Titel: | Das Schwingungspyknometer, ein akustischer Apparat zur Dichtemessung von Gasen und Flüssigkeiten. |
Autor: | A. Kalähne |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 81 |
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Das Schwingungspyknometer, ein akustischer
Apparat zur Dichtemessung von Gasen und Flüssigkeiten.
Von Dr. A. Kalähne, Professor a.
d. Technischen Hochschule
Danzig-Langfuhr.
KALEHNE: Das Schwingungspyknometer usw.
Inhaltsübersicht.
Körper, die sich in einer Flüssigkeit bewegen, erleiden infolge
teilweiser Mitführung derselben eine scheinbare Massenänderung. Bei schwingenden
Körpern bewirkt dies eine Aenderung der Schwingungsdauer. Diese Erscheinung wird zur
Konstruktion eines Dichtemessers benutzt.
–––––
1. Verfahren. Auf verschiedenen Gebieten der Technik
besteht das Bedürfnis nach Apparaten, mit denen rasch die Dichte von Gasen und
Flüssigkeiten bestimmt werden kann, sei es, daß aus der gemessenen Dichte die
prozentische Zusammensetzung von Gemischen erschlossen werden soll, deren
Komponenten ihrer Natur nach bekannt sind, sei es, daß – bei Gasen – die Dichte
eines einheitlichen, aber unter variablem Druck stehenden Gases dauernd kontrolliert
werden soll. Beispielsweise kommt in Betracht die Kontrolle des richtigen Verlaufs
chemischer Reaktionen, der erwünschten oder unerwünschten Mischung von Gasen durch
Diffusion usw., wie sie bei der Bildung schlagender Wetter in Kohlenbergwerken
(Mischung von Methan und Luft) oder bei der Verschlechterung des Gasinhalts von
Luftschiffen (Mischung von Wasserstoff bzw. Leuchtgas und Luft) auftritt.
Die dafür ausgearbeiteten brauchbaren Verfahren und Apparate sind, soweit es sich um
Gase handelt, nicht sehr zahlreich, was in Anbetracht der geringen zu messenden
Dichten und der hohen Anforderungen der Technik an Genauigkeit, bequeme Handhabung
usw. nicht befremden kann. Auch das hier kurz zu beschreibende neue Verfahren, das
in der Konstruktion des Schwingungspyknometers gipfelt,
kann nicht beanspruchen, allen Anforderungen zugleich gerecht zu werden. Es scheint
aber insbesondere bei kleinen abgeschlossenen Gasmengen, sowie bei beliebig großen
Mengen, die nicht stark bewegt werden dürfen, Vorzüge vor anderen Verfahren zu
besitzen. Ein besonderer Vorzug ist weiter, daß es in sehr einfacher Weise
Fernablesung auf beliebige Entfernung durch elektromagnetische Uebertragung seiner
Angaben gestattet. Es kann demnach zur Dichtemessung (oder auch Druckmessung,
wenn die Temperatur bekannt ist) an unzugänglichen Orten dienen. Insbesondere ist es
auch noch zur Messung großer Gasdichten bei hohen Drucken bzw. bei umgekehrter
Anwendung zur Messung hoher Drucke als Schwingungsmanometer brauchbar. Diesen verschiedenen Zwecken haben sich
die Ausführungsformen anzupassen, die sehr mannigfaltig sein können. Im folgenden
soll das Verfahren und von den möglichen Ausführungsformen des Apparates zwei
beschrieben werden, die sich durch die Art der Messung prinzipiell
unterscheiden.
