Titel: | Mammut-Pumpen zur Hebung solehaltiger Mineralwässer in Salsomaggiore. |
Autor: | B. Schneider |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 568 |
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Mammut-Pumpen zur Hebung solehaltiger
Mineralwässer in Salsomaggiore.
Von B. Schneider, Ingenieur,
Berlin-Tegel.
SCHNEIDER: Mammut-Pumpen zur Hebung solehaltiger Mineralwässer in
Salsomaggiore.
Inhaltsübersicht.
Interessante Anwendung der Mammut-Pumpe zur Hebung von
Mineralwässern in Salsomaggiore. Verwendung der aus dem Erdinnern austretenden
Naturgase zum Betriebe der Mammut-Pumpe.
––––––––––
Eine interessante Anwendung hat die Mammut-Pumpe in dem Badeort Salsomaggiore in
Oberitalien gefunden. Seinen Weltruf verdankt Salsomaggiore seiner herrlichen Lage
am Ausläufer der Alpen, seinen günstigen klimatischen Verhältnissen und insbesondere
der Heilkraft seiner Mineralquellen. Das für die Bäder und zum Trinkgebrauch
erforderliche Mineralwasser wird aus mehreren artesischen Brunnen, und zwar aus
großen Tiefen des Erdreiches, gewonnen. Ein besonders ergiebiger Brunnen ist etwa
363 m, ein anderer Brunnen sogar bis auf die beträchtliche Tiefe von 717 m unter
Erdoberfläche gebohrt.
Im Laufe der Jahre hat sich mit dem Wachsen der Besucherzahl der Bedarf an
Mineralwasser ständig vergrößert. Infolge der gesteigerten Entnahme trat der Spiegel
der Sole immer weiter unter Tage zurück, so daß die bisher gebrauchten Schöpfpumpen
schließlich nicht mehr imstande waren, eine ausreichende Menge von Mineralwasser
über Terrain zu heben. Aus diesem Grunde mußte sich die Verwaltung des Bades im
vorigen Jahre notwendigerweise zu einem Umbau der Förderanlage entschließen. Für die
Neuanlage konnte nur eine Pumpenart in Frage kommen, welche möglichst unabhängig von
der Tiefenlage des Flüssigkeitsspiegels bei größter Betriebssicherheit imstande ist,
ständig ein reichliches Quantum Mineralwasser zu heben. Man entschloß sich deshalb
zu der Anwendung von Mammut-Pumpen, weil diese bekanntlich in einem bisher
unerreichten Maße geeignet sind, sich Schwankungen in der Tiefenlage des
Flüssigkeitsspiegels anzupassen.
Es wurden die beiden oben erwähnten Bohrbrunnen von 363 m und 717 m Tiefe für
den Einbau von Mammut-Pumpen in Aussicht genommen. Die Lichtweite des ersteren
Brunnens beträgt 150 mm, diejenige des zweiten tieferen Brunnens nur 125 mm. Die
Brunnen liegen etwa 250 bzw. 70 m vom Maschinenhaus entfernt. Von jeder der beiden
Mammut-Pumpen sollten 6 cbm Mineralwasser in der Stunde über Tage gehoben werden.
Man rechnete mit einer Absenkung des Solespiegels bis auf etwa 150 m unter Tage. Die
angegebene Leistung soll jedoch auch noch bei einer Absenkung des
Flüssigkeitsspiegels bis auf etwa 200 m unter Terrain erzielt werden.
Textabbildung Bd. 328, S. 569
Abb. 1.
