Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 409 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau
Unipolarmaschinen. Heft 9 und 10 dieses Jahr-Sanges
bringen eingehende Mitteilungen von C. Trettin über
Unipolarmaschinen von der Form, wie die Siemens-Schuckertwerke sie bauen. Im Anschluß daran sei folgende
kleine Betrachtung gegeben, die den Zweck hat, einen allgemein gültigen Zusammenhang
zwischen elektromotorischer Kraft und Kraftlinienzahl auch bei dieser Art von
Maschinen zu zeigen. Die in dieser Beachtung vorkommenden Bezeichnungen seien der
Einfachheit wegen vorweggenommen: E Elektromotorische
Kraft (E. M. K.), N Kraftlinienzahl, B Kraftlinien für 1 qcm, t
Zeit, l Leiterlänge in cm, r Radius in cm, v Geschwindigkeit in cm/Sek.,
w Winkelgeschwindigkeit, z Windungzahl zwischen zwei Schleifringen (in Reihe). Alle Größen im C g s-System gemessen.
Das Grundgesetz der Induktion lautet: „Aendert sich innerhalb eines geschlossenen
Leiters der magnetische Kraftfluß, so entsteht im Leiter eine E. M. K., die
der Aenderungsgeschwindigkeit des Flusses proportional ist. Die Richtung der E.
M. K. ist, nach der Regel von Lenz, stets so, daß der
entstehende elektrische Strom die Aenderung des Magnetfeldes zu hemmen
sucht“.
Die Größe der E. M. K. ist also durch die Formel
E=-\frac{d\,N}{d\,t} gegeben. Das negative Zeichen sagt hier
weiter nichts, als daß E mit abnehmendem N positiv und mit zunehmendem negativ wird. Die
Anwendung dieser einfachen Ausdrucksform auf Unipolarmaschinen wird vielfach
unbequem gefunden. Der Grund dafür ist wohl im folgenden zu suchen: Die
Unipolarmaschine führt in ihrem elektrischen Stromkreise überall dauernd
gleichgerichtete Ströme, welche nur hervorgerufen sein können durch eine stets
gleichgerichtete E. M. K., die ihrerseits ein stets wachsendes oder ein stets
abnehmendes Feld voraussetzt.
Für Magnetfelder mit diesen Eigenschaften, namentlich in ihren Folgen, fehlt uns
aber das Verständnis. Aus diesem Grunde begnügt man sich meist, die E. M. K.
proportional der in der Sekunde durch einen bewegten Leiter geschnittenen
Kraftlinienzahl (B l v) zu setzen.
Textabbildung Bd. 328, S. 410
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 328, S. 410
Textabbildung Bd. 328, S. 410
Abb. 3.
Textabbildung Bd. 328, S. 410
Abb. 4.
Eine einfache Form der Unipolarmaschine zeigt Abb. 1.
Eine Metallscheibe A rotiert in Uhrzeigerrichtung in
einem, zu ihrer Fläche senkrechten, magnetischen Felde; das Feld sei gleichmäßig
über die Scheibe verteilt und gehe von oben nach unten durch die Zeichenebene, die
Richtung des Feldes ist wie üblich mit einem Kreuz (+) bezeichnet. Am Umfang der
Scheibe sowie auf deren Achse schleifen Bürsten b1 und b2, die mit dem Nutzwiderstand R leitend verbunden sind. Die Scheibe denken wir uns
aus radialen Leitern bestehend. Einen davon, BC,
greifen wir heraus. Den elektrischen Widerstand der Scheibe setzen wir
vernachlässigbar klein voraus, dann können wir jedem Radius zwei geschlossene
Leiterkreise zuordnen, zu BC den Kreis BC b2
R b1
B und den Kreis BCFE b2
R b1
B oder Kreis I und II.
