Titel: | Die Luftschrauben-Gleitboote beim Internationalen Motorbootmeeting von Monaco. |
Autor: | Paul Béjeuhr |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 135 |
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Die Luftschrauben-Gleitboote beim Internationalen
Motorbootmeeting von Monaco.
Von Paul Béjeuhr in
Berlin.
BEJEUHR: Die Luftschrauben-Gleitboote beim Internationalen
Motorbootmeeting von Monaco.
Der International Sporting-Club hat es von jeher verstanden, der von ihm eingeleiteten
Motorbootsveranstaltung in jedem Jahr einen gewissen Clou zu geben. Wenn nun auch in
diesem Jahr der noch nicht entschiedene Kampf zwischen den französischen und
englischen Konstrukteuren um den „Harmsworth-Pokal“ harte Entscheidungskämpfe
mit sich bringen wird, so dürfte doch das allgemeine Interesse der neuen
Internationalen Klasse sich zuwenden, die als ein Komposit von Flugmaschine und Boot
gedacht ist. Auch hier zeigt sich das hervorragende Organisationstalent des
genannten Clubs, der mit den ganz losen Bestimmungen den Konstrukteuren scheinbar
gänzlich freie Hand läßt und es schließlich doch versteht, aus lockeren Bedingungen
durch bestimmte Ergänzungen und Vorschriften das für die Praxis Brauchbare aus den
einzelnen Erzeugnissen herauszuholen.
Jedenfalls haben die Luftschrauben-Gleitboote durch diese Veranstaltung einen starken
und tatkräftigen Förderer erhalten, wird es doch jetzt ermöglicht, die einzelnen
Boote im Vergleich miteinander zu betrachten, um so eine Abschätzung über ihren Wert
vornehmen zu können. Die Anregung für diese neue Klasse gab den Franzosen das
Bestreben, die Wasserflugzeuge weiter zu entwickeln. Das fliegende Boot für die See gebrauchsfähig zu gestalten, soll jetzt eine der
höchsten Aufgaben des Monacomeetings sein.
Die neuen Luftschrauben-Gleitboote sollen Fahrzeuge sein, deren Schwimmkörper
entweder aus einem Rumpf oder aus einfachen Schwimmern besteht und die durch
Luftschrauben fortbewegt werden. Sie können mit Lufttragflächen versehen sein.
Die Schwimmkörper sind auf 15 m größte Länge und 10 m größte Breite begrenzt. Die an
diesen Booten zugelassenen Tragflächen dürfen nicht mehr als ein Quadratmeter für je
100 kg Leergewicht des Bootes in betriebsfertigem Zustande einschließlich seiner
Besatzung und Ballast, jedoch ohne Oel und Brennstoff, betragen. Die Luftschrauben
dieser Boote müssen entweder durch Schutzvorkehrungen oder durch die Anordnung der
Schraube am Bootskörper derart angebracht sein, daß bei dem schwimmenden Fahrzeug
kein an Bord befindlicher und auch kein seitlich des Fahrzeuges befindlicher Körper
durch die Schraube getroffen werden kann.
Die Versuche mit Gleitbooten, die durch Luftschrauben angetrieben werden, haben (Graf
de Lambert und Tellier) auf
der Seine ganz erhebliche Geschwindigkeiten ergeben, ohne daß größere Tragflächen
zur Anwendung gelangten. Allerdings muß in Monaco mit dem erheblichen Seegang
gerechnet werden. Besonders charakteristisch findet man auf allen Abbildungen das
Verschwinden der großen Bug- und Heckwellen bei dem mit voller Geschwindigkeit
fahrenden Booten. Während das noch in der Anfahrt befindliche Boot stets ganz
erhebliche Wellen hervorruft, dadurch natürlich außerordentlich viel Energie
verschwendet, zeigt das in voller Fahrt befindliche Boot von de Lambert überhaupt keine Wellen, mit Ausnahme des schmalen Streifens
direkt hinter dem Boot. Diese Bilder sprechen deutlich für die großen Vorzüge des
Luftschrauben-Gleitbootes. So hatte denn auch der letzte Pariser Salon eine Reihe
derartiger Luftschraubenboote ausgestellt, und zwar hatte Nieuport (Abb. 1) seinen Propeller direkt
auf die Welle eines 14-zylindrigen Gnome-Motors gesetzt
und beide auf einem starken Bock hinter den Sitzen angeordnet. Das Tellier sehe Gleitboot ist unsern Lesern bereits bekannt,
es ist ebenso wie das danebenstehende Borel sehe
Gleitboot mit einem wassergekühlten Vierzylindermotor ausgerüstet.
