Titel: | Fördertürme, besonders der Eisenbetonbau auf Grube Camphausen bei Saarbrücken. |
Autor: | P. Rußwurm |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 472 |
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Fördertürme, besonders der Eisenbetonbau auf
Grube Camphausen bei Saarbrücken.
Von Bergassessor P. Rußwurm in
Berlin.
(Fortsetzung von S. 440 d. Bd.)
RUSSWURM: Fördertürme, besonders der Eisenbetonbau auf Grube
Camphausen usw.
Mitteilungen der ausführenden Firma
aus der statischen Berechnung.Zulässige
Spannungen.
Für Belastung durch Eigengewicht, gewöhnliche Nutzlast, normale Betriebslasten und
Wind wurden die üblichen Spannungen zugelassen, d.h. Druckspannung des Betons bei
Beanspruchung auf Biegung σb = 40 kg/qcm, bei Beanspruchung auf reinen Längsdruck 30 kg/qcm,
Eisenspannung σb = 1000
kg/qcm. Außerdem mußte, wie bereits oben erwähnt, der Einfluß der Seilbruchlast bei
allen in Frage kommenden Konstruktionsteilen berücksichtigt werden. Für diesen Fall
der Beanspruchung wurden von der zuständigen Stelle des Ministeriums für Handel und
Gewerbe jedoch erhöhte Spannungen zugelassen, nämlich Druckspannung des Betons bei
Beanspruchung auf Biegung σb = 60 kg/qcm, Druckspannung des Betons bei reinem Normaldruck σb = 40 kg/qcm,
Eisenspannung σb = 1400
kg/qcm.
Als Nutzlasten der Decken sind angenommen:
für die oberste Decke
400
kg/qm,
für die beiden anderen Decken
250
„
für die Arbeitsbühne
1000
„
Der Wind ist durchgängig mit 125 kg/qm senkrecht getroffener Fläche
berücksichtigt.
A. Untersuchung des Balkens
15,
welcher das Lager zwischen Koepe-Scheibe und Motor trägt und am
schwersten belastet ist.
1. Untersuchung für ständige Last
und Nutzlast der Decken
(ohne die Auflagerdrücke infolge der Seilspannung).
Das System ist ein Balken auf drei Stützen mit zwei gleichen Feldern und zwei
Kragarmen (Abb. 7).
Belastung:
p1:
max 1600 kg/m
min 1400 kg/m,
p2:
(Eigengewicht) max = min = 0,50 ∙ 2,00 ∙ 2400
= 2400 kg/m,
p3:
min 550 kg/m
max 1430 kg/m,
p4:
min 530 kg/m
max 930 kg/m,
P1:
(Decken und Wände) min 9090 kg
max 10980 kg,
P2:
(wie oben) min 1200 kg
max 1760 kg,
P3:
(Balken 12 und angehängte Bremskonstruktion)
max 6500 kg
min 3200 kg,
P3:
(Balken 13 und Bremsen) max 6500 kg
min 6100 kg,
P
4
:
(Eigengewicht von Motor und Seilscheibe mit
Welleund Lagern) max 12500 + 7500 = 20000 kgmin – 0 (Maschine
fehlt).
Textabbildung Bd. 328, S. 473
Abb. 7.
Es müssen zwei Belastungszustände untersucht werden: a) Die
beiden Felder sind mit den Maximallasten, die beiden Kragarme mit den
Minimallasten belastet, für diesen Fall entsteht das größte Moment über der
Stütze II.
Zunächst werden die Werte des Stützmomentes MII infolge der Momente über Stütze I und III ermittelt.
Wenn die Konsole die Maximallasten trägt, entsteht
M_I=M_{III}=-\frac{1,6\,.\,3,5^2}{2}-10,98\,.\,3,50-1,76\,.\,2,70=-52,95\mbox{
t/m}.
Nach Clapeyron
– 52,95 ∙ 8,50 + 2 MII (8,50 + 8,50) = 0,
MII
= + 13,2 t/m.
