Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Fundstelle: | Band 328, Jahrgang 1913, S. 697 |
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Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau.
Bauarten der Vorwärmer bei Lokomotiven. 1. Vorwärmer
der Baldwin-Lokomotivwerke werden hauptsächlich bei den
großen Mallet-Lokomotiven verwendet. Die Siederohre des
Dampfkessels sind hier in der Regel nicht länger als 6,4 m. Die darüber
hinausgehende Kessellänge ist aufgeteilt in Frischdampfüberhitzer,
Zwischenüberhitzer und Speisewasservorwärmer. Der letztere liegt der Rauchkammer am
nächsten.
2. Vorwärmung nach Bauart F. Gaines der Georgia Railway,
Vereinigte Staaten. Es ist dies eine Vereinigung der Rauchgasvorwärmung mit der
Abdampfvorwärmung. Vom Rauchgasvorwärmer tritt das vorgewärmte Speisewasser in den
Kessel ein. Zur Vorwärmung wird der Abdampf der Luft- und Speisepumpen und ein Teil
des Maschinenabdampfes verwendet. Die Kohlenersparnis beträgt hierbei etwa 10 bis 12
v. H.
3. Vorwärmung nach Bauart F. Trevithick der ägyptischen
Staatsbahnen. Auf diesen Bahnen ist die Speisewasservorwärmung seit zehn Jahren
eingeführt. Bei der ersten Ausführung wurde der Vorwärmer über dem Kessel angeordnet
und erstreckte sich über die ganze Lokomotive. Zur Vorwärmung wurden Abgase und
Abdampf verwendet. Mit dieser Vorrichtung wurde im Mittel eine
Speisewassertemperatur von 133° erzielt. Der kondensierte Abdampf, der teilweise
ausgepufft wird, brachte Belästigungen mit sich. Man sah deshalb von der Ausnutzung
des Abdampfes zur Vorwärmung ab. Mit den Abgasen allein wurde noch eine
Speisewassertemperatur von 115° erreicht.
Bei weiteren Ausführungen wurde der Abdampfvorwärmer seitlich an der Lokomotive
angebracht, der Abgasvorwärmer ist als eine Art von Rauchkammervorwärmer ausgebildet
und besteht aus sechs zylindrischen Körpern, von denen jeder 31 Rohre von 47 mm
lichtem Durchmesser enthält. Bei einer solchen Lokomotive wurden
Speisewassertemperaturen von 132 bis 138° C erreicht. An Kohlen wurden für 1 t/km
20,6 v. H., für 1 cbm verdampftes Wasser 19,7 v. H. gespart.
4. Vorwärmung nach Bauart Caille-Potonié. Hier wird nur mit Abdampf vorgewärmt und dieser wird dem Blasrohr
entnommen. Im Vorwärmer herrscht hier ein Dampfdruck von nur 100 g/qcm. Die
Kohlenersparnis durch Vorwärmung wurde zu 12 v. H. festgestellt.
5. Vorwärmung von G. Weir. Der Vorwärmer ist hier auf dem
Kessel zwischen Kamin und Schornstein angebracht und wird durch besondere
Dampfpumpen Bauart Weir gespeist. Die mit dieser
Anordnung erreichte Speisewassertemperatur beträgt 93 bis 104°. Die Kohlenersparnis
infolge der Vorwärmung wird zu 12 bis 14 v. H. angegeben.
6. Vorwärmung nach Bauart Rieger. Im Gegensatz zu den
zahlreichen amerikanischen, französischen und englischen Bahnen wurde die
Speisewasservorwärmung auf deutschen Bahnen noch kaum ausgeführt. Bei deutschen Bahnen hat man
besonderes Augenmerk der Einführung der Verbundwirkung und der Ueberhitzung
zugewandt. Neuerdings wird nun auch bei der deutschen Eisenbahnverwaltung die
Speisewasservorwärmung erprobt. Bei der bayrischen Eisenbahnverwaltung findet die
Bauart Rieger Eingang. Dieselbe wurde bereits D. p. J.
1913, S. 347 bis 348 beschrieben.
7. Vorwärmung nach Bauart Brazda. Mehrere österreichische
Bahnen mit sehr hartem Speisewasser haben mit gutem Erfolge zu dem Mittel gegriffen,
das Wasser vor Eintritt in den Kessel durch hohe Erhitzung zu reinigen. Hier kommt
nur Frischdampf in Frage. Oberhalb des Kessels befindet sich ein zylindrischer
Behälter von 1 cbm Inhalt. Durch Frischdampf wird in diesem „Vorkessel“ das
Speisewasser bis auf Kesseltemperatur erhitzt. Das vom eintretenden Dampf
durcheinandergewirbelte Wasser scheidet die Härtebildner in Form von feinem Schlamm
aus.
