Titel: | Neuerungen an Hydrokompressoren. |
Autor: | Heirich |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 100 |
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Neuerungen an Hydrokompressoren.
Von Dipl.-Ing. Heirich.
HEIRICH: Neuerungen an Hydrokompressoren.
Im Jahrgang 1910 S. 566 ff. veröffentlichte Oberingenieur Bernstein ein Referat, das er
auf dem V. Bergbaukongreß in Düsseldorf über hydraulische
Kompressoren erstattet hatte. In diesem Referat beschreibt Bernstein (S. 580 ff.) unter andern Anlagen auch den hydraulischen
Kompressor der Rheinisch Nassauischen Bergwerks- und
Hütten-A.-G. auf Grube „Holzappel“ bei Laurenburg a. d.
Lahn.
Die Abbildung zeigt die Konstruktion dieses Hydrokompressors. Dieser ist in dem
Mittelschacht, der heute nur noch als Förderschacht benutzt wird, an Stelle einer
früheren Wassersäulenmaschine eingebaut. Das Triebwasser wird aus mehreren, obertags
angelegten Teichen, die das Niederschlag- und Quellwasser der Umgebung von
„Holzappel“ sammeln, entnommen und durch eine 500 m lange, gußeiserne
Rohrleitung von 300 mm l. W. dem Hydrokompressor zugeführt. 117 m unter dieser
Zufuhrstelle führt ein 2000 m langer Stollen zur Lahn, der als Abflußkanal dient, so
daß ein Wassergefälle von 117 m nutzbar gemacht wird. Unterhalb dieser 117 m ist ein
System kommunizierender Röhren, bestehend aus dem Fallrohr von 131 m l. W., dem
Luftabscheider von 880 mm l. W. und dem Steigrohr von 140 mm l. W. eingebaut. Das
Steigrohr besaß eine Länge von 62 m, so daß im Luftabscheider ein Wasser- bzw.
Luftdruck von 62 m Wassersäule, also rund 6,2 at vorhanden war. Der Luftabscheider
ist mit einem im -Stollen verlegten Luftsammler von 350 mm l. W. und 95 m Länge
verbunden, und dieser an die Hauptdruckluftleitung angeschlossen, die von einem
obertags installierten mechanischen Kompressor von 300 PS gespeist wird.
Oberingenieur Bernstein hat im Jahre 1910
Nutzeffektmessungen an diesem Hydrokompressor ausgeführt. Die gelieferte Luftmenge
wurde durch Aufpumpen des oben erwähnten Luftsammlers, der zu diesem Zweck von der
Hauptdruckluftleitung abgetrennt war, aus der zeitlichen Spannungszunahme am
Kontrollmanometer berechnet. Für die Wassermessung wurde ein gemauertes Ausgußbassin
benutzt, das zwischen zwei angebrachten Marken geeicht war. Die Resultate dieser
Messungen sind in der nachstehenden Tabelle zusammengestellt.
Gefälle = 117 m, Luftpressung = 6,2 at,
Lis = 19,70 mkg/l Luft, Lad = 26,67 mkg/l Luft.
Wasser-mengel/Sek.
Wasser-leistungPS
Luft-mengel/Sek.
Kompressions-leistung
Gütegrad
isoth.
adiab.
isoth.
adiab.
18,0
28,4
7,2
18,9
25,6
0,66
0,90
30,5
47,6
10,8
28,5
38,5
0,60
0,81
32,2
50,2
11,2
29,5
40,0
0,59
0,80
35,7
55,6
11,4
29,9
40,4
0,54
0,73
Zu dieser Tabelle ist zu bemerken, daß die Nutzeffektberechnung nach der
adiabatischen Formel keinen Zweck hat, sie könnte sogar zu einer, der Tatsache nicht
entsprechenden zu günstigen Beurteilung des Hydrokompressors verleiten. Der
hydraulische Kompressor komprimiert die angesaugte Luft nicht adiabatisch, wie der
mechanische Kompressor, sondern isothermisch. Thermometermessungen beweisen dies.
