Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 635 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Feste und flüssige Brennstoffe. Allgemein teilt man
die Brennstoffe nach ihrem Aggregatzustand in feste, flüssige und gasförmige ein.
Die festen Brennstoffe sind auch jetzt noch die weitaus wichtigsten, ihnen folgen
die gasförmigen Brennstoffe, weil sie hauptsächlich aus den festen Brennstoffen
hergestellt werden. Die flüssigen Brennstoffe bilden bis jetzt eine kleine Klasse
von untergeordneter Bedeutung. Erst die ungeahnte Entwicklung der
Verbrennungskraftmaschinen und auch der Oelfeuerung hat es mit sich gebracht, daß
die flüssigen Brennstoffe weit wichtiger sind als die gasförmigen.
Ueber die Eigenschaften, Verwendungsmöglichkeiten der flüssigen Brennstoffe ist
mehrfach berichtet worden (vergl. S. 25, 382 u. 616 d. Bd.) Hier soll vielmehr der
Vergleich zwischen flüssigen und festen Brennstoffen durchgeführt werden. Zu den
flüssigen Brennstoffen zählt man auch solche, die für gewöhnlich gar nicht flüssig
sind, wie z.B. Asphalt, Naphthalin, Paraffin und auch der dickflüssige Teer. Nicht
der flüssige Aggregatzustand an und für sich ist das Wesentliche dieser
Brennnstoffe, sondern ihre Fähigkeit, jeden anderen Aggregatzustand anzunehmen, ohne
dabei sich zu zersetzen. Wichtig ist, daß bei steigender Temperatur der Uebergang
aus dem festen oder schwer flüssigen Zustand in den leicht flüssigen und schließlich
in den gas- und dampfförmigen Zustand stattfindet. Die ausschließliche Brauchbarkeit
der flüssigen Brennstoffe für die Diesel-Maschine beruht
auf dieser Eigenschaft.
Die Kohlen dagegen sind nur im festen Aggregatzustand bekannt. Man kann sie auch
nicht durch Erwärmen in den flüssigen und gasförmigen Zustand überführen. Jede
Erwärmung führt hier zur Zersetzung. Bei der Zersetzung entstehen hauptsächlich nur
feste und gasförmige Bestandteile und nur in geringen Mengen flüssige Bestandteile:
die Teere. Daraus ist ersichtlich, daß das Bestreben aus den Kohlen flüssige
Brennstoffe herzustellen stets eine gewisse Grenze hat.
Die flüssigen Brennstoffe sind (das rohe Erdöl ausgenommen) stets
Destillationsprodukte. Sie können deshalb Asche und Wasser nur in sehr kleinen
Mengen enthalten.
Die Asche in der Kohle ist dieser in fein verteiltem Zustande beigemengt und
äußerlich nicht erkennbar, sie nimmt an der Verbrennung und trockenen Destillation
nicht teil. Jede Kohlensorte hat einen bestimmten Feuchtigkeitsgehalt, der sich bei
der Verbrennung im allgemeinen nicht nachteilig bemerkbar macht. Die flüssigen
Brennstoffe vermögen nur sehr wenig Wasser aufzunehmen, dies gilt besonders für die
Petroleumdestillate, die höchstens Zehntelprozente aufnehmen können. Das Wasser,
wenn auch nur beigemengt, ist nur sehr schwer von den flüssigen Brennstoffen zu
erkennen, bei der Destillation des Teeres bereitet die Entfernung des Wassers die
größten Schwierigkeiten.
Alle festen und flüssigen Brennstoffe enthalten als gemeinsame Hauptbestandteile
Kohlenstoff und Wasserstoff. Der Kohlenstoff überwiegt (80 bis 90 v. H.). Die Menge
des Wasserstoffes ist viel kleiner, trotzdem ist sein Einfluß sehr groß, er wirkt
bestimmend auf die Eigenschaften der Brennstoffe ein. Bei den flüssigen Brennstoffen
besteht ihre brennbare Substanz nur aus Kohlenstoff und Wasserstoff, bei
vergleichsweise gleichem Kohlenstoffgehalt (85 bis 90 v. H.) haben die flüssigen
Brennstoffe mehr als doppelt so viel Wasserstoff. Bei den festen Brennstoffen kommt
als drittes Hauptelement noch der Sauerstoff hinzu. Der Sauerstoff hat einen
kondensierenden Einfluß auf den Aggregatzustand seiner Verbindung, aus den leicht
flüchtigen Verbindungen werden durch chemische Bindung von Sauerstoff schwer
siedende Verbindungen. Wasserstoff und Sauerstoff verbinden sich im
Gewichtsverhältnis 1 : 8. Der Teil des Wasserstoffes der dem Wert ⅛ 0 entspricht,
ist also schon verbrannt und besitzt keinen Wert mehr für die Verbrennung der Kohle.