Infolge der Rotation verringert sich im Kreis I die
Kraftlinienzahl, die von ihm umschlossen wird, es muß also in ihm eine E. M. K.
induziert werden, deren Richtung mit der Buchstabenfolge BC
b2
R b1
B übereinstimmt. Im Kreis II vergrößert sich die Kraftlinienzahl und es wird eine E. M. K.
induziert, die die Richtung BC F E b2
R b1
B hat. Beide Stromkreise haben R gemeinsam und erzeugen an den Klemmen von R
eine Spannung derselben Richtung. Die in der Maschine bis zu den Bürsten
befindlichen Teile von I und II sind auf R parallel geschaltet. Die Größe
der E. M. K. beträgt E=-\frac{d\,n}{d\,t}, d N ist gleich
\frac{w\,r^2}{2}\,.\,B\,.\,d\,t und
\frac{d\,N}{d\,t}=\frac{w\,r^2}{2}\,.\,B. Die E. M. K. jeden
Kreises ist also in ihrer Zahlengröße gleich dem in der Sekunde vom Radius BC bestrichenen Sektor mal B. Diese Ableitung mußte natürlich auch auf die in der Sekunde
geschnittene Kraftlinienzahl führen. Alle übrigen Radien der Scheibe bilden mit R ebensolche Leiterkreispaare, die untereinander
parallel auf R geschaltet sind, und deren E. M.
K., da sie nur von w und B
abhängen, gleich groß sind. Ausgleichströme in der Scheibe selbst sind also
ausgeschlossen.
Gelangt \overline{B\,C} in die Lage B
G, dann umschließt I die Kraftlinienzahl O und II die maximale Zahl
Nmax. Unmittelbar
nach Durchgang durch B G ist die von I umschlossene Kraftlinienzahl gleich Nmax und die von II gleich O.
Abb. 2 und b zeigt den
Kraftflußinhalt von I und II als Funktion der Stellung des Radius BC.
Während der ganzen Umdrehung ist \frac{d\,N}{d\,t} konstant, nur
beim Durchgange BG wird der Wert infolge der
Unstetigkeit von N unendlich. Zu einer Strombildung in
der Scheibe kommt es trotzdem nicht, da Kreis I
denselben Kraftfluß (Nmax) hemmen will, den Kreis II unterstützt.
Abb. 3 und 4
zeigen den Radius BC unmittelbar nach dem Durchgange
durch BG. Die durch die Unstetigkeit von N hervorgebrachten Ströme (punktiert,) heben sich auf,
da sie auf derselben Bahn gleich und entgegengesetzt gerichtet sind.
Diese Betrachtung zeigt, daß wir mit dem allgemein gültigen Gesetze
E=-\frac{d\,N}{d\,t} auch hier auskommen. Die Hoffnung, es in
seiner allgemeineren Form E=-\frac{d\,N}{d\,t}\,.\,Z für
Unipolarmaschinen jemals in Anwendung bringen zu können, wird wohl nicht in
Erfüllung gehen.
v. Kleist.
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Diesel-Maschine und Getreideindustrie. Die Diesel-Maschine ist auf den meisten Gebieten der
Kraftmaschinenverwendung siegreich vorgedrungen, doch hat sie in den Getreide
fördernden und verarbeitenden Betrieben noch wenig Verwendung gefunden. Hier kann
man unterscheiden:
1. Löschung aus Schiffen mittels stationärer oder schwimmender
Becherelevatoren;
2. Löschung mittels stationärer oder schwimmender Saugluft-
oder Druckluftanlagen;
3. Lagerung;
4. Müllerei.
1. Die auf Pontons montierten Becherelevatoren werden meistens mit Dampfkraft von 75
bis 150 PS angetrieben, die in eigener Kessel- und Maschinenanlage erzeugt werden.
Bei einer jährlichen Arbeitsstundenzahl von etwa nur 2000 stellen sich die Kosten
auf die Tonne gelöschten Getreides sehr hoch. Hier wäre der Diesel-Motor als die
allein geeignete Antriebskraft zu bezeichnen, da er die Forderungen: sofortige
Betriebsbereitschaft, Raumersparnis und zweckmäßige Unterbringung des Treibmittels
am besten erfüllt. Die Förderkosten können hierbei eine Ersparnis von 50 v. H.
gegenüber dem Dampfbetrieb aufweisen.
