Titel: | Die Entwicklung der ortsfesten Riesenkrane in den letzten 25 Jahren. |
Autor: | L. Klein |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 261 |
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Die Entwicklung der ortsfesten Riesenkrane in den
letzten 25 Jahren.
Von Professor L. Klein in
Hannover.
(Fortsetzung von S. 248 d. Bd.)
KLEIN: Die Entwicklung der ortsfesten Riesenkrane in den letzten 25
Jahren.
Zum Drehen des Kranes wirkt ein Elektromotor mit entsprechender Uebersetzung auf
ein großes Zahnrad, das unten am Hammerstiel sitzt. Die Elektromotoren dieses Kranes
haben zusammen eine Leistungsfähigkeit von 126 PS. Das Führerhaus, in dem die
Schalthebel für die Motoren stehen, hängt hoch oben im Lastarm des Kranes, damit der
Führer die Arbeitsfläche gut übersehen kann.
Textabbildung Bd. 328, S. 260
Abb. 9.150 t-Hammerkran in Bremerhaven von der Benrather
Maschinenfabrik.
In der Ausführung macht er, wie (Abb. 9) erkennen
läßt, einen eleganten und doch sicheren Eindruck. Klar in der Linienführung, überall
stark genug, ohne unnötige Materialanhäufung, was am besten in seinem Eigengewicht
zum Ausdruck kommt, das nur 535 t, also nur ⅔ desjenigen des Newporter Kranes
beträgt, obwohl er diesen an Leistungsfähigkeit übertrifft.
Ende August 1898 wurde er bestellt und war vierzehn Monate später, im Oktober 1899,
betriebsfertig aufgestellt. Bei der Neuheit der ganzen Konstruktion ein
hervorragendes Zeugnis für die Leistungsfähigkeit der liefernden Fabriken.
Aber schon zwölf Monate vor seiner Vollendung gab die Kruppsche Germaniawerft in Kiel bei Bechern &
Keetman, Duisburg, einen noch größeren Kran ähnlicher Konstruktion in
Auftrag (Abb. 8, S. 247).Mitteilungen des Unterweser Bezirksvereins
deutscher Ingenieure 1906. Zeitschrift des Vereins deutscher Ingenieure
1900, S. 430, 1907, S. 67. Michenfelder, Schwere
Werftkrane für die Schiffsausrüstung. Jahrbuch der Schiffbautechnischen
Gesellschaft S. 296 – 271 und 325.
In der Linienführung gleicht er wieder einem dreh baren, auf dem Stiele
stehenden Hammer in einem Stützgerüst, welch letzteres oben wieder die Rollenbahn
trägt. Er unterscheidet sich von dem Bremerhavener Kran durch die Form des
Stützgerüstes, das als dreifüßige Pyramide ausgebildet ist, von der zwei Füße
parallel zur Kaikante stehen. Hierdurch rückt die Drehsäule näher an das Ufer heran.
Das Arbeitsfeld über Wasser wird bei gleicher Ausladung aus Kranmitte größer,
außerdem gestattet diese Form die Durchführung von drei zur Kaikante parallelen
Eisenbahngleisen und dadurch ein schnelles Verladen von der Bahn ins Schiff und
umgekehrt. Der Gegengewichtsarm ist, der Kostenersparnis wegen, kürzer gehalten als
der Lastarm, das Gegengewicht selbst entsprechend größer. Die Laufkatze ist mit zwei
Windwerken für 150000 kg bzw. für 45000 kg ausgerüstet, die nach Bedarf mit dem
Elektromotor gekuppelt werden. Die kleineren Lasten können dadurch schneller und mit
befriedigendem Wirkungsgrad gehoben werden.
Das Führerhaus ist auf die untere Seite des Auslegers und damit etwas näher an die
Last herangerückt.
In der Ausführung macht der Kran, wie Abb. 10 zeigt,
einen mächtigen Eindruck; stolz ragt er mit seinem Ausleger hoch über den
Arbeitsplatz, die Häuser und die Schiffe hinweg. Der Haken für 45000 kg, der an und
für sich recht groß ist, sieht neben dem für 150000 kg verschwindend klein aus.
