Titel: | Moderne Ofenanlagen in Krematorien. |
Autor: | F. Georgius |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 113 |
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Moderne Ofenanlagen in Krematorien.
Von Dr. F. Georgius in
Berlin-Lichterfelde.
GEORGIUS: Moderne Ofenanlagen in Krematorien.
Nachdem in Preußen durch Gesetz vom Jahre 1911 die Schranken für die
Feuerbestattung beseitigt sind, und damit der letzte Bundesstaat des Deutschen
Reiches diese Art der Bestattung fakultativ zugelassen hat, ist die Aufmerksamkeit
in höherem Maße als bisher auf die Leicheneinäscherung gerichtet. In Laienkreisen
stößt man sehr häufig auf ganz abwegige Anschauungen über die Art und Weise, in der
die Verbrennung des menschlichen Körpers in Krematorien vor sich geht. Am meisten
begegnet man Zweifeln, ob es gelingt, die Leichenasche vollkommen sauber und
unvermischt mit anderen Ascheteilen aus dem Ofen hervorzuziehen. Bekanntlich ist
dies bei den modernen Oefen als Haupterfordernis ohne jede Schwierigkeit möglich, da
der Körper mit aschebildendem Brennstoff überhaupt nicht in Berührung kommt. Das
Verbrennungsverfahren geht bei einer Temperatur von etwa 1000° vor sich. Höhere
Wärmegrade wären leicht zu erreichen; sie haben sich jedoch nicht bewährt. Bei
höheren Temperaturen brennen nämlich, wie sich gezeigt hat, die Knochen nicht völlig
durch, sondern sintern an der Oberfläche zusammen und bleiben innen schwarz,
zerfallen daher nicht, wie es erforderlich ist und bei 1000 °C auch erreicht wird,
zu einer weißen Asche. Je nach der Atmosphäre, in der die Einäscherung vor sich
geht, unterscheidet man Oefen, die mit direkten Feuergasen, erzeugt durch
Verbrennung von Gas, meistens Generatorgas, arbeiten, ferner Oefen, die mit einem
Gemisch von Feuergasen und erhitzter Luft betrieben werden und schließlich solche,
die reine erhitzte Luft als Einäscherungsmittel benutzen. Die Erhitzung der Luft
erfolgt in den beiden letzten Fällen in Rekuperatoren und Regeneratoren, wie sie bei
metallurgischen Oefen üblich sind.
Diese Grundsätze liegen den verschiedenen üblichen Verbrennungssystemen zugrunde. In
deutschen Krematorien werden hauptsächlich zwei Systeme verwendet, das von Gebr. Beck in Offenbach ausgeführte Klingenstiernasche und das System von Schneider
in Stettin. Beide benutzen Rekuperatoren zur Lufterhitzung.
Die Einführung der Leiche in den Ofen erfolgt aus Gründen der Pietät in einem
Sarg, der gewöhnlich aus fournierartig dünnen Brettern oder aus dünnem Zinkblech
hergestellt ist. Zink schmilzt bei etwa 410°, geht also bei 1000° schon in Dampfform
über und verschwindet in Form von Zinkoxyd zur Esse hinaus. Ebenso werden die
leichten Ascheteile eines Holzsarges größtenteils durch den Zug im Ofen aus dem
Verbrennungsraum fortgetrieben, so daß sie eine Verunreinigung der Körperasche nicht
bewirken können. Wenn man unmittelbar nach Einführung des Sarges durch die in der
Ofentür befindliche Beobachtungsöffnung schaut, so ist der Zinksarg schon
verschwunden und die Leiche ist bereits mit einer Glühschicht überzogen. Der Körper
glüht dann allmählich aus und zerfällt. Nach etwa 1 bis 1½ Stunden ist dieser Prozeß
beendet und die in dem Aschenraum angesammelte Asche kann mit einem Gerät
hervorgeholt werden. Nachdem die Asche abgekühlt ist, wird sie in eine Büchse getan,
die alsdann verlötet wird, um in einer Zierurne beigesetzt zu werden. Die
Verbrennung eines Holzsarges aus dem erwähnten dünnen Material nimmt im Gegensatz zu
dem bei der Einführung augenblicklich verschwindenden Zinksarg etwas längere Zeit,
jedoch auch nur einige Minuten in Anspruch.
