Titel: | Versuche an einem Verbrennungsmotor. |
Autor: | R. Dreyer |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 310 |
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Versuche an einem Verbrennungsmotor.
Entgegnung von Dipl.-Ing. R. Dreyer in
Hannover.
DREYER: Versuche an einem Verbrennungsmotor.
Unter obigem Titel veröffentlicht Dipl.-Ing. L. Richter in Chemnitz in Nr. 44 und 45 (Jahrg. 1912) dieser Zeitschrift
Versuchsergebnisse, die er bei einem Verbrennungsmotor mit Leuchtgasbetrieb einmal
auf Grund von Diagrammen mit einem Rosenkranz- Indikator, das andere Mal mit einem
Maihak–Indikator gewonnen hat.
Dipl.-Ing. Richter schreibt:
„Für die Untersuchung des Motors steht ein Indikator von Dreyer, Rosenkranz & Droop in Hannover mit außenliegender Feder
zur Verfügung; da die vorhandenen Maihak-Indikatoren
mit außenliegender Feder nicht mit den für die vorliegenden Spannungen
erforderlichen Zutaten ausgerüstet sind. Ihre gelegentliche Benutzung
innerhalb des Gebietes der Möglichkeit ergab einen wesentlichen Unterschied bei
der Feststellung der indizierten Leistung, der bei dem gleichen Motor unter
gleichen Verhältnissen nur in den Angaben des Indikators zu suchen sein kann, so
daß eines der beiden Instrumente unter allen Umständen falsche Angaben machen
muß.“
Die Versuche wurden bei etwa halber Belastung des Motors vorgenommen. Die
Indikatorfedern waren zuvor mittels Gewichtsbelastung an einer Prüfungsvorrichtung
nach Strupler geeicht. Es heißt dann weiter:
„Bei einer Nutzleistung von 4,8 PS stellt der Rosenkranz-Indikator eine indizierte Leistung von 8,1 PS, der Maihak-Indikator eine solche von 6,35 PS fest, so daß
die Reibungsverluste sich einmal zu 3,3, das andere Mal zu 1,75 PS ergeben und
der mechanische Wirkungsgrad zu 59,3 und 75,5 v. H. Die Unterschiede sind gewiß
so bedeutend, daß sie wesentlich außerhalb der Genauigkeitsgrenze liegen, die
man bei Indizierungen anzunehmen bereit ist. Abb. 6 zeigt die beiderseits
aufgenommenen Diagramme einschließlich der Eichergebnisse. Letztere weisen
bereits darauf hin, daß der Rosenkranz- Indikator kein Vertrauen verdient.“
Die abgebildeten Eichdiagramme zeigen, daß bei dem Maihak-Indikator die Teilstriche bei Be- und Entlastung übereinstimmen,
während sie beim Rosenkranz- Indikator beträchtlich voneinander abweichen. Die
Abweichungen beim Rosenkranz- Indikator führt der Verfasser auf Reibungen zurück,
die in der Bauart des Indikators begründet sein sollen. Wegen der ungünstigen
Eichergebnisse erbat sich meine Firma: Dreyer, Rosenkranz
& Droop G. m. b. H., Hannover, die Einsendung des fraglichen
Indikators; diesem Wunsche wurde nachgekommen unter der befremdlichen Bedingung,
„daß an dem Indikator nichts geändert werden dürfe, und daß die Firma auch
den gleichen Indikator wieder zurücksenden müsse.“
Der Indikator wurde in demselben Zustande wie er einging dem unter Leitung Geheimrats
Frese stehenden Maschinen-Ingenieur – Laboratorium
der Kgl. Technischen Hochschule zu Hannover übergeben und dort vom Dozenten Willke einer Eichung unterzogen. Die Eichung fand statt