2. Die pneumatische Getreideförderung findet erst seit einem Jahrzehnt ausgedehnte
Verwendung. Diese großen schwimmenden Elevatoren mit einer stündlichen
Förderleistung von 150 bis 200 t besitzen Dampfkraftanlagen von 300 PS. Ihre
jährliche Arbeitsstundenzahl beträgt nur etwa 3000. Auch hier wäre die Verwendung
der Diesel-Maschine vorteilhafter. Die schwimmenden
Getreideheber können außerdem als Zollausland gelten, erhalten also ihr Treibmittel
ohne Zollaufschlag.
Bei stationären Anlagen zur pneumatischen Getreideförderung handelt es sich um noch
größere Kraftanlagen. Eine solche Anlage von 400 t Stundenleistung wurde mit vier
Diesel-Maschinen stehender Anordnung für
Paraffinölbetrieb mit 900 PS Gesamtleistung ausgerüstet und ist seit einem Jahr in
Betrieb. Die Betriebskostenschätzung ergab einen Minderverbrauch an Rohöl von etwa
25 v. H. gegenüber dem Kohlenverbrauch entsprechender Dampfmaschinenanlagen. Der
Fortfall der Kesselanlage mit Schornstein bei beschränkten Platzverhältnissen, die
Ersparnis an Löhnen für das Kesselpersonal, der Wegfall der Kohlen- und
Ascheförderung sprechen ebenfalls zu Gunsten der Diesel-Maschine. Die Maschinen gestatten in ihrer Unterteilung in vier
Aggregate die völlige Anpassung an alle Betriebserfordernisse. Die Saug- und
Druckluftförderung bedingt häufige und plötzlich auftretende Kraftschwankungen, die
von Sauggasmaschinen niemals, von Dampfmaschinen anstandlos aufgenommen werden
können. Die Diesel-Maschine ist ebenfalls
überlastungsfähig.
3. Bei Lagerung in Mühlenspeichern kommen Kraftanlagen von 150 bis 200 PS in
Betracht. Auch hier hat man in den letzten Jahren vereinzelt Diesel- Maschinen
gewählt.
4. Die deutsche Weizenvermahlung beträgt etwa 6000000, die Roggenvermahlung 9000000 t
jährlich mit einem Kraftbedarf von etwa 250000 PS. Die Diesel-Maschine hat in der Mühlenindustrie noch nicht Eingang gefunden.
Der Vorteil der schnellen Betriebsbereitschaft tritt hier zurück, weil es sich um
dauernden Tag- und Nachtbetrieb handelt, der während der ganzen Woche, also 138
Stunden, nicht unterbrochen werden darf. Betriebsicherheit ist hier die wichtigste
Forderung. Eine zuverlässige Diesel-Maschine mit dem
billigen Steinkohlenteeröl-Betrieb könnte hier mit der Dampfmaschine in Wettbewerb
treten.
Die Abgaswärme der Diesel-Maschine kann zum Trocknen des
gewaschenen Getreides und zur Heizung der Mühlenanlage Verwendung finden. In
modernen Apparaten für Abwärmeausnutzung können ganz erhebliche Mengen Frischluft
vorgewärmt werden.
Da es sich bei Mühlenanlagen um unbedingte Betriebsicherheit handelt, so ist beim Diesel-Maschinenbetrieb, wie beim Dampfmaschinenantrieb
die Beschaffung einer Reservekraftmaschine ratsam.
Eine Roggenmühle mit einer täglichen Leistung von 50 t wurde mit einer 220 PS
zweizylindrigen Diesel-Maschine ausgerüstet. Die
Brennstoffkosten betragen 1,10 M/t gemahlenen Roggen, wie bei der Dampfmaschine.
Zwei Heizer und die Kosten des Kohlentransportes können gespart werden. Die
Amortisation der Kesselanlage kommt in Wegfall. Die im Mühlenbetriebe lästig
empfundene Rauchplage ist nicht mehr vorhanden. Ein fünfmonatlicher Betrieb hat
gezeigt, daß die Diesel-Maschine für Tag- und
Nachtbetrieb eine brauchbare Antriebsmaschine darstellt.
Große Wassermühlen haben für wasserarme Zeiten in der Regel Reservemaschinen, für die
man zukünftigt ebenfalls Diesel-Maschinen wählen wird.