Textabbildung Bd. 329, S. 136
Abb. 1. Luftschrauben-Gleitboote auf der letzten Pariser Ausstellung. Rechts
Nieuport, in der Mitte Tellier, links Borel.
Auf Abb. 2 finden wir oben das große Gleitboot von
Blériot, das mit einem 120 PS-Laviator-Motor eine vierflügelige, langsamlaufende Luftschraube antreibt.
Blériot verwendet ebenso wie Borel achtern zwei Kurssteuer. Darunter steht Flyer II, das ebenfalls mit Kettenradübersetzung, wassergekühltem Motor,
aber zweiflügeligem Propeller ausgerüstet ist, während zu unterst die Compagnie Transaérienne Hydromobile ihren
vierzehnzylindrigen Gnome-Motor durch zwei nebeneinander liegende Ketten (aus
Sicherheitsgründen) auf den Propeller arbeiten läßt. Während Blériot sich mit einer Stufe begnügt, sind beim letztgenannten Boot und
bei Flyer II vier Stufen ausgebildet. Schon jetzt ist
also eine große Vielseitigkeit an Konstruktionen auf diesem Gebiet vorhanden, es ist
aber mit Sicherheit anzunehmen, daß noch eine Reihe weiterer Konstruktionen bis zum
Wettbewerb erprobt werden, so daß dieser sicher interessante Einblicke eröffnen
wird.
Die bisherigen Internationalen Kreuzerklassen haben in ihren Baubestimmungen
Gewichtsvorschriften, die für ein Boot von 6,50 bis 8 m zwischen 1065 bis 1314 kg
schwanken. Der Motor dieser Fahrzeuge entspricht in bezug auf Leistung etwa den
allgemein üblichen Flugzeugmotoren, sie würden mit Hilfstragflächen von 10 bis
13 m2 ausgestattet werden können, mit denen sie
(allerdings eine weit höhere Geschwindigkeit vorausgesetzt), eine erhebliche
Deplacementsverminderung während der Fahrt und entsprechend günstigeren
Reibungswiderstand erzielen könnten. Die Boote sind heute bei ihrer
Gewichtsvorschrift an der Grenze der erforderlichen Festigkeit im Seegang angelangt,
können demnach weitere Ersparnisse am Gewicht durch leichtere Bauart nicht
vertragen. Ihre Längenstabilität wird durch die Tragflächen zweifellos
verschlechtert, und im Seegang wird die Beanspruchung der Verbände beim
Hineinschlagen ins Wasser eine weit größere werden.
Textabbildung Bd. 329, S. 136
Abb. 2. Luftschrauben-Gleitboote auf der letzten Pariser Ausstellung. Von
links nach rechts: Co. Transaérienne, Hydromobile, Flyer II (Comte de Lambert,),
Blériot.
Eine weitere Sorge wird dem Konstrukteur der Einbau des Propellers machen. Beim
geringsten Seegang und seitlichem Winde wird wohl überall das Spritzwasser in
größeren Mengen die Propeller treffen, oft sogar in großen Gewichtsmengen. Ob die
Schrauben bei voller Drehzahl diesem Druck gewachsen sind, erscheint noch sehr
fraglich; es wird manche von ihnen zersplittern.
So dankenswert daher das bereitwillige Entgegenkommen der Veranstalter ist, auch den
Gleitbooten mit Luftschraubenantrieb ihre starke Förderung zuteil werden zu lassen,
so sehr ist zu bedenken, ob gerade Monaco und die sich anschließende Meeresküste der
geeignete Platz ist
zur Erprobung dieser Boote. Nach meiner Ansicht keineswegs. Ich sehe das
Hauptverwendungsgebiet der Gleitboote auf Binnenseen, Kanälen und Flußläufen und
hier wird das Gleitboot berufen sein, dank seiner erheblichen Geschwindigkeit in die
Reihe der Schnellverkehrsmittel einzutreten. Ich habe
aber große Bedenken, das Gleitboot dem schweren Wellengang einer Meeresküste
auszusetzen, da es m. E. nicht einmal in der Lage ist, auf die Dauer die kurzen
kabbeligen Wellen größerer Binnenseenflächen auszuhalten. Die Gleitboote durch alle
Bedingungen des Wettbewerbes in Monaco hindurchzubringen, wird erhebliche Ansprüche
an die Fähigkeiten seines Führers stellen, Ansprüche, denen Führer und Boot für den
späteren Betrieb durchaus nicht gewachsen zu sein brauchen.