Die Luft wird durch den Sauger strahlenförmig von dem einströmenden Triebwasser
angesaugt, mischt sich mit dem im Fallrohr abwärts fallenden Wasser in Blasenform,
wobei sie die Temperatur des Wassers annimmt und beibehält. Die Kompression der
unzählig vielen vom Wasser vollkommen umgebenen Luftblasen erfolgt also bei
vollkommener Kühlung. Daher ist das Kraftbedürfnis dieser vollkommen isothermischen
Kompression, d. i. der Kompression ohne Wärmeentwicklung wesentlich geringer, als
das der adiabatischen Kompression, d. i. der Kompression mit gleichzeitiger
Erwärmung der erzeugten Preßluft. Legt man also das nach der Adiabate berechnete
Kraftbedürfnis der Berechnung des Wirkungsgrades eines Hydrokompressors zu Grunde,
so rechnet man mit einem größeren Kraftbedürfnis als der Hydrokompressor tatsächlich
besitzt, der berechnete Nutzeffekt fällt also größer aus als er tatsächlich ist. Bei
den weiteren Erörterungen ist daher stets nur von dem isothermisch berechneten
Wirkungsgrad bzw. Nutzeffekt die Rede.
Oberingenieur Bernstein hat den Kompressor bei seinen
Messungen mit verschiedenen Wassermengen, also verschiedenen Leistungen bei
konstantem Gefälle arbeiten lassen. Inzwischen hat die Grubendirektion den Kompressor auf
einen ständigen Wasserzufluß von 25 l/Sek. eingestellt, da diese Wassermenge in den
Sammelteichen ständig durch das Niederschlag- und Quellwasser der Umgebung ersetzt
wird. Der Kompressor arbeitet also heute mit einer konstanten theoretischen
Wasserleistung von \frac{117\,\times\,25}{75}=39\mbox{ PS}. Nach
der obigen Tabelle des Oberingenieur Bernstein ist bei
dieser Leistung ein Wirkungsgrad von 0,63 anzunehmen, so daß die effektive Leistung
des Kompressors nach der Messung von Bernstein 39 × 0,63 = 24,6 PS betrug.
Textabbildung Bd. 329, S. 101
Im Monat Juni v. J. veranlaßte die Firma Franz Clouth eine
Besichtigung des Kompressors in Begleitung der Beamten der Rheinisch-Nassauischen Bergwerks- und Hütten-A.-G., Berginspektor Meier in Stolberg und
Grubendirektor Patzschke, Laurenburg, Hierbei zeigte
sich, daß der Kompressor sowohl in der Konstruktion der Luftansaugung als auch in
derjenigen der Luftabscheidung theoretische Fehler hatte, nach deren Beseitigung
eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit unbedingt zu erwarten stand. Die erforderlichen
Abänderungen an dem Luftsauger und Luftabscheider wurden nach Angaben des Verfassers
durch die Bergwerksdirektion Laurenburg ausgeführt, und dann der volumetrische Wirkungsgrad, d. i. das Verhältnis des vom
Kompressor tatsächlich angesaugten Luftvolumens zur
theoretischen, aus der Wasserleistung nach der Isotherme berechneten Luftmenge festgestellt.
Um die angesaugte Luftmenge mittels Anemometer messen zu können, wurde auf den
Saugkopf ein luftdichtschließender Blechtrichter aufgebaut, dessen oberer
zylindrischer Teil einen Durchmesser von 250 mm hatte. Die Triebwassermenge wurde,
wie oben beschrieben, durch Anfüllen des Ausgußbassins gemessen, und die Berechnung
ergab einen volumetrischen Wirkungsgrad von 0,90.
Zur Verbesserung der Luftabscheidung wurde unter den bereits vorhandenen
Luftabscheider ein zweiter eingebaut, das Steigrohr entsprechend verlängert, und die
Luftabnahme so eingestellt, daß der Kompressor ständig mit einer Spannung von 6,5 at
Ueberdruck arbeitet. Zu diesem Zweck ist hinter den Luftabscheider in die
Luftabnahmeleitung ein Drosselventil eingebaut, das so eingestellt ist, daß ein vor
diesem Ventil angeschlossenes Kontrollmanometer eine konstante Luftspannung von 6,5
at zeigt.