Allerdings ist dabei auf einen Faktor Rücksicht zu nehmen: auf den Preis des
Teeröles. Ist hier eine weitere Preissteigerung zu erwarten, so kann die beste
Konstruktion und Werkstattausstattung der Diesel-Maschine
die im Mühlenbetriebe bewährte Dampfmaschine nicht verdrängen. [Der Oelmotor 1913,
S. 454 bis 457.]
W.
––––––––––
Die elektro-pneumatische Schrämmaschine der Ingersoll Rand
Company. Von Berginspektor Gold. Für den Betrieb
von Schrämmaschinen kam Jahrzehnte hindurch nur Preßluft als Antriebskraft in
Betracht. In der elektro-pneumatischen Gesteinsbohrmaschine von Ingersoll ist nun eine Bohr- und Schrämmaschine
konstruiert worden, die die Vorzüge des elektrischen Motorbetriebes mit den
Vorteilen der Preßluft als Antriebskraft für die eigentliche Arbeitsmaschine
verbinden soll. Die bei den Unterreichenauer Kohlenwerken (Oesterreich) mit der
Maschine durchgeführten Versuche haben vorzügliche Resultate ergeben. Bei der
Maschine wird der Stoß- und Schlagmechanismus durch Preßluft betätigt, die durch
einen kleinen, vor Ort mitgeführten Kompressor, den Pulsator, erzeugt wird, dieser wird durch einen Elektromotor angetrieben.
Der grundlegende Unterschied gegenüber den anderen pneumatischen Bohrmaschinen
besteht jedoch darin, daß der Pulsator nicht nur komprimierend, sondern auch saugend
wirkt, so daß immer dieselbe Luft verwendet wird. Weder am Pulsator noch an der
Schrämmaschine ist infolgedessen ein Auspuff vorhanden; nur die Luftverluste
brauchen ersetzt zu werden. Die eigentliche Arbeitsmaschine besteht aus Kolben und
Drallspindel, die die Umsetzung der Bohr- und Schrämkronen bewirkt; jeder
Steuermechanismus am Luft- und Arbeitszylinder entfällt. Als Strom wird Drehstrom
von 220 Volt Spannung verwendet. Die Herstellung eines Schrames von 2,5 m Breite und
1,5 bis 1,8 m Tiefe in dem 4,5 m mächtigen Flötze erforderte je nach der
Beschaffenheit der stellenweise sehr harten Gaskohle 35 bis 50 Minuten, der Ausbau
und das Wiederaufstellen der Maschine bei einer Entfernung der Abbauorte von 40 bis
100 m etwa 15 bis 30 Minuten, so daß in einer neunstündigen Schicht leicht vier bis
fünf Abbauorte vorgerichtet werden konnten. Die Stundenleistung der
elektro-pneumatischen Schrämmaschine betrug bei den Abnahmeversuchen 4,48 bis 5,46
qm Schramfläche. Die Häuerleistung einschließlich der Abbauförderung bis zur
Seilbahnstation steigerte sich durch den elektro-pneumatischen
Schrämmaschinenbetrieb um 78 bis 94 v. H. [Zeitschrift des Zentral-Verbandes der
Bergbau-Betriebsleiter Oesterreichs 1913 Nr. 10,]
Schorrig.
––––––––––
Nils Gustav Dalén und der Nobelpreis für Physik 1912. Am
10. Dezember 1901 wurde zum ersten Male der Nobelpreis verteilt. Die Reihe der Namen
der Physiker und
Chemiker, die seit diesem Zeitpunkt Träger des Preises waren, bildet ein Dokument
für die glänzenden naturwissenschaftlichen Entdeckungen, von denen der Uebergang vom
19. zum 20. Jahrhundert und das erste Jahrzehnt des letzteren begleitet waren.
Röntgen, vant Hoff, Emil Fischer, H. A. Lorentz, Zeemann,
Arrhenius, P. Curie und Frau, Becquerel, Lord Rayleigh, W. Ramsay, Lenard, von
Baeyer, J. J. Thomsen, H. Moissan, Michelson, E. Bucherer, Lippmann, Rutherford,
Marconi, Braun, W. Ostwald, van der Waals, Wallach, W. Wien, jeder einzelne
Name bedeutet eine Erweiterung unserer wissenschaftlichen Erkenntnis und ein großer
Teil von ihnen ist auch dem nichtnaturwissenschaftlich Gebildeten geläufig. Diese
Reihe reicht bis zum Jahre 1911.