Noch fällt uns das gelochte Blech auf, das den Gegengewichtsarm verkleidet. Es hat
den Zweck, dem Winde an dem kürzeren Hebelarm größere Flächen darzubieten, damit der Winddruck
auf dem längeren Lastarm den Kran nicht gegen den Willen des Führers drehen kann. Es
hat sich aber bei den späteren Kranen als überflüssig erwiesen.
Textabbildung Bd. 328, S. 261
Abb. 10.150 t-Hammerkran der Germaniawerft in Kiel von Bechern &
Keetman
Dieser an und für sich gewiß sehr große Kran wurde aber schon 1902, kurz nach
Vollendung seiner Aufstellung, durch den Kran der Howaldtswerke ebenfalls in Kiel, dessen Ausleger 5/4 mal so lang
und 5/4 mal so
hoch ist, übertroffen.Mitteilungen des
Unterweser Bezirksvereins deutscher Ingenieure Mai 1906. Zeitschrift des
Vereins deutscher Ingenieure 1901, S. 1507. Michenfelder, Schwere Werftkrane für die Schiffsausrüstung,
Jahrbuch der Schiffbautechn. Ges. 1910, S. 260 u. f. und 325.
Gegenüber seinen Vorgängern ist er so erheblich gewachsen, daß er wieder stolz
„der größte Kran der Welt“ genannt wurde, und diesen Titel tatsächlich
einige Jahre mit Recht führen durfte (Abb. 8, S.
247). Er ragt über die Ecktürme unserer Hochschule hinaus und kommt der Spitze des
Hauptturmes schon bedenklich nahe.
In seinem äußeren Aufbau ähnelt er sehr dem auch von der Benrather Maschinenfabrik gelieferten Bremerhavener Kran, doch ist das
vierseitige Stützgerüst durch entsprechende Stellung der unteren Streben so
ausgebildet, daß zwei normale Gleise direkt an der Kransäule vorbeigeführt werden
können. Im Bilde sind wieder die Profile des freien Räumes eingezeichnet.
Das Haus für den Kranführer hängt unter dem Lastausleger, so daß der Führer noch
etwas näher bei dem Arbeitsfeld des Kranes steht.
Es ist nur eine Laufkatze vorhanden, doch trägt sie ein Hilfswindwerk für Lasten
kleiner als 15000 kg. Ein weiterer Fortschritt liegt darin, daß das schwere
Hauptwindwerk für die großen Lasten nicht auf der Laufkatze, sondern am äußeren Ende
des Gegengewichtsarmes feststehend angeordnet ist, wo es mit zum Ausgleich der Last
beiträgt, so daß das Gegengewicht entsprechend kleiner gemacht werden konnte.
Außerdem ist hierdurch die Laufkatze, die bei dem Bremerhavener Kran 50000 kg wog,
und damit auch der Ausleger selbst leichter und billiger geworden.
Die 150 t-Winde ist in Anbetracht der sehr großen Seillänge wieder als
Doppeltrommelspillwinde ausgeführt, von der das lose Trum nach der Kransäule zu
abläuft, wo es in einem Spannflaschenzug aufgespeichert wird.
Abb. 11 zeigt den Kran neben einem großen Schiff und
einem Lagerhaus. Die zwei Menschen verschwinden in ihrer Kleinheit neben dem
riesigen Kran.
Sehr zweckmäßig ist auch die Aufstellung dieses Kranes auf einer weit in den Kieler
Hafen hineingebauten schmalen Mole, 100 m von dem Ufer entfernt, so daß er rechts
und links gleichzeitig mehrere Schiffe bedienen kann, ohne daß diese erst verholt
werden müssen. Seine gewaltige Ausladung und Höhe gestatten ihm, über ein Schiff
hinweg ein zweites zu bedienen. Das Ausrüstungsmaterial kann auf zwei durch das
Krangerüst hindurchgeführten Eisenbahngleisen herangeschafft werden.
Man sollte nicht glauben, daß es notwendig werden könnte, noch größere Krane zu
bauen. Und in der Tat ging man in den nächsten sechs Jahren in der Größe nicht über
ihn hinaus. Trotzdem stand die Entwicklung nicht still.
Textabbildung Bd. 328, S. 261
Abb. 11.150 t-Hammerkran der Howaldtswerke in Kiel, gebaut von der
Benrather Maschinenfabrik.