Vergleich der verschiedenen Bauarten. Wie bereits hervorgehoben, sind die Bauarten
und die verwendeten Materialien sehr verschieden.
Meist stehen die Vorwärmer unter vollem Kesseldruck. Gespeist wird mittels
Dampfpumpen (Weir-, Worthington-, Caillé-Potonié-Pumpen) und Injektoren. Als Reservespeisevorrichtung haben
sämtliche Lokomotiven Injektoren, deren Speiseleitung unter Ausschaltung des
Vorwärmers in den Kessel mündet. Die Rohre der Vorwärmer sind aus Eisen, Stahl,
Kupfer, verzinktem Messing hergestellt. Die Rohrdurchmesser sind ebenfalls sehr
verschieden, 19 bis 57 mm lichte Weite. Das Wasser soll innerhalb der Heizröhren
fließen. [Z. d. V. d. 1. 1913, S. 735 bis 743, 777 bis 786, 852 bis 858 und 902 bis
907.]
W.
––––––––––
Gleitboote und Schnellwagen mit Luftschraubenantrieb. In
Ergänzung der in dieser Zeitschrift veröffentlichten Ausführungen über die
Verwendung von Luftschrauben als Antriebsmittel für Boote, Schlitten und Wagen soll
auf einen neuen, sehr günstig verlaufenen Versuch in Frankreich hingewiesen werden.
Hier hat der bekannte Konstrukteur Tellier im Auftrage
des Sportmannes Galice ein Schnellgleitboot mit
Luftschraubenantrieb gebaut, das die ganz erhebliche Geschwindigkeit von 70 km/Std.
ergeben hat. Das Boot (Abb. 1) ist in seiner ganzen
Bauart so originell, daß es kurz erwähnt zu werden verdient:
Es besteht aus drei Schwimmern, von denen der eine den beiden anderen vorgelagert
ist. Die Schwimmer haben die für Wasserflugzeuge übliche Form und sind mit dem
Rumpfkörper des Bootes durch ein starres Gestell aus Stahlrohr verbunden. Der
Rumpfkörper ist ebenfalls den Prinzipien des Flugzeugbaues gemäß als Gitterträger
ausgeführt und enthält vorn die Sitze mit dem Handrad des Seitensteuers, hinten den
Motor mit der Luftschraubenanlage. Als Motor ist ein stehender 50 PS-Daimler-Mercedes mit
Wasserkühlung vorgesehen. Der Kühler ist in zwei schmale Systeme ganz kurzer Röhren
zerlegt, die seitlich des Lagerbockes der Luftschraube angeordnet sind. Der
tief gelagerte Motor überträgt seine Leistung mittels Kettenantriebes auf die
ziemlich hoch angeordnete Levavasseur-Luftschraube von
2,8 m ⌀. Das Benzingefäß ist zweckmäßig in die Stützen des Bockes eingebaut, so daß
das Benzin dem Motor unter Druck zufließt. Bei den Probefahrten hat sich die
vorerwähnte erhebliche Geschwindigkeit ergeben, die wohl daraus resultiert, daß die
Schwimmer bei voller Geschwindigkeit kaum 9 cm eintauchen.
Textabbildung Bd. 328, S. 698
Abb. 1.
Eine andere Verwendung der Luftschraube hat sich direkt aus der Praxis entwickelt.
Die französische Regierung unterhält am Nordrande der Sahara die Flieger-Station
Biskra, deren Hauptwert nicht so sehr auf der militärischen Seite liegt, die
vielmehr den Zweck verfolgt, Erfahrungen darüber zu sammeln, wie sich Flugzeuge in
diesen tropischen, und den schädlichen Einflüssen des Wüstensandes ausgesetzten
Gegenden bewähren. Bei den Flügen stellte sich nun als sehr lästig heraus, daß bei
einer Notlandung in der Wüste, das Flugzeug mit Kraftwagen so gut wie gar nicht zu
erreichen war, weil die zur Verfügung stehenden Autos nach ganz kurzer Zeit meistens
im Sande stecken blieben. Nun hat Leutnant Lafargue
zusammen mit dem Mechaniker Cros einen leichten Wagen
(Abb. 2) ähnlich einem Aeroplane gebaut, dessen
Antrieb mittels Luftschraube geschieht und der sich, wie gleich hervorgehoben werden
soll, außerordentlich gut bewährt hat. Es ist ein Fahrgestell, ähnlich dem von Henry Farman verwandten vorgesehen, jedoch sind auf zwei
Achsen insgesamt zwölf leichte Pneumatikräder angeordnet, von denen immer zwei und
zwei unmittelbar nebeneinander sitzen. Die Räder der vorderen Achse sind mit
Automobilsteuerung versehen und hinter dem Führersitz sind die Betriebsstoffe und
der Motor untergebracht. Letzterer, ein 50 PS-Gnome-Motor
ist mit einer vierflügeligen Schraube direkt gekuppelt. Die Sitze sind von einer
leichten Karosserie umgeben, wodurch die Geschwindigkeit des Wagens noch erhöht
wird. Bei den Fahrversuchen in Biskra ergaben sich recht gute
Reisegeschwindigkeiten, z.B. wurden ziemlich steile Dünenhänge im 25 km-Tempo
anstandslos genommen; auch zeigte sich selbst im Flugsande beim Fahren kein
wesentliches Einsinken der Räder.