1912 wurde zum ersten Mal bei der Verleihung des physikalischen Preises mit dem
bisherigen Brauche gebrochen: Statt eines Förderers der wissenschaftlichen
Erkenntnis erhielt den Preis der Ingenieur Nils Gustav
Dalén
„för sina uppfiningar af sjalfverkande regulatorer atti kombination med
gasaccumulatorer användas till belysning of fyrar och lysbojar“.
Die Verleihung ist also erfolgt für konstruktive Leistungen auf einem speziellen
Gebiete der Beleuchtungstechnik, dessen Entwicklung für die Sicherung der
Seeschiffahrt zwar von größter Wichtigkeit ist, dessen wissenschaftlicher
Erkenntnisinhalt jedoch hinter seiner wirtschaftlichen Bedeutung sehr
zurücksteht.
Die Welt ist gewöhnt, den Nobelpreis mit allgemein bedeutungsvollen, neuen
Entdeckungen in Verbindung zu bringen, so daß eine Untersuchung darüber, in wie weit
die Verleihung für 1912 (für Physik) sich in den bisherigen Rahmen einfügt,
verlohnen dürfte, um so mehr, als die Leuchtfeuertechnik in Deutschland seit
mehreren Jahrzehnten ein wichtiger Industriezweig ist, gegen den die genannten
Neuerungen in Wettbewerb getreten sind.
Wie üblich, hat die Presse über die Verleihung Bericht erstattet, wobei im
allgemeinen als Daléns Erfindungen folgende aufgeführt
werden (z.B. Voss. Zeitung vom 15. November 1912): 1. der
Gasakkumulator für Azetylen, 2. das Blinkfeuer, 3. das Sonnenventil.
Der Akkumulator für Azetylen beruht auf der Eigenschaft
des Azetons, das Azetylen unter Druck in großer Menge zu lösen.
1896 studierten die Franzosen Claude und Heß diese Eigenschaft des Azetons und nahmen auf
Verfahren zur Anwendung dieser Eigenschaft Patente, die in den Besitz der Compagnie Française de l'Acetylène Dissous übergingen.
Diese Gesellschaft fügte den Claude-Heßschen Entdeckungen
noch den Gedanken hinzu, die Azeton-Azetylen-Lösung in porösen Massen aufgesaugt in
Stahlzylinder zu pressen, wodurch erst das Azetylen-Aufspeichungsverfahren den
erforderlichen Grad von Gefahrlosigkeit erhielt. Bekanntlich ist gasförmiges
Azetylen in komprimiertem Zustand explosibel.
1901 wurden die französischen Patente von der Svenska
Karbid & Azetylen A.-B. für Schweden
angekauft, aus deren Besitz sie in den der Gasakkumulator
A. B. übergingen. Dalén, der Oberingenieur bzw. Direktor bei diesen Gesellschaften
ist, sah sich nach Verbesserung der porösen Masse im Sinne erhöhter
Transportfähigkeit der Azetylenflaschen vor die Aufgabe gestellt, Anwendungsgebiete
für das aufgespeicherte Gas zu suchen.
Schon seit langem hatte die Seezeichentechnik Versuche unternommen, das Azetylen in
ihren Bereich zu ziehen. Die Preußische Leuchtfeuerverwaltung hat bereits 1899 zwei
Leuchtfeuer für dieses Gas eingerichtet, von denen jedoch das eine bei Winterkälte
nicht betrieben werden konnte, weil das Entwicklungswasser für das Kalzium-Karbid
trotz Anwendung von Frostschutzmitteln einfror. Das andere Feuer wurde deshalb in
einem heizbaren Raum untergebracht. Dieser Nachteil des Einfrierens fällt bei der
Azetylen-Azetonlösung fort, da das Azeton erst bei – 90° C erstarrt.
Waren also nach diesen Richtungen bei einer Verwendung des Azetylen-Akkumulators für
Leuchtfeuerzwecke keine Schwierigkeiten zu erwarten, so sah sich Dalén dem weit größeren Hindernis gegenüber, das in dem
hohen Preise des Azetylens in vielen Ländern begründet ist.
