Titel: | Beitrag zur Berechnung und Ausführung von Schraubenventilatoren. |
Autor: | Nanno A. Imelman |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 33 |
Download: | XML |
Beitrag zur Berechnung und Ausführung von
Schraubenventilatoren.
Von Nanno A. Imelman in Straßburg i.
Eis.
IMELMAN: Beitrag zur Berechnung und Ausführung von
Schraubenventilatoren
Wie einfach auch der Schraubenventilator aussehen mag, so sind doch die
Luftströmungen, die durch ihn hervorgerufen werden, einigermaßen verwickelt. Im
folgenden ist versucht, die Gesetze der Strömungen in einfachen Gleichungen
wiederzugeben, wie sie sich durch Versuche an Ventilatoren mit hohen und niedrigen
Umdrehzahlen gezeigt haben.
Textabbildung Bd. 329, S. 33
Abb. 1.
Dreht sich ein Schraubenrad, welches etwa auf den Wellenstumpf eines Elektromotors
gekeilt ist, in einem genau gebohrten Ventilatorrahmen, dann bewegt sich bekanntlich
die Luft, wie dies in Abb. 1 durch Pfeile angedeutet
ist, dabei bedeutet u die Umfangsgeschwindigkeit des
Rades und ca die
Achsialgeschwindigkeit der Luft. Die Schaufeln schneiden somit gewissermaßen die
Luft, und sie werden deshalb auch vorteilhaft an beiden Seiten zugeschärft, um einen
Stoß an der Schneidfläche zu verhindern. Eigentümlicherweise besteht vor dem Rade,
d.h. an der Saugseite des Rades keine Rotation die Luft tritt achsial in das Rad
ein. Durch die Umfangsgeschwindigkeit des Rades wird die Luft abgelenkt und strömt
beim Austritt mit dem Geschwindigkeitsvektor c hinter
dem Rade fort (Abb. 2).
Die absolute oder wirkliche Geschwindigkeit c der Luft,
womit sie bei den angenommenen Verhältnissen in Abb.
2 austritt, bedeutet nichts anders als eine schraubenförmige Bewegung
hinter dem Rade. Weiter geht aus Abb. 2 hervor, daß
die Relativgeschwindigkeiten w1 und w2 der Luft bei der Schaufelform und den
Geschwindigkeitsverhältnissen verschieden gerichtet sind, und es wird, da w1 nicht in der
Richtung der Schaufel wirkt, ein Stoß beim Eintritt der Luft in das Rad erfolgen. Es
gibt zweierlei Wege, diesen Stoß zu vermeiden: entweder müßte die Schaufelform in
der Richtung von w1 mit
allmählichem Uebergang in w2 abgebogen werden, oder die Geschwindigkeitsverhältnisse müßten
derart abgeändert werden, daß w1 in die Richtung der Schaufel fällt und somit in
der Richtung von w2
wirkt. Um eine bessere Einsicht in die beiden Diagramme (Ein- und Austritt) zu
erhalten, ist es zweckmäßig, sie zu kombinieren, da sie beide in Verbindung mit u auftreten. Es ist klar, daß am Umfang des Rades die
Geschwindigkeiten größer sind, als in einem andern Punkte des Rades, während an der
Nabe die Geschwindigkeiten am geringsten ausfallen werden.
Textabbildung Bd. 329, S. 33
Abb. 2.
Für die Berechnung ist nun eine mittlere Geschwindigkeit zu wählen, welche aus der
mittleren wirksamen Ventilatorfläche zu bestimmen ist.
Es ist
\begin{array}{rcl}F_{\mbox{m}}&=&\frac{1}{2}\,\left(\frac{\pi\,{D_{\mbox{a}}}^2}{4}-\frac{\pi\,{D_{\mbox{i}}}^2}{4}\right)+\frac{\pi\,{D_{\mbox{i}}}^2}{4}\\&=&\frac{1}{2}\,\left(\frac{\pi\,{D_{\mbox{a}}}^2}{4}+\frac{\pi\,{D_{\mbox{i}}}^2}{4}\right).\end{array}
Hieraus ergibt sich Dm und
u_{\mbox{m}}=\frac{\pi\,.\,D_{\mbox{m}}\,.\,n}{60}.