Als der eigentliche und allein wertvolle Wasserstoff ergibt sich dann der freie Wasserstoff.
Die Kohle enthält etwa 4,5 bis 5,5 v. H. Wasserstoff. Bei den flüssigen Brennstoffen
ist der Kohlenstoff mit dem Wasserstoff chemisch verbunden. Die Kohle enthält den
größten Teil ihres Kohlenstoffes in einer Form, die praktisch dem freien
ungebundenen Kohlenstoff nahekommt. Die Teerbildung wird darum bei jenen
Kohlensorten am größten sein, die viel Kohlenstoff in gebundener Form enthalten, das
sind besonders die bituminösen Kohlen.
Die flüssigen Brennstoffe zersetzen sich freiwillig fast gar nicht. Die Kohlen
hingegen sind ein höchst unbeständiges Material und als solches noch nicht genug
bekannt. Sie nehmen Sauerstoff aus der Luft auf, und zwar unter Wärmeentwicklung.
Wird diese Wärmeentwicklung an irgend einem Punkte einer großen lagernden
Kohlenmasse gestaut, so führt sie zur Selbstentzündung. Es ist somit sicher, daß die
Kohlen in Hinsicht auf Selbstentzündlichkeit ein gefährlicheres Material darstellen
als die flüssigen Brennstoffe. Die Entzündungsgefahr durch äußere Umstände ist
infolge des niedrigen Flammpunkts bei den flüssigen Brennstoffen natürlich
größer.
Der höchste Heizwert von Kohle theoretisch auf wasser- und aschefreie Kohle berechnet
ist 8500 WE/kg. Für flüssige Brennstoffe bedeuten 8500 WE ein Mindestmaß. Ihr
Heizwert bewegt sich im allgemeinen um 10000 WE/kg. Mit den flüssigen Brennstoffen
lassen sich also im allgemeinen höhere Verbrennungstemperaturen erreichen als mit
den festen Brennstoffen. Die Betrachtung der Verbrennungsvorgänge zeigt also, daß
zwischen den festen und den flüssigen Brennstoffen in dieser Hinsicht sehr
wesentliche Unterschiede bestehen, die für die Wahl des Brennstoffes in der Praxis
große Bedeutung haben.
Für den Verbrennungsprozeß in der Verbrennungskraftmaschine kommen aber nur die
flüssigen und gasförmigen Brennstoffe in Betracht. Die festen Brennstoffe sind dabei
ausgeschlossen und werden auch ausgeschlossen bleiben. Es würde schwierig und
kostspielig sein, feste Brennstoffe in so feiner Staubform herzustellen, um im Motor
verbrannt zu werden. Der Aschengehalt der Kohle wäre an sich weder das einzige noch
das größte Hindernis. Die Hauptschwierigkeit besteht darin, daß die Verbrennung der
Kohle in zwei Abschnitten verläuft. Die Verbrennung der flüchtigen Bestandteile der
Kohle im Motorzylinder würde keine Schwierigkeit bereiten, der zweite, d.h. die
Verbrennung des freien Kohlenstoffes würde niemals vollkommen und vollständig
erfolgen.
Ein unmittelbarer Wettbewerb der festen und flüssigen Brennstoffe besteht nur auf
jenem Gebiet, das die allgemeinste Verwendungsart der Brennstoffe darstellt. Dies
ist die unmittelbare Verfeuerung in industriellen (Dampfkessel) und gewerblichen
Feuerungen. Der Verbrennungsvorgang der Kohle zeigt vor allem eine Gleichmäßigkeit
und Nachhaltigkeit, die von keinem andern Brennstoff erreicht wird. Die Vorteile der
flüssigen Brennstoffe für die Verfeuerung liegen darin, daß sie sich leicht und
unmittelbar entzünden, ihr Verbrennungsprozeß kann jederzeit eingeleitet oder
beendet werden und erreicht in kurzer Zeit hohe Temperaturen.
Die Kohle ist unbestritten der wichtigere und ältere von beiden Brennstoffen.
Trotzdem kennen wir sie auch heute noch viel weniger als die flüssigen Brennstoffe.
Diese sind in ihrer chemischen Zusammensetzung ziemlich genau erforscht. [Glückauf
1913, Nr. 16.]
Wimplinger.
