Titel: | Das Kugellager und seine Bedeutung für die Kraftübertragung. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 391 |
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Das Kugellager und seine Bedeutung für die
Kraftübertragung.
Das Kugellager und seine Bedeutung für die
Kraftübertragung.
Textabbildung Bd. 328, S. 390
Abb. 1.
Seit die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken Berlin im
Jahre 1898 im Verein mit dem Leiter der Zentralstelle für
wissenschaftlich-technische Untersuchungen zu Neubabelsberg unter Aufwand ganz
erheblicher Kosten die Grundlagen für das moderne Kugellager hinsichtlich des
Materials, die geeignetste Form der Laufrille, die günstigsten Abmessungen der
Kugeln und der anderen Lagerteile festgelegt haben, hat das Kugellager sich immer
neue Gebiete erobert. Hat man sich auch früher manchmal der Kugellagerung in solchen
Fällen bedient, wo es aufmöglichst geringe Reibung ankam, so handelte es sich doch
hierbei um die Verwendung des Kugellagers von Fall zu Fall. Da eine Theorie der
Kugellager noch nicht vorhanden war, so brachte man auf Grund rein empirischer
Erfahrungstatsachen eine Anzahl möglichst genau gearbeiteter Kugeln von
möglichst großer Härte in ein entsprechend ausgebildetes Lagergehäuse und sicherte
die Kugeln auf irgend eine Weise gegen Herausfallen.
Es ist klar, daß mangels genügender Erfahrungen und wissenschaftlich begründeter
Unterlagen auf diesem Wege das Kugellager nicht die Bedeutung erhalten konnte, die
ihm vermöge seiner Ueberlegenheit über das Gleitlager hinsichtlich des geringeren
Kraftverbrauchs zugesprochen werden muß. Erst die Schaffung dieser Unterlagen
ermöglichte einerseits die Herstellung des Kugellagers als Massenfabrikat, welche
allein die Erzielung eines peinlich genau gearbeiteten Lagers und der dazu gehörigen
Kugeln unter Gewährleistung billiger Herstellungskosten sichert, andererseits die so
außerordentliche Verbreitung des Kugellagers.
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Abb. 2.
Der große Erfolg, der dem Kugellager beschieden war, beruht in der Hauptsache auf der
Ueberlegenheit des
Kugellagers über das Gleitlager hinsichtlich der Reibungsverluste. Beträgt doch die
Reibungsziffer der Laufringsysteme und Stützkugellager nur 0,001 bis 0,002, so daß
die Kraftersparnis gegenüber Gleitlagern zu etwa 30 v. H. zu veranschlagen ist. Dazu
kommt als weiterer Vorteil des Kugellagers, daß die Reibungsziffer beim Anlaufen
nicht größer ist, als diejenige während des Betriebes, während bekanntlich die
Ueberwindung der Reibung bei Gleitlagern beim Anlaufen einen wesentlich größeren
Kraftaufwand bedingt.
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Abb. 3.
Es liegt auf der Hand, daß beim Umbau von Gleitlagerung in Kugellagerung die durch
letztere erzielte Kraftersparnis zum großen Teil davon abhängig ist, inwieweit die
frühere Gleitlagerung Anspruch auf die Bezeichnung „einwandfrei“ machen
konnte. Aber auch bei bester Gleitlagerung läßt sich der durch den Umbau in
Kugellagerung bedingte Kapitalaufwand durch die erzielten Ersparnisse in kurzer Zeit
tilgen. Zu diesen Ersparnissen trägt auch wesentlich der Umstand bei, daß Kugellager
einer geringeren Wartung bedürfen als Gleitlager und einen geringeren Oelverbrauch
aufweisen. Der Schmiermittelverbrauch steigt bei an und für sich guter Gleitlagerung
bis auf das fünfzehnfache des Oelbedarfs der Kugellager, der in viertel- bis
halbjährlichen Zwischenpausen zu erneuern ist. Es soll nachstehend an Hand einiger
ausgeführter und praktisch erprobter Beispiele die Anwendung des Kugellagers bei der
Kraftübertragung kurz behandelt werden.
Für Kraftübertragungsanlagen mit einer oder mehreren Zentralkraftquellen kommen meist
Riementriebe zur Verwendung, welche die Kraft von mehreren Maschinen gemeinsamen
Wellensträngen abnehmen. Mit Rücksicht auf die bei Wellensträngen in der Regel
vorliegenden besonderen Verhältnisse werden für diese meist Spannhülsenlager
benutzt. Die Abb. 1 und 2 stellen je ein Spannhülsenlager als Steh- bzw. als Hängelager dar und
lassen die grundsätzliche Anordnung von Spannhülsenlagern klar erkennen. Um geringe
Ungenauigkeiten im Wellenstrang auszugleichen, werden die Außenringe der Lager
kugelig gestaltet und in einem entsprechend ausgedrehten Ring untergebracht, so daß
die Lager etwaigen Wellendurchbiegungen ohne weiteres zu folgen vermögen.
