Titel: | Ueber elektrisch angetriebene Gesteinbohrmaschinen. |
Autor: | Max Weber |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 97 |
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Ueber elektrisch angetriebene
Gesteinbohrmaschinen.
Von Dr. Max Weber in
Charlottenburg.
WEBER: Ueber elektrisch angetriebene
Gesteinbohrmaschinen.
Inhaltsübersicht.
Angabe des Anwendungsgebietes für Stoß- und Drehbohrmaschinen.
Historische Entwicklung der elektrisch angetriebenen Gesteinbohrmaschinen.
Beschreibung der jetzigen Stoßbohrmaschine und des Bohrhammers der Siemens-Schuckertwerke.
Ueberall, wo Gesteinsmassen aus ihrem natürlichen Verbände durch Sprengen zu lösen
sind, müssen Sprenglöcher zur Aufnahme des Sprengstoffes hergestellt werden. Diese
Sprenglöcher werden entweder von Hand mittels Schlegel und Eisen oder mittels
besonderer dazu konstruierter Gesteinbohrmaschinen hergestellt. Derartige Maschinen
arbeiten entweder mit stoßendem oder mit drehendem Werkzeug. Letztere Methode wird
jedoch nur bei weichen oder mäßig festen Gesteinen angewendet, wo Stahl noch
schneidend wirken kann, wie in Kohle, Salz, Mergel oder dem weichen Minette-Eisenerz
in Lothringen und Luxemburg. Drehbohrer mit Diamantkronen für festes Gestein werden
bei der Herstellung von Sprenglöchern kaum noch angewendet, sondern fast nur auf die
Fälle beschränkt, wo man einen Kern zwecks Untersuchung der Gesteinschichten
gewinnen will. Bei festen Gesteinen ist nur stoßendes Bohren mit wirtschaftlichem
Erfolge anwendbar.
Stoßbohrmaschinen.
Von stoßend wirkenden Gesteinbohrmaschinen gibt es zwei verschiedene Systeme, die der
neuere Sprachgebrauch unterscheidet durch die Bezeichnungen Stoßbohrmaschine und Bohrhammer. Bei den
Stoßbohrmaschinen vollführt der Bohrmeißel eine stoßende Bewegung und erfährt nach
jedem Stoß eine kleine Drehung, damit die Bohrerschneide immer neue Gesteinspartien
trifft; beim Bohrhammer dagegen bleibt die Meißelschneide immer in Berührung
mit dem Gestein, während das hintere Meißelende beständig Schläge erhält; auch hier
wird der Meißel beim Arbeiten langsam gedreht.
Textabbildung Bd. 329, S. 97
Abb. 1. Schaltungsschema der Solenoidbohrmaschine.
Als Antriebskraft für Gesteinbohrmaschinen war jahrzehntelang nur Druckluft in
Gebrauch. Der erste Versuch, die Elektrizität auch hier zur Anwendung zu bringen,
rührt von Werner Siemens her, der im Jahre 1879 ein
Patent (D. R. P. 9469) auf eine elektrisch angetriebene Stoßbohrmaschine erhielt.
Ein Abdruck dieser Patentschrift findet sich in den Wissenschaftlichen und
Technischen Arbeiten von Werner von Siemens, Bd. II,
zweite Auflage, S. 388 ff. Die der Patentschrift entlehnte Abb. 1 zeigt das Schema dieser sogenannten Solenoidmaschine, bei welcher
mehrere abwechselnd magnetisierte Drahtspulen oder Solenoide einen innerhalb
derselben befindlichen Eisenkern hin- und herschleudern. Von den drei Spulen des
Apparates werden die beiden äußeren von Wechselstrom durchflössen und daher nach
jeder Halbperiode ummagnetisiert, während die mittlere von Gleichstrom
durchflossene. Spule immer dieselbe Polarität behält. Infolge dieser Anordnung wandert das Maximum
des Magnetismus in der Maschine hin und her und der Eisenkern in gleicher Weise. Es
zeigte sich jedoch bald, daß dieses System nicht wirtschaftlich war, weil der größte
Teil der aufgewendeten Energie in Wärme umgesetzt wird. Die Maschine wird daher nach
kurzer Zeit so heiß, daß man immer eine Reservemaschine haben müßte, um einen
Betrieb aufrecht zu erhalten. Die Maschine wurde nur in einem Exemplar ausgeführt,
welches sich jetzt als historisches Objekt im Deutschen Museum in München befindet.
