Titel: | Der Föttinger-Transformator. |
Autor: | C. Kielhorn |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 198 |
Download: | XML |
Der Föttinger-Transformator.
Von C. Kielhorn in
Zehlendorf.
(Schluß von S. 182 d. Bd.)
KIELHORN: Der Föttinger-Transformator
I.Anordnung der Maschinenräume auf einem kleinen
Dampfer für die Bäderfahrt von ungefähr 1600 t Deplacement.Vergleich zwischen
direkt wirkenden Turbinen und einer Turbinenanlage mit Föttinger-Transformator.
Für einen Dampfer dieses Typs ist die Turbinenanlage mit Transformator die gegebene
Maschinenanlage sowohl was die Ersparnis an Gewicht, Raum und Kohlenverbrauch, als
auch was das Fehlen jeglicher Vibration und die ausgezeichneten
Manövriereigenschaften dieser Anlage betrifft.
Textabbildung Bd. 328, S. 198
Abb. 4.Maschinenanlage eines Bäderdampfers für 21 Meilen Geschwindigkeit.
Deplacement etwa 1600 t.
Abb. 4 gibt einen Vergleich zwischen einer
Turbinenanlage aus zwei Curtis-A. E. G.-Vulcan-Turbinen,
von denen jede für sich eine der beiden Schraubenwellen treibt, und von denen jede
aus einer Vorwärts- und einer Rückwärtsturbine in getrennten Gehäusen besteht.
Die beiden Turbinen sind für eine Gesamtleistung von 4800 Bremspferden bei 600
Umdrehungen i. d. Min. bestimmt und sollen dem Schiff eine Geschwindigkeit von 21
Kn. geben. Das Gewicht der Turbinen einschließlich Wellenleitung, Propeller und
Kondensatoranlage beträgt 166 t. Der Dampfverbrauch würde 6,9 kg i. d. Std. und PS
betragen bei Sattdampf und 6,0 kg i. d. Std. und PS bei überhitztem Dampf. Die
untere Zeichnung auf Abb. 4 zeigt die enorme
Raumersparnis bei Anwendung des Föttinger-Transformators.
Diese zeigt zwei Turbinenanlagen, jede bestehend aus einer Turbine von 1800
Umdrehungen i. d. Min. und einen Transformator, welcher die Umdrehungszahl auf 450
verringert. Das Gewicht dieser Anlage, umfassend Turbinen mit Transformatoren,
Wellenleitung mit Propeller und Kondensatoranlage würde nur 75 t betragen, d.h. 55
v. H. weniger als die oben beschriebene Turbinenanlage. Der Dampfverbrauch der
Turbinenanlage mit Transformator würde nicht mehr als 6,35 kg i. d. Std. und
PS, gemessen hinter dem Transformator auf der Tunnelwelle bei Sattdampf und 5,5 kg
i. d. Std. und PS bei mäßig überhitztem Dampf betragen, was einer Ersparnis von rund
8 v. H. gleich käme.
Wenn man direktwirkende Turbinen angeordnet haben würde mit einer Hochdruckturbine
für die eine Welle und einer Niederdruckturbine für die andere, so wäre das Gewicht
dieser Anlage auf 150 t verringert worden und der Dampf verbrauch auf 6,35 kg i. d.
Std. und PS, aber dabei muß berücksichtigt werden, daß die Manövriereigenschaften
einer solchen Anlage ganz wesentlich schlechtere sind gegenüber einer Anlage mit
unabhängigen Wellen.
Die Verwendung von überhitztem Dampf, der bei direkt wirkenden Turbinen immer ein
Risiko bedeutet wegen der verschiedenen Schwierigkeiten, die sich bei der hohen
Temperatur der Hochdruckturbinen ergeben, ist für die raschlaufenden Turbinen die
Anlage mit Transformator sehr zu empfehlen. In diesen raschlaufenden Turbinen ist
der Temperaturfall in den Eintrittsventilen so groß, daß die Temperatur im Gehäuse
nicht größer ist als die des Sattdampfes beim Eintritt in die direktwirkenden
Turbinen. Von diesem Gesichtspunkt aus kann der Dampfverbrauch bei Sattdampf und
direktwirkenden Turbinen mit dem Dampfverbrauch bei überhitztem Dampf für die
Turbine mit Transformator verglichen werden.
