Titel: | Polytechnische Rundschau. |
Autor: | W. D. |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 263 |
Download: | XML |
Polytechnische Rundschau.
Polytechnische Rundschau
Neuere Vorschläge über Gasturbinen. Nachdem der
bekannte Erfinder Holzwarth 1911 seine Versuche mit
Gasturbinen veröffentlicht hat, trat es erst deutlich zu Tage, welche große
Schwierigkeiten noch zu überwinden sind, um eine wirtschaftlich arbeitende
Gasturbine zu schaffen. Seitdem hat sich die Erfindertätigkeit auf diesem Gebiete
wesentlich eingeschränkt. Im Motorwagen 1913, S. 833 bis 837 hat nun Marinebaurat
Schulz einige weitere Vorschläge und Versuche auf
diesem Gebiete zusammengestellt. Die Patentliteratur ist dabei nicht genügend
berücksichtigt, genauere Hinweise auf die vorhandenen Schutzrechte mit Angabe der
betreffenden Patentnummern fehlen fast ganz.
Die neueren Versuche erstrecken sich hauptsächlich auf die Herstellung geeigneter
Kompressoren für die Verbrennungsluft. Turbokompressoren mit 48 bis 61 v. H.
Wirkungsgrad wurden bereits nach Angaben von Rateau bei
der Lemaleschen Gleichdruckturbine verwendet. In den
letzten Jahren haben sich die Firmen Jäger & Co., Escher Wyss, A. E. G.
u.a. mit dem Bau von Turbokompressoren befaßt, Enddrücke von 10 at abs. sind bereits
erreicht.
Um nun den Gegendruck in der Turbine zu verkleinern, hat man vorgeschlagen, die
austretenden Verbrennungsgase abzusaugen und abzukühlen. Die Vorwärmung der Ladeluft
erscheint dabei wenig zweckmäßig. Der Wirkungsgrad einer solchen Anlage, bestehend
aus Gasturbine, Luftkompressor, Gaskompressor, Abgassaugepumpe und Regenerator ist
nur 11 bis 20 v. H. (bei 450 bis 600° Verbrennungstemperatur in der Turbine). Die
Abbildung zeigt eine solche Anordnung.
Für kleinere Leistungen kämen dementsprechend Kapselgebläse, Freikolben-Kompressoren
und Injektoren in Frage. Besonders versucht man mit dem Freikolben-Kompressor in
neuerer Zeit bessere Ergebnisse zu erhalten. Bei einer Bauart von Brown, Boweri & Co.
ist sogar der Freikolben durch eine schwingende
Wassermasse, ähnlich der Humphrey-Pumpe, ersetzt worden.
Versuchsergebnisse mit dieser Anordnung liegen nicht vor.
Textabbildung Bd. 329, S. 264
Injektoren sind in ihrer Bauart einfach, arbeiten aber mit kleinen Wirkungsgraden.
Versuchsergebnisse liegen auch hier nicht vor. Eine Anordnung nach Armengand-Lemale enthält eine Verbrennungskammer, die
Gasturbine, einen Injektor, der Luft ansaugt und verdichtet und in die
Verdichtungskammer preßt. Vor Eintritt in die Kammer wird durch das Rohr der
Brennstoff der Luft beigemengt.
Als Material für Gehäuse und Verbrennungskammern der Gasturbinen kommt vor allem
Gußeisen in Frage. Die Festigkeit des Gußeisens wird von der Temperatur weniger
beeinflußt als die von Stahl, Stahlguß und Bronze. Die Expansionsdüse ist zweckmäßig
auch aus Gußeisen herzustellen, auch Porzellan wurde bereits vorgeschlagen.
Geeignetes Material für Turbinenräder und Turbinenschaufeln zu finden ist sehr
schwierig. Diese Konstruktionsteile müssen Temperaturen von 600° und darüber dauernd
ertragen können. Eine Metallegierung von 75 v. H. Kobalt und 25 v. H. Chrom soll
sich als Material für Turbinenschaufeln sehr gut eignen. Außerdem ist noch
festzustellen, welchen Einfluß heiße Gase auf Metalle haben. Auch hier zeigen sich
Kobaltlegierungen am widerstandsfähigsten gegen auf 420 bis 436° erhitzten
Schwefelwasserstoff und Dämpfen von schwefliger Säure.
Wimplinger.
–––––
Berechnung der Kanallängen von Zweitakt-Oelmaschinen mit
Schlitzsteuerung. Bei Viertaktmaschinen ist ein voller Hub zum Austreiben
der Abgase und ein voller Hub zum Füllen des Zylinders mit frischer Luft vorhanden.
Bei der Zweitaktmaschine muß der Austritt der Abgase und das Einströmen der Spül-
und Ladeluft in kürzester Zeit während des Hubwechsels vollendet sein. Am
Kurbelkreis gemessen entspricht dies etwa 100° gegen 2 × 180° bei der
Viertaktmaschine.
In der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure 1913, S. 1939 bis 1943 hat Dr.
O. Föppl die Strömungsverhältnisse in den Spül- und
Auspuffschlitzen untersucht, mit Hilfe von Aehnlichkeitsbetrachtungen. Es wird dabei
angenommen, daß die Maschinen derselben Bauart Temperatur, Druck und spez. Gewicht
der Abgase beim Eröffnen der Auspuffschlitze gleich und nicht abhängig sind von
der Umlaufzahl und den Zylinderabmessungen. Die für den Vorauspuff erforderlichen
„Zeitquerschnitte“ ∫d F d t sind dann
angenähert proportional dem Zylinderinhalt, folglich ist
\int\,F_1\,d\,t\,:\,\int\,F_2\,d\,t=V_1\,:\,V_2=\frac{{D_1}^2\,.\,s_1}{{D_2}^2\,s_2}
. . . . . (1)
wobei s1 und s2 die
Hübe, V1 und V2 die Hubräume und D1 und D2 die
Zylinderdurchmesser der beiden Maschinen sind. Dieselben Betrachtungen gelten
natürlich auch für den Ladevorgang.
