Titel: | Neuere Conveyor-Anlagen. |
Autor: | W. Lehrmann |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 70 |
Download: | XML |
Neuere Conveyor-Anlagen.
Von Ingenieur W. Lehrmann,
Leipzig.
(Schluß von S. 56 d. Bd.)
LEHRMANN: Neuere Conveyor-Anlagen.
Abb. 12 zeigt eine Kesselhausbekohlungsanlage,
bei der ein Förderer eingebaut wurde, der eine Art Zwischenstufe von Kratzer und
Becherförderer darstellt. Die Anlage wurde für die Columbus
Railway & Light Company von der Jeffrey Mfg.
Comp. in Columbus vor mehreren Jahren erbaut und dient zum Transport von
Kohle von den im Kesselhaus befindlichen Tiefbunkern nach den Hochbunkern. Die in
Eisenbahnwaggons ankommende Kohle wird, wie aus der Abb.
12 hervorgeht, durch Oeffnungen in der Gebäudewand in die Tiefbunker
geworfen und gelangt von hier aus. auf den Kratzer, welcher das Material in die
Hochbunker fördert. Das Aufgeben des Materials auf den Kratzer geschieht mittels
besonderer Aufgabevorrichtungen, die durch die vorbeilaufende Kette betätigt werden,
das Material kann je nach Wunsch, entweder von dem einen oder anderen
Bunkerauslauf abgezogen werden. Das Abwerfen des Materials erfolgt durch
Oeffnen von in der oberen Kratzerrinne angebrachten Schieberverschlüssen, welche vom
Kesselhausflur aus betätigt werden.
Textabbildung Bd. 328, S. 69
Abb. 12.
Die Kohle wird also, nachdem sie durch die Aufgabevorrichtung in die untere
Kratzerrinne gegeben worden ist, von den Bechern in dieser Rinne entlang bewegt,
fällt bei Uebergang in den Vertikalstrang in die Becher hinein, wird von diesen bis
in die obere Rinne gefördert und in dieser wieder ähnlich wie unten entlang bewegt,
bis die Kohle durch den zurzeit offen stehenden Verschluß hindurchfällt und in die
darunterliegenden Bunker gelangt.
Die Becherkette selbst hat eine gewisse Aehnlichkeit mit der eines sogen. Conveyors,
doch sind hier die einzelnen Becher fest mit der Kette verbunden, nehmen also das Fördergut nur in
senkrechten Strängen auf, in wagerechten Strängen arbeitet die Vorrichtung als
Kratzer. Antriebs- und Spannstationen sind ähnlich ausgebildet wie bei den bisher
beschriebenen Conveyoranlagen.
Die Konstruktion derartiger Förderanlagen, wie die zuletzt beschriebene, ist
allerdings verhältnismäßig -einfach, birgt aber verschiedene Nachteile in sich. Die
auftretenden Reibungsverluste sind erheblich höher als bei einer Conveyoranlage mit
pendelnden Bechern, dementsprechend fällt der Kraftbedarf größer aus, der Verschleiß
ist stärker, außerdem wird das Fördergut angegriffen. Unangenehm sind auch die durch
eine Kratzeranlage verursachten mehr oder weniger störenden Geräusche. Aus diesen
Gründen hat sich der moderne Becherförderer in letzter Zeit fast überall Einführung
verschafft, zumal er sich schon bei kleinen Kesselanlagen mit einem stündlichen
Kohlenverbrauch von etwa 1,5 bis 2 t bezahlt macht.
Textabbildung Bd. 328, S. 70
Abb. 13.
Textabbildung Bd. 328, S. 70
Abb. 14.
Ein Becherförderer zum Beschicken von Kesselhausbunkern wurde z.B. für das Stadt.
Elektrizitätswerk Düsseldorf im Jahre 1909 erstellt und hat sich sehr gut bewährt,
so daß das Werk sich kürzlich zur Anschaffung einer zweiten größeren Conveyoranlage
ihrer Erweiterungsbauten entschlossen hat. Die erste wie auch die zweite Anlage, die
zurzeit in Arbeit ist, wurden der Firma Bleichert &
Co., Leipzig, in Auftrag gegeben.
Die erste Anlage hat eine stündliche Leistung von etwa 16 t Steinkohle. Abb. 13 zeigt das Becherwerk vor Eintritt in das
Kesselhaus. Die Kohle wird von einer zwischen Conveyorturm und Kesselhauswand
befindlichen Einwurfgrube bis in die vor den Kesseln liegenden Hochbunker gefördert
und gelangt von diesen auf die Feuerungen.
Interessanter als die eben erwähnte ist die neue Anlage, welche aus Abb. 14 hervorgeht.
Es sind hier zwei getrennte Becherwerke für eine stündliche Leistung von je etwa
40 t Steinkohle derart angeordnet, daß das Material von dem Einwurftrichter aus je
nach Wunsch entweder dem einen oder dem anderen Förderer zugeführt werden kann.