Die Ausdehnung der fakultativen Feuerbestattung auf Preußen hat, wie zu erwarten war,
zur Folge gehabt, daß der Wettbewerb in der Konstruktion neuer und zweckmäßiger
Verbrennungsöfen in erfreulicher Weise angeregt worden ist. In folgendem sollen
einige der neueren Ofeneinrichtungen, soweit sie größeres Interesse bieten,
besprochen werden, und zwar die Anlagen von Kergel und
Friedr. Siemens sowie der Ofen der Bunzlauer Werke
Lemgersdorff & Co. Ferner soll eine mechanische
Sargeinführungsvorrichtung von Kühnau beschrieben
werden.
Einen ununterbrochenen Betrieb des Ofens sucht Kergel
dadurch herbeizuführen, daß er den Verbrennungsraum während der Einäscherung auch
von außen beheizt,
die aus den Heizkammern abziehenden Verbrennungsgase durch den Rekuperator ziehen
läßt und diesen dauernd beheizt. Um den Einäscherungsraum a (Abb. 1
bis 3) befinden sich
die Heizkammern b und die Luftkammern c. Mit den letzteren stehen die Luftkanäle f des Rekuperators in Verbindung. Die Zuführung des
Heizgases erfolgt durch den Kanal g, von dem aus das
Gas nach den Kanälen h und h1 gelangt. Bei Beginn des Betriebes wird
zunächst durch den Kanal h Gas in den Einäscherungsraum
a geleitet, wo es mit Hilfe der durch den Kanal c hinzutretenden Luft zur Verbrennung gebracht wird und
den Raum a aufheizt. Die Abgase streichen durch den
Rost in den Aschefall d und verlassen diesen durch den
Kanal i und die Rekuperatorkanäle e. Nach genügender Erhitzung des Raumes a wird die Leiche eingeführt, der mittlere Kanal h wird abgesperrt und die Seitenkanäle h1 werden geöffnet, so
daß den Kammern b Gas zugeführt wird. Das Gas entzündet
sich dort durch die erhitzten Wände des Raumes a, die
hierdurch wiederum ständig auf ihrer hohen Temperatur gehalten werden. Gleichzeitig
wird durch die Gasverbrennung in den Kammern b die aus
dem Rekuperator kommende durch den Kanal c streichende
Luft weiter erhitzt, durch die die Einäscherung in dem Raume a vorgenommen wird. Die Abgase aus den Kammern b streichen durch die Kanäle e des
Rekuperators. Die Asche des Körpers wird in der an der tiefsten Stelle des
Ascheraumes d befindlichen Schale gesammelt.
Textabbildung Bd. 329, S. 114
Schnitt A-A; Schnitt B-B
Bei einem neuen Ofen der Bunzlauer Werke Lengersdorff &
Co. in Bunzlau ist die Luftführung derart, daß der eine Teil der in
dem Rekuperator erhitzten Luft zur Verbrennungsstelle des Generatorgases und der
andere Teil in den Einäscherungsraum selbst geführt wird (Abb. 4 bis 6). Der
Einäscherungsraum e hat den Abzug a in der Sohle und einen weiteren Abzug b im Aschenraum d. Durch
den Kanal a gelangen die Abgase in den Rekuperator f und durch den Kanal b in
den Rekuperator g, der zwischen den Zügen des ersten
Rekuperators liegt. Von dem Rekuperator g kann die Luft
durch Kanal b unter den Rost des Gaserzeugers h geleitet werden. Der Aschenraum des Generators ist
außerdem mit zwei Kanälen i verbunden, in die auch die
Luft aus dem Rekuperator f geleitet wird, und von denen
aus eine Verteilung der Luft erfolgen kann. Zu diesem Zweck sind die Kanäle i durch den Schieber 1
regelbar mit dem Gasverbrennungsraum oberhalb des Generators und durch die Schieber
2 mit dem Kanal k
verbunden, der die Luft in den hohlen Chamotterost führt, der den Sarg S trägt. Die Schieber 3
regeln die Verbindung der Kanäle i mit dem Aschenraum
des Generators. Wenn also bei Inbetriebsetzung des Ofens eine Aufheizung des
Einäscherungsraumes erfolgen soll, kommt es darauf an, Luft zur
Generatorgasverbrennungsstelle oberhalb des Schiebers l
in den Raum m zu führen.
Textabbildung Bd. 329, S. 114
Schnitt A-A
Der Schieber 1 wird daher
geöffnet, während der Schieber 3 geschlossen ist.