Für den Zeitquerschnitt erhält man aber auch nach der Abbildung für die
Ladeschlitze
∫F d t = D π m ∫sx
d a (m2 × Grade)
\begin{array}{rcl}\int\,F\,d\,t&=&D\,\pi\,m\,\int\,s_{\mbox{x}}\,d\,\alpha\,(\mbox{m}^2\,\times\,\mbox{Grade})\\&=&D\,\pi\,m\,\frac{60}{300\,n}\,\int_{\mbox{c}}^{\mbox{d}}\,s_{\mbox{x}}\,d\,\alpha\,(\mbox{m}^2\,\times\,\mbox{Sek.})\end{array}
. . . (2)
für den Vorauspuff:
\int\,F\,d\,t=D\,\pi\,m\,\frac{60}{300\,n}\,\int_{\mbox{a}}^{\mbox{b}}\,s_{\mbox{x}}\,d\,\alpha\,(\mbox{m}^2\,\times\,\mbox{Sek.})
. . . (3)
demnach mit Berücksichtigung von Gleichung (1):
D12 s1 : D22 s2 = ∫F1
d t : ∫F2 d t
=\frac{D_1\,m_1}{n_1}\,\int\,s_{1\,\mbox{x}}\,d\,\alpha\,:\,\frac{D_2\,m_2}{n_2}\,\int\,s_{2\,\mbox{x}}\,d\,\alpha
. . . (4)
Dabei ist sx = freie Entfernung der steuernden Kolbenkanten von
der steuernden Schlitzkante, m = Verhältnis der Summe
der Kanalbreiten zum Zylinderumfang.
Textabbildung Bd. 329, S. 264
Die Länge der Schlitze in Hubprozenten sei
\sigma_{\mbox{x}}=100\,\frac{s_{\mbox{x}}}{s}.
Für m1 = m2 wird:
∫σ1x
d a : ∫σ2x
d a = D1n1 : D2n2 . . . . (5)
Der Teil des Kolbenhubes, den man für den Einlaß- und
Auspuffvorgang opfern muß, wächst also bei gleichen Einlaß- und Auspuffvorgängen mit
dem Zylinderdurchmesser und der Umlaufzahl der Maschinen.
Der Ausdruck \frac{\int\,\sigma\,x\,d\,\alpha}{D\,n} ist demnach
eine unveränderliche Größe, die für den Einlaß mit CE und für den Auslaß mit CA bezeichnet sei. Versuche haben für CE = 7,1, für CA = 1,38 ergeben. Für
den Einlaß wird also
\int_{\mbox{b}}^{\mbox{c}}\,\sigma_{\mbox{E}}\,d\,\alpha=7,1\,D\,n,
und für den Voraustritt
\int_{\mbox{a}}^{\mbox{b}}\,\sigma_{\mbox{A}}\,d\,\alpha=1,38\,D\,n.
Die Sinusfunktion der Kolbenweglinie wird zur leichteren Ermittlung der Schlitzgrößen
für das in Betracht kommende Gebiet durch eine Exponentialfunktion ersetzt. Für m = 0,55 wird ohne Berücksichtigung der endlichen
Schubstangenlänge
\int_{\mbox{c}}^{\mbox{d}}\,s_{\mbox{x}}\,d\,\alpha=15,5\,{\sigma_{\mbox{E}}}^{3/2}
(Grade × Hubteile)
dann wird die Länge der Spülschlitze in Hubprozenten
gleich
σE =
0,59 (D n)2/3
Mit den Werten für CA
und CE findet sich,
ebenfalls ohne Berücksichtigung der endlichen Schubstangenlänge, die Gesamtlänge der
Auspuffschlitze in Hubprozenten zu
σA =
2,14 σE = 1,26 (D n)2/3,
wobei D in m und n in Umdr./Min.
einzusetzen ist.
Wolff.
–––––
Autogene Schweißung im Großbetriebe. Eine von der Maschinenfabrik Augsburg-Nürnberg in ihrem Augsburger
Werk neu errichtete große Anlage zur Schweißung mittels der
Azetylen-Sauerstoffflamme beschreibt J. Knappich. Das
Gebäude besteht aus dem Gaserzeugerraum und einem durch eine feuersichere Wand von
diesem getrennten Lagerraum für 10000 t Karbid. Zur Erzeugung des Azetylens dienen
zwei Entwickler, die je 50 kg Karbid fassen und unmittelbar in den Raum für das
Entwicklerwasser eingebaut sind. Bei solch großen Anlagen ist neben der
Wasserversorgung die Reinigung, d.h. die Entschlammung der Entwickler, von höchster
Bedeutung, da hierbei möglichst wenig Luft eindringen darf. Dies erreicht man am
besten durch das sogenannte Tiefbausystem. Das Gas gelangt aus den Entwicklern in
einen Wäscher, der zugleich als Wasserabschluß dient, und dann zu dem 30 m3 fassenden Gasbehälter. Aus dem Behälter strömt
das Azetylen bei Gasentnahme durch zwei Reiniger, den Stationsgasmesser und eine
Zentralsicherheitsvorlage nach Knappich. Durch diese
Anordnung der Apparate wird erreicht, daß die wasserlöslichen Verunreinigungen
(Ammoniak, Schwefelwasserstoff) auf dem Wege zum Behälter dem Gase entzogen werden,
während die andern Verunreinigungen, wie Phosphor- und Siliziumwasserstoff, erst auf
dem Wege zur Verbrauchstelle, wobei das Gas langsamer strömt, in den chemischen
Reinigern entfernt werden. Auf diese Weise gelangt das Gas in technisch reinem
Zustande zur Verbrauchstelle, was für die Erzielung guter Schweißnähte von
Wichtigkeit ist. Die als Tiefbauentwickler ausgebildeten Gaserzeuger bestehen aus
zwei gleichachsig ineinander geschobenen Behältern von verschiedener Größe von denen
der innere zugleich als Karbidbehälter dient. Sie sind in eine Betongrube eingebaut,
die, soweit sie in den Apparateraum mündet, durch Riffelblech mit Dichtung gasdicht
abgeschlossen ist. Der Kalkschlamm wird außerhalb des Gebäudes mit einer
durchlöcherten Krücke oder mit Hilfe einer Luftpumpe abgezogen. Dadurch, daß
der Entwickler stets von einer großen Wassermenge umgeben ist und das Karbid in
einen großen Wasserüberschuß gelangt, ist eine wirtschaftliche Vergasung des Karbids
gewährleistet, und es wird immer ein kühles, von Polymerisationsprodukten freies Gas
erhalten.