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Motorschiff „Juno“. Dieses englische Motorschiff
wurde für die Anglo-Saxon Petroleum-Company von der Nederlandschen Schiffbau-Company in Amsterdam gebaut. Für dieselbe Gesellschaft wurde
schon vor zwei Jahren das Motorschiff „Vulcanus“ gebaut. Das Motorschiff
„Juno“ ist aber um 2400 t größer als „Vulcanus“, Länge zwischen
den Loten 78,6 m, Breite 13,7 m, Tiefgang 5,7 m, Deplacement 4370 t, es ist das
erste größere Einschrauben-Motorschiff. Die 1100-pferdige Hauptmaschine wurde von
der genannten Fabrik gebaut, die auch die 500-pferdige Hauptmaschine des
„Vulcanus“ geliefert hat. Die beiden Hauptmaschinen sind von derselben
Bauart und gleichen in ihrem Aufbau einer Schiffsdampfmaschine.
Von der „Vulcanus“-Hauptmaschine liegen eingehende Betriebserfahrungen und
Berichte über vorgekommene Betriebsstörungen vor. Durch unrichtige Montage der
Schraubenbolzen am Pleuelstangenkopf, riß einer davon, klemmte sich zwischen
Kurbelarm und Fundamentplatte fest und führte so den Stillstand der Maschine herbei.
Das Schiff fuhr hierauf mit fünf Zylindern weiter. Der Schaden wurde ausgebessert,
aber die Maschine arbeitete nicht mehr so ruhig wie früher, und es fand auch keine
gute Verbrennung in der Maschine mehr statt. Die Kurbelwelle wurde bei diesem Unfall
durch das Moment des Schwungrades verdreht, so daß sich die Ventile nicht mehr genau
zur richtigen Zeit öffneten und schlössen. Die Kurbelwelle mußte erneuert
werden.
Weiterhin platzte auf dem im Hafen liegenden Schiff ein Luftbehälter. Der Behälter
bestand aus Stahl mit angeschweißten Böden. Zum Entwässern des Behälters wurde ein
bis nach unten geführtes Rohr benutzt. Dieses Rohr wurde undicht, infolgedessen
sammelte sich immer mehr Wasser im Behälter an, bis er nahezu voll Wasser war. Beim
Aufpumpen wurde das Manometer nicht beobachtet, und da kein Sicherheitsventil
vorhanden war, platzte der Behälter. Da Sicherheitsventile oft undicht sind und dann
von der Bedienungsmannschaft festgeschraubt werden, hatte man ein solches nicht
angebracht. Nachträglich wurde ein Sicherheitsventil eingebaut, man hat aber, um ein
vollkommenes Dichthalten zu sichern, in die Rohrleitung zwischen Behälter und Ventil
einen Verschluß durch eine Kupferplatte eingefügt, die so stark ist, daß sie bei dem
festgesetzten Höchstdruck zerreißt.
Die Hauptmaschine von „Juno“ hat sechs im einfachwirkenden Viertakt arbeitende
Zylinder von 560 mm ⌀ und 1000 mm Hub und leistet bei 120 Umdrehungen 1100 PS.
Bei der „Vulcanus“-Maschine waren zwei Nockenwellen vorhanden, eine für den
Vorwärts- und eine für den Rückwärtsgang der Maschine. Die beiden Nockenwellen ruhen in einem
Träger, der drehbar gelagert ist, so daß immer die eine oder die andere Nockenwelle
in Verbindung mit den Ventilhebeln steht. Bei der „Juno“-Hauptmaschine liegen
beide Steuerwellen nebeneinander in gleicher Höhe und beide werden gleichzeitig in
der Querrichtung verschoben. Beim Umsteuern werden die Ventilhebel aufgehoben, so
daß die Rollen von den Nocken der darunter liegenden Welle für Vorwärtsgang nicht
berührt werden, dann werden beide Wellen in der Querrichtung geradlinig verschoben,
so daß die Welle für Rückwärtsgang unter die Rollen zu liegen kommt.
Die Druckölschmierung wurde bei der neuen Maschine nicht verwendet. Alle Teile werden
durch Apparate mit sichtbarer Oelabgabe mit der richtigen Oelmenge versorgt. Obwohl
die Kühlung der Kolben durch eingeschlossene Luft bei den 400 × 600 mm großen
Zylindern des „Vulcanus“ zufriedenstellend gearbeitet hat, sind die Kolben
der größeren Maschine von 560 × 1000 mm Zylinderabmessungen mit Wasserkühlung
versehen. Zum Speisen aller sechs Zylinder mit Treiböl sind zwei Treibölpumpen
vorhanden, von denen aber nur eine Pumpe verwendet wird. Die zweite dient zur
Reserve und kann durch Verstellen zweier einfacher Hähne an die Leitung
angeschlossen werden. Die Ventile bestehen hier aus einfachen Stahlkugeln und die
Stopfbüchse liegt in einem Oelbad, so daß keine Luft eingesaugt werden kann.