Unter dem Auslauf des Trichters ist eine Zweiwegeschurre eingebaut, an deren
Ausläufe sich die Füllmaschinen der beiden Förderer anschließen. Durch entsprechende
Stellung einer in die Zweiwegeschurre eingebauten Umstellklappe wird das Material
auf das eine oder andere Becher werk gegeben. Kurz hinter der Einwurfgrube werden
beide Förderer in einem eisernen Turm hochgeführt; der eine läuft dann über eine in
der Brücke aufgestellte Brechvorrichtung hinweg ins Kesselhaus hinein, während der
andere Förderer unter dem Brecher hindurch seinen Weg ins Kesselhaus nimmt. Ueber
den Bunkern liegen die Becherwerke nebeneinander und geben die geförderte Kohle
durch Einschalten einer fahrbaren Kippvorrichtung an jeder beliebigen Stelle ab. Der
Einbau der Brechvorrichtung und die dadurch bedingte Strangführung der Becherwerke
war nötig, um die zeitweilig ankommende großstückige Kohle vor Abgabe in die Bunker
auf die für die Feuerungen erforderliche Stückgröße zu bringen.
Die Aufstellung des Brechers unter dem Einwurftrichter hätte zu große Bautiefe für
die Grube ergeben.
Um das Gewicht sämtlicher den Bunkern zugeführten Kohlenmengen festzustellen, ist in
jeden der beiden Förderer eine automatisch arbeitende Wage eingebaut, die die
transportierte Kohle selbsttätig wiegt und registriert, so daß das Gesamtgewicht der
in einem bestimmten Zeitabschnitt den Bunkern zugeführten Kohlenmenge jederzeit
festgestellt werden kann.
Die Arbeitsweise der Anlage ist also folgende: Kleinstückige Kohle wird von dem
Einwurftrichter aus dem einen oder anderen Förderer zugeführt, während des
Transportes automatisch gewogen und direkt in die Bunker gegeben. Der eine
Becherförderer läuft dabei über die Brechvorrichtung hinweg, der andere unten durch.
Da mit beiden jedoch dasselbe erreicht wird und jeder einzelne genügendes leistet,
so dient der eine oder andere als Reserve. Die Brechvorrichtung steht bei dem eben
beschriebenen Transport natürlich außer Betrieb. Ist dagegen großstückige Kohle zu
fördern, so wird diese von dem einen Becherwerk bis über die Brech- und
Sortiervorrichtung gebracht, hier mit Hilfe einer Kippvorrichtung abgeworfen und
nach Zerkleinerung auf den zweiten unterhalb der Brechvorrichtung laufenden Förderer
gegeben, um dann nach selbsttätiger Gewichtsfeststellung den Bunkern zugeführt zu
werden.
Die Konstruktionen der Becherkette, der Antriebsund Spannstationen etc. sind hier im
allgemeinen wie bei den bereits beschriebenen Anlagen.
Eine Anlage, bei der gleichzeitig Kohle und Asche transportiert werden kann, ist in
Abb. 15 veranschaulicht und wird zurzeit für die
Ueberlandzentrale Ibbenbühren der Niedersächsischen Kraftwerke A.-G. erstellt.
Die in Grubenwagen ankommende Kohle wird mit Hilfe des Kreiselwippers in den
Einwurftrichter gegeben und von diesem der Brech- und Sortiervorrichtung zugeführt,
gelangt dann automatisch in den Becherförderer und wird ins Kesselhaus
transportiert. Zum Entleeren der Becher ist über dem Bunker eine fahrbare
Kippvorrichtung angeordnet, die ein sehr gleichmäßiges Beschicken des Kohlenbunkers
ermöglicht. Unmittelbar nach Eintritt des Förderers ins Kesselhaus passieren die
Becher eine Wage, die die geförderte Kohle automatisch wiegt und registriert, bevor
sie in den Bunker gelangt. Die den Bunkern entnommene Kohle wird vor Abgabe auf die
Feuerungen in einer fahrbaren halbautomatischen Wage nochmals gewogen.
Textabbildung Bd. 328, S. 71
Abb. 15.
Die stündliche Leistung des „Conveyors“ beträgt etwa 20 t Kohle und etwa 16 t
Asche, wobei die Aschenförderung natürlich entsprechend seltener in Frage kommt.
Der Antrieb ist am hinteren Ende des oberen Kettenstranges angeordnet und etwa 9
PS stark, wobei auf spätere Verlängerungen Rücksicht genommen ist und die ganze
Antriebsvorrichtung dann lediglich versetzt zu werden braucht. Die Länge der
Becherkette beträgt vorläufig etwa 172 m, die Förderhöhe etwa 18 m.
Zum Aufgeben der Asche ist im Aschenkanal eine fahrbare Füllmaschine angeordnet; die
Abgabe erfolgt an der stationären Kippvorrichtung über dem Aschenbunker.
