohlenmenge in kg Stunde. Es wird sich
ein Unterschied des Dampfpreises vor und nach dem Umbau ergeben. Stellt man nun noch
die gesamte Dampf menge fest, so läßt sich leicht die durch den Umbau erzielte
Ersparnis und somit die Tilgungszeit bestimmen.
Es wird vielfach von den Gesellschaften, denen der Umbau übertragen wurde, die
Verpflichtung übernommen, die vereinbarte Entschädigung nur aus den nachgewiesenen
Ersparnissen zu beanspruchen, wodurch jedes Risiko für den Besteller entfällt. Die
Erfolge indessen, die durch eine praktisch durchgeführte Reorganisation erreicht
werden können, sind, wie nachfolgendes Beispiel des Kesselhausumbaues eines
Walzwerkes zeigt, nicht gering zu veranschlagen.
Die ursprüngliche Anlage bestand aus 16 Zweiflammrohrkesseln, die in 2 Gruppen zu je
8 Kesseln geteilt waren. Für jede Gruppe war ein Rauchgasvorwärmer im Fuchs des
gemeinsamen Schornsteines vorhanden. Auch der Abdampf der Speisepumpen wurde zur
Vorwärmung ausgenutzt.
Die Voruntersuchung ergab einen Quotienten \frac{D}{B}=6,1. Unter
Zugrundelegung eines Kohlenpreises von 22,44 M für 1000 kg ergab sich demnach der
1000 kg-Dampfpreis zu \frac{22,44}{6,1}=3,67\mbox{ M}. Der
anfängliche Wirkungsgrad war
\eta=\frac{D\,.\,W}{B\,K}=6,1\,.\,\frac{615}{6800}=0,55,
worin W und K die in 1 kg Dampf bezw. 1 kg Kohle enthaltene Wärmemenge bedeuten.
Zum Zwecke der Reorganisation wurden an den Feuertüren Sekundärluft-Automaten
angebracht, um über den Rost Luft zu führen und dadurch diel ästige Rauchentwicklung
beim Beschicken zu verhindern. Um das Eindringen kalter Luft beim Schlacken und
Beschicken unmöglich zu machen, ordnete man beim Uebergang vom zweiten auf den
dritten Zug Schieber an, die sich beim Oeffnen der Feuertür selbsttätig schließen.
In den Fuchs wurden Rippenrohr-Rauchgasvorwärmer gehängt, und zwar für jede Gruppe 6
Einheiten. Eine Dampfabblasevorrichtung sorgte für Reinigung der Rippenrohre von
Asche, während der Kesselstein von Zeit zu Zeit durch einen elektrisch angetriebenen
Fräser entfernt wurde. Der Abdampf der Pumpen und der anderen vorhandenen
Betriebsmaschinen wurde in Vorwärmern ausgenutzt, bei denen das Wasser durch glatte
Messingrohre floß, bevor es zum Rauchgasvorwärmer gelangte. Die verbrauchte
Wassermenge wurde durch Kolbenwassermesser festgestellt. Zur Untersuchung dienten
Gasanalysatoren, an deren Stelle für den Betrieb später Verbundzugmesser, ihrer
größeren Billigkeit wegen traten. Diese ermöglichten die Feststellung des
Luftüberschusses über dem Rost und des Zugunterschiedes zwischen Kesselende und
Feuerraum, welche Aufgabe die Gasanalysatoren durch Anzeige des Kohlensäuregehaltes
erfüllen. Pyrometer zum Messen der Abgastemperatur und Thermometer zum Messen der
Wasserwärme vervollständigten die Modernisierung der Anlage.
Die Gesellschaft zur Verbilligung der Dampferzeugungskosten, die den Umbau
übernommen hatte, unterzog sich einer etwa 1 jährigen sehr eingehenden Prüfung der
eingeführten Verbesserungen, die zu folgendem sehr günstigen Resultate führten. Der
Wirkungsgrad stieg von 0,55 bis auf 0,724. Der Quotient
\frac{D}{B} welcher anfangs = 6,1 war, wurde = 8,25.
Unter Zugrundelegung desselben Kohlenpreises wie oben, nämlich 22,4 M für 1000 kg,
betrugen nunmehr die Kosten für 1000 kg Dampf \frac{24,8}{8,25}=2,72\mbox{
M}. Die Ersparnis betrug somit 26 v. H. oder in Berücksichtigung der
verbrauchten Dampfmenge monatlich 6500 M.
Aehnliche Erfolge wurden beim Umbau eines städtischen Elektrizitätswerkes erzielt. In
diesem Fall stieg der Wirkungsgrad von 57 v. H. bis 73 v. H. Der Preis für 1000 kg
Dampf ermäßigte sich sogar fast um 27 v. H.
Die beschriebenen Umbauten zeigen als Resultat, daß eine Verbesserung der
Kesselanlagen hauptsächlich auf 2 Gebieten angestrebt werden muß: Man beseitige die
unvollkommene Verbrennung z.B. durch selbsttätige Feuerungen und man verringere die
Abgasverluste durch möglichst vollkommene Ausnutzung der Gase zur Vorwärmung.