Textabbildung Bd. 328, S. 699
Abb. 2.
Die guten Erfahrungen, die auch zwischen der Strecke Tougourt und Quargla (80 km mit
ausgedehnten Sandbänken und Dünen) gemacht worden sind, und zwar bei Belastung mit
drei Personen und 100 kg Gepäck, haben die Regierung veranlaßt, weitere ähnliche
Wagen für den Verkehr in der Wüste herstellen zu lassen.
Es zeigt sich daher immer mehr, welch wichtiges Vortriebsmittel wir in der
Luftschraube für den allgemeinen Verkehr gewonnen haben
und es verdient immer wieder darauf hingewiesen zu werden, daß auch unsere deutsche
Industrie sich diese neuen, jedenfalls ganz erheblichen Absatzquellen für den
Antrieb besonderer Motorwagen, Motorschlitten und Motorbooten nicht entgehen lassen
darf.
Béjeuhr.
––––––––––
Garros Mittelmeerflug und seine Bedeutung. Am 23.
September, morgens 5 Uhr 52 trat Garros vom
Wasserflugplatz St. Raphael am Golf de Fréjus, westlich von Cannes, seine
Mittelmeer-Ueberquerung an und landete um 1 Uhr 45 auf dem Flugplatz Bizerte am Golf
von Tunis, nachdem er die 800 km betragende Entfernung trotz des Gegenwindes mit
einer mittleren Geschwindigkeit von 98 km/Std. durchflogen hat (Abb. 1 und 2). Von
diesen 800 km sind fast 400 über dem offenen Meere zurückgelegt, so daß sich die
Entwicklung der Uebermeerflüge folgendermaßen
veranschaulicht:
Blériot über den Kanal
30
km
Lorraine von England nach
Irland
110
„
Widmer über das Adriatische
Meer
130
„
Mac Curdy von Key West nach
Havanna
145
„
Feis über die La
Plata-Mündung
160
km
Garros über das Mittelmeer von
Tunis nach Marsala-Sicilien
228
„
Garros über das Mittelmeer von St.
Ra- phael nach Bizerte
800
„
Textabbildung Bd. 328, S. 699
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 328, S. 699
Abb. 2.
Die jetzt zurückgelegten 800 km spielen gegenüber der fast 2800 km betragenden
Entfernung über den Ozean keine große Rolle und doch ist dem letzten Flug eine
größere Bedeutung zuzusprechen als auf den ersten Blick berechtigt erscheint. Ganz
abgesehen davon, daß hierdurch für die französische Regierung die Möglichkeit
gegeben ist, mit ihren Kolonialtruppen in Tunis, falls es darauf ankommt, eine
direkte Verbindung herzustellen, die wohl für gewisse Fälle von unschätzbarem Wert
ist, läßt sich eine Ueberquerung des Ozeans jetzt nicht mehr als Utopie einfach
abtun. Blériot hat seinen berühmten Kanalflug am 23. Juli 1909 vollführt und bereits im Jahre 1911
wurden ganze Geschwaderflüge über den Kanal unternommen. An diese schnelle
Entwicklung müssen wir denken, wenn wir den Ozeanflug kritisch betrachten wollen.
Bei Garros Flug wurde ein einfacher Morane-Saulnier-Eindecker mit 60 PS-Gnôme-Motor verwendet, jedoch ohne irgendwelche Schwimmer
am Flugzeug. Eine Motorpanne hätte daher über dem offenen Meer unbedingt einen
katastrophalen Ausgang genommen, wenn auch die zwischen den Tragflächenbespannungen
eingeschlossene Luft den Apparat wohl eine ganze Zeit über Wasser gehalten hätte und
Garros außerdem Luftschläuche von Fahrrädern
umgebunden hatte, die er aus einer mitgeführten Stahlflasche sofort mit Luft
aufblasen konnte. Aber an einen Aufstieg vom Wasser aus hätte Garros auf keinen Fall denken können. Die Gründe für diese Vorkehrungen
sind darin zu suchen, daß Garros die Geschwindigkeit
seines Eindeckers durch die Schwimmer nicht verringern, daß er vielmehr die
Tragkraft des Apparates ganz auf die Mitnahme von Betriebsstoffen verwenden wollte.