Ein cbm Azetylen kostet zurzeit in Deutschland M 3,50, während 1 cbm
„Blaugas“, welches der in neuerer Zeit für die Zwecke der Seebeleuchtung in
immer größerem Maßstabe verwendete Energieträger ist, nur M 1,60 kostet. Da weiter
eine Azetylenflamme bestimmter Leistungsfähigkeit 30 l Gas in der Stunde verbraucht,
während ein Blaugasglühlicht der gleichen Wirksamkeit nur 10 l verzehrt, so würden
sich die Kosten einer Leuchtstunde bei den beiden Gasen wie 10,5 : 1,6
verhalten.
Nun sind fast ganz allgemein die Leuchten der Bojen sogenannte Blinklichter, die
intermittierend brennen. Die Firma Julius Pintsch,
Berlin, ist die Urheberin des über die ganze Welt verbreiteten Blinkapparates, einer
Einrichtung, die das im Körper der Boje oder Bake aufgespeicherte Gas in kleinen
Mengen periodisch zum Brenner strömen läßt, wo es Lichtblinke von bestimmter Dauer
erzeugt. Es liegt auf der Hand, daß die Dauer der Blinke und ihre Zahl in der Stunde
auf die Leuchtkosten von maßgebendem Einfluß sind.
Bei der Blaugas-Glühstrumpfbeleuchtung wählt man als Blinkdauer 1,5 Sek. und darüber,
mit Rücksicht darauf, daß der Glühstrumpf eine gewisse Zeit braucht, um voll zu
erglühen.
Das Azetylen leuchtet aber ohne Glühstrumpf als Flamme. Hier setzte Dalén ein und konstruierte einen Blinkapparat, der Blinkdauern bis herab zu einigen Zehntel-Sekunden
erzeugt. Hiermit war dem Azetylen die Wettbewerbsmöglichkeit gesichert. Immerhin
werden kritische Bedenken gegen das Dalénsche System mit
Rücksicht auf die Seebrauchbarkeit geäußert. So kurze Leuchtperioden sind nach dem
Bericht von G. de Joly, Ingenieur en chef du Service
central des Phares et Balises auf dem XII. Schiffahrtskongreß in Philadelphia wenig in
Uebereinstimmung mit den nautischen Forderungen, denen die meisten Baken und
Leuchtbojen in Frankreich genügen müssen. Für schwedische Verhältnisse liegt die
Sache scheinbar günstiger, denn in diesem Lande hat das Dalénsche System in größerem Maßstabe Verwendung gefunden. Auch in
Nordamerika sind Befeuerungsanlagen dieser Art vorhanden.
Auch die dritte Neuerung, das Sonnenventil, verdankt dem
Bestreben nach Verminderung des Azetylenverbrauchs ihre Entstehung.
Die unbewachten Leuchtfeuer und Bojen brennen ununterbrochen Tag und Nacht, wenn man
nicht eine Einrichtung vorsieht, die die Gaszufuhr zur Flamme mit Tagesanbruch
abstellt und Abends wieder öffnet. Diesem Zweck dient das Sonnenventil Daléns nach D. R.-P. 217136. Es besteht aus zwei Körpern,
von denen der eine blank poliert, der andere matt schwarz ist. Unter Einfluß des
Tageslichtes absorbiert der schwarze Körper die im Lichte enthaltenen Wärmestrahlen,
die der polierte Körper zurückwirft. Die so hervorgerufenen Unterschiede in der
Ausdehnung der beiden Körper werden zum Schließen und Oeffnen der Gasleitung
benutzt.
Das Ziel, welches das Sonnenventil verfolgt, wird übrigens auch in sehr zweckmäßiger
Weise mittels sogenannter Löschuhren erreicht, deren Gangwerke durch den Gasdruck
selbsttätig aufgezogen werden und die Einstellvorrichtungen für den astronomischen
Tag- und Nachtanbruch besitzen. Diese Uhren erfreuen sich im Wettbewerb mit dem
Sonnenventil seit einigen Jahren immer häufigerer Benutzung.