Bereits bei den früher angewendeten Schöpfpumpen wurde nach erfolgter Hebung der Sole
eine beträchtliche Menge von Gas über Tage ausgeschieden. Dieses Gas entsteht durch
die Mischung von Kohlenwasserstoff und Sauerstoff, Stickstoff und
kohlenstoffhaltiges Anhydrid und besitzt im allgemeinen dieselbe Eigenschaft wie das
Leuchtgas. Das Gas wird deshalb in Salsomaggiore auch zum Antrieb von Gasmotoren,
teilweise sogar zu Leuchtzwecken verwendet. Von den Brunnen aus wird dieses aus dem
Erdreich gewonnene Naturgas einem Gasometer zugeführt. Während der Betrieb einer
Mammut-Pumpe (Abb. 1) im allgemeinen durch
komprimierte atmosphärische Luft erfolgt, sollte in diesem Falle das Gas komprimiert
und zum Betrieb der Mammut-Pumpen nutzbar gemacht werden. Durch die intensive
Mischung des Naturgases mit der zu hebenden Flüssigkeit sollte der Gehalt des
Mineralwassers möglichst gesteigert werden.
Die Mammut-Pumpenanlage ist inzwischen ausgeführt und zu Beginn dieser Saison in
dauernden Betrieb genommen worden. Die erzielten Resultate sind außerordentlich
befriedigend, sowohl was die Menge der gehobenen Sole, als auch ihre Beschaffenheit
anbelangt.
Der Ausguß der beiden Mammut-Pumpen erfolgt direkt in zwei über Terrain angeordnete
Behälter. Diese Behälter sind in einem ornamentalisch ausgeschmückten Pavillon
untergebracht (Abb. 2) und seitlich mit Glaswänden
versehen, so daß man den Auswurf der Mammut-Lumpen ständig beobachten kann. Die
Pavillons sind an einem öffentlichen Platz in Salsomaggiore frei aufgestellt und dem
Publikum zur Beobachtung jederzeit zugänglich. Dem Publikum ist dadurch Gelegenheit
gegeben, den Auswurf der Mammut-Pumpen zu beobachten und sich davon zu
überzeugen, daß das geförderte Mineralwasser ohne jede weitere Behandlung, wie es
dem Erdreich entnommen wird, zu Trink- und Badezwecken zur Verwendung gelangt. Die
Güte der geförderten Sole, deren spezifisches Gewicht etwa 1,125 beträgt, hat durch
die Hebung mittels der aus dem Erdreich gewonnenen Naturgase in seiner
Zusammensetzung außerordentlich gewonnen. Die Mineralwässer werden durch die
Mammut-Pumpen aus Tiefen bis 200 m über Tage gefördert. Anstatt des gegenwärtig
benötigten Quantums von ungefähr 12 cbm i. d. Std. werden von den beiden
aufgestellten Mammut-Pumpen bis zu 24 cbm stündlich gefördert.
Infolge der geringen Lichtweite der beiden Bohrbrunnen mußte für die Rohrleitungen
der Mammut-Pumpen eine besondere Anordnung getroffen werden. Dieselbe ist insofern
bemerkenswert, als das Luftrohr innerhalb der Förderleitung angeordnet ist. Die
Einführung des gepreßten Gases erfolgt also in dem inneren Rohr, die Förderung der
Flüssigkeit in dem äußeren Ringquerschnitt des Förderrohrs.
Textabbildung Bd. 328, S. 569
Abb. 2.