Das hatte bei diesem ersten Versuch sicher seine Berechtigung; wenn aber einmal die
Mittelmeerflüge genau so allgemein geworden sind wie die Kanalflüge, dann wird man
auch richtige Wasserflugzeuge hierfür verwenden, die dann die Möglichkeit mit sich
bringen, unterwegs zu wassern und irgendwelche Reparaturen beim Stilliegen
vorzunehmen, um dann den Flug fortzusetzen. Durch die erwiesene Flugfähigkeit des
Sykorskyschen Riesenflugzeuges in Rußland mit vier
voneinander unabhängigen 100 PS-Argus-Motoren, von denen schon zwei zum Fluge
ausreichen, ist uns aber die Möglichkeit gegeben, in Flugzeugen Reserve-Besatzung
mitzunehmen, die sich in der Bedienung des Apparates ablöst. Wird das Flugzeug
weiter als seetüchtiges Flugboot ausgerüstet, wie in Bälde wohl alle größeren
Wasserflugzeuge ausgeführt werden, so ist eigentlich nicht einzusehen, warum mit
einem solchen Fahrzeug, das genügende Betriebsstoffe mit sich führen kann, nicht der
Ozean überquert werden soll. Jedenfalls sind wir wahrscheinlich dem Moment des
Ueberseefluges viel näher, als wir jetzt annehmen.
Béjeuhr.
––––––––––
Pneumatische Braunkohlenförderanlage. Bericht des
Verfassers. Die pneumatische Fördermethode kann überall dort Verwendung finden, wo
es sich um die Beförderung von körnigen Massengütern handelt; sie bildet durch die
elastische Art, mit der das Gut gefördert wird, sowie durch die damit verbundene
ausgiebige Durchlüftung ein vorzügliches Fördermittel; die leichte
Anpassungsfähigkeit an alle örtlichen Bedingungen, insbesondere die Möglichkeit, die
Verlegung der Rohrleitung willkürlich vornehmen zu können, die große
Leistungsfähigkeit sowie der einfache, wenig Wartung erfordernde Betrieb haben die
pneumatische Förderung neuerdings auch für Kohle
Anwendung finden lassen. Die pneumatische Förderung, ohne Unterschied des Materials,
erfolgt entweder durch Saug- oder Druckluft. Die Ausführung von Saugluftanlagen
findet ihre Begrenzung durch die Länge der Förderstrecken, da sie im allgemeinen mit
einem Vakuum von nicht mehr als 25 cm Quecksilbersäule arbeiten. Kommen lange
Förderstrecken in Betracht, so empfiehlt sich stets die Anwendung von Druckluft. Der
Kraftbedarf einer pneumatischen Förderanlage ist naturgemäß stets größer als bei
einer mechanischen Förderung.
Die erste, nach den Patenten der Maschinenbauanstalt
Lutter in Braunschweig erbaute pneumatische Kohlenförderanlage dient zum
Entladen von Eisenbahnwaggons und ist für eine stündliche Leistung von 15 t
feinkörniger Braunkohle bemessen. Die Anlage ist für die Deutschen Solvay-Werke, A.-G., in Bernburg, ausgeführt. Die aus den
Brikettfabriken stammende Braunkohle wurde früher aus den Eisenbahnwaggons von
Hand in Loris geladen und dann nach der Zementfabrik gefahren. Bei dieser
Beförderung entwickelten sich sowohl im Freien als auch in der Fabrik selbst sehr
starke Staubwolken, weil die Kohle vollständig trocken war und infolgedessen eine
große Menge feinen Staubes enthielt. Bei der pneumatischen Förderanlage wird nun die
Braunkohle durch das mittels der Luftpumpe in einem Rezipienten erzeugte Vakuum in
einer im Eisenbahnwaggon geführten Düse mitgerissen und in geschlossenen Rohren bis
zu dem Rezipienten geführt. An den Krümmungsstellen werden Schläuche mit
metallischer Auskleidung verwandt. In dem Rezipienten wird die Kohle durch
Zentrifugalkraft von dem fördernden Luftstrom getrennt und durch die Auslaßschleuse
(das ist ein rotierendes Zellenrad) unter Luftabschluß in die Transportschnecke
ausgelassen. Die Luft zieht vom Rezipienten in den Zentrifugalabscheider, in welchem
sie von den feinen Kohleteilchen befreit wird. Diese werden ebenfalls durch ein
rotierendes Zellenrad in die Transportschnecke ausgetragen. Vom
Zentrifugalabscheider wird dann die Luft von der Luftpumpe angesaugt und nach einem
Saugschlauchfilter weitergedrückt. In diesem Saugschlauchfilter, in welchem das
Vakuum durch einen Exhaustor hergestellt wird, wird die Luft noch von den
allerfeinsten Staubbeimengungen gereinigt, so daß die Förderluft vollständig
staubfrei in die äußere Atmosphäre entweicht. Der Verfasser konnte sich im Betriebe
davon überzeugen, daß die Anlage nach dieser Richtung hin allen hygienischen
Anforderungen gerecht wird. Für die Bedienung der Düse im Eisenbahnwaggon ist nur
ein Mann erforderlich, der nur ab und zu das Seilwerk, durch welches die Rohre
gehalten werden, etwas zu lösen hat, um die Saugköpfe in das sich verlierende Gut zu
versenken. Hierdurch ist auch der Nachtbetrieb wesentlich vereinfacht. Dadurch, daß
nur ein einziges elektrisches Glühlicht vorhanden zu sein braucht, ist auch die Gefahr der Staubexplosionen wesentlich herabgemindert.