Muß nach dem Vorangegangenen festgestellt werden, daß der Gasakkumulator und der
Blinkapparat eine französische resp. eine deutsche Erfindung ist, so muß doch
zugegeben werden, daß es der Gasakkumulator-A.-B.,
Stockholm gelungen ist, unter geschickter Weiterbildung dieser Erfindungen seitens
ihres Direktors Dalen und unter Aufbietung einer gewaltigen Reklame ihr im Endeffekt
nicht unbestritten einwandfreies Seebeleuchtungssystem bei einigen Staaten zur
Einführung zu bringen. Es gab Ende 1912 etwa 1250 nach diesem System eingerichtete
Küsten- und Bojenleuchtfeuer gegenüber etwa 7200 nach Pintsch und etwa 30000 auf der ganzen Erde (verschiedenen Systems).
An sich böte die Verleihung des physikalischen Nobelpreises für die geschilderten
Leistungen keinen Anlaß zu weiterer Diskussion. Man könnte höchstens die Meinung
aussprechen, daß nunmehr jeder geschickte Konstrukteur Anwartschaft auf den Preis
habe, ein vom Standpunkt der Konstrukteure gewiß erfreulicher Ausblick. Es müßten
aber dann die Firmen, die die preisgekrönten Konstrukteure beschäftigen, soviel
Geschmack haben, daß sie die Verleihung nicht als Beweis für die Güte der
Konstruktionen zu Reklamezwecken benutzen. Sonst würde der bisherige Brauch, über
die Güte der Konstruktion nur das technische und das wirtschaftliche Ergebnis
entscheiden zu lassen, außer acht kommen. Das Vorhandensein dieser Gefahr beweisen
Veröffentlichungen der Gasakkumulator-A.-B. über das Dalénsche System.
Vielleicht ist es also gut, wenn in Zukunft der Nobelpreis in allen seinen
Abteilungen für Gebiete vorbehalten bleibt, auf denen keine in Geldsummen
ausdrückbaren Interessenkonflikte vorkommen können.
Dr. W. Hort.
––––––––––
Ein neues „kaltes Licht“. Schon im Jahre 1883
erfand ein schlauer Mann die Verbilligung des teuren Edison-Glühlichtes durch schnell aussetzenden Betrieb des Stromes. War die
Rastzeit kurz genug gewählt, so half die optische Nachwirkung unentgeltlich über die
Finsternis hinweg. Die praktischen Versuche ließen aber bald die optische Erkenntnis
entsprechend dem Energieprinzip reifen, daß der Gesamtlichteindruck der
Mischungsregel entsprach. 1912 greift Prof. C. T. Dussaud
diese Methode wieder auf. Er sucht die mittlere Wirtschaftlichkeit aber dadurch zu
erhöhen, daß er den gezogenen Wolframfaden der modernen Glühlampe statt mit 100 Volt
etwa mit 250 während eines Dritteils eines kurzen Zeitabschnittes überbeansprucht
und ihm durch zwei Dritteile Abkühlung und Erholung gewährt. Dieser Gedankengang ist
seit einiger Zeit auch für die Röntgen-Röhre wieder
aufgetaucht, namentlich für die starke Inanspruchnahme der Röhrenkathode bei
Tiefenbestrahlungen.
Um die Gleichförmigkeit des Lichtstromes zu verbessern, kann man, ganz wie bei
Drehstrombogenlampen, die Lichtbögen, hier die Fäden, auf die Phasen des Drehstromes
entsprechend schalten.
Die Hauptfrage bleibt, wie die kurzdauernde Ueberhitzung des Fadens (gewiß nahe zum
Schmelzpunkt) seine Lebensfähigkeit herabsetzt. Die nötige Unterbrecher-Vorrichtung
ist ein böses Zugeständnis, und man darf mit dem Electrician vom 9. Mai 1913 dem in
den Tagesblättern, aufgebauschten „kaltem“ Lichte nach den bisherigen
Veröffentlichungen wirklich recht skeptisch gegenüberstehen.