Mit Rücksicht auf Abb. 2 und 3 erhalten wir die Luftwirkung vor und hinter dem
Rade, und es ergibt sich die Gleichung für die Luftbewegung. Durch die Drehung des
Rades wird die Eintrittsgeschwindigkeit ca auf die Austrittsgeschwindigkeit c erhöht, und hierdurch der Druck
\frac{c^2}{2\,g}\,\gamma-\frac{{c_{\mbox{a}}}^2}{2\,g}\,\gamma
vom Rade an die Luft abgegeben. Zugleich aber ändert sich w1 auf w2, wofür ein Druck
\frac{{w^2}_2}{2\,g}\,\gamma-\frac{{w^2}_1}{2\,g}\,\gamma
erforderlich ist. Dabei bedeutet γ das spezifische
Gewicht der Luft = 1,2 kg/m3.
Textabbildung Bd. 329, S. 34
Abb. 3.
Der Gesamtdruck, der hinter dem Rade somit zur Verfügung bleibt, beträgt:
H=(c^2-{c_{\mbox{a}}}^2)\,\frac{\gamma}{2\,g}-({w_2}^2-{w_1}^2)\,\frac{\gamma}{2\,g}
oder
H=(c^2-{c_{\mbox{a}}}^2-{w_2}^2+{w_1}^2)\,\frac{\gamma}{2\,g}
oder, da w1 stets größer wird als w2:
H=\frac{c^2-{c^2}_{\mbox{a}}}{2\,g}\,\gamma+\frac{{w_1}^2-{w_2}^2}{2\,g}\,\gamma.
Nun ist nach Abb. 3 weiter c2 = c2u + c2a oder
H=\frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma+\frac{{w_1}^2-{w_2}^2}{2\,g}\,\gamma.
In der Druckhöhe \frac{H}{\gamma} ist aber auch die
Geschwindigkeitshöhe \frac{{c^2}_{\mbox{a}}}{2\,g} einbegriffen,
womit die Luftmenge fortströmt, so daß der statische Ueberdruck der Luft
H_{\mbox{s}}=H-\frac{{c^2}_{\mbox{a}}}{2\,g}\,\gamma=\frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma+\frac{{w_1}^2-{w_2}^2}{2\,g}\,\gamma-\frac{{c^2}_{\mbox{a}}}{2\,g}\,\gamma
beträgt, durch den ein Widerstand überwunden werden kann.
Grenzfälle sind: ca = 0,
ca = cmax.
Mit ca = 0 wird w1
= um, cu = um, w2 = 0, somit
H=\frac{{u^2}_{\mbox{m}}}{g}\,\gamma,\
H_{\mbox{s}}=\frac{{u^2}_{\mbox{m}}}{g}\,\gamma.
Mit ca = cmax wird
w1 = w2, cu = 0, somit wird H = 0,
H_{\mbox{s}}=\frac{{c^2}_{\mbox{max}}}{2\,g}\,\gamma.
Die Luft tritt in diesem Falle achsial aus dem Rade aus. Diese
Arbeitsweise ist am interessantesten am Schraubenventilator. Der Zustand vor und
hinter dem Rade ist derselbe, oder theoretisch ist der Kraftbedarf Null, was auch
aus der Gleichung L=\frac{Q\,.\,H}{60\,.\,75} hervorgeht, denn
wie oben gesagt, ist H = 0 und somit L = 0. Für diese Luftbewegung ist in Wirklichkeit nur
die Reibung der Luft an den Radflächen zu überwinden. Da in diesem Falle w1 dieselbe Richtung
hat wie w2, wird
natürlich bei dieser geraden Schaufelform auch kein Stoß auftreten.