Wenn die Konsole die Minimallasten trägt, entstehen
ebenso:
M_I=M_{III}=-\frac{1,4\,.\,3,5^2}{2}-9,09\,.\,3,50-1,20\,.\,2,70=-43,610\mbox{
t/m}
und
M_{II}=+\frac{43,61}{4}=+10,9\mbox{
t/m}.
Wenn nur P2 wirkt, entsteht nach Winkler
MII = – 0,125 ∙ 8,502 ∙ p = – 21,65 t/m.
Wirkt nur P3 in einem Felde, so ist (siehe Börner, Statische Tabellen)
2\,M_{II}\,.\,(8,50+8,50)=-\frac{6}{8,50}\,P_3\,.\,\frac{2,00\,(3\,.\,8,50)\,.\,2,00-2\,.\,2,00^2}{12}.
MII = – 0,0815 P3.
Ebenso entstehen für P4 (in einem Felde) MII = – 0,183 P4,
für P3 : MII =
-\frac{1}{34}\,.\,\frac{2,00\,(8,50^2-2,00^2)}{8,50}\,F_3=-0,472\,P_3,
P5 : MII = – 0,415 P5,
und P4 : MIII
= – 0,816 P4.
Durch einfache Multiplikation der Lasten mit den oben ermittelten Einflußzahlen
errechnet sich nunmehr das größte Moment MII.
MII.= + 2 ∙ 10,90 (Konsolen) –
(21,65 + 2 ∙ 0,0815
1,43 + 2 ∙ 0,183 ∙ 0,93 + 2 ∙ 0,472 ∙ 6,5 + 2 ∙ 0,415
∙ 6,5 + 2 ∙ 0,816 ∙ 20,0) = – 46,20 t/m.
b) Linke Konsole und rechtes Feld haben
Minimallast, linkes Feld und rechte Konsole Maximallast.
Es entstehen alsdann im linken Felde das größte Feldmoment und im rechten Felde
das kleinste Feldmoment. Das linke Feld (Abb. 8)
ohne Konsole für sich als einfacher Balken aufgefaßt ergibt
A0
= 28,54 t und B0 = 32,87 t.
Das größte Moment, das unter P4 liegt, ist M0 = 76,53 t/m. Ebenso ist, wenn man das
rechte Feld (Abb. 9) für sich als einfachen
Balken auffaßt, B'0
= 15,61 t und C0 = 18,11 t.
Textabbildung Bd. 328, S. 473
Abb. 8.
Textabbildung Bd. 328, S. 473
Abb. 9.
Das Moment im Schnitt aa ist M = + 22,80 t/m.
Das Stützmoment über II berechnet sich mit Hilfe der
oben ermittelten Einflußzahlen MII = – 24,09 t/m. Daher ergibt sich das größte
Moment im linken Felde zu
M_I-II_{\mbox{max}}=76,53-\frac{M_{II}\,.\,4,75+M_I\,.\,3,75}{8,50}=+58,25
t/m (Abb. 10).
Ebenso das kleinste Feldmoment im rechten Felde
M_I-II_{\mbox{min}}=+22,80-\frac{13,20\,.\,3,75}{8,50}-\frac{24,09\,.\,4,75}{8,50}=+3,52
t/m (also noch positiv).
Textabbildung Bd. 328, S. 473
Abb. 10.
Textabbildung Bd. 328, S. 473
Abb. 11.
Textabbildung Bd. 328, S. 473
Abb. 12.
2. Untersuchung für normale
Betriebslasten.
a) Herleitung der Lagerdrücke der Koepe-Scheibe und
Leitscheibe.
Gewichte der Betriebslasten:
640 lfd. m Seitl. zu 10 kg/m
6400
kg
Das leere Fördergerippe
6500
„
1 leerer Förderwagen
380
„
1 voller Förderwagen
1000
„
Auf ein Gerippe kommen acht Wagen.
Die Anfahrbeschleunigung beträgt höchstens 1,20 m i. d. Sek. Den Weg des
Seiles veranschaulicht Abb. 11.