Grundlage des Verfahrens ist die experimentell beobachtete und aus der Theorie ohne
weiteres folgende Tatsache, daß ein fester Körper, der sich in einer – tropfbaren
oder gasförmigen – Flüssigkeit bewegt, einen Teil derselben mitreißt und dadurch
eine scheinbare Vergrößerung seiner Masse erfährt. Je dichter das umgebende Medium
ist, desto größer ist dieser Massenzuwachs. Ist die Bewegung des Körpers eine hin-
und hergehende, schwingende, so kann man die scheinbare Massenänderung leicht an der
Aenderung seiner Eigenschwingungsdauer (Eigenfrequenz) erkennen. Jeder elastische,
irgendwie gestaltete feste Körper (Platte, Glocke, Stab, Membran usw.) hat
bekanntlich die Fähigkeit, Schwingungen auszuführen, wenn man ihn dazu, z.B. durch
einen Schlag, anregt. Die Schwingungsdauer (Frequenz) dieser freien oder
Eigenschwingungen hängt bei gegebener Gestalt und Größe nur von seinen elastischen
Konstanten und seiner Masse ab. Je größer letztere ist, desto langsamer schwingt der
Körper, desto kleiner ist also seine Frequenz, oder akustisch gesprochen, desto
tiefer ist sein Eigenton. Die oben besprochene scheinbare Massenvergrößerung, die
von dem mitgeführten umgebenden Medium herrührt, bewirkt also eine
Frequenzverkleinerung (Tonvertiefung), die um so größer ist, je dichter das Medium
ist.
Das Verfahren ist danach folgendes. Ein Klangkörper –
so soll ein beliebig gestalteter elastischer Körper genannt werden, der in einer
Haltevorrichtung so befestigt ist, daß er ungehindert eine seiner Eigenschwingungen
ausführen kann – wird in das zu untersuchende Medium (Gas oder Flüssigkeit)
eingetaucht, und die dabei auftretende Aenderung seiner Eigenfrequenz gegenüber der
Eigenfrequenz ohne Medium (im Vakuum, oder bei Umgebung mit einem Normalmedium wird
auf irgend eine Weise gemessen. Aus der gemessenen Frequenzänderung erhält man
sofort die gesuchte Dichte, wenn der Apparat durch Beobachtung in Medien bekannter
Dichte empirisch geeicht ist. Sind die Frequenzänderungen klein gegen die Frequenz
selbst (betragen sie z.B. nur einige Schwingungen in der Sekunde bei einer
Eigenfrequenz von einigen Hundert Schwingungen/sek.), so sind sie den entsprechenden
Dichteunterschieden proportional, wodurch eine sehr einfache Eichung und Ablesung
ermöglicht wird. Das ist beispielsweise der Fall, wenn Gasdichten bei normalem oder
wenigstens nicht sehr hohem Druck gemessen werden, da alsdann wegen der geringen
Dichte der Gase gegenüber derjenigen fester Körper die scheinbare Massenänderung
immer klein bleibt.
Um nach dem geschilderten Verfahren Gasdichten zu messen, muß der Klangkörper sehr
leicht sein und eine große Oberfläche besitzen, damit die mitbewegte Gasmenge
möglichst groß wird. Bei den ausgeführten Versuchsapparaten besteht er aus Aluminium
und hat die Form einer dünnwandigen Röhre, die innen und außen vom Gase umspült
wird, und wie ein an zwei Punkten festgeklemmter Stab Transversalschwingungen
ausführt. Auch Glas, das noch etwas geringeres spezifisches Gewicht als Aluminium
hat, eignet sich dazu. Statt der Röhrenform ist auch die Platten- und Glockenform
brauchbar. Bei Flüssigkeiten lassen sich die gleichen Formen anwenden, außerdem aber
noch andere, z.B. eine nur innen gefüllte Röhre, die an beiden Enden fest
eingespannt ist und sich somit zur Dichtemessung strömender Flüssigkeiten
eignet.