Zuverlässige Dauerprüfgeräte sind zu diesem Zweck unerläßlich. (Zeitschr. d. Vereins
deutscher Ingenieure Nr. 43.)
Schmolke.
––––––––––
Die Materialprüfungsanstalt an der Technischen Hochschule zu
Darmstadt gab ihren V. Jahresbericht 1911-12 heraus. Die unter Leitung der
Professoren Berndt und Wirtz
und Dr. Ing. Preuß arbeitende Anstalt hat im
Berichtsjahre eine Reihe wissenschaftlicher Versuche angestellt (u.a. Einfluß der
Elektrizität auf Eisenbeton, Materialspannungen, Politurhaltigkeit des MarmorDing. J. 1912 B. 327 S. 634., die in
verschiedenen Zeitschriften veröffentlicht wurden. Außerdem führte die Anstalt gegen
Entgelt auf Antrag von Behörden und Privaten Untersuchungen aus von Maschinenteilen,
Baustoffen und ganzen Bauwerken auf Festigkeit, Abnutzung, Brandsicherheit, ebenso
von Sprengstoffen und Blitzlichtpulver auf Explosionssicherheit. Es lagen dafür 190
Anträge vor, gegen 171 im Vorjahre. Diese Prüfungsergebnisse werden von der Anstalt
geheim gehalten und nur im Einverständnis mit den Antragstellern veröffentlicht.
Eine Anzahl besonders interessanter Untersuchungen werden in dem Jahresberichte kurz
skizziert.
––––––––––
§ 5 Abs. II, Pat.-Ges. Zur Begründung einer Entschädigungsklage
gegen das Reich oder gegen einen Bundesstaat wegen Patentverletzung genügt der
Nachweis der Benutzung des Patents. Zu prüfen ist, ob eine besondere
Vorschrift des geltenden Rechts dem Reichs- oder Staatsfiskus die Pflicht auferlegt,
für Eingriffe in Patentrechte, die in Ausübung von Hoheitsrechten begangen
werden, Entschädigung zu leisten. Dies muß schon im Hinblick auf das Pat.-Ges.
selber bejaht werden. Nach § 5 soll die Wirkung des Patents insoweit nicht
eintreten, als die Erfindung nach Bestimmung des Reichskanzlers für das Heer oder
für die Flotte oder sonst im Interesse der öffentlichen Wohlfahrt benutzt werden
soll. Doch hat der Patentinhaber in diesem Falle gegenüber dem Reich oder dem
Staate, welcher in seinem besonderen Interesse die Beschränkung des Patents
beantragt hat, Anspruch auf angemessene Vergütung, welche in Ermangelung einer
Verständigung im Rechtswege festgesetzt wird. Durch diese Vorschrift ist der
Grundsatz des Enteignungsrechtes für das Gebiet des Patentrechtes anerkannt. Wo es
sich um das Wohl des Ganzen handelt, soll das private Recht keine unüberwindliche
Schranke bilden. Darf das Reich einem Patentinhaber sein Recht auch nicht geradezu
wegnehmen, so kann es doch ganz nach Bedarf in verschiedenem Umfange bis zur
völligen Erschöpfung des Rechts Benutzungsrechte daran begründen. Nur wird dem
Privaten, wie bei jeder Enteignung, das aufgezwungene Opfer nicht unentgeltlich
zugemutet. In dem Maße, in dem sein Recht eine Schmälerung erleidet, hat er von dem
Reiche oder dem Bundesstaate, dem die Enteignung zugute kommt, Entschädigung zu
verlangen. Richtig ist nun freilich, daß § 5, II nach seinem Wortlaut den Eintritt
einerseits der Rechtsschmälerung, andererseits des Anspruchs auf Wertersatz an eine
Enteignungserklärung des Reichskanzlers knüpft. Weil im vorliegenden Falle eine
solche Erklärung nicht ergangen ist, hat das P. G. die Vorschrift für unanwendbar
angesehen. Damit ist es indes ihrer Bedeutung nicht gerecht geworden. Die
Bestimmung, daß vor der Benutzung der geschützten Erfindung die Voraussetzungen des
Enteignungsrechts bindend festgestellt werden sollen, entspricht der Art und Weise,
wie in anderen Fällen die Enteignung geregelt ist. Sie bietet für die Behörden den
Vorteil, die Frage, ob wirkliche Enteignung erforderlich ist und in welchem Umfange
sie stattfinden soll, einer gründlichen Prüfung unterziehen zu können. Allein bei
der einfachen Uebertragung dieser Einrichtung auf das Gebiet des Patentwesens ist
die Besonderheit des gewerblichen Rechtsschutzes nicht genügend berücksichtigt.