Eine äußere Ansicht der Maschine gibt Abb. 2. In die
Praxis ist die Maschine nicht gekommen. Trotzdem ist das Solenoidprinzip von anderer
Seite wieder aufgenommen worden, und zwar in Nordamerika von dem Holländer van Depoele und von MarvinNäheres über die
Konstruktion dieser Maschine siehe Z. d. V. d. 1. Bd. 45, Nr. 42 vom 19. X.
1901, S. 1496 ff.. Eine Reihe von Jahren waren Maschinen dieser
Art auch in Europa am Markte, doch konnten sie sich wegen des angegebenen Nachteiles
auf die Dauer nicht halten.
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Abb. 2. Aeußere Ansicht der Solenoidbohrmaschine
Im Jahre 1891, und zwar auf der Elektrotechnischen Ausstellung in Frankfurt a. M. kam
die Firma Siemens & Halske mit einer nach einem ganz
anderen Prinzip gebauten Stoßbohrmaschine in die Oeffentlichkeit, bei der die
eigentliche Bohrmaschine mechanisch und nur ihr Antrieb elektrisch ausgeführt war.
Sie bestand aus einem Federhammer, der von einem Gleichstrommotor mittels Kurbel
angetrieben wurde, weshalb diese Art von Maschinen als Kurbelstoßbohrmaschinen
bezeichnet werden. Das Grundprinzip dieser Kurbelstoßbohrmaschine kann man sich etwa
auf folgende Weise klar machen. Man denke sich eine Spiralfeder, an deren
unterem Ende ein Gewicht hängt und deren oberes Ende man in der Hand hält. Bewegt
man die Hand langsam auf und ab, so folgt die Feder mit dem Gewicht dieser Bewegung
und die Hubhöhe des Gewichtes wird dieselbe sein, wie die der Hand. Beschleunigt man
die Bewegung, so schlägt das Gewicht elastisch durch und schwingt mit größerer
Amplitude. Vollführt man nun die Bewegung so, daß das Gewicht jedesmal auf einen
Gegenstand aufschlägt, so hat man den sogenannten Federhammer, von dem die
Kurbelstoßbohrmaschine eine besondere Ausführungsform ist.
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Abb. 3. Querschnitt der Kurbelstoßbohrmaschine
In der jetzt von den Siemens-Schuckertwerken ausgeführten
Form ist nun die Anordnung des Federhammerprinzips folgendermaßen getroffen (s. Abb. 3). Der sogenannte Stoßkolben 6, der mit dem in seinem vorderen Ende befestigten
Bohrmeißel die schlagende Masse bildet, besitzt einen Flansch 7, gegen den auf beiden Seiten je eine starke, den
Kolben umfassende Spiralfeder 5 anliegt. Die Federn
werden durch einen Rahmen 4, der sich als Schlitten im
Innern des Maschinengehäuses hin- und herbewegen kann, zusammengehalten, und zwar
sind beide Federn mit Spannung so eingesetzt, daß, wenn die eine Feder ganz
zusammengedrückt ist, wobei sich die andere Feder ausdehnt, letztere noch immer
gegen den Flansch 7 anliegt. Die vordere Stirnplatte
des Schlittens 4 besitzt eine Oeffnung, durch die der
Stoßkolben 6 ungehindert gehen kann. Die hin- und
hergehende Bewegung wird dem Stoßkolben durch einen auf dem hinteren Maschinenende
in einem Sattel leicht abnehmbar gelagerten Elektromotor erteilt. Von diesem wird
mittels eines Rädervorgeleges 1 und 2 eine doppelt gelagerte Kurbelwelle 3 angetrieben, die mittels Kurbelschleife den
obengenannten Schlitten 4 antreibt. Durch ein
Schwungrad 12 auf der Kurbelwelle wird verhütet, daß
die Stöße des Kolbens durch die Zahnräder auf den Motor übertragen werden. Der
Schwungkranz des Schwungrades ist im übrigen durch eine Reibkupplung mit der Nabe
verbunden, so daß er bei plötzlichen Hemmungen der Kurbelwelle gleiten kann, ohne
durch seine Schwungmasse Zerstörungen herbeizuführen. Der Umstand, daß hier zwei Federn statt
einer benutzt werden, ändert an dem Prinzip des Federhammers nichts, es wird auch
hier die Energie durch die Federn hindurch auf die schlagende Masse übertragen. Die
Federn werden daher als Arbeitsfedern bezeichnet; sie sind nicht etwa bloß als
Puffer aufzufassen.