Schieber 2 wird ebenfalls ein wenig geöffnet, um Luft
zur Beschleunigung der Gasverbrennung durch die Rostbalken in den Einäscherungsraum
e zu leiten. Die Abgase ziehen aus diesem Raum
durch beide Oeffnungen a und b ab. Nach genügender Aufheizung der Ofenanlage, wenn es also einer
Erzeugung von Kohlenoxyd im Gaserzeuger nicht mehr bedarf, wird der Schieber 3 gezogen, so daß die Luft aus beiden Rekuperatoren
sich in den Kanälen i vereinigt. Durch Handhabung der
Schieber 1 und 2 kann man
je nach Bedarf erhitzte Luft durch die Oeffnungen c der
Hohlroste in den Raum e oder in den Verbrennungsraum
m führen. Wenn der Sarg eingeführt ist, arbeitet
man zweckmäßig zunächst mit einem Gemisch von Feuergasen und Heißluft, denn es
steigt auch nach Unterbrechung der Luftzufuhr zum Generator noch eine Zeitlang
Kohlenoxydgas aus dem Gaserzeuger auf. Alsbald wird der Gaserzeuger durch den
Schieber l völlig abgeschlossen, so daß die
Einäscherung lediglich durch Heißluft vor sich geht.
Ein neuer Ofen, der mit einem Regenerator und mit Zugumkehr arbeitet und daher für
ununterbrochenen Betrieb geeignet ist, rührt von Friedr.
Siemens in Berlin her. Die Einäscherung wird hierbei lediglich durch
erhitzte Luft bewirkt, und der aus dem Verbrennungsraum austretenden Luft mit den
Verbrennungsgasen der Leiche wird Frischgas beigemengt, um den Regenerator
aufzuheizen (Abb. 7
und 8). Zur Anwärmung
des Einäscherungsraumes und des einen Regenerators b
tritt die Luft durch die Wechselklappe c und den Kanal
d in den Regenerator e, durchstreicht diesen, tritt darauf durch den Kanal f in den Verbrennungsraum a. In dem Kanal f wird der Luft Gas durch
Kanal l beigemischt, der aus dem Gaserzeuger h durch Kanal i gespeist
wird. Die sich im Raum a bildenden Flammen treten durch
die Oeffnung m in den Kanal n ein. Die Abgase ziehen dann in den Regenerator b erhitzen diesen und entwelchen durch den Kanal d in den Fuchs p. Bei Umkehr des Zuges wird
die Luft in den Kanal d und den Regenerator b geleitet, erhitzt sich in diesem und erhält aus dem
Kanal q (nach Oeffnung des Schiebers o und Abschluß des Schiebers k) Gas beigemischt, so daß wiederum eine Flamme den Raum a durchstreicht. Die Abgase ziehen nunmehr durch den
Kanal f durch den Regenerator e ab. Auf diese Weise werden durch wiederholten Zugwechsel der
Einäscherungsraum und die Regeneratoren aufgeheizt. Die Verbrennung der Leiche geht
alsdann in der Weise vor sich, daß zunächst die Frischluft z.B. durch den
Regenerator e zugeführt wird. Der Schieber k bleibt geschlossen, so daß der Luft auf ihrem Wege
durch den Kanal f in den Einäscherungsraum a kein Gas zugeführt wird. Die Abluft aus dem Raum a mit den aus der Leiche entwickelten Gasen tritt durch
m aus und erhält durch Kanal q Gas beigemengt. Die entstehende Flamme durchstreicht
den Regenerator b und erhitzt ihn. Nach Abkühlung des
Regenerators e wird der Zug durch Umstellung der Gas-
und Luftventile gewechselt. Die Luft gelangt durch den Regenerator b auf dem Wege n in den
Raum a und trifft nach ihrem Austritt in den Kanal f mit dem Gas aus dem Kanal l zusammen. Die Flamme heizt nunmehr den Regenerator e auf.
Textabbildung Bd. 329, S. 115
Schnitt A-B
Bei der Einführung des Sarges in den Ofen ist zu beachten, daß sich dieser Vorgang in
möglichst kurzer Zeit abspielt, einmal, damit bei der verhältnismäßig großen
Einführöffnung nicht unnötig viel kalte Luft in den Einäscherungsraum und die Züge
dringt, und ferner, damit nicht der Sarg, wie es bei zu langsamer Einführung schon
vorgekommen ist, an seinem im Ofen befindlichen Ende bereits schmilzt oder brennt,
ehe er völlig eingeführt ist. Die Einführung erfolgt gewöhnlich derart, daß der Sarg
vor dem Ofen auf einen nur mit einer oder zwei Trägerschienen durch die Plattform
ragenden Wagen gestellt und durch diesen eingeschoben wird.