Die Größe des Winkels QON, der mit a bezeichnet werden möge, ermittelt sich wie
folgt:
O\,M=\sqrt{1,27^2+8,75^2}=8,85\mbox{ m},
O\,S=\frac{O\,M}{2}=4,43\mbox{ m},
\mbox{cos}\,R\,O\,Q=\frac{3,0}{4,43}=0,678,
ROQ = 47° 20',
\mbox{tg}\,O\,M\,L=\frac{1,27}{8,75}=0,145,
OML = 8° 10',
α = 90° – OML – ROQ = 34° 30'.
Textabbildung Bd. 328, S. 474
Abb. 13.
Textabbildung Bd. 328, S. 474
Abb. 14.
Die Seilkraft des freien Seiles (Abb. 12) sei S2, die des Seiles,
das über die Leitscheibe läuft, sei S1. Dann ist der Auflagerdruck der Koepe-Scheibe
senkrecht: V1 = S2 + S1 cos α =
S2 + 0,824 S1,
wagerecht: H1 = S1 sin α =
0,566 S1
und der Auflagerdruck der Leitscheibe
senkrecht: V2 = S1 (1 – cos α)
= 0,176 S1,
wagerecht: H2 = M1 = S1 sin α =
0,566 S1
Wenn der Betrieb ruht, an beiden Seilenden voll belastete Körbe hängen und der an
S1 hängende
Korb oben, der an S2 hängende Korb unten ist, so ergibt sich S1 (infolge Gerippe und acht
beladenen Wagen)
6500 + 8 ∙ 1000 = 14500 kg
und S2 (wie eben + Seil)
14500 + 6400 = 20900 kg.
Daher V1 = 20900 + 0,824 ∙ 14500 = 32900 kg.
Wenn die Scheibe anfährt, so kommt bei S2 die Zusatzkraft
{S_2}'=S_2\,\frac{1,2}{9,81}=2550 kg hinzu, bei S1 fällt die
Zusatzkraft {S_1}'=S_1\,\frac{1,2}{9,81}=1770 kg fort. Daher
ist alsdann
V1
= 20900 + 2550 + 0,824(14500 – 1770)
= 23450 + 10580 = 34030 = ∾ 35000 kg.
Wenn ein Gerippe unbelastet oder nur mit leeren Wagen belastet ist, so wird die
Differenz der Zusatzkräfte wohl größer, aber die Gesamtlast V1' trotzdem auf
jeden Fall kleiner.
H1, V2 und M2 hängen nur von der größten Seillast
S1 ab. Diese
ist S1max = 20900 +
2550 = 23450 kg, daher H1max = H1max – 23450 ∙ 0,566 = 13200 kg und V2max = 0,176 –
23450 = 4120 kg.
Obwohl für die Koepe-Scheibe V1max und V2max nicht zusammentreffen, wird zur
Sicherheit doch so gerechnet, als wären sie zu gleicher Zeit vorhanden.
b) Herleitung der Momente. Wirkung des senkrechten
Auflagerdruckes V1max = 35,0 t. Für ein Lager
V_1=\frac{35,0}{2}=17,5 t.
Mit Hilfe der oben ermittelten Einflußzahlen ergeben sich, das größte
Stützenmoment
MII = 2 (– 0,816 ∙ 17,5) = – 28,4 t/m.
Das größte Feldmoment
M_I-II_{\mbox{max}}=\frac{17,5\,.\,3,75\,.\,4,75}{8,50}-\frac{28,4}{2}\,.\,\frac{4,75}{8,50}=28,8
t/m (Abb. 13).
Das kleinste Feldmoment
M_I-II_{\mbox{min}}=-\frac{28,4\,.\,4,75}{2\,.\,8,5}=-7,9
kg/m.
Wirkung des wagerechten Auflagerdruckes H1 = 13,2 t. Für
ein Lager H_1=\frac{13,2}{2}=6,6 t. Das System ist in Abb. 14 dargestellt.