Die pneumatische Förderung wird nach den in der beschriebenen Anlage gemachten
Erfahrungen in allen Fällen mit Vorteil anwendbar sein, wo es gilt, feinkörnige
Kohle, die zu Staubbildung neigt, zu fördern. Der Kraftbedarf der Anlage – er
beträgt 30 PS – erscheint auf den ersten Blick hoch. Indessen muß man
berücksichtigen, daß an Bedienungskosten erhebliche Ersparnisse gemacht werden.
Während früher an der Entladung eines Eisenbahnwaggons zwei Mann zwei Stunden lang
tätig waren, wird dieselbe Arbeit bei der pneumatischen Anlage von einem Mann in
einer Stunde bewerkstelligt. Die Anlage hat bis jetzt zufriedenstellend gearbeitet,
Verstopfungen sind selten vorgekommen. [„Die Braunkohle“ 1913, Nr. 26.]
Schorrig.
––––––––––
Röhrenherstellung durch Eisenerzelektrolyse.Sherard Cowper-Coles, bekannt durch sein mehrfach
benutztes Verzinkungsverfahren durch Schmoren der Eisenstücke in Zinkbrei, lagert
zerkleinertes Eisenerz in mit 20-prozentiger Kresol-Sulfosäurelösung gefüllten
Bottichen und in einiger Entfernung von ihm einen mit einer Bleischicht
überzogenen rotierenden Zylinder. Die Säure sättigt sich dabei aus dem Erz mit
Metall; wird dann das Erz mit dem positiven Pol einer Stromquelle verbunden und der
Bleizylinder mit dem negativen, so erfolgt das Sichlösen des Metalls schneller und
zugleich Eisenabscheidung auf dem Zylinder. Wird letzterer also nach gewisser Zeit
herausgenommen und bis zum Schmelzen des Bleies erwärmt, so trennt sich der
Eisenüberzug vom Zylinder als nahtlose Röhre bestimmter Dicke.
Die Säure im Bottich muß in wirbelnder Bewegung gehalten werden, damit sie immer
wieder von neuem an das Erz gelangt, und auch das Erz ständig umgewühlt werden. Die
Stromspannung soll ziemlich niedrig sein und die Stromstärke etwa 1000 Amp./qm
Zylinderfläche, bei 70° C Säuretemperatur. Dabei soll Eisen mit beliebigem
Kohlenstoffgehalt hergestellt werden können, je nach Art des Erzgemenges. Werden
statt Erz Eisenabfälle benutzt, so ergibt sich kohlenstofffreies Eisen, weil der
Kohlenstoff im Ausgangseisen nur eingelagert ist; verwendet man aber
Ausgangsmaterial mit chemisch gebundenem Kohlenstoff, so ergibt sich
kohlenstoffhaltiges Eisen. Desgleichen hinsichtlich des Siliziumgehaltes. Auch
Eisenlegierungen, die bisher auf schmelzflüssigem Wege nicht möglich waren, könnte
man aus geeignetem Erzgemenge erhalten. Durch Behandlung eines und desselben
Zylinders nacheinander in verschiedenen Bottichen auch wohl in- und auswendig
verzinkte oder verkupferte Eisenröhren.
Während es verhältnismäßig leicht ist, dünne Schichten
Elektrolyteisen herzustellen, gelangen dickere bisher nur schlechtzusammenhängend.
Doch hat August Pfaff festgestellt, daß dies durch
Einschluß des an der Kathode auftretenden Wasserstoffgases verursacht und durch
Einblasen von Luft beseitigt wird. Er fand 0,01 normale Schwefelsäure, zugleich
geringstens zweifach normale Ferrosulfatlösung bei 70° C und 2 Amp./qcm am
geeignetsten.