Da sich beim „Vulcanus“ ergeben hat, daß das billige „Tarakan“ genannte
Treiböl die Kolbenringe verschmiert, die Verwendung dieses Oeles seiner Billigkeit
wegen aber große Vorzüge bietet, will man versuchen, das Verschmieren der
Kolbenringe dadurch zu vermeiden, daß man die Maschine jeden Tag eine Zeitlang mit
Solaröl laufen läßt. Deshalb sind zwei kleine Behälter vorgesehen, die eine für etwa
halbstündigen Betrieb ausreichende Menge Solaröl aufnehmen.
Als Hilfsmaschinen sind vorgesehen: Ein stehender, zweizylindriger 100 PS
Viertakt-Dieselmotor, der direkt einen dreistufigen Kompressor, durch
Riemenübertragung die zur Abgabe der Oelladung dienende Zentrifugalpumpe und durch
Kettenübertragung die Zentrifugal-Bilgepumpe antreibt; zum Drehen der Hauptmaschine
eine kleine Dampfmaschine; ein liegender Deutzer-Motor, der mit einer zur
Beleuchtung dienenden Dynamomaschine gekuppelt ist und außerdem einen kleinen
Hilfskompressor antreibt.
Die Steuermaschine und die Winden werden durch Druckluft betrieben, die aus einem
besonderen Vorratsbehälter entnommen wird. [Motorschiff und Motorboot 1913, S. 14
bis 16.]
Wimplinger.
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Ueber Müllverbrennungsanstalten berichtet W. H. Maxwell in Cassiers Magazine
Nr. 2, 1913 und hebt die besonderen Vorteile hervor, welche diese Anlagen gegenüber
anderen Müllverbrennungsmethoden bieten. Verfasser bespricht insbesondere die von
Heenan & Froude in
Manchester gebauten Anlagen, die sich durch die besondere Rostkonstruktion
auszeichnen. Der Rost bildet bei diesen eine Höhlung, deren Seitenplatten und
Boden einzeln herausgenommen und ersetzt werden können. Die Kühlung der Rostplatten
erfolgt durch die durchstreichende Luft, welche gegen die vorgesehenen Kühlrippen
stößt und zuerst auf vorgeschriebenem Wege von den Seitenplatten zum Boden den Rost
durchströmt, um dann durch Luftlöcher auszutreten und sich mit der Kohle des Mülls
zu verbinden. Um die Verbrennungszone zu vergrößern und damit die Leistung zu
erhöhen, besitzt der Boden des Rostes einen zentralen Sattel. Der ganze Rost ist
ohne Verwendung von Bolzen zusammengesetzt und wird von gewalzten Stahlträgern
derart getragen, daß er sich entsprechend den Ofentemperaturen frei ausdehnen und
zusammenzuziehen vermag.
Diese Rostkonstruktion bietet folgende Vorteile: a) Wirksamere Verbrennung des Mülls
infolge der günstigeren Rostform und Anordnung der Luftlöcher. Die Luft dringt
seitlich in den Müll ein, wodurch die Bildung von Blaslöchern vermieden und die
Bildung von Kohlensäure begünstigt wird, b) Es werden härtere, zusammenhängende und
besser verkäufliche Klinker erzeugt, die durch eine am Boden des Rostes befindliche
Zugstange entfernt werden können, c) Geringer Ascheabfall und dementsprechend
kleinere Reinigungskosten.
Verfasser bespricht hierauf die wirtschaftliche Seite derartiger
Müllverbrennungsanstalten und warnt vor einer allzu optimistischen Auffassung, wenn
es auch unzweifelhaft ist, daß eine vorteilhafte Verwendung der Abfallprodukte als
Klinker, überschüssiger Dampf usw. es ermöglicht, daß Ausgaben und Einnahmen sich
die Wagschale halten. Darüber hinaus etwa einen Reingewinn zu erreichen dürfte
schwer fallen.
Werden derartige Anstalten in Verbindung mit Elektrizitätswerken zur Dampflieferung
herangezogen, so ist zu berücksichtigen, daß die Art und Menge des Mülls je nach der
Jahreszeit und Witterung wechseln und damit auch die Dampfausbeute in
Mitleidenschaft ziehen. Unter den gewöhnlichen Arbeitsbedingungen kann man annehmen,
daß sich für die Tonne Müll etwa 20 bis 40 KW/Std. erzielen lassen, was sich zu
gewissen Zeiten selbstredend beträchtlich erhöhen kann. Die Betriebskosten und
Amortisation einschließlich Arbeitslohn liegen zwischen 1,4 und 4,20 M für die
KW/Std. und hängen in bedeutendem Maße von den jeweils vorliegenden Umständen
ab.