Der Luftkompressor, durch welchen die beiden Mammut-Pumpen gleichzeitig angetrieben
werden, ist imstande, das angesaugte Gas bis auf 25 at Ueberdruck maximal zu
verdichten. Das in dem Gasometer angesammelte Gas steht unter einem Druck von etwa
200 mm Quecksilbersäule. Die Saugseite des Kompressors ist durch eine Rohrleitung
direkt mit dem Gasometer verbunden. Zum Betrieb der Mammut-Pumpen muß der Kompressor
das angesaugte Gas ungefähr bis auf 20 at Ueberdruck verdichten. Die Ausführung des
aufgestellten Kompressors wird durch die Abb. 3
veranschaulicht. Der Kompressor besitzt einen stufenförmig ausgebildeten Kolben,
wobei die Ansaugung des Gases von der hinteren Kolbenfläche, die Verdichtung auf den
Enddruck von dem Ringquerschnitt der vorderen Kolbenseite bewirkt wird. Zwischen beiden Stufen ist
ein auf dem Zylinder gelagerter Zwischenkühler geschaltet; diesen hat die aus der
Niederdruckstufe tretende erhitzte Gasmenge zu durchströmen, wodurch eine
Rückkühlung ungefähr auf die Anfangstemperatur erreicht wird. Die Steuerung des
Gas-Ein- und Auslasses geschieht durch sogen. Plattenventile. Diese Ventile bedürfen
keinerlei Schmierung und ermöglichen bei geräuschloser Arbeitsweise durch raschen
Schluß der federbelasteten Ventilplatten die Erzielung einer guten Abdichtung und
eines hohen volumetrischen Wirkungsgrades.
Textabbildung Bd. 328, S. 570
Abb. 3.
Nach dem Austritt aus dem Kompressor wird das Gas in einen Windkessel und nach dem
Austritt aus diesem in einen Verteiler geleitet. Von hier aus wird das gepreßte Gas
in einer Rohrleitung zu den Mammut-Pumpen bzw. in die beiden beschriebenen
Bohrbrunnen geführt.
Die Aufstellung des Kompressors im Maschinenraum veranschaulicht die Abb. 4. Der Antrieb des Kompressors erfolgt mittels
einer an der Maschinenhausdecke befestigten Transmission, und zwar durch zwei
Gasmotoren. Aus der Abb. 4 ist rechts gelegen auch
die Aufstellung dieser beiden in einem Nebenraum untergebrachten Gasmotoren von je
16 PS Normalleistung zu ersehen.
Für den Antrieb des Kompressors werden normal etwa 24 PS aufgewendet. Die beiden für
den Antrieb des Kompressors aufgestellten Gasmotoren werden ebenfalls angetrieben
durch das aus den Brunnen austretende Gas, so daß der Betrieb der gesamten
Fördereinrichtung ein außerordentlich ökonomischer ist.
Als Neuerung kommt bei dieser Anlage in Betracht, daß der Betrieb der beiden
Mammut-Pumpen nicht mittels atmosphärischer Luft, sondern durch Naturgas erfolgt,
daß ferner trotz der Anwendung einer innerhalb des Förderrohrs angeordneten
Luftleitung durch zweckmäßige Wahl der Rohrleitung nahezu die doppelte Leistung
erreicht wurde. Als besondere Vorteile, welche die Anwendung von Mammut-Pumpen in
dem vorliegenden Fall bieten, sind zu nennen neben der außerordentlichen
Betriebssicherheit die Einfachheit, der sich fast ausschließlich auf die
Ingangsetzung des Kompressors beschränkenden Bedienung, die Verwendung des aus dem
Erdreich austretenden Naturgases zur Hebung des Mineralwassers und ferner die
bequeme Anpassung der Mammut-Pumpen an die beträchtlichen Schwankungen des
Solespiegels unter Tage.
Die günstigen Förderverhältnisse, geschaffen durch die Anwendung von Mammut-Pumpen,
haben wahrscheinlich nicht zuletzt dazu beigetragen, daß die italienische Regierung
vor kurzer Zeit die Verwaltung des Bades Salsomaggiore von den bisherigen Besitzern,
Dalla Rosa, G. Corazza
& Co, Salsomaggiore, in eigene Regie übernommen
hat.
Hat der Leser dieses Aufsatzes Gelegenheit, das durch Naturschönheiten
außerordentlich bevorzugte Salsomaggiore zu besuchen, so sollte er nicht versäumen,
diese interessante Förderungsanlage zu besichtigen.
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Abb. 4.
Die Projektierung und Ausführung der beschriebenen Mammut – Pumpenanlage ist durch
die Maschinenfabrik A. Borsig, Berlin-Tegel, erfolgt.