Die Füllung von 50 kg eines jeden Entwicklers wird stets dem Wasser auf einmal
zugeführt; die Ausgasung dieser Karbidmenge dauert höchstens 30 Minuten. Im Notfalle
könnten beide Entwickler somit 200 kg Karbid stündlich verarbeiten, woraus 60 m3 Azetylen stündlich gewonnen werden könnten. Der
Wäscher besteht aus einem Wasserbehälter, dessen obere Oeffnung durch eine in das
Waschwasser eintauchende Glocke abgeschlossen ist. Die Reiniger haben einen
Nutzinhalt von je 250 l Reinigungsmasse (Chromsäurepräparat), die auf einer
Siebhorde ausgebreitet ist. Um einen etwa zu niedrigen Stand des Wasserabschlusses
anzuzeigen, sind die Reiniger mit selbsttätigen Signalpfeifen versehen. Die
Gasdrucke in den verschiedenen Apparaten werden wie üblich durch Wassermanometer
kontrolliert. Außer den vor den einzelnen Schweißstellen vorhandenen Wasservorlagen
besitzt die Anlage noch eine Knappichsche
Zentralwasservorlage mit selbsttätiger Signalpfeifeneinrichtung; dieses Alarmsignal
wird durch die lebendige Kraft des Sauerstoffs betätigt und zeigt
Unterlassungsfehler des Schweißers oder Wärters sofort an, damit kein Unfall
eintritt. Diese Vorlage absorbiert etwa 60 bis 80 mm Druck, weshalb der
Behälterdruck mit 220 mm WS. angenommen wurde. Zur Bedienung der ganzen Anlage ist
trotz der großen Tagesleistung von 300 bis 600 m3
Azetylen nur ein Mann erforderlich. Die abfallenden Kalkrückstände (auf 10 t Karbid
rund 25 m3 stichfester Kalk) werden im Werke zu
Bauzwecken verwendet. Die Anlage speist zurzeit 50 Schweißstellen der
verschiedensten Größe. [Zeitschr. d. V. d. I. 1913, S. 1748 bis 1751.]
Dr. Sander.
–––––
Der größte Seitenraddampfer der Welt. Die Detroit Shipbuilding Company, Detroit, Michigan hat diesen
Seitenraddampfer „See and Bee“ für den Verkehr auf den großen Seen
Nordamerikas für die Cleveland and Buffalo Transit Co.,
Cleveland, gebaut. Die Abmessungen des Schiffes entsprechen denen eines großen
Ozeandampfers (Länge 152,5 m, Breite über Radkasten 29,5 m, Geschwindigkeit 36 km).
Das Schiff ist ganz aus Stahl gebaut und besitzt einen 900 mm hohen Doppelboden. Es
sind elf wasserdichte Querschotten vorhanden.
Im Gegensatz zu andern Schiffen dieses Typs ist hier zur Verhütung von Feuersgefahr
im weitestgehendem Maße Stahl zur Verwendung gekommen. Zwischen Holz und Eisen ist
eine dicke Asbestpapierschicht angebracht. Zwei Trimmtanks von je 53 t sind auf
beiden Seiten eingebaut; diese Tanks können sehr schnell gefüllt oder geleert
werden, wodurch das Schiff imrher auf geradem Kiel gehalten werden kann.
Zum leichteren Manöverieren im Hafen und auf Flüssen besitzt das Schiff ein Bugruder mit eigener
Rudermaschine. Das hintere Ruder besitzt ebenfalls eine eigene Rudermaschine. Für
den Fall des Versagens des Achterruders ist eine Reserverudermaschine vorhanden. Das
Schiff ist sehr gut mit Rettungsbooten versehen, die 550 Personen aufnehmen können.
Weiterhin sind noch die von der Behörde vorgeschriebenen Rettungsflöße und
Rettungsringe vorhanden.
Das Schiff wird mit gereinigter Luft ventiliert. Ungefähr 60 PS werden allein zur
Ventilation des Schiffes verwandt. Die Maschinenanlage hat 12000 PSi. Die Gesamtrostfläche der Kessel beträgt 55 m2, die Gesamtheizfläche 2600 m2. Die Hauptmaschine ist eine Verbundmaschine mit
einem Hochdruck- und zwei Niederdruckzylindern, mit 1,75 bzw. 2,50 m ⌀. Das Gewicht
des Hochdruckzylinders beträgt 26, das eines Niederdruckzylinders 33 t. Die beiden
Schaufelräder haben 10 m ⌀. Jedes Rad hat elf Schaufeln, die 4,5 m lang und 1,5 m
breit sind. Jedes der fertig montierten Räder wiegt etwa 100 t.
An Bord sind über 500 Telephonapparate verteilt. Eine Anlage für drahtlose
Telegraphie ist ebenfalls vorhanden. [Schiffbau 1914, S. 308 bis 315.]
Wimplinger.
–––––
Motorschiff Sebastian Das Tankschiff von 94,5 m Länge,
13,7 m Breite, Tiefgang 8 m und 4500 t Ladefähigkeit ist für den Dienst zwischen
Spanien und Amerika bestimmt. Es sind zwei einfachwirkende Zweitakt-Dieselmaschinen
der A. B. Diesels Motorer, Stockholm, mit je sechs
Zylindern von 405 mm ⌀ und 572 mm Hub eingebaut, die dem Schiff eine Geschwindigkeit
von 11 bis 14 kn erteilen sollen. Um ein gleichmäßiges Arbeiten der Maschine zu
erhalten, ist ein 6 t schweres Schwungrad vorhanden. Die berechnete Leistung einer
Maschine bei 165 Umdrehungen minutl. ist 800 PS. Das Schiff ist von der Caledon Shipbuilding Co. in Dundee auf Rechnung der Firma
Lane & Macandrew gebaut.