2. Konstruktion des Apparates und Meßeinrichtungen. Die
Konstruktion des Pyknometers, insbesondere die Einrichtungen zur Frequenzmessung,
die einen wichtigen Teil des Apparates bilden, lassen sich mittels der Abb. 1 und 2
erläutern, a ist der Klangkörper; es ist ein
Hohlzylinder (Rohr) angenommen, der wie ein zylindrischer Stab mit freien Enden in
seinem Grundton schwingt. Zu dem Zweck wird das Rohr in den beiden Knotenpunkten der
Bewegung mittels zwei Paar Spitzenschrauben dd gehalten
(Abb. 1), die in den ringförmigen Haltern bb sitzen. Diese Halter sind verschiebbar auf der
Tragschiene c befestigt, so daß sie genau auf die
Knotenpunkte eingestellt werden können. Die Schiene trägt auch die zur
Schwingungserregung und zur Frequenzmessung dienenden Anordnungen. Diese sind in
zwei wesentlich verschiedenen Ausführungen denkbar; nämlich erstens: der Klangkörper
wird mechanisch – durch den Schlag eines elektromagnetisch betätigten kleinen
Hammers – in Eigenschwingungen versetzt, und deren Frequenz wird gemessen, etwa
durch akustische Vergleichung mit der bekannten Frequenz eines Normalklangkörpers
(Stimmgabel) oder durch einen Frequenzmesser (z.B. einen Frahmschen Frequenzmesser mit schwingenden Zungen); oder zweitens: der
Klangkörper wird durch eine periodisch wirkende Kraft von gleicher bzw. annähernd
gleicher, bekannter Frequenz in erzwungene (Resonanz-) Schwingungen versetzt, und
deren Stärke wird gemessen. Bei vollkommener Gleichheit von erregender Frequenz und
Eigenfrequenz des Klangkörpers findet stärkstes Mitschwingen (Resonanz) statt, so
daß sich aus der Beobachtung der Resonanzkurve ebenfalls die Eigenfrequenz ergibt.
Die erste Art der Messung ist in Abb. 1, die zweite
in Abb. 2 angedeutet; der anschlagende Hammer ist
jedoch in Abb. 1 weggelassen, um die
Uebersichtlichkeit nicht zu gefährden. Die Uebertragung der Schwingungen auf die
Meßeinrichtung – bei der zweiten Anwendungsform auch die Erregung des Klangkörpers –
erfolgt elektromagnetisch nach dem Telephonprinzip. Dazu ist auf den Klangkörper in
einem seiner Schwingungsbäuche ein kleines Eisenstück e
(Abb. 1) bzw. die beiden Stücke e und e1 aufgekittet (Abb. 2). Diesen stehen dicht gegenüber, vom Klangkörper unabhängig
befestigt, die Telephonmagnete m bzw. m1. Fließt durch die
Spulen des Erregungsmagneten m in Abb. 2 ein Wechselstrom von (annähernd) der Frequenz
des Klangkörpers, so gerät dieser in Mitschwingung. Als Wechselstromquelle ist hier
eine, von dem Hammer h angeschlagene, Stimmgabel w angenommen, zwischen deren Zinken sich eine Spule mit
Eisenkern befindet. Es ist eine Stimmgabel mit regulierbarer Tonhöhe zu nehmen, wie
sie z.B. von R. KoenigR.
Koenig, Quelques Expériences
d'Acoustique, Paris 1882. Poggendorffs Ann. d. Phys.u. Chem. 157, S. 621
(1876). oder von F. NeesenF. Neesen,
Elektrot. Zeitschr. 8 S. 188 (1887). konstruiert worden
sind. Statt der Stimmgabel kann natürlich jeder beliebige andere
Wechselstromerzeuger benutzt werden, wenn seine Frequenz hinreichend genau konstant
gehalten und gemessen werden kann. Denn in dieser Hinsicht stellt das Verfahren
recht hohe Anforderungen.
Textabbildung Bd. 329, S. 82
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 329, S. 82
Abb. 2.