an einer Universal-Prüfungseinrichtung, wie sie u.a. auch an der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt in Charlottenburg in Benutzung ist. Ueber das
Resultat der Eichung schreiben die Herren Frese und Wilke:
„Ihrem Wunsche gemäß haben wir für den uns übersandten Indikator Dreyer, Rosenkranz & Droop Nr. 8614 eine Eichung
der 40 kg-Feder mit dem kleinen Kolben vorgenommen. Die bei Zimmertemperatur
ausgeführte Eichung wurde zweimal gemacht, und zwar derart, daß zunächst die
Feder bei Be- und Entlastung in Schwingungen versetzt und der Indikator
erschüttert wurde, während des zweite Mal, um den Betrag der Kolbenreibung
festzustellen, die Gewichte vorsichtig unter Erschüttern des Instrumentes
abgenommen wurden. Die beiden Eichungsdiagramme Nr. 1 und 2 sind im Original
beigefügt, auch sind die Ergebnisse der zweiten Eichung in der anliegenden
bildlichen Darstellung wiedergegeben. Die Auftragung zeigt, daß die Feder eine
gute Proportionalität besitzt. Eine Reibung des Kolbens war nicht festzustellen,
da die Teilstriche bei Be- und Entlastung voneinander in beiden Richtungen –
allerdings in sehr geringem Maße – abweichen. Die Dichtheit des Indikators war
gut. Der Federmaßstab wurde in beiden Fällen zu 0,992 mm/at festgestellt.“
Textabbildung Bd. 328, S. 311
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 328, S. 311
Abb. 2.
Im Gegensatz zu Herrn Richter ist demnach im Maschinen-Ingenieur-Laboratorium der
Technischen Hochschule zu Hannover festgestellt, daß die Mängel, auf Grund welcher
Herr Richter sein Urteil aufbaut: „der Rosenkranz-Indikator verdiene kein Vertrauen“, nicht vorhanden gewesen
sind. Wie die Wiedergabe der Originalaufnahmen (Abb.
1 und 2) zeigt, sind bei Be- und
Entlastung nur geringe Abweichungen – bei Nr. 1 kaum wahrnehmbar – vorhanden. Da die
Diagramme sehr fein geschrieben waren, so daß sie sich nicht unmittelbar zur
Reproduktion eigneten, so sind die Eichungsstriche für diesen Zweck nachgezogen
worden. Wenn das auch mit aller Vorsicht geschehen ist, so sind die hier
mitgeteilten Abb. 1 u. 2 infolgedessen doch nicht als unmittelbare Wiedergabe der
Originaldiagramme zu betrachten, und es mögen daher die Federmaßstäbe, wie sie sich
aus der Eichung für die einzelnen aufeinanderfolgenden Belastungsstufen von 4 kg/qcm
ergeben, mitgeteilt werden:
Belastungsstufe
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Federmaßstabmm/at
Versuch 1Versuch 2
0,9931,013
0,9950,995
0,9830,995
1,0080,975
0,9830,995
0,9780,990
0,9880,983
1,0030,963
1,0080,995
0,9830,970
Die Tabelle zeigt, daß der Federmaßstab zwischen zwei Belastungsstufen nur
Unterschiede von höchstens 0,03 mm/at = 3 v. H. abs. bzw. 0,016 mm/at = 1,6 v. H.
vom Mittel bei der Eichung 1, 0,05 mm/at = 5 v. H. abs. bzw. 0,029 mm/at = 2,9 v. H.
vom Mittel bei der Eichung 2 aufweist.
Die Proportionalität ist daher sogar gut zu nennen. Daß die Abweichungen nach beiden
Richtungen auftreten – wie dies deutlicher noch aus der bildlichen Darstellung Abb. 3 hervorgeht – ist zudem ein Beweis, daß
keinerlei beachtenswerte Reibungen und Eckungen stattgefunden haben.
Textabbildung Bd. 328, S. 312
Abb. 3.