Durch Senken des Trägers wird der Sarg dann auf den Schamotterost des Ofens
abgesetzt, worauf der Wagen wieder herausgefahren wird. Man baut neuerdings
Vorrichtungen, bei denen alle zur Einführung nötigen Bewegungen, also das Heben und
Senken der Sargträger, die Fahrbewegung des Wagens, sowie das Oeffnen und Schließen
der Türen mechanisch der Reihe nach ausgeführt werden. Eine Konstruktion dieser Art
von Kühnau in Chemnitz ist in den Abb. 9 bis 11 dargestellt. Die
Fördermittel sind unterhalb der Ofenplattform untergebracht. Durch einen Schlitz in
der Flurplatte ragt ein Träger a des Wagens A hindurch, der den Sarg aufnimmt. Der Wagen hat einen
langen Ausleger b, der auf Stützrollen c gelagert ist. Das Laufgestell d, auf dem sich der Wagen mit Rollen e
bewegt, besteht aus einem Rahmen, der seitliche Führungen f besitzt, so daß er nur eine senkrechte Bewegung ausführen kann. In
diesem Rahmen sind zwei Kettenstränge g auf Rädern h und h1 gelagert, die. durch einen als Mitnehmer
für den Sargwagen dienenden Bolzen i verbunden sind.
Dieser Bolzen arbeitet mit den verschieden hohen Anschlägen k und k1 des
Wagens A zusammen. Die Antriebräder h haben eine gemeinsame Achse, während die Rollen h1 auf getrennten
Achsen sitzen, um
den Rahmen zwischen den Rollen für den Mitnehmer k des
Wagens frei zu halten.
Textabbildung Bd. 329, S. 116
Der Laufschienenwagen ruht auf vier Winkeln l, die durch die Zugstange m bewegt werden. Die Bewegung der ganzen Vorrichtung wird durch eine
Handwinde bewirkt, von der aus einmal die Bewegung der Ketten g mit Hilfe des Vorgeleges n und der Uebersetzung o p und weiter das
Heben und Senken des Laufschienenrahmens mittels der Winkelhebel vor sich geht. Von
dem Gestänge m der Winkelhebel führt eine Ketten- oder
Seilverbindung zu einem Querstück q, das sich auf eine
unrunde Scheibe der Handwinde stützt und mit einem Gewicht r versehen ist. Dieses Gewicht ist schwerer als der Rahmen mit dem
Sargwagen. Von dem Vorgelege n aus erfolgt auch die
Bewegung der Ofentüren. Von einer Scheibe dieser Welle führt ein Zugglied s über Leitrollen zu einem Querstück t, das unter das Gegengewicht u der Hauptofentür v faßt. Da das
Gegengewicht schwerer als die Tür ist, so wird durch Beeinflussung des Gewichts auch
die Ofentür gesteuert. In der Ruhelage wird das Gewicht u durch das Querstück t gestützt. Durch
Mitnehmerstifte w der Haupttür, die in schrägen
Führungen x der äußeren Ziertüren gleiten, werden auch
letztere selbsttätig bewegt.
Der Betrieb gestaltet sich hiernach in der Weise, daß der Sarg auf den Träger a gesetzt wird, der sich zunächst noch in seiner
niedrigsten Lage befindet. Bei Drehung der Winde wird darauf durch die Kurvenscheibe
y das Heben des Laufschienenrahmens d bewirkt, indem das Gegengewicht r sinken kann und die Hebel l den Rahmen anheben. Da der Mitnehmerbolzen i der Kette g während dieser Zeit noch nicht
bis zu dem Anschlag k des Wagens gekommen ist, so kann
eine Fahrbewegung des Wagens noch nicht eintreten. Gleichzeitig sind durch die
Uebersetzungen s von der Welle n aus durch Senken des Stützkörpers t die
Ofentüren geöffnet. Der Kettenbolzen i gelangt hiernach
vor den Mitnehmer k, so daß die Vorwärtsbewegung des
Wagens in der angehobenen Lage beginnt. Am Ende dieser Einführbewegung steigt der
Kettenbolzen i um die Rolle h1 aufwärts und muß nun, ehe er den
Wagen rückwärts bewegen kann, bis zum kleinen Anschlag k1 laufen. In dieser Ruhezeit des Wagens ist
die unrunde Scheibe y der Winde in eine Lage gekommen, in der sie
das an dem Eisen q hängende Gewicht r angehoben hat. Die Laufschiene d mit dem Wagen kann sich infolgedessen senken, der
Sarg wird dadurch, im Ofen abgesetzt, worauf die Ausfahrbewegung durch die
Kettenbolzen i und den Mitnehmer k1 des Wagens vor sich
geht. Gleichzeitig werden die Ofentüren dadurch geschlossen.