Sch.
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Prüflehren für Gewehrteile. Die deutsche Ausgabe des
„Amerikan Machinist“ bringt in Nr. 23, 1913 einen Aufsatz von E. A. Luverkrop über die Ausbildung der wichtigsten
Meßwerkzeuge in der amerikanischen Gewehrfabrikation, wie sie bei der Remington Arms and Ammunition Co. in Ilion N. J.
verwendet werden. Obwohl die Amerikaner hinsichtlich weitgehendster Spezialisierung
in der Fabrikation bekannt sind, dürfte es doch interessieren, daß an einem
Repetiergewehr genannter Firma im Ganzen etwa 1200 Messungen vorgenommen werden.
Die verwendeten Lehren sind zum großen Teil ziemlich kompliziert und es ist
erklärlich, daß in ihnen ein beträchtliches Kapital festgelegt ist. Die Lehren sind
unter weitgehendster Berücksichtigung der Erfahrungen aus der Praxis gebaut, und es
wird angegeben, daß ihre Lebensdauer demzufolge außerordentlich groß ist. Der
Verschleiß einer Anzahl Lehren, mit denen etwa 150000 Teile kontrolliert wurden,
betrug nur 0,04 bis 0,075 mm.
Es sind zwei Satz Lehren in Gebrauch, von denen die Werkstatt und die Kontrolle je
einen besitzt. Bei Unstimmigkeiten werden beide der Werkzeugmacherei zur
Untersuchung überwiesen.
Die meisten Lehren sind auf der Verwendung von sogenannten Fluchtstiften aufgebaut.
Die Abbildung stellt das wesentlichste eines solchen Meßgerätes dar. A ist eine Grundplatte mit einem darauf befestigten
Bock B mit einer Führung für den Fluchtstift C, der sich leicht, aber ohne Spiel in der Führung
bewegen kann. F bezeichnet das zu messende Werkstück.
Der Fluchtstift schneidet mit der oberen Fläche D der
Führungsnabe glatt ab, dabei ist die Nabe, wie ersichtlich, zur Hälfte nachgesetzt.
Die Differenz beider Flächen beträgt 0,025 mm, die obere Kante G des Fluchtstiftes muß genau in diesen Absatz
einspielen, wenn die zugelassene Toleranz nicht überschritten werden soll. In dem
genannten Aufsatz wird angegeben, daß durch einfaches Fühlen mit dem Finger über
diese Kontrollfläche ohne weiteres Abweichungen von 0,01 mm festgestellt werden
könnten. Dies dürfte wohl aber doch bezweifelt werden müssen, die erreichte
Genauigkeit wird sicher sehr viel geringer sein. Der Vorteil der Anordnung wird mehr
in der schnellen und bequemen Prüfung komplizierterer Gegenstände zu suchen
sein.
Textabbildung Bd. 328, S. 637
In sehr ausgedehntem Maße kommen noch Fühlhebellehren in Verwendung, die meist von
Mädchen bei der Kontrolle benutzt werden. Sie kommen unter anderem auch bei der
Prüfung der Umrißlinien von Werkstücken in Anwendung. Hierbei wird letzteres auf
eine Schablone gespannt, welche den genauen Umriß hat. Die Fühlhebellehre ist auf
einer Platte befestigt, die mit einer Führungsnase versehen ist. Diese gleitet an
der Schablone, wobei der Taster des Fühlhebels an dem Werkstück entlang führt und
durch den Zeigeranschlag etwaige Abweichungen anzeigt.
Rich. Müller.
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Ein neuer Wassermesser für große Leistungen. Unter der
Bezeichnung Reuthers Wassermesser „Universal“ hat
die Wassermesserfabrik Bopp & Reuther in
Mannheim-Waldhof einen neuen eigenartigen Messer konstruiert und überall zum Patent
angemeldet. Der Wassermesser „Universal“ ist für Rohrleitungen von 200 mm an
bis zur größten Weite geeignet und dient zur Messung jeder, auch der größten
Wassermenge. Der Messer hat die Eigenschaft, jederzeit ohne Betriebsstörung
nachgesehen und aus der unter Druck stehenden Leitung zwecks Kontrolle, Reinigung
usw. herausgenommen oder ausgewechselt werden zu können. Auch gestattet die
Konstruktion ein Einbauen in bereits vorhandene Rohrleitungen ohne
Betriebsunterbrechung mittels Reuthers Rohrschellen und
Hilfsmuffen.