Durch die Schwingungen des Klangkörpers wird in den Spulen des Meßkreismagneten
(m in Abb. 1, m1 in Abb. 2) ein Wechselstrom von der Frequenz der
Klangkörperschwingungen erzeugt. Bei der ersten Anwendungsform des Pyknometers (Abb. 1) wird die Frequenz
dieses Stromes mit geeigneten in den Stromkreis eingeschalteten Apparaten gemessen
(angedeutet durch das Hörtelephon t und den
Frequenzmesser f). Bei der zweiten Form (Abb. 2) wird die Stärke
des erzeugten Wechselstroms beobachtet und diejenige Erregungsfrequenz bestimmt,
welche maximale Stärke desselben ergibt. In der Abbildung ist Messung des
Wechselstroms mit einem Saitengalvanometer s
angedeutet, wobei der Wechselstrom durch einen Gleichrichter g (z.B. einen Kristallgleichrichter, wie sie als Detektoren in der
drahtlosen Telegraphie benutzt werden) in Gleichstrom umgewandelt werden muß. Das
Saitengalvanometer eignet sich für diese Messungen wegen seiner fast momentanen
Einstellung besonders gut.
Nimmt man statt des röhrenförmigen andersgestaltete Klangkörper, z.B. dünne Platten,
Glocken, Membranen, so wird die Befestigungsvorrichtung eine andere; das
Meßverfahren aber, insbesondere die Einrichtungen zur Erregung des Klangkörpers und
zur Frequenzmessung bleiben ungeändert. Uebrigens sind aber statt der angegebenen
Einrichtungen sehr wohl auch andere anwendbar, die hier nicht aufgeführt werden
können.
3. Meßgenauigkeit. Die mit dem Schwingungspyknometer
erreichbare Genauigkeit der Dichtemessung hängt in erster Linie von dem Verhältnis
der Klangkörpermasse zur mitbewegten Gas- bzw. Flüssigkeitsmasse ab, in zweiter
Linie von der Empfindlichkeit der Nebenapparate (Schwingungserzeuger und
Frequenzmesser). Bestimmte Grenzen lassen sich für die Genauigkeit im ganzen nicht
wohl allgemein angeben. Zwei Versuchsapparate, deren Klangkörper dünnwandige
Aluminiumrohre waren, und die in verschiedenen Gasen von Atmosphärendruck untersucht
wurden, ergaben eine Frequenzänderung von 3,13 und 3,50 Schwingungen/sek., wenn die
Luft durch Wasserstoff als umgebendes Medium ersetzt wurde, oder 3,39 und 3,78
Schwingungen, wenn die Luft ganz entfernt wurde. Da Hundertstel Schwingungen
Frequenzänderung meßbar sind, so ergibt sich daraus für diese beiden Apparate eine
mögliche Meßgenauigkeit von 1/300 bis 1/400 der normalen Luftdichte. Für schwerere Gase wird
die relative Empfindlichkeit größer, für leichtere kleiner, jeweils im Verhältnis
der Gasdichten; beispielsweise wird sie für Kohlensäure mit der auf Luft bezogenen
Dichte 1,529 ebenfalls 1,529 mal größer, für Methan (Dichte 0,5545) wird sie 0,5545
des obigen Betrages. Bei den Versuchen wurde diese Genauigkeit allerdings infolge
verschiedener schädlicher Einflüsse, die auf Mängel der Apparatur zurückzuführen
sind, nicht erreicht. Sorgfältigere Durcharbeitung des konstruktiven Teils wird
diesen Mangel beseitigen. Durch Anwendung noch leichterer Klangkörper, als sie zur
Verfügung standen, läßt sich auch die Empfindlichkeit noch erheblich steigern. Bei
Messungen an dichteren Stoffen (komprimierten Gasen, Flüssigkeiten) sind die
konstruktiven Schwierigkeiten geringer, da die Klangkörper bei gleicher relativer
Empfindlichkeit schwerer und daher stabiler ausgeführt werden können. Verfahren und
Apparat sind patentamtlich geschützt (D. R. P. Nr. 268353).