II.Anordnung der Maschinenräume für einen
Schlachtschiffkreuzer von etwa 30000 t Deplacement.Vergleich zwischen
direktwirkenden Turbinen und Turbinen mit Transformatoranlage.
Der Kreuzer soll 26 ½ Meilen laufen und eine Turbinenanlage von 72000 PS erhalten.
Unsere Abb. 5 zeigt oben die Maschinenräume des
Kreuzers mit drei Satz direktwirkender Turbinen vom Typ Curtis – A. E. G.-Vulcan. Jeder Satz besteht aus einer Vorwärts- und einer
Rückwärtsturbine, jede in einem besonderen Gehäuse, die Umdrehungen der Wellen
sollen 255 i. d. Min. betragen.
Die Raumersparnis, die durch die Verwendung des Föttinger-Transformators erzielt wird, ist, wie aus der unteren Skizze
ersichtlich, frappierend. In der Tat ist nur die Hälfte des für die direktwirkenden
Turbinen benötigten Raumes für die Turbinenanlage mit Föttinger-Transformator erforderlich. Die Anlage besteht aus vier
Einheiten, jede zusammengesetzt aus einer raschlaufenden Turbine mit ungefähr 700
Umdrehungen i. d. Min. und einem Transformator von 255 Sekundärumdrehungen i. d.
Minute (s. Abb. 5).
Textabbildung Bd. 328, S. 199
Abb. 5.Maschinenanlage eines Panzerkreuzers für 26 1/2 Meilen
Geschwindigkeit. Deplacement etwa 30000 t.
Infolge der hohen Umdrehungszahl sind die Abmessungen der Turbinen und der
Transformatoren so gering im Vergleich mit den ungeheuren direktwirkenden Turbinen,
daß jedermann, der die Schwierigkeiten des Baues sehr großer Turbinen kennt, die
praktischen Größenabmessungen der raschlaufenden Turbinen und des Transformators zu
würdigen wissen wird. Das Gewicht der direktwirkenden Turbinenanlage mit
Turbinen, Kondensatoranlage, Wellenleitungen und Schrauben beträgt 1400 t, so daß
die Turbinenanlage mit Transformator mit ihren 940 t eine Ersparnis von 460 t
bedeutet, ein ganz erheblicher Vorteil für ein Schiff, bei welchem die
Gewichtsersparnis es ermöglicht, Panzerung, Geschütze und Munitionsvorräte
entsprechend größer zu nehmen.
Textabbildung Bd. 328, S. 199
Abb. 6.Maschinenanlage eines Passagier- und Frachtdampfers für 17 1/2
Meilen Geschwindigkeit. Deplacement etwa 23000 t.
Trotz dieser enormen Gewichts- und Raumersparnis ist die Wirtschaftlichkeit einer
Turbinenanlage mit Transformator nicht geringer als die direktwirkender Turbinen, im
Gegenteil läßt sich sogar noch ein kleiner Vorteil in dieser Hinsicht
herausrechnen.
III.Anordnung der Maschinenräume für einen Fracht-
undPassagierdampfer von rund 23000 t Deplacement.Vergleich zwischen einer
Maschinenanlage von Kolbenmaschinen mit Abdampfturbine und Turbinen mit
Transformator (siehe Abb. 6).
Die Zeichnung gibt eine Maschinenanlage wieder, welche aus zwei Kolbenmaschinen
besteht, deren Abdampf durch eine Niederdruckturbine die mittlere Welle treibt. Die Gesamtleistung
beträgt 15000 PS und gibt dem Schiff eine Geschwindigkeit von 17 ½ Kn. Die
Umdrehungszahl der beiden Kolbenmaschinen beträgt 80 i. d. Min., während die Turbine
der mittleren Welle mit 200 Umdrehungen i. d. Min. läuft.
Textabbildung Bd. 328, S. 200
Abb. 7.Maschinenanlage eines Passagier- und Frachtdampfers für 17 1/2
Meilen Geschwindigkeit. Deplacement etwa 23000 t.