Je mehr Wasserstoff im Eisen, desto härter, glänzender, weißer und elektromotorisch
passiver ist es. Wasserstoffhaltiges Elektrolyteisen ist spröde, ritzt Glas und
bricht wie Glas. Für praktischen Gebrauch muß es also durch Erwärmen, Glühen oder
sonstwas vom Wasserstoff befreit werden.
Für eine Jahreslieferung von 5000 t Bleche, Drähte oder Röhren nennt Coles als Anlagekosten 2000000 M und als Gestehungskosten
107 M/t. [Helios, Fach- und Exportzeitschrift für Elektrotechnik, Bd. 19, 1913,
Fachz. S. 368.]
Erich Schneckenberg.
––––––––––
Ueber Entzündungstemperaturen (Zündpunkte) von
Brennstoffen berichtet Dr. H. Holm auf Grund von
Versuchen, die er im Laboratorium der Maschinenfabrik
Augsburg-Nürnberg angestellt hat. Für die
Maschinenbaupraxis ist die Kenntnis des „Zündpunktes“ von großer Bedeutung;
hierunter ist die Temperatur zu verstehen, bei der zuerst Selbstzündung in Luft bei
Atmosphärendruck eintritt. Die Kenntnis des Zündpunktes, der von dem Flammpunkt
und von dem Brennpunkt wohl zu unterscheiden ist, ist erforderlich, um eine sichere
Beherrschung nicht nur der Entzündung, sondern auch der günstigen Flammenentwicklung
und der vorteilhaften Wärmeabgabe bei den verschiedenen Brennstoffen zu bewirken. Zu
den Versuchen wurde ein senkrecht stehender Heräus-Ofen
verwendet, in dessen zylindrischem Erhitzungsraum auf ein in der Achse stehendes
Porzellanrohr ein glasierter Porzellantiegeldeckel umgekehrt gelegt wurde. Auf dem
Deckel befand sich die nackte Lötstelle eines Platin-Platinrhodium-Elementes, das
die Temperatur an einem Galvanometer angab. Der Apparat gibt die Möglichkeit, daß
der Porzellandeckel und die ihn umgebende Atmosphäre praktisch gleiche Temperatur
haben; ein langsamer Luftstrom zog dabei durch den Verbrennungsraum. Je nachdem, ob
gasförmige, flüssige oder feste Brennstoffe zu untersuchen sind, müssen noch
besondere Vorkehrungen getroffen werden, die Verfasser näher beschreibt. In einer
Tabelle sind die so ermittelten Zündpunkte einer Reihe von Stoffen angegeben, von
denen hier nur einige herausgegriffen werden mögen:
Leuchtgas
600°
Maschinenöl
380°
Benzin
415°
Steinkohlenteer
500°
Petroleum
380°
Teeröl
580°
Gasöl
350°
Benzol
520°
Weiter führt Verfasser einige Beispiele an, die den
charakteristischen Unterschied zwischen den gasförmigen, flüssigen und festen
brennbaren Stoffen zeigen. Bei der Bestimmung des Zündpunktes von Wasserstoff, der
in oben beschriebenem Apparat bei 470° ermittelt wurde, ist der Einfluß
katalytischer Substanzen sehr groß und praktisch nie ganz zu vermeiden; in freier
Atmosphäre tritt sicherlich erst bei wesentlich höheren Temperaturen
Selbstentzündung ein. Das gleiche gilt für Methan und Aethan, wogegen Aethylen und
noch mehr Azetylen ein abweichendes Verhalten zeigen. Die Versuche mit festen
Brennstoffen ergaben, daß diejenigen Stoffe besonders niedrigen Zündpunkt haben, die
bei der Größe ihrer Moleküle leicht unter Abgabe von Gasen und Dämpfen zerfallen.
Zusammenfassend läßt sich sagen, daß die Zündpunkte sich besonders bei flüssigen
Stoffen mit praktisch hinreichender Genauigkeit bestimmen lassen. Im allgemeinen
zünden in Luft die festen brennbaren Stoffe, die nicht hohen Temperaturen ausgesetzt
waren, wie etwa Koks, bei den niedrigsten Temperaturen, die normal flüssigen
schwerer und die gasförmigen erst in sehr hohen Temperaturgebieten. Für die Höhe der
Zündpunkte organischer brennbarer Stoffe läßt sich eine Abhängigkeit von der
chemischen Konstitution aufstellen und besonders gruppenweise von der Größe der
Moleküle. Die Selbstzündung brennbarer Körper in Luft beruht auf der
Zersetzungswärme und der Aktivität der freien Valenzen im Moment der Spaltung bzw.
der Umwandlung. [Zeitschr. für angew. Chemie 1913, S. 273 bis 279.]