Anstatt der Lager mit geschliffenem Ueberring kommen auch vielfach Kugellager nach
Abb. 3 zur Anwendung, bei denen die Kugeln
unmittelbar in dem ballig ausgeschliffenen Ueberring laufen. Wenn ja diese
Lager auch Einstellbarkeit besitzen, so sind dieselben doch deswegen zu verwerfen,
weil die Tragfähigkeit dieser Lager ganz wesentlich dadurch herabgedrückt wird, daß
im Außenring die Kugellaufrille fehlt. Bei dieser Anordnung des Lagers besteht die
Gefahr, daß die Kugel, die mit dem Außenring nur Punktberührung aufweist, bei
einigermaßen hoher Belastung in den Außenring eine Laufrille einarbeitet, womit die
Einstellbarkeit aufhört und das Lager lediglich noch als doppelreihiges
Laufringlager wirkt. Sehr ausgedehnte Verwendung haben natürlich die
Transmissionskugellager in den Werkstätten der Deutschen
Waffen- und Munitionsfabriken selbst gefunden. Abb. 4 gibt eine Ansicht mehrerer in Kugellagern laufender Wellen in
diesen Werkstätten.
Eine bemerkenswerte Anordnung eines Vorgeleges der Firma Carl
Unger in Stuttgart, das mit Kugellagern ausgerüstet ist, zeigt Abb. 5. Das Vorgelege dient zum Antrieb einer
Schleifmaschine und vereinigt vier verschiedene Bewegungsantriebe. Es sind drei
Lagerbocke mit acht einstellbaren Kugellagern vorgesehen. Die Verwendung der
Kugellager gestattete hier eine kurze Baulänge und ein leichtes Gewicht, obgleich
die Hauptwelle mit der großen Riemenscheibe bis zu 800 Umdrehungen i. d. Min. macht.
Die Lager werden mit konsistentem Fett geschmiert und laufen ein volles Jahr ohne
die geringste Wartung.
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Abb. 4.
Bei Transmissionen beschränkt sich die Verwendung der Kugellager natürlich nicht nur
auf die Lagerung der Welle selbst. Weitere Beispiele könnten für die Benutzung von
Kugellagern für Leerlaufscheiben, ausrückbare Kupplungen, Spannrollen usw. angeführt
werden. Es würde jedoch zu weit führen, alle diese Verwendungsmöglichkeiten im
einzelnen zu besprechen.
Treten bei Transmissionen in der Regel ausschließlich in Richtung des
Durchmessers der Welle wirkende Kräfte auf, während die in Richtung der Achse
wirkenden Kräfte höchstens derart gering sind, daß sich die Anordnung besonderer
Drucklager erübrigt, so sind bei der Lagerung von Schneckengetrieben sowohl Radial-
als auch Achsialschübe zu berücksichtigen und durch Lager abzufangen. Da Laufring-
oder Traglager nur in geringem Maße Achsialschübe aufzunehmen vermögen, so macht
sich bei Schneckengetrieben der Einbau besonderer Stützlager notwendig. Entsprechend
der Wirkungsweise der Schneckengetriebe tritt die Achsialschubkraft sowohl in der
Schnecke wie auch, wenn schon in entsprechend geringerem Maße, im Schneckenrade auf.
Die Achsialschübe wirken bei ständig in derselben Drehrichtung umlaufenden
Schneckengetrieben naturgemäß immer in der gleichen Richtung, bei umsteuerbaren
Schneckengetrieben nach beiden Richtungen hin. Diesem Umstände muß durch Anordnung
doppeltwirkender Stützlager entsprechend Rechnung getragen werden.
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Abb. 5.
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Abb. 6.
Abb. 6 und 7
zeigen die Anordnung von Kugellagern in einem Schneckengetriebe. Abb. 6 gibt die Lagerung der Schneckenradwelle
wieder. Die Welle wird auf beiden Seiten von je einem einfachen Laufringlager
getragen, deren eines durch eine auf die Welle geschobene Buchse einerseits und eine
auf ein Gewinde aufgeschraubte Mutter andererseits festgehalten wird. Der Schub in
der Achsrichtung wird durch ein doppeltwirkendes Stützlager aufgenommen, das aus
einem zwischen Buchsen eingespannten Innenring und zwei kugelig abgeschliffenen
Außenringen besteht, die sich gegen entsprechend ausgebildete gußeiserne, durch ein
Distanzstück in der richtigen Entfernung gehaltene Unterlagsplatten abstützen. Ganz
ähnlich ist die Anordnung der Lager für die Schneckenwelle, die einerseits in zwei
Traglagern gelagert ist und sich andererseits gegen ein doppeltwirkendes Stützlager
abstützt.
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Abb. 7.
Von außerordentlicher Bedeutung ist das Kugellager für solche Maschinen geworden, die
bei gedrängtester Bauart möglichst große Leistungen erzielen sollen. Hier kommt es
darauf an, Reibungsverluste nach Möglichkeit vollständig auszuschalten, um die
hierdurch gewonnene Energiemenge als nutzbare Arbeit wirken zu lassen. In besonderem
Maße trifft dies für die modernen Verkehrsmittel zu, insbesondere das Fahrrad und
das Automobil. Es ist bekannt, daß die Entwicklung des Fahrrades nur auf der
Grundlage sich vollziehen, konnte, daß es möglich war, die Reibungsverluste in den
Lagern durch die Verwendung der Kugellagerung auf ein Mindestmaß herabzusetzen. Die
mit der Kugellagerung in Fahrrädern gemachten günstigen Erfahrungen ließen auch
späterhin die Deutschen Waffen- und Munitionsfabriken in
Berlin Untersuchungen über eine zweckmäßigere und betriebssichere Form des
Kugellagers anstellen, da das bei Fahrrädern benutzte Konuslager für größere
Belastungen nicht geeignet war.
(Schluß folgt.)