Dieses System hat sich als das wirtschaftlichste für Dampfer dieses Typs bewährt. In
diesem Falle ist der Föttinger-Transformator von größtem
Vorteil. Wie aus den Skizzen ersichtlich, bildet der für die raschlaufenden Turbinen
erforderliche Raum nur einen geringen Teil dessen, der
für das kombinierte System erforderlich ist. Das Gewicht
der Transformatoranlage, bestehend aus Turbinen, Transformatoren,
Kondensatoranlagen, Wellenleitung und Propellern beträgt nur 490 t im Vergleich zu
den 1120t des kombinierten Systems, dies bedeutet eine Gewichtsersparnis von 630
t.
Was die Wirtschaftlichkeit betrifft, so ist es ja bekannt,
daß es sehr schwer ist, mit der kombinierten Anlage konkurrieren zu wollen.
Höchstens, daß die Verwendung von überhitztem Dampf für die sehr einfachen Turbinen
der Transformatoranlage ein einigermaßen günstiges Resultat gegenüber den
Kolbenmaschinen mit Abdampfturbine gibt. Wenn man gering überhitzten Dampf verwendet
dann wird der Dampfverbrauch der Transformatoranlage einschließlich der
Hilfsmaschinen 5,20 kg i. d. Std. und PS, gemessen auf der Tunnelwelle hinter dem
Transformator, während der Dampfverbrauch der kombinierten Anlage zwischen 5,0 und
5,4 kg i. d. Std. und PS variiert. In diesem Falle bedeutet die Transformatoranlage
keinen wirtschaftlichen Vorteil, wohl aber mag die Ersparnis an Raum und Gewicht den
Reeder veranlassen, sich für die Transformatoranlage zu entscheiden.
Textabbildung Bd. 328, S. 200
Abb. 8.Maschinenanlage der „Olympic“ und „Titanic“.
Indessen ist der Reeder bei Einbau der Transformatoranlage sicher, daß jede Vibration
vermieden wird, die so oft bei Kolbenmaschinen auftritt, und spart außerdem dadurch,
daß er beträchtlich weniger Maschinenpersonal braucht als bei Kolbenmaschinen.
IV.Anordnung der Maschinenräume für einen Fracht-
und Passagierdampfer von etwa 23000 t Deplacement.Vergleich zwischen
Kolbenmaschinen und Turbinen mit Transformator (siehe Abb.
7).
Während auf der vorhergehenden Abbildung die Transformatoranlage mit einem
kombinierten System von Kolbenmaschinen und Abdampfturbinen verglichen ist, gibt
Abb. 7 einen Vergleich zwischen einer modernen
Kolbenmaschinenanlage mit überhitztem Dampf und der nämlichen Transformatoranlage
wie in Abb. 6. Die Anlage mit Kolbenmaschinen allein
bedingt weniger Baukosten und weniger Gewicht, andererseits aber ist sie weniger
wirtschaftlich als die kombinierte Anlage.
In diesem Falle ist die Transformatoranlage vorteilhafter nicht nur in bezug auf
Raumerfordernis und Gewicht, sondern sie ist auch wirtschaftlicher im Betrieb als
die Anlage mit reinen Kolbenmaschinen. Unsere Zeichnung gibt oben eine Skizze der
beiden Kolbenmaschinen von je 7500 PS bei 80 Umdrehungen i. d. M., wobei die
Geschwindigkeit des Schiffes 17 ½ Meilen beträgt.
Die kleine Turbinenanlage, die mit 800 Touren läuft und die Transformatoren mit einer
Sekundärgeschwindigkeit von 160 Umdrehungen i. d. Min., leisten, wie die untere
Skizze zeigt, dasselbe wie die beiden Kolbenmaschinen. Die Gewichtsersparnis bei
Anordnung der Transformatoranlage beträgt rd. 700 t. Der Dampf verbrauch der
Kolbenmaschinen beträgt 6,0 kg i. d. Std. und PS, der Dampfverbrauch der
Turbotransformatoren 5,2 kg i. d. Std. und PS.