Zwei von der Benrather Maschinenfabrik 1903 nach England
gelieferte Krane von nahezu gleichen Abmessungen zeigen einige Verbesserungen, von
denen die wesentlichsten wohl darin bestehen, daß zwei Laufkatzen, eine für große
und eine für kleinere Lasten, angeordnet, und daß beide Arme des Auslegers als
Katzenlaufbahn ausgebildet sind, der lange Arm für Lasten von 30 bis 50000 kg und
der kurze frühere Gegengewichtsarm für solche von 50 bis 150000 kg. Die Katzen sind
beide mit je
einem vollständigen Wind- und Fahrwerk einschließlich der treibenden Elektromotoren
ausgerüstet, und das Eigengewicht der jeweils unbelasteten an das äußerste Ende
ihres Armes verfahrenen Katze dient als Gegengewicht für die Nutzlast des
andern.
Textabbildung Bd. 328, S. 262
Abb. 12.Gegenüberstellung dreier Schwerlastkrane für 150 t.
Der 1905 von Bechem & Keetman an die Kaiserliche
Marine für Kiautschou gelieferte KranMitteilungen
des Unterweser Bezirksvereines deutscher Ingenieure, Mai 1906. Zeitschrift
des Vereines deutscher Ingenieure 1906, S. 1607. Michenfelder, Schwere Werftkrane für die Schiffsausrüstung.
Jahrbuch der Schiffbautechn. Gesellschaft 1910, S. 254 und 325.
stellt einen wohlgelungenen Versuch dar, die Vorzüge des Wippauslegers für die
Hammerkrane auszunutzen. Auf Abb. 12 ist er zwischen
den Kran der Howaldtswerke und den der Germaniawerft gestellt. Sein Ausleger ist nicht mehr
starr durchgeführt, sondern vor der Säule durchgeschnitten, der vordere Teil
gelenkig mit der Säule verbunden. Hierdurch wird der Vorteil erreicht, mit
wesentlich niedrigerer Säule und niedrigerem Gerüst, also mit weniger Material und
weniger Kosten die Lastrolle, die hier wieder an Stelle der Laufkatze getreten ist,
weit hinaus und weit hinauf zu bringen und den hohen Deckaufbauten auszuwelchen.
Textabbildung Bd. 328, S. 262
Abb. 13.
Obwohl er in Abb. 12 wie ein Zwerg neben seinen
älteren und größeren Brüdern steht, kann er seine 150000 kg ebensohoch und
ebensoweit über das Wasser hinausreichen. Er kann mit erhobenem Arme fast bis
an die Fahnenstange unseres Hauptturmes hinaufgreifen (Abb. 13).
Sein Gerüst mit den sechs nach drei Stützpunkten hinlaufenden Füßen ist so
aufgestellt, daß die drehbare Säule recht nahe an das Ufer rückt. Sein Wind- und
Wippwerk, durch 170- pferdige Elektromotoren getrieben, steht auf dem rückwärtigen
Teil des Auslegers und dient mit als Gegengewicht. Zwei kräftige Schraubenspindeln
bewegen den Wippausleger auf und ab.
Abb. 14 zeigt einen nach England gelieferten
Zwillingsbruder des Kiautschouer Krans, der eben einen Schlepper zu Wasser
bringt.
Textabbildung Bd. 328, S. 262
Abb. 14.150 t-Hammer-Wippkran von der Duisburger Maschinenfabrik vorm.
Bechern & Keetman.
Wenn auch der ganz nahe an das Ufer gerückte Kran fast den Eindruck macht, als könnte
er vornüber ins Wasser stürzen, so besitzt er doch durch Anhängen von schweren
Fundamentmassen an dem hinteren Fuß genügend große Standsicherheit.
Als Nachteil des Wippauslegers muß hervorgehoben werden, daß zu seinem Einziehen,
also zum Radialbewegen der Last, viel mehr Zeit, viel mehr Arbeit, viel mehr
elektrischer Strom und mehr Kosten verbraucht werden, als zum Verschieben der
Laufkatze auf den wagerechten Auslegern der Hammerkrane. Es sind niedrigere
Anschaffungskosten durch höhere Betriebskosten erkauft.
(Schluß folgt.)