Dr. Sander.
––––––––––
Zur experimentellen Bestimmung des
Ungleichförmigkeitsgrades gibt Dr.-Ing. Riehm in
der Zeitschrift d.
Ver. deutscher Ingenieure (1913 Nr. 28) einen neuen Wirbelstrom-Tachograph an, der
die Aufgabe hat, ein Geschwindigkeitsdiagramm des zu untersuchenden Vorganges als
Funktion der Zeit aufzuzeichnen. Die in Abb. 1
wiedergegebene Vorrichtung besteht aus einer umlaufenden Weicheisenscheibe mit vier
Elektromagneten, zwischen deren Polschuhen sich ein dünnwandiger Aluminiumzylinder
befindet, der auf einem gespannten Stahldraht befestigt ist. Wenn der Drehkörper
angetrieben wird, so wird durch Wirbelstromwirkung auf den Aluminiumzylinder ein
mitnehmendes Moment ausgeübt, das eine Verdrehung des Stahldrahtes zur Folge hat.
Der Verdrehwinkel des Drahtes gibt unmittelbar ein Maß für die Drehzahl des
umlaufenden Teiles und erweist sich außerdem abhängig von dem Quadrat der
magnetischen Feldstärke im Laufspalt, so daß die Beziehung gilt:
α = C H2 n.
Textabbildung Bd. 328, S. 702
Abb. 1.
Die Verdrehung des Drahtes wird photographisch aufgezeichnet, indem ein auf dem Draht
befestigter Spiegel einem aus einer bikonvexen Linse auffallenden Lichtstrahl auf
eine mit lichtempfindlichem Papier bespannte, sich drehende Trommel zurückwirft.
Periodisch wiederkehrende Punkte im Verlauf der zu untersuchenden Drehbewegung, wie
Totlagen eines Kurbeltriebes, können auf dieser Trommel mittels elektrischer Funken
gekennzeichnet werden, die durch eine Kontaktvorrichtung an der Antriebscheibe
ausgelöst werden. Der Antrieb des Drehteiles des Tachographen geschieht von der zu
untersuchenden Welle oder einer Scheibe auf dieser durch einen möglichst kurzen und
wenig elastischen Bandtrieb unter Verwendung einer Spannrolle. Der Apparat kann so
sehr bequem überall angebaut werden.
Textabbildung Bd. 328, S. 702
Abb. 2.
Die Genauigkeit der Messungen mit dieser Vorrichtung ist wesentlich bedingt durch das
Konstanthalten des magnetischen Feldes während der Messung; ferner von der
Gleichmäßigkeit des elektrischen Widerstandes der Aluminiumtrommel. Es wird
daher sehr darauf zu achten sein, daß bei einer Reihe von aufeinanderfolgenden
Messungen sich das Aluminium nicht infolge der Wirbelströme zu stark erwärmt. Im
übrigen bietet das Fehlen aller Gelenke und die Einfachheit der ganzen Einrichtung
eine gute Gewähr für die Genauigkeit der Messungen. Daß diese den Anforderungen der
Praxis durchaus genügt, wurde durch Untersuchung eines Hookeschen Gelenkes mit bekanntem Ungleichförmigkeitsgrad nachgewiesen;
die Abb. 2, die ein hierbei aufgenommenes Diagramm
wiedergibt, bietet zugleich ein Beispiel für die Art der Diagrammaufzeichnung.
A. a. O. werden noch Versuche an einer Gasmaschine wiedergegeben, die mit dem
beschriebenen Apparat ausgeführt wurden und erkennen lassen, daß die aus dem
Drehkraft- und Massenwuchtdiagramm theoretisch gefundenen Geschwindigkeitswerte in
guter Uebereinstimmung stehen mit den Ergebnissen der Messung.
Dipl.-Ing. W. Speiser.
––––––––––
Metallbeizen. Je nach Art, Stärke und Temperatur der
verwandten Säure und der Beschaffenheit der zu entfernenden Oxydschichten geben
Beizen in Minuten, Stunden oder Tagen Reinigung der Oberfläche, Glanzbrenne oder
Mattbrenne. Die Entfettung vor dem Beizen kann durch Abbrennen der Fette über Feuer
oder durch Abwaschen mit Benzin und dergleichen, Abbürsten mit Wienerkalkbrei,
Abkochen in Lauge oder elektrolytisch erfolgen; je gründlicher, desto besser.