Wie bei Tankschiffen üblich befindet sich der Maschinenraum am hinteren Schiffsende.
Anfangs März fanden mit dem Schiff Probefahrten auf der Themse statt. Die direkt
umsteuerbaren Maschinen der Polar Engines Type liefen
dabei mit 120 Umdrehungen minutl., die Drehzahl kann beim Manöverieren bis auf 40
sinken, ohne daß die Zündung versagt. Jeder Arbeitszylinder besitzt seine eigene
Spülluftpumpe, ihr einfachwirkender Kolben ist mit dem Arbeitskolben nach Art der
Stufenkolben verbunden. Nur die untere Seite des Spülluftkolbens fördert Spülluft.
Die gemeinschaftliche Kolbenstange ist mittels Stopfbüchse durch den
Spülluftpumpenraum geführt. Um die Maschinenhöhe klein zu halten, ist für das
Schubstangenverhältnis ⅓ gewählt worden. Die Arbeitskolben werden mit reinem Wasser
gekühlt, Arbeitszylinder und Zylinderdeckel mit Seewasser, ebenso die
Auspuffbehälter, um den Maschinenraum möglichst kühl zu halten. Die Zylinderdeckel,
die bei Dieselmaschinen sonst ein sehr schwieriges Gußstück darstellen, sind hier
sehr einfach, sie enthalten nur je ein Brennstoff- und ein Sicherheitsventil.
Der Aufbau einer solchen Sechszylindermaschine ist sehr übersichtlich, je zwei
Arbeitszylinder besitzen einen gemeinschaftlichen Maschinenständer, die unter sich
zusammengeschraubt sind.
Die Regulierung und Umsteuerung der Maschine geschieht mittels einer achsial
verschiebbaren Steuerwelle, die Steuernocken für volle und halbe Geschwindigkeit für
Vorwärts- und Rückwärtsfahrt trägt. Die Kurbelwelle besteht aus drei gleichen
geschmiedeten Teilen, die mit Flanschen verschraubt sind. Sie ist hohl gebohrt und
besitzt Wasserkühlung. Die Arbeitszylinder sind mit dem Wassermantel aus einem Stück
gegossen. Um ungleiche Wärmeausdehnung zu verhindern ist der Wassermantel in
bekannter Weise durchschnitten.
Die Maschine arbeitet sehr ruhig, Erschütterungen sind im Schiffe kaum wahrzunehmen.
Die Spülpumpen dienen auch zum Anlassen der Maschine, der Anlaßdruck beträgt etwa 5
at. Jede Maschine besitzt vier zweistufige Kompressoren, die vom Kreuzkopf der
Arbeitszylinder mittels Schwinge angetrieben werden.
Die Hilfsmaschinen werden, wie zurzeit üblich, sämtlich mit Dampf betrieben. Nur für
den Hilfskompressor ist eine Dieselmaschine vorgesehen. Der Dampfkessel wird mit Oel
geheizt. Die Abgase der Hauptmaschine werden in den Schornstein des Dampfkessels
geleitet.
Wimplinger.
–––––
DieOberflächenhärtung von Stahl und Eisen hat in den letzten
Jahren eine große Verbreitung gefunden. Im allgemeinen wird die Einsatzhärtung
angewandt, welche sich gut für kleine Massenartikel eignet, bei denen ein Verziehen
nach dem Härten von geringem Einfluß ist. Auch für große Gegenstände mit großer
Härtungsfläche wird dieses Verfahren mit Erfolg benutzt. Jedoch haben sich
Schwierigkeiten bei verhältnismäßig weichem Stahl eingestellt und auch dort, wo nur
kleine Flächen großer Stücke zu härten waren. Diese verziehen sich leicht und sind
nur schwer durch nachfolgendes Schleifen auszubessern. Bei der Einsatzhärtung
entstehen auch leicht auf der Oberfläche Risse, da sich die äußere Haut schneller
zusammenzieht als die inneren Teile nachgeben.
Diese Schwierigkeiten werden durch eine neue Art der Oberflächenhärtung vermieden,
welche von Vickers auf den River Don Werken in Sheffield
ausgeführt wird und sehr einfach ist. Die Ausrüstung besteht in der Hauptsache aus
einem Sauerstoff-Azetylenapparat, wie er auch zum autogenen Schweißen benutzt wird,
und aus vier verschieden großen Brennern, die für alle Härtungszwecke ausreichen.
Die zu härtenden Gegenstände taucht man in einen Wasserbehälter mit fließendem
Kühlwasser und einstellbarem Wasserstand. Die nicht zu härtenden Teile werden auf
diese Art so kalt wie möglich gehalten. Sehr große Gegenstände werden durch
überrieselndes Wasser gekühlt. Die zu härtende Oberfläche, welche aus dem Wasser
hervorragt, wird durch den Brenner erwärmt und dann durch Wasser gelöscht. Infolge
der großen Hitze der Flamme geht die Erwärmung sehr schnell vor sich, und je
schneller das Ablöschen erfolgt, um so härter wird die Oberfläche. Die normale
Härtungstiefe beträgt 1,5 bis 5 mm. Zur Erzielung einer sehr dünnen, aber sehr
harten Härteschicht hält man den Gegenstand so, daß die Härtungsstelle sich gerade
unter der Wasseroberfläche befindet und die Flamme die oberste Wasserhaut wegbläst.
Bei großen Härtungstiefen muß die Erhitzungsdauer erhöht werden. Da bei
feststehender Flamme leicht ein Verbrennen des Materials eintritt, muß dann der
Brenner hin- und herbewegt werden. Der Härtegrad kann durch mehr oder weniger hohe
Erhitzung und durch schnellere oder langsamere Ablöschung in weiten Grenzen
verändert werden.