Ebenso ist gegen den Federmaßstab von 0,992 mm f. d. kg nichts einzuwenden. Im
übrigen habe ich selbst noch in meiner Fabrik ebenfalls die Feder geeicht und
dieselben Resultate erhalten, wie die technische Hochschule. Die Eichung des
Dipl.-Ing. Richter kann demnach nicht richtig sein und es muß angenommen werden, daß
ihr ungünstiges Ergebnis auf irgend welche – nicht beachtete – Nebenumstände beim
Eichen zurückzuführen ist. Auf diesem falschen Eichdiagramm baut Dipl.-Ing. Richter eine Theorie auf, um die Reibung und Eckung beim
Rosenkranz-Indikator zu erklären. Die Theorie richtet
sich selbst, da Reibungen und Eckungen, wie festgestellt, garnicht vorhanden sind.
Setzen wir aber nun einmal den Fall, der Indikator habe wirklich ein derartig
schlechtes Eichergebnis gezeitigt, wie das Dipl.-Ing. Richter in Abb. 6 seines Artikels darstellt, durfte er dann einen solchen
Indikator zu wissenschaftlichen Versuchen benutzen? Für Dipl.-Ing. Richter lag doch die Sache so, daß er Versuche mit zwei
Indikatoren machte und veröffentlichte, von denen er vorher wußte (bzw. zu wissen meinte), daß der eine unrichtig
arbeitete.
Auf Grund seines Eichdiagrammes folgert Dipl.-Ing. Richter
dann weiter, daß von den verschiedenen Versuchsergebnissen, die er erhalten,
diejenigen auf Grund des Rosenkranz-Indikatordiagramms
falsch gewesen sind. Wie steht es nun aber mit diesen Ergebnissen?
Dipl.-Ing. Richter hat mit dem Rosenkranz-Indikator einen mechanischen Wirkungsgrad von 59,3 v. H. mit
dem Maihak-Indikator von 75,5 v. H. festgestellt bei noch nicht halber Belastung einer kleinen
Gasmaschine. Bei Vollast (11,8 PS) würde sich danach ein Wirkungsgrad von 78,1
v. H. (Rosenkranz) bzw. 87,1 v. H. (Maihak) errechnen,
wenn man für alle Belastungsstufen die gleiche Reibungsarbeit annimmt. Letzterer ist
aber bei einem Motor der betreffenden Größe sehr unwahrscheinlich und deckt sich
auch nicht mit den Versuchsergebnissen, die anderorts erzielt sind.
Vor mir liegen die allerdings nicht im Buchhandel erhältlichen „Ergebnisse von
Versuchen aus dem Maschinen-Ingenieurlaboratorium der Kgl. technischen
Hochschule, Hannover“, sowie „Untersuchungen am Gasmotor;
Mitteilungen aus dem Institut für technische Physik der Georg-August-Universität zu
Göttingen, von Dr. Eugen Meyer, Prof. an der Technischen
Hochschule zu Berlin, (veröffentlicht als Sonderabdruck aus den „Mitteilungen
über Forschungsarbeiten“ Berlin 1903). Bei den Untersuchungen in Göttingen
wurden Indikatoren von Schäffer & Budenberg und Crosby benutzt.
Diese Versuche dürften hier besonders interessieren, da es sich in beiden Fällen um
Motoren der gleichen Bauart und annähernd derselben Größe handelt wie bei den
Versuchen des Dipl.-Ing. Richter. In Hannover wurde bei
der gleichen Bremsbelastung ein Wirkungsgrad von 55,8 v. H.; in Göttingen bei etwas
höherer Belastung ein solcher von 61,8 v. H. und bei Höchstbelastung von 74,9 v. H.
erzielt. (Siehe Zahlentafel S. 34 des Sonderabdruckes.) Diese Resultate decken sich
also annähernd mit denjenigen, die Richter mit dem
Rosenkranz-Indikator erzielt hat, und nicht mit denjenigen des
Maihak-Indikators.
Selbst wenn Dipl.-Ing. Richter die Ergebnisse dieser
Versuche nicht bekannt waren, hätte ihn doch die Höhe des mit dem Maihak-Indikators bei geringer Belastung einer kleinen
Gasmaschine gefundenen Wirkungsgrades stutzig und doppelt vorsichtig machen müssen,
über den bekannten Rosenkranz-Indikator ein derartig
ungünstiges Urteil zu fällen.