Der Wassermesser „Universal“ schließt, wie die beistehenden bildlichen
Darstellungen zeigen, mittels Absperrschieber an eine an die Leitung angebrachte
Abgangsöffnung an; vergl. Abb. 1 und 2.
Der Absperrschieber ist oben mit Verschlußhaube und Säulenaufsatz versehen; in der
Haube ist die eigentliche Meßvorrichtung senkrecht beweglich gelagert. Die
Meßvorrichtung selbst besteht aus dem freischwebend gelagerten Woltmann-Flügel; dieser überträgt seine Umdrehungen durch Vermittlung
einer in dem Lagerraum geführten Vertikalwelle auf ein eingekapseltes
Schneckengetriebe und das in dem Führungsflansch befindliche Uebersetzungswerk. Auf
diesem ist ein Hohlarm befestigt, welcher Uebersetzungs- und Zählwerk miteinander
verbindet und gleichzeitig zur Lagerung der zum Zählwerksantrieb dienenden
senkrechten Uebersetzungsachse dient. Der Hohlarm ist oben durch Säulenaufsatz und
Stopfbüchse und unten durch den Führungsflansch so gelagert, daß der Flügel genau
auf Rohrmitte eingestellt und nach Lösen der oberen Säulenbrücke ohne weiteres auf-
und abgeschoben werden kann.
Textabbildung Bd. 328, S. 637
Abb. 1.Messer im Betrieb.
Textabbildung Bd. 328, S. 637
Abb. 2.Auswechseln bzw. Einführen des Messers.
Der Anschluß des Wassermessers „Universal“ an die Leitung erfolgt dadurch, daß
in diese ein Abzweigstück (T-Stück, Anbohrschelle oder Hilfsmuffe) eingebaut wird.
Bei Verwendung einer Rohrschelle oder Hilfsmuffe wird das Rohr mittels Anbohrapparat
angebohrt, was unter dem Leitungsdruck mit Hilfe des Absperrschiebers ohne
Betriebsunterbrechung erfolgt, hierauf die Verschlußhaube mit Meßvorrichtung auf den
Schieber montiert, letzterer geöffnet, die Meßvorrichtung mittels des schiebbaren
Armes niedergeschoben, wodurch das Meßorgan in den Rohrdurchfluß zu sitzen kommt
(vergl. Abb. 1).
Soll die Meßvorrichtung nachgesehen oder ausgewechselt werden, so wird sie mittels
des Armes hochgezogen, der Schieber gesperrt, worauf Verschlußhaube samt Meßvorrichtung
fortgenommen werden können (vgl. Abb. 2).
Wie durch fortgesetzte Versuche ermittelt worden ist, verursacht der Wassermesser
„Universal“ nur ganz minimalen Druckverlust, und seine Leistung ist
wesentlich höher als die anderer Wassermessersysteme, so daß er stets kleiner als
der Rohrdurchmesser gewählt werden kann. Der Wassermesser „Universal“ wird
auch mit selbsttätiger elektrischer Fernregistrierung ausgeführt. Diese hat den
Zweck, bei Distriktswassermessern einen genauen Ueberblick über die Verteilung des
Wasserkonsums auf die einzelnen Tagesstunden zu geben, um hiernach den Betrieb der
Pumpwerke zweckmäßig zu gestalten oder einen im Betrieb befindlichen Messer im
Bureau zu beobachten und zu kontrollieren.
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Elektrolytische Bleiraffinierung. Die Consolidated Mining and Smelter Co. in Trail benutzt dazu
240 asphaltierte, 1 m tiefe Bottiche aus Fichtenholz von je 2,4 × 0,9 qm
Grundfläche, mit je 20 Anoden zwischen 21 Kathoden. Anoden sind die zu
raffinierenden Bleimassen von je 170 kg Gewicht; Kathoden anfänglich dünne
Blechplatten aus sehr reinem Blei. Als Bad dient Fluorsilikatlösung mit 5 v. H. Blei
und 12 v. H. freier (im Plattenzwischenraum, nicht in den Poren enthaltener) Säure.
Zweischenkelige Heber zwischen je zwei benachbarten der treppenartig aufgestellten
240 Bottiche leiten die Lösung von Bottich zu Bottich abwärts bis zu den untersten,
aus denen sie eine Pumpe fortgesetzt zu den obersten zurückbefördert, so daß
sämtliche Bottiche das gleiche Bad erhalten.