Zum Beizen von Eisen, Stahl, Zink und Aluminium bei gewöhnlicher Temperatur, oder von
gegossenem und geglühtem Messing, wie auch von Kupfer bei siedend heißer Temperatur,
können Salz-, Schwefel- oder Flußsäure in 5- bis 10-prozentiger Lösung oder
Bisulfate der Alkalimetalle benutzt werden. Es bildet sich dann Wasser, saures Salz
des Metalles und bei leicht löslichen Metallen auch Wasserstoffgas. Als oxydierende
Beizen für Kupfer, Nickel, Messing, Neusilber, Bronze, Tombak usw. dient
Salpetersäure, Chromsäure, Persulfat oder Eisenchlorid; dabei vermag die allgemein
benutzte konzentrierte Salpetersäure geringere Mengen Metall zu lösen als
verdünnte.
Schnelligkeit und Gewandtheit beim Herausnehmen der Gegenstände und sofortiges
gründliches Waschen sind unbedingt erforderlich für gutfarbiges und fleckenfreies
Aussehen der Stücke. Zu beachten zwecks Verhütung von Verbrennung durch
herumspritzende Säure ist beim Ansetzen der Brennen strengstens, daß die schwere
konzentrierte Schwefelsäure in die leichtere Salpetersäure eingegossen wird, nicht
umgekehrt. Auch stelle man dazu die Mischtröge in kaltes Wasser. Die folgenden
Beizen sind sämtlich ohne weiteres nach Annahme von Zimmertemperatur
gebrauchsfertig.
Als Vorbrenne zur Reinigung und Erzielung eines leichten
Glanzes auf gedrückten, gehämmerten und in verdünnter Schwefelsäure vorgebeizten
gegossenen Gegenständen aus Kupfer, Messing, Tombak usw. bringe man 15 g Kochsalz
und 25 g Glanzruß in 2 l Salpetersäure von 36° Bé.
Als Gelbbrenne zur Erzeugung eines schönen,
goldgelben Tones auf Messinggegenständen, billigem Messingguß und dergleichen mische
man 3 l Salpetersäure mit 40 g Kochsalz und 40 g Glanzruß und gieße dann in dünnem
Strahl 1,1 l Schwefelsäure von 66° Bé ein.
Als Glanzbrenne zur Erzeugung eines ausgesprochenen
Hochglanzes auf vorgebeizten, in frischen gut getrockneten und fettfreien Stücken
mische man 3 l Salpetersäure von 36° Bé mit 35 g Kochsalz, füge in dünnem Strahl und
unter gutem Umrühren 2,25 l konzentrierte Schwefelsäure von 66° Bé hinzu.
Als Mattbrenne löse man 10 g Zinkvitriol und 15 g Kochsalz
in 2 l Salpetersäure von 36° Bé und füge nach vollständiger Lösung 1 l Schwefelsäure
hinzu.
Als elektrochemische Beizung wirkt die anodische Auflösung
der Metalle am Pluspol bei Durchgang elektrischen Stromes von 2 bis 4 Volt Spannung
durch 20-prozentige Lösungen von Chloriden oder Sulfaten der Alkalimetalle, wobei
als Kathoden Eisenplatten zu verwenden sind. Viel verwandt wird die elektrochemische
Beizung nicht, weil die Säuren billiger kommen.
Bei Anwendung von Salpetersäure entweichen aus dem Beizgefäße braune nitrose Dämpfe,
die außerordentlich gesundheitsschädlich sind. Ein bloßer Abzug ins Freie
genügt zu ihrer Beseitigung nicht. Es ist dringend nötig, das Beizgefäß mit einem
Kasten zu bedecken, der nur eine Arbeitsstelle offen läßt und durch mechanische
Absaugung mittels Wasserstrahlgebläses und dergleichen sicher und ständig entlüftet
wird.
Die sauren Abwässer der Beizereien enthalten neben freier Säure meist gelöste Kupfer-
und Zinksalze, die sowohl gemauerte Kanäle als auch eiserne Rohrleitungen zerstören;
denn die Säuren lösen aus dem Mauerwerk den Kalk und die Kupfersalze wechseln ihr
Kupfer gegen Eisen aus. Unschädlich zu machen sind die Abwässer durch Neutralisation
in Gruben mit überschüssig viel gelöschtem Kalkbrei oder mittels Eisenspähnen. Die
Zurückgewinnung des Kupfers macht die Anlage- und Betriebskosten der Neutralisierung
bald bezahlt, zumal sie auch viel Reparaturen der Kanalisation erspart.
In der unten genannten Arbeit sind auch die teils beim Brennen, teils beim
Neutralisieren einzeln oder mehr oder weniger nebeneinander auftretenden chemischen
Vorgänge durch Formeln näher gekennzeichnet. [Dipl.-Ing. Dr. A. Barth, Helios, Fach- und Exportzeitschrift für
Elektrotechnik, Bd. 19, 1913, S. 457 bis 461.]
Erich Schneckenberg.