H wirkt als Längskraft mit 1,75 m Exzentrizität. Es
wird durch eine gleich große zentrisch wirkende Längskraft und in Moment MH = H ∙ e = 6,6 – 1,75 = 11,55 t/m ersetzt. Infolge des
zentrisch wirkenden H entstehen:
A=-\frac{H\,.\,h}{2\,l}, B = 0, C=+\frac{H-h}{2\,l}
und Momente nach Abb. 15
über der Stütze
M=\pm\,\frac{6,6\,.\,2,5}{2}=\pm\,8,25
t/m,
und unter dem Scheibenlager
M=\pm\,\frac{8,25\,.\,4,75}{8,50}=\pm\,4,6
t/m.
Textabbildung Bd. 328, S. 474
Abb. 15.
Textabbildung Bd. 328, S. 474
Abb. 16.
Infolge des Momentes ergeben sich, wie sich mittels des Satzes vom Minimum der
Formänderungsarbeit leicht herleiten läßt:
A=-\frac{M_H}{2\,l}\,\left[1+3\,\frac{b}{l}-\frac{3}{2}\,\left(\frac{b}{l}\right)^2\right]=-1,38
t,
B=\frac{M_H}{2\,l}\,\left[3\,\frac{b}{l}-\frac{3}{2}\,\left(\frac{b}{l}\right)^2\right]=+1,40
t,
C = 0,02 t.
Die Momentenfläche zeigt Abb. 16. Es ergeben sich
unter dem Lager der Scheibe:
M = – 1,38 ∙ 4,75 = – 6,55 t/m
und
M = + 11,550 – 6,55 = +
5,00 t/m.
Ueber der Mittelstütze M = – 0,02 ∙ 8,50 = – 0,17
t/m. Zwischen Lager und Mittelstütze wirkt außerdem eine Längskraft M = H = 6,6 t.
c) Zusammenstellung und Spannungsnachweis. Das größte
positive Feldmoment dicht links neben dem Scheibenlager ist zusammen
M = 58,25 + 28,8 + 6,55 – 4,60 t/m
= 75,90 t/m.
Querschnitt nach Abb. 17. fe'= 8 ⌀ 35 mm = 76,97 qcm fe = 16 ⌀ 35 mm =
153,94 qcm. Bei Berücksichtigung der Betondruckspannung im Steg ist X = 80,20 cm; σb = 11,10 kg/qcm
und σe
= 225 kg/qcm.
Textabbildung Bd. 328, S. 475
Abb. 17.
Textabbildung Bd. 328, S. 475
Abb. 18.
Dicht rechts neben dem Scheibenlager wirkt
M = 58,25 + 28,80 + 5,00 – 4,60 =
+ 87,45
und eine Längsdruckkraft N =
6,6 t.
Ohne Rücksicht auf die Längskraft ergibt sich X =
80,20 cm, σb =
13,40 kg/qcm und σe
= 272 kg/qcm. Da die Längskraft im Verhältnis zum Moment nur sehr klein
ist, beeinflußt sie die Spannungen auch nur sehr wenig, indem sie σb etwas vergrößert
und σe verkleinert.
Das kleinste Feldmoment ist
M=+3,52-7,90+4,60-\frac{0,17\,.\,4,75}{8,50}=0,12,
also noch positiv.
Das größte Moment dicht rechts neben der Mittelstütze ist
M = – 46,20 – 28,40 + 8,25 – 0,17
= – 66,52 t/m.
Querschnitt nach Abb.
18
fe
= 26 ⌀ 35 mm = 250,15 qcm,
fe' = 16 ⌀ 35 mm = 153,04 qcm.
X = 88 cm, σb = 9,40 kg/qcm
und σe = 164
kg/qcm.
Dicht links neben der Mittelstütze herrscht
M = – 46,20 – 28,40 – 8,25 – 0,17
= – 83,02 t/m
und eine Längsdruckkraft N =
6,6 t,
Ohne Rücksicht auf die Längskraft ist
σb
= 11,80 kg/qcm und σe = 205 kg/qcm.
Die Längskraft erhöht σb und verkleinert σe um einen sehr kleinen Betrag.
(Fortsetzung folgt.)