Anders wird die Sache, wenn ein Unter- oder Ueberdruck erzeugt werden soll, oder
anders gesagt, wenn die Luft gegen Widerstand gesaugt bzw. gedrückt werden soll. Die
Luft tritt dann nicht achsial, sondern schraubenförmig aus dem Rade, und
\frac{c^2}{2\,g}\,\gamma kann zerlegt werden in
\frac{{c^2}_{\mbox{a}}}{2\,g}\,\gamma und
\frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma. Erstere Größe dient
zur geraden Bewegung der Luftmenge, während
\frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma eine kreisförmige
Bewegung hervorruft. Falls c nicht durch ein Leitrad in
die achsiale Richtung übergeführt wird, kann
\frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma nicht ausgenutzt werden
und wird nur eine Reibung an der Rohrwand in senkrechter Richtung hervorrufen und,
falls man an der Wand des Rohres mißt, das Meßresultat beeinflussen und zwar
erhöhen. \frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma ist zur
Ueberwindung von Widerständen in achsialer Richtung nicht auszunutzen und somit
verloren. Es ist deshalb bei geraden Schaufeln zu empfehlen, cu recht klein werden zu lassen, d.h. mit
möglichst großem ca zu
arbeiten oder, besser ausgedrückt, gegen ganz geringen Widerstand zu arbeiten.
Verlangt man jedoch, daß der Ventilator gegen Widerstand arbeiten soll, und der Stoß
beim Eintritt zu vermeiden ist, dann muß die Schaufel der Belastung entsprechend
gekrümmt werden und zwar muß sie am Eintritt in der Richtung von w1 und am Austritt von
w2 verlaufen, wie
in Abb. 3 angedeutet ist. Der Ventilator arbeitet in
diesem Falle jedoch auch nur für diese Belastung richtig, denn mit Aenderung von ca erhält auch w1 eine andere
Richtung. Bei sinngemäßer Aenderung der Umdrehungszahl kann jedoch wieder eine
richtige Belastung erreicht werden, denn mit Aenderung von um steigt ca, somit die
Luftmenge proportional; die Druckhöhe steigt bekanntlich innerhalb gewisser Grenzen
in der zweiten Potenz.
Man könnte jedoch, um einigermaßen richtig zu gehen, eine mittlere Krümmung annehmen,
oder wenn man den Stoß in Kauf nehmen will, kann man sie gerade ausführen, wie in
Abb. 1, 2 und
3 auch angedeutet ist. Jedenfalls ist zu
empfehlen. Ein- und Austrittkante der Schaufel gut zu schärfen.
Bisher haben wir immer von den Verhältnissen gesprochen, welche bei irgend einem
Durchmesser auftreten, jedoch ist das Resultat der Rechnung für jeden Durchmesser
verschieden, da ja die Umfangsgeschwindigkeit sich mit dem Durchmesser proportional
ändert. Am Umfang des Rades ist die Umfangsgeschwindigkeit am größten und an der
Nabe am kleinsten. Theoretisch muß somit bei konstantem Winkel a auch ca und H am Umfang
maximal sein und an der Nabe ein Minimum erreichen. In der Praxis ist dies jedoch
nicht der Fall, es kommt wieder ganz darauf an, ob der Ventilator frei saugt und bläst oder gegen
Widerstand arbeitet. Weiter spielt auch der Abschluß des Rades im Rahmen eine große
Rolle, denn wenn ein großer Spielraum zwischen Rad und Rahmen besteht, so strömt die
Luft am Umfang durch diesen Spielraum nach der Saugseite zurück, da ja vor dem Rade
ein Unterdruck, und hinter dem Rade ein Ueberdruck herrscht. Es hängt hiermit auch
der Nabendurchmesser zusammen, und der Durchmesser wäre hiernach direkt zu
bestimmen, wie ein Beispiel am besten zeigen wird.
Beispiel. Für einen Ventilator sind die Abmessungen zu
bestimmen, wenn in der Minute 60 m3 Luft gegen
einen Widerstand von 4 mm WS zu fördern sind.
Wir nehmen eine Drehzahl, die sich zur direkten Kupplung mit einem Drehstrommotor
eignet.
Mit ca = 5,5 m/Sek.
ergibt sich die Arbeitsfläche des Ventilatorrades aus
F=\frac{Q}{60\,.\,c_{\mbox{a}}}=\frac{60}{60\,.\,5,5}\,\overset{\infty}{=}\,0,18\mbox{
m}^2.