Patentrechte unterscheiden sich von den meisten anderen Privatrechten dadurch, daß
ihre Grenzen überaus häufig nur mit Schwierigkeit ermittelt werden können. Handelt
es sich z.B. um eine Erfindung, die für Heer oder Flotte von Bedeutung ist, so wird
nicht selten die Sache so liegen, daß die technischen Beamten, die sich im Interesse
der Kriegsbereitschaft des Reiches zur Benutzung eines dem patentierten ähnlichen
Gegenstandes gezwungen sehen, im besten Glauben der Meinung sind, den Schutzbereich
des Patents zu vermeiden, und daß sie deshalb davon Abstand nehmen, den
Reichskanzler zur Enteignung zu veranlassen. Beruht ihre Ansicht über das Patent auf
Irrtum, so ist der Patentinhaber in einer mißlichen Lage. Gegenüber der Ausübung der
öffentlichen Gewalt kann er ein gerichtliches Verbot fernerer Patentverletzung nicht
erlangen. Eine Klage gegen den Reichskanzler oder das Reich mit dem Antrage, die Enteignung zu verfügen,
würde schon deshalb nicht durchdringen können, weil es dem Reichskanzler unter allen
Umständen überlassen bleiben muß, für die Zukunft Inhalt und Umfang der Lizenz zu
bestimmen, vor allem auch darüber zu befinden, ob sie als ausschließliche Lizenz zu
begründen sei oder nicht. Soll daher die gesetzliche Bestimmung nicht wirkungslos
bleiben, so muß die Auslegung die Lücke, die der Gesetzgeber gelassen hat,
ausfüllen. Hierbei ist davon auszugehen, daß das Patentgesetz eine Abweichung von
dem in allen deutschen Staaten geltenden großen Rechtsgrundsatz, wonach
Privateigentum für öffentliche Zwecke nur gegen Entschädigung in Anspruch genommen
werden darf, nicht beabsichtigt hat. Die Erklärung des Reichskanzlers kann deshalb
nicht als einziger Fall der Enteignung anerkannt werden, die Benutzung der
geschützten Erfindung ist ihr gleichzustellen. Der Patentinhaber muß befugt sein,
geltend zu machen, daß die Enteignung seines Patents trotz fehlender
Enteignungsverfügung doch tatsächlich stattgefunden hat. Nach dieser
Rechtsauffassung ist zur Begründung einer Entschädigungsklage gegen das Reich oder
den Bundesstaat, die in Ausübung der öffentlichen Gewalt eine Erfindung in Benutzung
nehmen, irgend etwas weiteres als der Nachweis der Benutzung nicht zu erfordern. Auf
den subjektiven Tatbestand kommt es nicht an. Der § 35, Pat.-Ges., wonach nur
wissentliche oder grobfahrlässige Verletzung des Patentes zur Entschädigung
verpflichtet, findet keine Anwendung. Der Darstellung Seligsohns (Pat.-Ges. 5. Aufl.
S. 406), die im übrigen auf dem hier vertretenen Standpunkte steht, kann darin nicht
beigetreten werden, daß eine Verurteilung zum Schadensersatz auf Grund
entschuldbarer Patentverletzung eine Benachteiligung gegenüber anderen das Patent
verletzenden Personen bedeutete. Es wird dabei nicht beachtet, daß das Reich
insofern besser gestellt ist, als ihm der Eingriff in das Patent nicht verboten
werden darf. Vor allem aber wird der durchgreifende Unterschied verkannt, der
zwischen der Schadensersatzpflicht privater Patentverletzer und der Pflicht des
Reichs oder eines Bundesstaates wegen Benutzung der Erfindung im öffentlichen
Interesse besteht. Während der Anspruch nach § 35 Pat.-Ges. aus unerlaubter Handlung
entspringt, hat die Enteignungsentschädigung mit dem Gedanken an ein Delikt nichts
gemein. Allerdings haben die in der Reichs- oder Staatsverwaltung beschäftigten
technischen Beamten sorgfältig zu prüfen, ob eine Vorrichtung oder ein Verfahren,
das sie zur Förderung der öffentlichen Wohlfahrt anwenden wollen, in ein Patent
eingreift. Aber diese Verpflichtung ist nur ein Ausfluß ihrer Dienstpflicht
gegenüber dem Reiche oder dem Staate, denen daran gelegen sein muß, durch
Entschädigungsansprüche nicht überrascht zu werden. Mit Bezug auf den Patentinhaber
kann, soweit es sich um die Ausübung von Hoheitsrechten handelt, von einer
Sorgfalspflicht nicht die Rede sein. Insoweit ist das Reich oder der Bundesstaat zu
einem Eingriffe in das Patent schlechthin berechtigt. Die Begriffe der vorsätzlichen
oder fahrlässigen Schadenszufügung, des Verschuldens, der unrechten Tat passen daher
nicht, wie denn auch die ganze Frage, ob die Heranziehung einer Erfindung für
öffentliche Zwecke mit dem Bewußtsein des Bestehens eines Patentschutzes erfolgt ist
oder nicht, von dem Patentinhaber garnicht aufzuwerfen ist. Urteil vom 22. Juni
1912. (Juristische Wochenschau: Vom Reichsgericht.)
W. D.