Die Flamme des Brenners muß so heiß wie möglich sein und sehr gleichmäßig brennen, da
sonst eine ungleichmäßige Härtung erzielt wird. Man stellt den Brenner zu dem Zweck
erst als Schweißbrenner ein und erhöht dann den Sauerstoffdruck, so daß aus dem
weißen Konus eine bläulich gestreifte Zunge wird. Die besten Erfolge erzielt man,
wenn man mit der Flamme gleichsam wie mit einem Pinsel über die zu härtende
Oberfläche hinwegstreicht.
Die Kosten dieser Oberflächenhärtung betragen für 3 cm2 Fläche ungefähr 1 Pf. Im Vergleich mit der Einsatzhärtung stellt sich
letztere für eine große Anzahl kleiner Massenartikel billiger. Bei größeren
Gegenständen mit kleiner Härtungsfläche ist jedoch die neue Methode bedeutend
billiger und schneller auszuführen. Bei eiligen Arbeiten, z.B. Reparaturen, und bei
einzelnen Stücken ist diese daher zu empfehlen.
Von besonderer Bedeutung ist es ferner, daß wider Erwarten die gehärtete Oberfläche
fest mit den nicht gehärteten Stellen verbunden ist und keine Neigung hat, von
diesen abzuspringen, wie durch verschiedene Versuche festgestellt ist.
Nach der neuen Methode gehärtete Zähne haben eine größere Widerstandsfähigkeit gegen
Stöße, da die Zahnwurzel weich bleibt.
Auch Gußeisen kann auf diese Art mit einer glasharten Oberfläche überzogen werden.
[Engineering, 13. Februar 1914.]
Dr.-Ing. Steuer.
–––––
Zur graphischen Berechnung der kritischen Drehzahl
raschlaufender Wellen. Mit der wachsenden Bedeutung der schnellaufenden
Turbomaschinen treten auch die Sonderaufgaben dieses Zweiges in den Vordergrund. Zu
ihnen gehört die Feststellung der kritischen Drehzahl einer Welle, wofür Dr.-Ing.
Blaeß, Darmstadt ein neues Verfahren angibt. Es ist
eine bekannte Erscheinung, daß eine Welle, auf welcher ein Laufrad nicht völlig
zentrisch befestigt ist, bei wachsender Drehzahl eine allmähliche Zunahme der
Schwingungen zeigt. Diese erreichen infolge der Resonanzwirkung einen Höchstwert,
wenn die Drehzeit gleich der natürlichen Schwingungsperiode der Welle ist. Die
hierbei auftretende sogenannte kritische Drehzahl muß berechnet und vermieden
werden, da sonst Zerstörung des Maschinenteils eintreten kann. Nach ihrer
Ueberschreitung läuft die Welle mit weiterhin wachsender Umlaufzahl immer
ruhiger. Graphisch stellt sich der Vorgang folgendermaßen dar. Ist in Abb. 1
L die geometrische Achse der Lager, S der Schwerpunkt der rotierenden Masse und A der Wellendurchstoßpunkt, und bedeutet ferner α die rückwirkende Kraft der Welle bei 1 cm
Durchbiegung, so muß letztere bei Gleichgewicht gleich der Fliehkraft sein, d.h. α (r – e) = m ω2 r. Trägt man in
Abb. 2 die Fliehkraft C für verschiedene Geschwindigkeiten ω und
die rückwirkende Kraft R als Funktion der Auslenkung
r des Schwerpunktes auf, so kann man den Ausschlag
für den Gleichgewichtsfall feststellen. Der Ausschlag wird unendlich groß, wenn ω so gewählt wird, daß
\frac{d\,C}{d\,r}=\frac{d\,R}{d\,r} ist. In diesem Falle ist
mω2 = α, und es findet sich für die kritische Umlaufzahl der
Ausdruck \omega_{\mbox{k}}\,\sqrt{\frac{\alpha}{m}}. Nach ihrer
Ueberschreitung schneiden sich C und R links von der Ordinatenachse. Die Welle wird in
Richtung des Pfeiles der Abb. 1 durchgeknickt, und
es gilt α (r' + e1) = mω2r, da A und S nach A' und S' gelangen. Man
könnte nun annehmen, daß jenseits der kritischen Drehzahl labiles Gleichgewicht
besteht, da hier bei Vergrößerung von r die
Fliehkraft gegenüber R überwiegt. Dies trifft aber
nicht zu, da aus der zeichnerischen Darstellung die Wirkung der Kraft von Coriolis nicht erkennbar ist. Die Darstellung wäre noch
dahin zu ergänzen, daß man den Fall e = 0
berücksichtigte. Bei dieser Voraussetzung fallen, wenn
\omega=\omega_{\mbox{k}}=\sqrt{\frac{\alpha}{m}} ist, die
Kraftfaktoren C und R
zusammen. Hierauf beruht die bisher übliche Methode zur Ermittlung der kritischen
Drehzahl. Nimmt man für eine Welle eine Durchbiegung r
und eine Umlaufzahl ω an, so kann man die Fliehkraft
als Funktion von r aufzeichnen, wie Abb. 3 zeigt.
Textabbildung Bd. 329, S. 267
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 329, S. 267
Abb. 2.
Textabbildung Bd. 329, S. 267
Abb. 3.
Belastet man nun die Welle mit der Fliehkraft, so möge sich
die Durchbiegung ρ ergeben, und man kann die Linie R, welche durch ρ und m ω20
r gegeben ist, ziehen. Zur Feststellung der kritischen
Drehzahl, bei welcher C und R zusammenfallen, schließt man aus der Abbildung mω2kρ = m ω20r bzw.
\omega_{\mbox{k}}=\omega_0\,\sqrt{\frac{r}{\varrho}}. Hieraus
ergibt sich die aus
Abb. 4 ersichtliche graphische Lösung der
Aufgabe bei einer mehrfach abgesetzten Welle. Man zeichnet schätzungsweise die
elastische Linie L0,
nimmt ω0 an, belastet
die Welle mit den berechneten Fliehkräften, konstruiert nach Mohr die zweite elastische Linie L, stellt
\frac{r}{\varrho} fest, und kennt somit in der Gleichung für
ωk die rechte
Seite.