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Abb. 4. Stoßbohrmaschine beim Tunnelbau
Es besitzt nun eine mit einer Feder verbundene Masse eine durch die Dimensionen der
Feder bedingte Eigenschwingung. Hält man das eine Ende der Feder fest und entfernt
die am anderen Ende befindliche Masse durch Ziehen oder Zusammendrücken der Feder
aus ihrer Gleichgewichtslage und läßt sie dann plötzlich in die Gleichgewichtslage
zurückkehren, so vollführt sie eine Anzahl von Schwingungen nach dem Gesetz des
mathematischen Pendels, und zwar ist die halbe Schwingungsdauer
t=\pi\,\sqrt{\frac{M}{C}}, worin M die schwingende Masse und C die
Federkonstante bedeutet, d.h. diejenige Belastung, welche der Feder eine Ausdehnung
oder Verkürzung um die Längeneinheit erteilt. Es müssen hiernach bestimmte
Beziehungen zwischen der Zahl der Stöße, die dem Stoßkolben durch den Motor erteilt
werden, der schwingenden Masse M und der Federkonstante
C bestehen, doch sind die Verhältnisse in
Wirklichkeit viel verwickelter, als es die einfache Pendelformel angibt, sowohl
wegen der Reibung als auch der Phasenverschiebung zwischen schwingender Masse
(Stoßkolben) und dem mit dem Motor zwangläufig verbundenen Schlitten (Abb. 3, Nr. 4). Die Verhältnisse bei der
Kurbelstoßbohrmaschine liegen auch nicht so wie bei einer Schaukel, die man durch
regelmäßiges Anstoßen der schwingenden Masse, sondern durch Hin- und Herbewegen des
Aufhängepunktes in Bewegung setzt.
Bei der jetzigen Ausführung der Kurbelstoßbohrmaschine der Siemens-Schuckertwerke macht der Stoßkolben etwa 450 Stöße in der Minute.
Die Spannkraft der Federn ist so groß, daß bei vollständiger Zusammendrückung der
einen der Stoßkolben mit einer Kraft von etwa 500 kg in die Gleichgewichtslage
zurückgezogen wird. Die starke Rückzugkraft ist ein besonderer Vorzug der
Kurbelstoßbohrmaschine, welcher ein Festklemmen des Bohrers im Bohrloch nur äußerst
selten zuläßt.
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Abb. 5. Stoßbohrmaschine im Steinbruch
Die Hubhöhe des die Arbeitsfedern umfassenden Schlittens beträgt 40 mm, diejenige des
Stoßkolbens beim Arbeiten etwa das Doppelte. Die Maschine arbeitet gleich gut nach
oben wie nach unten oder nach anderen Richtungen. Der Bohrer kann auch an einer
beliebigen Stelle seines Weges im Bohrloch stecken bleiben, ohne daß die Maschine
dadurch Schaden erleidet, oder der Antriebsmechanismus dadurch beeinflußt wird, der
Motor läuft vielmehr gleichmäßig ruhig weiter. Der Stromverbrauch wird sogar
geringer, wenn der Bohrer während des Ganges der Maschine festgehalten wird, der
Motor hat dann nur die schwingende Bewegung der Federn aufrecht zu erhalten. Die von
der Praxis verlangte Unabhängigkeit der arbeitenden und der antreibenden Teile
voneinander ist vollkommen erreicht. Das Drehen des Bohrers nach jedem Schlage
erfolgt in üblicher Weise unter Vermittlung eines auf dem Stoßkolben geschnittenen
Schraubenzuges, eines sogenannten Dralls, und einer zugehörigen einseitig gesperrten
Mutter, welche beim Rückwärtsgang des Stoßkolbens durch Sperrklinken
festgehalten wird und dadurch den Stoßkolben zwingt, in der Drallmutter eine kleine
Drehung zu machen.
Als Aufstellungsgerät für die Stoßbohrmaschine benutzt man bei unterirdischen
Betrieben im allgemeinen Spannsäulen von 125 mm äußeren Durchmesser (Abb. 4), in Tagebauen Freigestelle (Abb. 5), die auch fahrbar angeordnet sein können. Die
Maschine kann auch an einem Freigestell nach jeder beliebigen Richtung bohren, und
es ist auf das Arbeiten ohne Einfluß, ob der Motor oberhalb der Maschine, wie in
Abb. 4, oder unterhalb, wie in Abb. 5, liegt.
(Schluß folgt.)