Wählen wir einen Nabendurchmesser von 150 mm, dann wird Da ≌ 500 mm, wenn ein
etwas größeres ca in
Kauf genommen wird.
Textabbildung Bd. 329, S. 35
Abb. 4.
Eine Drehzahl von 960 zugrunde gelegt, folgt
ua ≌
25 m/Sek., ui ≌ 7,5
m/Sek.,
F_{\mbox{m}}=\frac{1}{2}\,\left(\frac{\pi\,50^2}{4}+\frac{\pi\,150^2}{4}\right),
woraus
Dm ≌
370 mm, um = 18,6
m/Sek.
Mit einem Schaufelwinkel bei Dm von αm =
30° ergibt sich das in Abb. 4 angegebene Diagramm,
woraus bei ca = 5,5 w1 = 19 m, w2 = 11 m, cu = 9 m, somit wird,
da einem Druck von 1 kg/m2 eine Wassersäule von 1
mm entspricht.
H=\frac{9^2}{19,62}\,.\,1,2+\frac{19^2-11^2}{19,62}\,.\,1,2\,\overset{\infty}{=}\,19,7\mbox{
mm WS}.
Natürlich geht ein großer Teil durch Reibung und Stoß verloren, so daß der
hydraulische Wirkungsgrad η etwa zu 0,4 angenommen
werden kann, und es ist
h = 0,4 . 19,7 ≌ 8 mm WS,
\frac{{c^2}_{\mbox{a}}}{2\,g}\,\gamma=\frac{5,5^2}{19,62}\,.\,1,2=1,8\mbox{
mm WS}.
Es bleiben somit statisch 8 – 1,8 = 6,2 ~ 6 mm WS.
Diese kleine Reserve ist natürlich zweckmäßig. Will man den Stoß von w1 vermeiden, so muß
die Schaufel entsprechend abgebogen werden, womit der hydraulische Wirkungsgrad
noch gehoben wird.
Textabbildung Bd. 329, S. 35
Abb. 5.
Textabbildung Bd. 329, S. 35
Abb. 6.
Würde man nun den Winkel αm über die ganze Schaufellänge beibehalten, so würde die theoretische
Achsialgeschwindigkeit bei freiem Eintritt und Austritt der Luft entsprechend Abb. 5 über die Radfläche verteilt sein. Dies wäre
natürlich sehr unvorteilhaft, und die Schaufel muß über die ganze Länge ständig den
Winkel ändern, d.h. αi
muß größer sein als αa,
und zwar αi am größten
und αa am kleinsten.
Hierfür können wieder verschiedene Bedingungen aufgestellt werden, und zwar handelt
es sich darum, ob der Ventilator für freies Saugen und Blasen oder für einen
bestimmten Gegendruck konstruiert sein soll. Soll der Ventilator nur frei saugen und
blasen, dann muß ca max
über den ganzen Querschnitt gleich sein (Abb. 6). Es
ist wohl ersichtlich, daß dies die einfachsten Schaufelformen gibt, denn wie bereits
gesagt, braucht die Schaufel auch nicht gebogen sein. Verlangt man jedoch in unserm
Falle, daß das Rad über die ganze Fläche neben ca = 5,5 einen Widerstand von 4 mm WS überwinden
kann, dann ist die Rechnung etwas anders aufzustellen. Es müßte dann über die ganze
Radfläche H konstant sein, somit
\frac{{c^2}_{\mbox{u}}}{2\,g}\,\gamma+\frac{{w_1}^2-{w_2}^2}{2\,g}\,\gamma=\mbox{
const}.
Es ist schon im Voraus zu sagen, daß bei αi in Abb. 6 obiger
Gleichung nicht Genüge geleistet werden kann. Eine Nachrechnung, ob mit einer
Vergrößerung von ai
etwas zu erreichen ist, ergibt ebenfalls, daß wir nicht auf 19,7 resp. 8 mm WS
kommen.
(Schluß folgt.)