Textabbildung Bd. 329, S. 268
Abb. 4.
Textabbildung Bd. 329, S. 268
Abb. 5.
Die gezackte Belastungsfläche F'
in der Abbildung erklärt sich aus dem veränderlichen Trägheitsmoment infolge des
Absetzens der Welle. Eine Kontrolle, des beschriebenen Verfahrens ergibt sich
folgendermaßen. Bei der kritischen Drehzahl ist für jede Auslenkung die Arbeit der
Fliehkräfte az gleich
der Formänderungsarbeit aw. Es ist
a_{\mbox{w}}=\frac{1}{E}\,\int\,\frac{M^2}{2\,J}\,d\,x. An
der Stelle i der Welle befinde sich das Gewicht G1, und es trete dort
bei der Drehzahl ω0 die
Fliehkraft \frac{G_1}{g}\,{\omega_0}^2\,r_1 auf, wobei r1 die Auslenkung bei
der kritischen Drehzahl darstellt. Entwirft man hierzu, wie oben, eine
Momentenfläche, deren Ordinate η sei, so ergibt
sich M=\eta\,H\,\frac{{\omega_{\mbox{k}}}^2}{{\omega_0}^2}, wobei
H der Polabstand ist (vergl. Abb. 5). Setzt man diesen Wert in die Gleichung für
aw ein und den
gefundenen Ausdruck gleich der Arbeit der Fliehkräfte bei der kritischen Drehzahl,
so ergibt sich
a_{\mbox{w}}=\frac{H^2\,{\omega_{\mbox{k}}}^4}{E\,{\omega_0}^4}\,\int\,\frac{\eta^2}{2\,J}\,d\,H=\frac{{\omega_{\mbox{k}}}^2}{2\,g}\,.\,\Sigma\,G_1\,{r_1}^2.
Bezeichnet man das Integral mit S, so ist
\omega_{\mbox{k}}=\sqrt{\frac{E\,{\omega_0}^4}{2\,g\,H^2}\,.\,\frac{\Sigma\,G_1\,{r_1}^2}{S}}.
Dabei bedeutet S das statische Moment einer reduzierten
Momentenfläche, die sich durch Teilung der bekannten Momentenhöhe η durch √J ergibt. Ein
weiteres interessantes Ergebnis liefert die Gleichung
a_{\mbox{z}}=\frac{{\omega_{\mbox{k}}}^2}{2\,g}\,.\,\Sigma\,G_{\mbox{i}}\,{r_{\mbox{i}}}^2.
Denkt man sich nämlich die Welle nur an Stelle 1
belastet aber daselbst durchgebogen wie bei mehrfacher Last, so erhält man
a_{\mbox{z}\,1}=\frac{{\omega_{\mbox{k}\,1}}^2}{2\,g}\,G_1\,{r_1}^2;
d.h. allgemein
a_{\mbox{zi}}=\frac{{\omega_{\mbox{ki}}}^2}{2\,g}\,G_{\mbox{i}}\,{r_{\mbox{i}}}^2.
Daraus ergibt sich
\frac{a_{\mbox{z}}}{{\omega_{\mbox{k}}}^2}=\frac{a_{\mbox{z}\,1}}{{\omega_{\mbox{k}\,1}}^2}=\frac{a_{\mbox{z}\,2}}{{\omega_{\mbox{k}\,2}}^2}+\frac{a_{\mbox{z}\,3}}{{\omega_{\mbox{k}\,3}}^2}
.... Da fernerhin in vielen praktischen Fällen die Formänderungsarbeiten in erster
Annäherung gleichgesetzt werden können, ist
\frac{1}{{\omega_{\mbox{k}}}^2}=\frac{1}{{\omega_{\mbox{k}\,1}}^2}+\frac{1}{{\omega_{\mbox{k}\,2}}^2}+\
.\ .\ .\ .\ . Diese Beziehung bestätigt die gleichlautende von Dunkerley empirisch gefundene Regel. Betrachtet man die
Gleichung
\frac{1}{{\omega_{\mbox{k}}}^2}=\frac{1}{{\omega_{\mbox{k}\,1}}^2}+\frac{1}{{\omega_{\mbox{k}\,2}}^2},
so wird, wie Abb. 6 zeigt, ωk als Höhe eines rechtwinkligen Dreiecks
gefunden, dessen Katheten ωk1 und ωk2
sind. Auch bei weiteren Lasten ist die Ermittlung der resultierenden kritischen
Drehgeschwindigkeit aus den kritischen Drehgeschwindigkeiten der Einzellasten leicht
zu ermitteln, was aus der Abbildung unschwer zu ersehen ist. [Zeitschrift d. Ver.
deutsch. Ing. Nr. 5.]
Textabbildung Bd. 329, S. 268
Abb. 6.
Schmolke.
–––––
Die Untergrundbahn in Buenos Aires. Am 18. März sprach
Regierungsbaumeister R. Wentzel über die Untergrundbahn
Buenos Aires. Ausgehend von der starken Bevölkerungszunahme der Stadt Buenos Aires,
die im Jahre 1895
664000, 1913 aber bereits gegen 1 ½ Millionen Einwohner zählte, erörterte der
Vortragende die Gründe, die zu dem Bau der Untergrundbahn geführt haben. Da Omnibus
und Stadtbahnen daselbst nicht bestehen, wurde der ganze innerstädtische Massen
verkehr bisher von der Straßenbahn bewältigt. Dementsprechend ist der
Straßenbahnverkehr im Verhältnis zur Einwohnerzahl außerordentlich stark entwickelt.
Das Jahr 1913 wies in Buenos Aires 407 Millionen Fahrgäste, auf den Kopf der
Bevölkerung 280 Fahrten, und, nimmt man den Vorortverkehr hinzu, 303 Fahrten auf.