An das Drosselventil war zur Messung der ausströmenden Preßluft eine Ausblaseleitung
von 50 mm 1. W. angeschlossen, die an ihrem entgegengesetzten Ende trichterförmig
auf 75 mm 1. W., den Durchmesser des benutzten Anemometers, erweitert war, so daß
die nahezu auf Atmosphärendruck expandierte Preßluft durch das Anemometer ins Freie
ausströmte. Mehrere Messungen ergaben, daß das ausströmende Luftvolumen 90 v. H. der
am Saugkopf gemessenen einströmenden Luftmenge betrug, 10 v. H. also durch
Undichtigkeit verloren gingen.
Der Lieferungsgrad, also das Verhältnis der tatsächlich
gelieferten zur tatsächlich angesaugten Luftmenge betrug somit 0,90 und damit der mechanische Wirkungsgrad, das ist das Verhältnis der
tatsächlichen Nutzleistung zur theoretischen Wasserleistung, 0,90 × 0,90 = 0,81.
Zur Kontrolle der Anemometermessung wurde noch eine Meßkesselmessung gemacht, bei
welcher der obenerwähnte Luftsammler von 350 mm 1. W. und 95 m Länge als Meßkessel
diente. Diese Messung ergab gegenüber der Anemometermessung eine kleine Differenz
von 0,04 m3/Min., die belanglos ist und auf
Undichtigkeit des aus 32 Rohren zusammengesetzten Luftsammlers zurückgeführt werden
kann.
Oberingenieur Bernstein hat seinerzeit, wie bereits oben
gesagt, ebenfalls durch eine derartige Meßkesselmessung den mechanischen
Wirkungsgrad bestimmt, der aus seiner Tabelle bei der nunmehr konstanten
Triebwassermenge von 25 l/Sek. zu 0,63 anzunehmen ist – durch den Umbau des
Kompressor-Saugkopfes und Abscheiders ist also eine Verbesserung des Wirkungsgrades
um 0,81 – 0,62 = 19 v. H., und damit eine Steigerung der Leistung von 24,6 PS auf
31,6 PS, also um 7,0 PS = rund 30 v. H. erzielt worden.
Die tatsächliche, durch Einstellung des Wasserschiebers auf 25 l/Sek. konstant
erhaltene Leistung des Hydrokompressors auf Grube Holzappel beträgt also heute 31,6
PS eff. bzw. 81 v. H. der zur Verfügung stehenden Wasserkraft. Das Fallrohr ist aus
einzelnen Flanschenrohren um je 3,0 m Baulänge zusammengesetzt. Die Abscheidekessel
sind genietet, und ihre Rohranschlüsse mittels Flanschen verschraubt. Die Preßluft
hat Wassertemperatur, ist also kalt und bläst aus, wo nur die geringste Undichtigkeit vorhanden
ist. Bei heißer Luft oder Dampf werden diese kleinen Undichtigkeiten durch die
Wärmeausdehnung des Materials während des Betriebes beseitigt, bei kalter Preßluft
aber findet infolge der Kälteentwicklung der ausströmenden Preßluft das gerade
Gegenteil statt. Bei den vielen Flanschendichtungen des Laurenburger Kompressors ist es also ohne weiteres verständlich, daß das
gelieferte Luftvolumen kleiner ist als das angesaugte. Erfahrungen an späteren
Kompressoranlagen haben ergeben, daß man mit autogener Schweißung eine absolute
Dichtung auch bei Kaltluft erzielt, so daß das Lieferungsvolumen dem Ansaugevolumen
gleichkommt. Würde man daher an Stelle der Flanschenverbindungen des Laurenburger Kompressors die Rohranschlüsse usw.
schweißen, so wäre auch hier eine tatsächliche Nutzleistung von 90 v. H., also 39,0
× 0,9 = 35 PS zu erreichen.