In der Pariser Akademie der Wissenschaften behandelte jüngst Prof. E. Branly dieses kalte Licht des Physikers Dussaud. Er gibt an, daß am Rande einer rasch kreisenden
Scheibe 16 kleine Wolframglühlampen angebracht werden. Jede hat ungefähr 10
Kubikmilliliter Rauminhalt. Die Achse der Scheibe trägt den Motor, der die Scheibe
dreht. Durch Schleifkontakte wird erreicht, daß jede Lampe auf etwa 1/20 Sekunde
aufleuchtet. Ueber allen Lampen befindet sich eine Sammellinse. Dieses Licht soll
für besondere Anwendungen geeignet sein, so für die Kinematographie, für
Scheinwerfer, Leuchtfeuer und für photographische Momentaufnahmen.
J. Herzog.
––––––––––
§ 23 WarenZG. Internationales Zeichenrecht. Das
Berufungsgericht hat ausgeführt: Einem auf Grund des § 23 WarenZG. in die deutsche
Zeichenrolle eingetragenen Warenzeichen komme bei formell und materiell
rechtsgültiger Eintragung derjenige Schutz in vollem Umfange zu, den das deutsche
Gesetz dem eingetragenen Warenzeichen überhaupt zukommen lasse; ein solches Zeichen
stehe mit seiner Eintragung in allen Beziehungen jedem anderen deutschen
Zeichen gleich, ohne alle Rücksicht darauf, ob der Schutz des Zeichens im
Heimatlande ein größerer oder geringerer sei. – Diese Ausführungen des BerR. hat die
Beklagte mit der Revision als rechtsirrig angefochten; sie ist der Meinung, daß
infolge der akzessorischen Natur des Inlandschutzes für das im Inlande eingetragene
Auslandzeichen der Inlandsschutz nicht größer sein könne als der dem Zeichen in
seinem Heimatstaate gewährte Schutz – wiewohl die Beschränkung des Schutzes bei der
Eintragung des Zeichens in Deutschland nach dem deutschen Gesetz nicht habe zum
Ausdruck kommen können. Sie hat auch auszuführen gesucht, daß der BerR. sich mit
seiner Rechtsauffassung im Widerspruch befinde mit einem von dem auch jetzt
erkennenden Senat des RG. (in Sachen S. c. M., Rep. II Nr. 182/12) am 1. Oktober
1912 erlassenen Urteil (D. p. J. Heft 9, Jahrgang 1913). Was zunächst dieses
letztere vorbringen anbelangt, so handelte es sich in dem Falle, der durch das
angezogene (im 80. Bande der Entscheidungen des RG. in Zivilsachen zum Abdruck
gelangende) Urteil vom 1. Oktober 1912 entschieden wurde, darum: ob einem in die
deutsche Zeichenrolle eingetragenen Auslandszeichen, dem schon zur Zeit seiner
Eintragung in die Zeichenrolle in Wahrheit im Auslande kein Markenschutz zugekommen
war, nun lediglich vermöge der in die Rolle stattgehabten Eintragung
Zeichenschutz zu gewähren sei. Das hat der Senat verneint und ausgesprochen: es
könne für die in ihrem Heimatstaate nicht geschützte Auslandsmarke auch in
Deutschland ein Schutzrecht nicht zur Entstehung gelangt sein. Um etwas ganz anderes
handelt es sich in dem jetzt vorliegenden Falle, nämlich darum, ob einem in die
deutsche Zeichenrolle formell und materiell rechtsgültig eingetragenen und somit in
Deutschland rechtsgültig zur Entstehung gelangten Auslandszeichen nun in Deutschland
der volle Schutz, den das deutsche Gesetz jedem (sonstigen) Zeichen gewährt,
ebenfalls zukomme, oder ob dem Zeichen – obwohl es nach dem deutschen Gesetz und auf
Grund desselben eingetragen worden ist – dennoch nur der Schutz zu gewähren sei, den
die Marke in ihrem Heimatstaate genießt. Diese Frage, die den Inhalt und den Umfang
des Zeichenschutzes betrifft, ist mit der bisherigen Rechtsprechung des RG. im Sinne
des Berufungsgerichts zu entscheiden. [Urteil vom 7. Januar 1913. Aus der
Juristischen Wochenschrift: Vom Reichsgericht.]
W. D.
––––––––––
Der Deutsche Beton-Verein hält seine Wanderversammlung vom
25. bis 29. Juni in Leipzig ab. Daran soll sich eine Fahrt nach Breslau schließen
zur Besichtigung der Eisenbetonhalle der Jahrhundert-Ausstellung.