Einem solchen im Vergleich mit der Größe der Stadt übermäßig starken
Straßenbahnverkehr genügten die engen Straßen der Innenstadt nicht mehr, und
Verkehrsstauungen waren schon seit Jahren an der Tagesordnung. Die Stadtverwaltung
erteilte daher der Anglo-Argentine Tramways Company, die
mit insgesamt 556 km Gleis unter den bestehenden Straßenbahngesellschaften eine
ähnlich überragende Stellung einnimmt, wie die Große Berliner Straßenbahn in Berlin,
auf den Antrag der Gesellschaft Ende Dezember 1909 die Konzession zum Bau und
Betrieb von drei Untergrundbahnlinien von zusammen etwa 16 km, und zwar geschah dies
mit der ausdrücklichen Verpflichtung, zwecks Verminderung des der Untergrundbahn
parallellaufenden übermäßigen Straßenbahnverkehrs die von den Außenbezirken
kommenden Straßenbahnwagen unmittelbar auf die Untergrundbahngleise zu leiten.
Betreffs der bisher nirgends befriedigend gelösten Frage eines vereinigten
Straßenbahn- und Tunnelbetriebes wurde in Buenos Aires beschlossen, die von der
Straße kommenden Wagen auf der Anfangsstation zu Untergrundbahnzügen
zusammenzukuppeln, die umgekehrt wieder in einzelne Wagen aufgelöst werden, eine
Betriebsweise, die an die bauliche Anlage sowohl, als auch an die betriebliche
Ausrüstung besondere Anforderungen stellt.
Die erste Hälfte der Linie I Plazu Mayo-Plaza Once ist nach nur zweijähriger Bauzeit
bereits am 1. Dezember 1913 in Betrieb genommen worden. Bemerkenswert ist neben dem
geräumigen Tunnelprofil, den größeren unterirdischen Stationsanlagen und der
Anordnung der vom Bürgersteig aus bequem zugänglichen Seitenbahnsteige der
Zwischenhaltestellen die den örtlichen Verhältnissen angepaßte besondere Bauweise.
Der Erdaushub erfolgte durch Bagger, der Abtransport des Bodens mit Bodenzügen unter
Benutzung des Straßenbahngleises. Der Bau der zweiten Hälfte Once-Caballite wird
noch in diesem Sommer beendet sein.
–––––
Dem Weltrekord Stoefflers für den längsten Flug innerhalb 24
Stunden ist Langers Weltrekord im
ununterbrochenen Dauerfluge gefolgt, und durch Linnekogels glänzende Leistung ist auch der Welthöhenrekord zum ersten
Male in deutschen Händen. Damit sind nunmehr sämtliche Gipfelleistungen im Flugwesen
von deutschen Fliegern erstritten. Die Nationalflugspende hat, wie wir hören, für
Linnekogels Leistung unter der Voraussetzung ihrer
internationalen Anerkennung eine Ehrengabe von 5000 M in Aussicht gestellt. Der
sportliche und ideelle Erfolg dieser deutschen Glanzleistungen findet auch bei
den fremden Nationen in steigendem Maße Beachtung und übt eine erfreuliche
materielle Wirkung auf das Auslandgeschäft aus.
–––––
Siemens-Mitteilungen. In dem jetzt ausgegebenen März-Heft
der „Siemens-Mitteilungen“ (Mitteilungen aus den Gesellschaften Siemens & Halske und Siemens-Schuckertwerke) finden wir an erster Stelle einen sehr
instruktiven Aufsatz über die Wechselstrommaschinen für Messungen mit
Sprechfrequenzströmen, die Direktor Dr. Franke von der
Siemens & Halske Aktiengesellschaft seinerzeit konstruiert und im Laufe der
Jahre im Anschluß an die Entwicklung des Fernsprechwesens weiter ausgebaut hat. In
der vorliegenden Abhandlung wird die neueste Ausführungsform dieser bedeutungsvollen
Maschine, die sich durch besondere Meßgenauigkeit und bequeme Handhabung
auszeichnet, eingehend beschrieben. Ein zweiter Aufsatz behandelt die Hilfsmittel,
die die elektrotechnische Industrie der Schule für den physikalischen und chemischen
Unterricht zur Verfügung stellt. Die Herstellung von elektrischen
Experimentieranlagen, ihre Ausrüstung mit Reguliervorrichtungen, Meßinstrumenten und
Demonstrationsapparaten ist zu einem Spezialgebiet der Elektrotechnik geworden, das
um so mehr an Bedeutung gewinnt, je mehr Wert auf das Experiment im Schulunterricht
gelegt wird. Der Artikel, der reich illustriert ist, gibt eine gedrängte Uebersicht
über das, was die Siemens & Halske A.-G. auf diesem Gebiete leistet. An diese
beiden größeren Aufsätze schließen sich verschiedene kleinere Artikel; wir heben
besonders die für die Hausfrau interessante Beschreibung der elektrischen Plätteisen
hervor, deren Vorzüge gegenüber dem Gas-, Spiritus- und Kohlenbügeleisen geschildert
werden. Endlich wollen wir nicht versäumen, auf die kurze Abhandlung über die
Wotan-Fokus-Lampe und auf die für die Zwecke der Bühnenbeleuchtung neu konstruierte
Pendelstützrampe hinzuweisen.
–––––
§ 4 PatG. Der Patentinhaber kann im Zweifel nur den Schutz
beanspruchen, der ihm nach dem Stande der Technik zurzeit der Patentanmeldung
gebührt.
Bei der Auslegung des in Rede stehenden Patents geht das Oberlandesgericht (OLG.)
davon aus, daß die in der Beschreibung gegebene Darstellung des Gesperres die
Stellung einer Aufgabe enthalte, nämlich die, zu bewirken, daß der Antrieb der
Maschine und die Nullstellung nur bei gewissen Voraussetzungen möglich seien. Es
erblickt aber gerade in der Stellung dieser Aufgabe den Schwerpunkt der Erfindung.