Das Spannungsgefälle in jedem Bottich ist 0,32 Volt bei einer Stromdichte von etwa
170 Amp./qm Kathodenfläche. Beim Stromdurchgang lösen sich die Anoden auf zu
allerfeinstem Pulver, das sich als Schlamm zu Boden setzt; nur sämtliche
Bleiteilchen setzen sich auf den Kathodenplatten als dichte Schichten 99,994-proz.
reines Blei ab, ohne Spur von Arsen oder Wismut. In acht Tagen sind die Anoden bis
auf 15 v. H. ihres Anfangsgewichtes aufgebraucht; aus diesen Resten werden neue 170
kg schwere gegossen.
Die Schlammassen unter den Anoden werden dann ebenfalls entfernt, filtriert,
getrocknet, in Flammöfen eingeschmolzen und hernach durch besondere elektrolytische
oder andere geeignete Verfahren in ihre einzelnen Bestandteile 35 v. H. Silber,
0,035 v. H. Gold, 25 v. H. Antimon, 20 v. H. Arsen, 8 v. H. Kupfer, etliches Wismut
und Eisen zerlegt. [Helios, Fach- und Exportzeitschrift für Elektrotechnik, Leipzig,
Bd. 19, 1913, S. 384.]
Erich Schneckenberg.
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Die durch die Revision des Unionsvertrages zum Schütze des
gewerblichen Eigentums bedingte Aenderung der deutschen Gesetzgebung
(vergl. S. 557). Durch die neuen Unionsbestimmungen hat die deutsche Gesetzgebung
folgende Aenderungen erfahren:
Mit Bekanntmachung vom 8. April 1913, betreffend die Geltendmachung des in Art. 4 der revidierten Uebereinkunft vom 2. Juni
1911 zum Schutz des gewerblichen Eigentums vorgesehenen Prioritätsrechtes hat der
Reichskanzler bestimmt: „Die in Art. 4 Abs. d der genannten Uebereinkunft
vorgesehene Prioritätserklärung über Zeit und Land der Voranmeldung ist bei der
Anmeldung des Patentes, des Gebrauchsmusters, des Musters, Modells oder
Warenzeichens abzugeben. Die gleichzeitige Beibringung der Beweisurkunden ist
bis auf weiteres nicht erforderlich“.
Im Anschluß an diese Bekanntmachung wurde mit einer weiteren Bekanntmachung des
Reichskanzlers vom 28. IV. 1913 bestimmt: „Die Prioritätserklärung über Zeit und
Land der Voranmeldung kann für Patente, Gebrauchsmuster, Muster, Modelle oder
Warenzeichen, welche im Mai 1913 angemeldet werden, noch bis zum Ablauf eines
Monats seit der Anmeldung abgegeben werden.“
Von den übrigen Unionsstaaten sind ähnliche Erklärungen, soweit festgestellt werden
konnte, noch nicht abgegeben worden.
Ferner ist noch folgendes deutsche Gesetz vom 31. III. 1913 zur Ausführung der
revidierten Pariser Uebereinkunft vom 2. Juni 1911 zum Schütze des gewerblichen
Eigentums erlassen worden: Die Bestimmungen im Gebrauchsmustergesetz (§ 13, Abs. 1),
Warenzeichengesetz (§ 23, Abs. 1) und Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 28),
wonach derjenige, der im Inlande einen Wohnsitz oder Niederlassung nicht hat, den
Schutz der Gesetze nur geltend machen kann, wenn in dem Lande, in dem sein Wohnsitz
oder seine Niederlassung sich befindet, auch deutsche Gebrauchsmuster und
Warenzeichen Schutz genießen, und Gegenseitigkeit bezüglich des Schutzes gegen
unlauteren Wettbewerb verbürgt ist, finden auf Reichsangehörige keine Anwendung.
Der Reichskanzler hat zu bestimmen, bis wann für die Anmeldung eines Patentes,
Gebrauchsmusters, Musters, Modells oder Warenzeichens die Prioritätserklärung
abzugeben ist (vergl. die obige Bekanntmachung vom 8. IV. 1913) und ob die
Beweisurkunden gleichzeitig beigebracht werden müssen. Wenn die Erklärung oder die
Beweisurkunden nicht zu dem bestimmten Zeitpunkte eingereicht werden, so wird der
Prioritätsanspruch für die Anmeldung verwirkt.
