Titel: | Verdrehungsversuche an Schiffswellen zur Bestimmung des Gleitmoduls. |
Autor: | Max Hofmann |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 261 |
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Verdrehungsversuche an Schiffswellen zur
Bestimmung des Gleitmoduls.
Von Dipl.-Ing. Max Hofmann,
Danzig-Langfuhr.
(Schluß von S. 244 d. Bd.)
HOFMANN: Verdrehungsversuche an Schiffswellen zur Bestimmung des
Gleitmoduls
Die Versuche.
Es lagen fünf Wellen aus Siemens-Martinstahl zur Vornahme von Verdrehungsmessungen
vor. Die Wellen sind an den Lagerstellen 1, 2 und 3 mit warm aufgezogenen Nickelstahlbüchsen versehen,
welche gegen Verdrehung nicht weiter gesichert sind (s. Abb. 10). Die Gesamtverdrehungslänge betrug für alle fünf Wellen L ≌ 11,29 m. Die den einzelnen Wellen entsprechenden
Trägheitsmomente T innerhalb des Meßbereichs ergeben
sich aus nachstehender Tabelle nach der Formel:
Textabbildung Bd. 329, S. 261
Abb. 10.
T=\frac{\pi}{32}\,(D^4-8,0^4)\mbox{ cm}^4 . . .
. 5)
Die Bohrung sämtlicher Wellen beträgt durchgehend 80 mm.
WelleNr.
Mittlerer Durchmesserim Meßbereichcm
Polares Trägheitsmoment*)im MeßbereichT in
cm4
I
14,80
4306
II
14,84
4360
III
14,82
4325
IV
14,85
4375
V
14,83
4340
*) T mit Rechenschieber ermittelt.
Die verwendeten Belastungsgewichte betragen: 211, 291, 409, 610, 507 bzw. 535
kg, das Gewicht des Gestänges beträgt 57 kg.
Welle I, Versuch am 22. September 1913. Meßlänge l = 1467 mm, mittlerer Wellendurchmesser an der
Meßstelle D= 148,0 mm, Bohrung der Welle an der
Meßstelle 80 mm.
Gleitmaß (nach Formel 4)
G=\frac{10\,.\,73,3\,.\,146,7\,.\,7,4\,.\,180,4\,.\,Q}{4306\,b}\,\sim\,333000\,.\,\frac{Q}{b}.
Versuchsreihe 1. Mit Rechenschieber berechnet.
BelastungQkg
Ablesungan Meßskalamm
AusschlagdesZeigers bmm
GleitmaßG ~ 333000
\frac{Q}{b}kg/cm2
Be-merkungen
– 610 82112301521205615211230 821 610–
8,532,540,656,367,888,868,057,041,032,8 8,5
–24,032,147,859,380,359,548,532,524,3–
–847000852000855
000854000852000853000846000842000839000–
Belastungaufwärtsundabwärts
Mittelwert G ~ 849000 kg cm2
Versuchsreihe 2. Mit Rechenschieber berechnet.
BelastungQkg
Ablesungan Meßskalamm
AusschlagdesZeigers bmm
GleitmaßG ~ 333000
\frac{Q}{b}kg/cm2
Be-merkungen
02113 021130
6,088,4 6,388,4 6,3
–82,4–82,1–
–852000–854000–
Belastungaufwärtsundabwärts
Mittelwert G ~ 853000 kg cm2
Hiernach kann für Welle I G ~ 85000 kg/cm2 angenommen werden.
Welle II, Versuch am 27. September 1913. Meßlänge l = 1468 mm, mittlerer Wellendurchmesser an der
Meßstelle D = 148,4 mm, Bohrung der Welle an der
Meßstelle 80 mm.
Gleitmaß (nach Formel 4)
G=\frac{10\,.\,73,3\,.\,146,8\,.\,7,42\,.\,180,4}{4360}\,.\,\frac{Q}{b}\,\sim\,330000\,.\,\frac{Q}{b}.
Textabbildung Bd. 329, S. 262
Abb. 11. Belastung Q in kg
Versuchsreihe 1. Mit Rechenschieber ermittelt.
BelastungQkg
Ablesungan Meßskalamm
AusschlagdesZeigers bmm
GleitmaßG ~ 333000
\frac{Q}{b}kg/cm2
Be-merkungen
0 610 82112301521202815211230 821 610 0
16,439,547,362,874,294,274,263,347,539,6–
–23,130,946,457,877,857,846,931,123,2–
872000876000874000868000863000868000865000870000867000–
Belastungaufwärtsundabwärts
Mittelwert G ~ 869000 kg cm2
Versuchsreihe 2. Mit Rechenschieber ermittelt.
BelastungQkg
Ablesungan Meßskalamm
AusschlagdesZeigers bmm
GleitmaßG ~ 333000
\frac{Q}{b}kg/cm2
Be-merkungen
02085 02085
14,593,314,593,3
–78,8–78,8
–873000–873000
Belastungaufwärtsundabwärts
Mittelwert G ~ 873000 kg cm2
Demnach ergibt sich für Welle II G ~ 870000
kg/cm2.
In Abb. 11 und 12
sind die Versuchsreihen I der Wellen I und II graphisch dargestellt, und zwar sind
die Zeigerausschläge b über den zugehörigen Belastungen
Q aufgetragen. Man sieht daraus, daß die Ausschläge
absolut gradlinig proportional den entsprechenden Belastungen sind.