Die Kippvorrichtungen sind derart eingerichtet, daß alle mit Kohle gefüllten Becher
unbedingt über dem Kohlenbunker gekippt werden, bevor sie in den Aschenkanal
gelangen und alle mit Asche gefüllten Becher stets über dem Aschenbunker gekippt
werden, so daß keine vollen Becher unter die Füllmaschine gelangen können. Ein
Vermischen von Kohle und Asche ist infolgedessen ausgeschlossen.
Die Gesamtausführung der Zentrale liegt in Händen der Gesellschaft für elektr. Unternehmungen, Berlin. Die Transport- und
Brechanlage wird von Bleichert & Co., Leipzig,
geliefert.
Zum Schluß möchte ich noch auf einen zurzeit in Ausführung befindlichen
Becherförderer hinweisen, der von Bleichert & Co. im
Auftrage der den Bau ausführenden Firmen der Siemens-Schuckert-Werke und der Allgemeinen Elektr.
Gesellschaft für die Kraftzentrale Mittelsteine bei Neurode in Schlesien
erstellt wird.
Die Strangführung des Förderers geht aus Abb. 16
hervor. Die winkligen Ablenkungen und Lagen des Becherwerkes in verschiedenen
Vertikalebenen machten sich erforderlich, um die Kohle von den Einwurfgruben längs
der Gebäudewand ohne Umladung bis in die in Achse des Kesselhauses liegenden
Hochbunker zu transportieren.
Das Fördergut kommt in aus Selbstladern bestehenden Eisenbahnzügen an, diese
Selbstentlader sollen hinter- einander stehend gleichzeitig entleert werden,
wodurch eine ziemlich langgestreckte Einwurfgrube mit acht Ausläufen erforderlich
wurde. Der Becherförderer wird nun unter den Verschlüssen der Einwurfgrube entlang
geführt, steigt seitlich an der Gebäudewand empor, wobei die Kette um 90° verdreht
werden muß, und läuft dann nach abermaliger Kettenverdrehung über die Kohlenbunker
hinweg. Der rücklaufende Strang wird etwa in der Mitte des Kesselhauses rechtwinklig
abgelenkt, um durch die Seitenwand des Gebäudes und wieder abwärts bis unter die
Grubenöffnungen geführt zu werden.
Textabbildung Bd. 328, S. 72
Abb. 16.
Die Leistung des Förderers beträgt etwa 50 t Steinkohle i. d. Stunde, die Becherkette
hat eine Länge von vorläufig etwa 200 m, später 300 m. Die Förderhöhe beträgt etwa
25 m, der Antrieb ist 20 PS stark. M. W. ist dieser Förderer der größte als
sogenannter Verdrehungsconveyor ausgeführte.
Die Konstruktion der Becherkette weicht bei dieser Anlage natürlich von denen der
vorigen ab; es sind bei dem „Verdrehungsconveyor“ die einzelnen Becher
pendelnd in Rahmen aufgehängt, die durch Gelenke derart miteinander verbunden sind,
daß die gewünschten Verdrehungen ohne weiteres erreicht werden. Die Rahmen sind aus
Schmiedeeisen angefertigt, da diese den ganz oder zum Teil aus Gußeisen bestehenden
gegenüber erheblich betriebssicherer sind.
Der Antrieb ist am Ende des oberen Kettenstranges eingebaut und derart
vorgesehen, daß er bei Vergrößerung des Kesselhauses und Verlängerung der
Becherkette ohne weiteres versetzt werden kann.
Becherförderer für Kesselhausbekohlung werden häufig mit sich selbsttätig
ausschaltenden Kippvorrichtungen und automatischer Endausschaltung eingerichtet. Die
über einem Bunker befindliche Kippvorrichtung rückt automatisch aus, sobald der
Bunker gefüllt ist, so daß ein Ueberlaufen verhütet wird; auch wird durch eine
hinter dem letzten Bunker eingebaute Vorrichtung, die mit einem Schalter in
Verbindung steht, ein Stillsetzen des Becherwerkes erreicht, sobald sämtliche Bunker
gefüllt sind, bzw. die vollen Becher die Bunker passieren. Eine solche Anlage
arbeitet also unabhängig von der Achtsamkeit des Bedienungspersonals.
Zum selbsttätigen Mischen verschiedener Materialien in ganz bestimmten Verhältnissen,
automatischen Feststellen der gemischten Quantitäten und selbsttätigen Unterbrechung
der Materialienzufuhr nach Förderung der verlangten Menge, also z.B. nach Beendigung
einer Charge bei Ofenbeschickung oder dergl., werden ebenfalls Becherförderer
verwendet.
Im vorliegenden Aufsatz habe ich besonders größere Anlagen, also solche mit großer
Leistung und Förderhöhe behandelt; auf Becherförderer mit selbsttätigen
Schaltvorrichtungen und dergl. werde ich demnächst in einer besonderen Abhandlung
zurückkommen.