Das deutsche Warenzeichengesetz ist wie folgt abgeändert:
1. Der § 4 enthält folgende Fassung: Die Eintragung in die Rolle ist zu versagen für
Freizeichen sowie für Warenzeichen, 1. welche ausschließlich in Zahlen, Buchstaben
oder solchen Wörtern bestehen, die Angaben über Art, Zeit und Ort der Herstellung,
über die Beschaffenheit, über die Bestimmung, über Preis-, Mengen- oder
Gewichtsverhältnisse der Ware enthalten; 2. welche Staatswappen oder sonstige
staatliche Hoheitszeichen oder Wappen eines inländischen Gemeinde- oder weiteren
Kommunalverbandes enthalten; 3. welche Aergernis erregende Darstellungen oder solche
Angaben enthalten, die ersichtlich den tatsächlichen Verhältnissen nicht entsprechen
und die Gefahr einer Täuschung begründen. Die Vorschrift der Nr. 2 findet keine
Anwendung, wenn der Anmelder befugt ist, das Wappen oder Hoheitszeichen in den
Warenzeichen zu führen. Zeichen, welche gelöscht sind, dürfen für die Waren, für
welche sie eingetragen waren, oder für gleichartige Waren zugunsten eines andern als
des letzten Inhabers erst nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Tage der Löschung von
neuem eingetragen werden.
2. Als §§ 24a bis h werden folgende Vorschriften eingeführt:
§ 24 a. Rechtsfähige Verbände, die gewerbliche Zwecke verfolgen, können, auch wenn
sie einen auf Herstellung oder Vertrieb von Waren gerichteten Geschäftsbetrieb nicht
besitzen, Warenzeichen anmelden, die in den Geschäftsbetrieben ihrer Mitglieder zur
Kennzeichnung der Waren dienen sollen (Verbandzeichen). Die juristischen Personen
des öffentlichen Rechtes stehen den bezeichneten Verbänden gleich. Auf die
Verbandzeichen finden die Vorschriften über Warenzeichen Anwendung, soweit nicht in
den §§ 24a bis 24h ein anderes bestimmt ist.
§ 24b. Der Anmeldung des Verbandzeichens muß eine Zeichensatzung beigefügt sein, die
über den Kreis der zur Benutzung des Zeichens Berechtigten, die Bedingungen der
Benutzung und die Rechte und Pflichten der Beteiligten im Falle der Verletzung des
Zeichens Auskunft gibt. Spätere Aenderungen sind dem Patentamte mitzuteilen. Die
Einsicht der Satzungen steht jedermann frei. Für jedes Verbandzeichen ist bei der
Anmeldung eine Gebühr von 150 M, bei der Erneuerung der Anmeldung eine Gebühr von 50
M zu entrichten. Führt die erste Anmeldung nicht zur Eintragung, so werden von der
Gebühr 100 M erstattet.
§ 24 c. Ueber die Einrichtung der Rolle für die Verbandzeichen trifft das Patentamt
Bestimmung.
§ 24 d. Das durch die Anmeldung oder Eintragung des Verbandzeichens begründete
Recht kann als solches nicht auf einen andern übertragen werden.
§ 24 e. Ein Dritter kann unbeschadet der Vorschriften im § 9 Nr. 1, 3 die Löschung
des Verbandzeichens beantragen 1. wenn der Verband, für den das Zeichen eingetragen
ist, nicht mehr besteht; 2. wenn der Verband duldet, daß das Zeichen in einer den
allgemeinen Verbandzwecken oder der Zeichensatzung widersprechenden Weise benutzt
wird. Als eine solche mißbräuchliche Benutzung ist es anzusehen, wenn die
Ueberlassung der Benutzung des Zeichens an andere zu einer Irreführung des Verkehrs
Anlaß gibt. In den Fällen der Nr. 1 findet § 9 Abs. 5 Anwendung.
§ 24f. Der Anspruch des Verbandes auf Entschädigung wegen unbefugter Benutzung des
Verbandzeichens (§ 14) umfaßt auch den einem Mitglied erwachsenen Schaden.
§ 24 g. Wird dem Patentamt nachgewiesen, daß ein eingetragenes Warenzeichen bis zum
Inkrafttreten dieses Gesetzes von einem Verband als Verbandzeichen geführt wurde, so
ist das Zeichen auf Antrag des Verbandes als Verbandzeichen in der Rolle
umzuschreiben. Der Antrag muß innerhalb eines Jahres seit dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes gestellt werden und den für die Anmeldung eines Verbandzeichens bestehenden
Vorschriften entsprechen. Mit dem Eingang des Antrages beginnt die Frist für die
Erneuerung des Zeichens.
§ 24 h. Die Vorschriften über Verbandzeichen finden auf ausländische Verbandzeichen
nur dann Anwendung, wenn nach einer im Reichsgesetzblatt enthaltenen Bekanntmachung
die Gegenseitigkeit verbürgt ist.
Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit der revidierten Pariser Uebereinkunft vom 2.
Juni zum Schütze des gewerblichen Eigentums in Kraft (also am 1. Mai 1913).
P. C. R.