Das OLG. ist der Meinung, daß der Anmelder die Lösung dieser Aufgabe, wie aus seiner
Eingabe im Erteilungsverfahren vom 8. Januar 1901 hervorgehe, allgemein in Anspruch
genommen habe, und gelangt zu dem Schluß, daß ihm der Patentschutz in dem
beanspruchten Umfange gewährt worden sei. Andrerseits hält das OLG. für erwiesen,
daß die nämliche Aufgabe schon von Woldemar H. erkannt
und mit einem in der Technik bekannten Mittel gelöst gewesen sei. Es ist der Ansicht, daß diese
Tatsache wohl der Neuheit der patentierten Erfindung und ihrer Patentfähigkeit
entgegengestanden, auch vielleicht zur Vernichtung des Patents geführt hätte; es
meint indes, daß das zu einer Einschränkung des einmal, wenn auch unbegründet,
erteilten Schutzes nicht führen könne. Diese Erwägungen werden von der Revision mit
Recht beanstandet. In seiner Entscheidung vom 9. Februar 1910 hat der Senat
ausgesprochen, daß der Patentinhaber im Zweifel den Schutz und nur den Schutz
beanspruchen kann, der ihm nach dem Stande der Technik zur Zeit der Anmeldung
gebührt. Zur Zeit der Anmeldung des klägerischen Patentes waren aber, wie die
Vorinstanz tatsächlich festgestellt hat, von der Firma Woldemar H. in D. hergestellte Additionsmaschinen im Verkehr, bei welchen
derselbe Zweck wie bei dem Patent der Klägerin durch ein der Vorrichtung der
Beklagten ähnliches Gesperre erreicht wurde. Zwischen den mit der Antriebs- und
Nullstellwelle verbundenen mit je einem Ausschnitt versehenen Sperrscheiben war ein
auf beiden Seiten mit einem Kopf ausgestatteter Hebel angeordnet. War dieser Hebel
mit seinem einen Kopf in den Ausschnitt der einen Sperrscheibe eingetreten, so
konnte er diesen Ausschnitt nur dann wieder verlassen, wenn der andere Kopf in den
Ausschnitt der anderen Sperrscheibe eintrat. Von dieser offenkundig vorbenutzten
Vorrichtung unterscheidet sich die patentierte Erfindung wesentlich dadurch, daß sie
das selbständige Zwischenglied eines Hebels vermeidet und die korrespondierenden
Sperrscheiben selbst so konstruiert, daß keine derselben ohne eine bestimmte Lage
der anderen bewegt werden kann. Bei diesem Stande der Technik zur Zeit der Anmeldung
des klägerischen Patentes muß es als ausgeschlossen gelten, daß dem Anmelder der
allgemeine Gedanke, durch Anbringung irgendeines Gesperres die genaue Einstellung
der in Betracht kommenden Wellen zu erzielen, in dem Patentanspruch 1 geschützt
worden ist. Anders wäre nur zu entscheiden, wenn die Patentschrift zweifelsfrei
ergeben würde, daß dem Anmelder die Erfindung in dem von ihm behaupteten Umfange
geschützt worden wäre. Dies ist aber keineswegs der Fall. Allerdings spricht der
erste Absatz der Patentbeschreibung für die Auffassung der Klägerin, insofern in ihm
der Zweck des Gesperres allgemein dargelegt wird. Es ist auch richtig, daß der
Anmelder im Erteilungsverfahren in seiner Eingabe vom 8. Januar 1901 erklärt hat,
die in der Zeichnung dargestellte Form des Gesperres sei keineswegs die
einzige, die zur Verwirklichung der Erfindung dienen könne. Allein hierauf darf
kein Gewicht gelegt werden und zwar auch dann nicht, wenn unterstellt wird, daß dem
Patentamt der oben dargestellte Stand der Technik tatsächlich nicht bekannt gewesen
ist. Die Patentschrift muß aus sich selbst ausgelegt werden. Sie richtet sich an die
Oeffentlichkeit und muß so gelesen und verstanden werden, wie ein Gewerbetreibender,
der im Leben steht, und dem sein Gewerbe und der Stand der Technik in seinem Gewerbe
bekannt ist, sie auslegen muß. Für das Patentamt ist es unmöglich, den gesamten
Stand der Technik sogar so weit, als er aus Druckschriften nicht zu ersehen ist,
also sämtliche Erzeugnisse des Gewerbes, zu kennen. Ist das aber unmöglich, so kann
das Patentamt dazu auch nicht verpflichtet sein. Wenn nun ein Anmelder mehr
beansprucht, als ihm nach dem Stande der Technik gebührt, und das Patentamt das
Patent bewilligt, so darf, wenn nicht besondere Umstände etwas anderes bedingen,
ohne weiteres als Wille der patenterteilenden Behörde angenommen werden, daß das
Patent in dem Umfange, aber in keinem weiteren, erteilt werden sollte, der objektiv
nach dem Stande der Technik zulässig war. Dann aber ist im vorliegenden Falle der
Anspruch auf das Gesperre beschränkt worden, das gegenüber dem vorbekannten H.schen
Gesperre den schon erwähnten Vorzug voraus hat, daß es die Verwendung eines Hebels
als eines besonderen Zwischengliedes vermeidet. Hierin erschöpft sich der
Erfindungsgedanke des Patents Nr. 124578. Denn die Anbringung von Sperrvorrichtungen
überhaupt und abgesehen von der aus der Patentzeichnung sich ergebenden Konstruktion
zu dem bezeichneten Zweck war nach dem Stande der Technik zur Zeit der Anmeldung
nicht mehr schutzfähig. Das in solcher Weise auszulegende Patent wird durch die von
der Beklagten an ihren Rechenmaschinen angebrachten Sperrvorrichtungen nicht
verletzt. Denn bei ihnen wird, ebenso wie bei den H.schen Gesperren, außer den
beiden Sperrscheiben noch ein weiteres selbständiges Glied – eine Hebelvorrichtung –
verwendet. Es greifen hier zwei Hebel in die Ausschnitte der beiden Sperrscheiben
ein und bewirken, daß die eine Welle nur dann freigelassen wird, wenn die andere
Welle sich in einer bestimmten Stellung befindet. Damit fällt die Sperrvorrichtung
der Beklagten außerhalb des Schutzumfanges des klägerischen Patentes. [Urteil vom 8.
Oktober 1913. Aus Jur. Wochenschrift: Vom Reichsgericht.]
W. D.