Die Versuche mit den übrigen drei Wellen wurden in derselben Weise durchgeführt. Die
Ergebnisse für die fünf Wellen sind in nachstehender Tabelle enthalten.
Nr.der Welle
GleitmaßG in kg/cm2
I
850000
II
870000
III
870000
IV
870000
V
860000
Textabbildung Bd. 329, S. 262
Abb. 12. Belastung Q in kg
Genauigkeit der Messung.
Die Empfindlichkeit der Zeigervorrichtung konnte trotz der relativ rohen
Versuchsanordnung als ziemlich erheblich konstatiert werden. Bei 1000 kg Belastung
wurde durch Auflegen eines kleinen Gewichtes von 8 kg bereits das Einspielen des
Zeigers an der Meßskala bemerkt, während bei 2000 kg Belastung immer noch eine
Empfindlichkeit von ± 15 kg vorhanden war. Es kann demnach behauptet werden, daß die
vorliegenden Eichergebnisse auf weniger als 1 v. H. genau sind.
Einfluß der aufgezogenen Büchsen auf die
Gesamtverdrehung der Welle.
Mit den Zeigerausschlägen b wurden außerdem die
Gesamtverdrehungswinkel a durch Messung der
Hebelausschläge h verglichen (Abb. 3, S. 242). Zu
diesem Zweck wurde die Gesamtverdrehung, d.h. die Verdrehung auf die Länge L berechnet unter Zugrundelegung des Gleitmaßes,
welches die Versuche für den Meßbereich der Welle ergeben haben,
1. für den Fall, daß die aufgezogenen Nickelstahlbüchsen ganz
lose auf der Welle sitzen und
2. für den Fall, daß die Büchsen mit der Welle ein starres
Ganze bildenDiese Rechnung
ist leicht durchzuführen. Man addiert die Verdrehungen der einzelnen
Wellenstücke, wobei zu beachten ist, daß die einzelnen Verdrehungswinkel
im Verhältnis T : T' zu reduzieren sind.
T ist das polare Trägheitsmoment im
Meßbereich, T' dasjenige des betreffenden
Wellenstückes, für welches die Verdrehung berechnet werden
soll..
Dabei wurde festgestellt, daß der auf diese Weise errechnete Gesamtverdrehungswinkel
im Falle 1 größer war als der gemessene ∡ α- Pur den
Fall 2 wurde der berechnete Gesamtverdrehungswinkel natürlich kleiner gefunden als
der gemessene ∡ α. Man sieht hieraus also, daß die
aufgezogenen Büchsen sehr wohl Einfluß auf die Gesamtverdrehung der Welle haben. Wie
groß dieser Einfluß jedoch ist, das hängt ab vom Grade der Erwärmung, mit welchem
die Büchsen aufgeschrumpft sind.
Das hier besprochene mechanische Verfahren war bei den zur Verfügung stehenden
Hilfsmitteln wohl ziemlich die einzige Möglichkeit, zu praktisch brauchbaren
Ergebnissen zu gelangen. Würde man dünne Probestäbe des Wellenmaterials besessen
haben, so hätte durch Bestimmung von E das Gleitmaß G gefunden werden können aus der bekannten
Beziehung:
G=\frac{5}{13}\,.\,E,
oder man hätte G dynamisch auf
folgende Weise finden könnens. a. H. Lorenz, Lehrbuch der technischen Physik, IV. Band
„Technische Elastizitätslehre“. Verlag von R. Oldenbourg.
1913.. Aus Gleichung (4) ergibt sich für den
Gleichgewichtszustand das Torsionsmoment des Probestabes zu:
M=G\,.\,J\,.\,\frac{\varphi}{Z_0} . . . . .
(6)
Hierin bedeutet G den Gleitmodul des Probestabes φ den Verdrehungswinkel (im Bogenmaß), Z0 die freie Stablänge, J das polare Trägheitsmoment des kreisrunden Probestabes von überall
gleichem Durchmesser.
Denkt man sich nun den Stab an dem einen Ende eingespannt, während er am andern Ende
einen aufgekeilten Schwungring von der Masse m mit dem
polaren Massenträgheitsmoment Θ0 trägt, so wird bei Verdrehung des Ringes um d φ das Torsionsmoment diesem eine nach der Ruhelage zu
gerichtete Winkelbeschleunigung derart erteilen, daß unter Vernachlässigung der
Stabmasse
M=-\Theta_0\,.\,\frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2} . .
. . . (7)
wird. Setzt man den Wert von M
(Formel 6) in diese Gleichung ein, so ergibt sich:
\Theta_0\,.\,\frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}+\frac{J\,.\,G}{Z_0}\,.\,\varphi=0
oder mit der Vereinfachung
\frac{G\,.\,J}{\Theta_0\,.\,Z_0}={a^2}_0,
\frac{d^2\,\varphi}{d\,t^2}+{a^2}_0\,.\,\varphi=0.
Das allgemeine Integral dieser Schwingungsgleichung lautet bekanntlich:
φ = A cos
a0
t + B sin a0 . t;
hierin sind A und B Konstanten, welche sich aus den Anfangsbedingungen
des Schwingungsvorganges ergeben. Die Schwingungsdauer ergibt sich zu
t_0=\frac{2\,\pi}{a_0}=2\,\pi\,\sqrt{\frac{\Theta_0\,.\,Z_0}{G\,.\,J}}.
Hierbei ist natürlich vorausgesetzt, daß Θ0 gegen J sehr groß
ist.