Da die Kolbenmaschinen sowohl als auch die Transformatoren mit mäßig überhitztem
Dampf arbeiten, so wird das Verhältnis im Kohlenverbrauch dasselbe sein wie beim
Dampf verbrauch, so daß sich also eine Kohlenersparnis von 13 v. H. zu gunsten der
Transformatoranlage ergibt. Bei der Wahl der Transformatoranlage hat der Reeder
gleichzeitig den Vorteil des Fehlens jeglicher Vibrationserscheinungen, und er kann
gleichzeitig mit einer erheblichen Verringerung des Maschinenpersonals rechnen.
Diese Vorteile mögen in manchen Fällen den Reeder bestimmen, sich für die
Transformatoranlage zu entscheiden.
V.White Star Liner „Olympic“, Geschwindigkeit 21
Meilen i. d. Std., Gesamtmaschinenleistung 44000 PS.
Die großen Vorteile der Transformatoranlage in bezug auf Raum- und Gewichtsersparnis
im Vergleich zu einer kombinierten Anlage, wie sie in der Beschreibung des Post- und
Passagierdampfers unter III wiedergegeben sind, haben der Werft Veranlassung
gegeben, die Frage der Transformatoranlage für den Fall des bekannten White
Star Liners „Olympic“, des Schwesterschiffes der unglücklichen
„Titanic“, zu untersuchen.
Abb. 8 zeigt das Resultat dieser Untersuchung. Man
möchte im ersten Augenblick annehmen, daß bezüglich der Maßstäbe, in der beide
Anlagen gezeichnet sind, ein Irrtum untergelaufen sei, so außerordentlich ist der
Unterschied zwischen den Abmessungen der kombinierten Anlage und denen der
Turbotransformatoren. Die drei Wellenleitungen der letzten Anlage werden von drei
schnellaufenden hintereinander geschalteten Turbinen getrieben. Die Hochdruckturbine
ist in der Mitte angeordnet; von dieser Turbine geht der Dampf nach den beiden
Niederdruckturbinen, von denen jede eine der seitlichen Wellen treibt. Die drei
Turbinen laufen alle mit 650 Umdrehungen i. d. Min. Jede der Turbinen ist mit einem
Transformator gekuppelt, welcher die Umlaufzahl auf 150 i. d. Min. verringert.
Genau eben so verblüffend wie die Raumersparnis ist der Unterschied im Gewicht der
beiden Anlagen. Das Gewicht der Transformatoranlage beträgt nämlich nur ⅖ desjenigen
der kombinierten Anlage. Das Gewicht der letzteren, umfassend Kolbenmaschinen,
Abdampfturbine, Kondensatoranlage, Wellenleitungen und Propeller, beträgt 2700 t,
das Gewicht der Transformatoranlage, umfassend Turbinen, Transformatoren,
Wellenleitungen und Propeller, beträgt 1100 t.
Die Differenz von 1600 t ist ein Umstand, den ein Reder nicht so leicht übergehen
wird mit Rücksicht auf die beträchtliche Menge Ladung, die er statt der schweren
Maschinenanlage mehr fahren kann.
Gleichzeitig entspricht aber dieser Gewichtsersparnis auch eine ganz erhebliche
Ersparnis an Baukosten. Dieselbe beträgt schätzungsweise M 1200000.
Ferner würde die Transformatoranlage in diesem Falle ebenso wirtschaftlich sein wie
die kombinierte Anlage, wenn man für die Turbinen mäßig überhitzten Dampf verwendet.
(Vergl. die Beschreibung unter I und III.) Verwendung von mäßig überhitztem Dampf,
der von so großem Vorteil bei schnellaufenden Turbinen ist, kann nicht als eine
nennenswerte Erschwerung für die Anlage angesehen werden im Vergleich mit den
erstaunlichen Vorteilen in Hinsicht auf Raum, Gewicht und Kosten, die die
Transformatoranlage gewährt.
Die sonstigen Vorteile der Transformatoren wie Ausschaltung aller Vibrationen, die
durch die Massenbewegungen der Kolbenmaschinen hervorgerufen werden, das Freibleiben
des Speisewassers von Oel, die Verminderung des Maschinenpersonals, die
Uebersichtlichkeit und leichte Reparaturmöglichkeit der ganzen Anlage fallen bei
einer derartig großen Maschinenanlage natürlich noch viel mehr ins Gewicht als bei
einer kleineren.