Titel: | Das Messen von Luftgeschwindigkeiten in Ventilationsanlagen. |
Autor: | Oskar Gerold |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 278 |
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Das Messen von Luftgeschwindigkeiten in
Ventilationsanlagen.
Von Oskar Gerold, beratendem Ingenieur,
Berlin.
GEROLD: Das Messen von Luftgeschwindigkeiten in
Ventilationsanlagen
Für die Rohrleitungen der Lüftungs- und Entstaubungsanlagen wird die Kontrolle
der Luftgeschwindigkeiten im Betrieb der Anlagen sowie bei Abnahme derselben für
wirtschaftliche Beurteilungszwecke von immer größerer Bedeutung werden, da die
Vervollkommnung der für derartige Messungen konstruierten Apparate auf
wissenschaftlicher Grundlage dem Besitzer der Anlagen die Möglichkeit geben, das
durch diese Anlagen oft allzusehr belastete Unkostenkonto zu verkleinern. Die solche
Anlagen fabrizierende Industrie selbst aber ist in die Lage versetzt, infolge der
durch die ermöglichte genaue Kontrolle ihrer Anlagen gesammelten Erfahrungen
weitgehende Garantien zu leisten und die vielfach noch vorhandenen veralteten
unwirtschaftlich arbeitenden Entstaubungs- und Lüftungsanlagen durch moderne zu
ersetzen. Ganz besondere Ausdehnung hat die Geschwindigkeitsmessung durch den
Ausschuß des V. d. I. zur Aufstellung von Regeln für Leistungsversuche an
Ventilatoren usw. erfahren, die auch mit ein Grund waren für die Vervollkommnung der
in Anwendung kommenden Meßgeräte.
Für die hierbei zu verwendende manometrische Meßmethode sind nachstehende Druckgrößen
wohl zu unterscheiden:
1. Statischer Druck (pst) ist der innere Druck eines geradlinig
strömenden Gases, also der Druck, den ein im Gasstrom mit gleicher
Geschwindigkeit mitbewegtes Druckmeßgerät anzeigen würde. Von ihm ist das
Raumgewicht des betreffenden Gases abhängig.
2. Dynamischer Druck (Geschwindigkeitsdruck pd) ist die größte
Drucksteigerung, die in einem bewegten Gasstrom vor einem Hindernis auftritt; er
ergibt sich aus der Formel
p_{\mbox{d}}=\frac{s\,.\,v^2}{2\,g}, wobei pd in g/cm2, v die
Stromgeschwindigkeit in cm/sec.1, s das spezifische Gewicht des Gases in g/cm3 und g = 981
cm/sec.2 die Erdbeschleunigung
bedeuten.
3. Gesamtdruck (pg) ist die algebraische Summe des statischen und
des dynamischen Druckes
pg = pst + pd Er mißt die
mechanische Gesamtenergie der Volumeneinheit des strömenden Gases.
Als Methode der Luftgeschwindigkeitsmessung sei zunächst die Staurohrmessung
behandelt.
Ein der Strömung der Luft entgegengestellter stromlinienförmiger Körper erfährt an
den verschiedenen Stellen seiner Oberfläche einen bestimmten Druck, welcher sich aus
dem statischen Druck der Luft sowie -einer Komponente des durch die Strömung
erzeugten dynamischen zusammensetzt. Während der statische Druck der bewegten Luft
an allen Punkten der Oberfläche des strömlinigen Körpers den gleichen Wert hat,
variiert die Komponente des dynamischen von Punkt zu Punkt der Oberfläche und ist
von ihrer geometrischen Gestaltung abhängig.
Die Größe des gesamten Druckes px, gemessen an einer beliebigen Stelle der
Oberfläche mit der Abszisse x, läßt sich in die Form
bringen
p_{\mbox{x}}=p_{\mbox{st}}+p_{\mbox{d,
x}}=p_{\mbox{st}}+\zeta_{\mbox{x}}\,.\,\frac{s\,.\,v^2}{2\,g}.
Die Konstante ξx berücksichtigt die Lage der Meßstelle an der
Oberfläche und ihre geometrische Gestaltung. Sie variiert von Punkt zu Punkt
innerhalb des Meridianschnittes. Verbindet man zwei Stellen des kleinen Staubkörpers
mit den Schenkeln eines Mikromanometers, so zeigt es die Druckdifferenz
p_1-p_2=p_{\mbox{st}}+\zeta_1\,\frac{s\,v^2}{2\,g}-\left(p_{\mbox{st}}+\zeta_2\,\frac{s\,v^2}{2\,g}\right)=(\zeta_1-\zeta_2)\,.\,\frac{s\,v^2}{2\,g}=\zeta\,\frac{s\,v^2}{2\,g}
an, worin ξ den Beiwert des
Staubrohres darstellt.
Wählt man nun an dem kleinen stromlinienförmigen Körper die zwei Stellen 1 und 2 derart, daß die
eine (1) den Gesamtdruck pg = pst + pd, die andere (2) nur
statischen Druck pst
erfährt, so zeigt ein Mikromanometer bei Anschluß von Stelle 1 den Gesamtdruck, bei Anschluß von 2 den
statischen und bei Verbindung beider Stellen mit den Schenkeln eines Manometers die
Druckdifferenz
p_{\mbox{g}}-p_{\mbox{st}}=p_{\mbox{st}}+p_{\mbox{d}}-p_{\mbox{st}}=p_{d}=\frac{s\,v^2}{2\,g},
also den dynamischen Druck der Strömung an, aus welcher sich
die Strömungsgeschwindigkeit ergibt zu
v=\frac{\sqrt{2\,g\,p_{\mbox{d}}}}{s}, also ξ = 1.
Abb. 1 veranschaulicht die Messung aller drei
Drucke pg, pst und pd für ein Staurohr mit
dem Beiwert ξ = 1.
Der Ausschuß des V. d. I. zur Aufstellung von Regeln für Leistungsversuche an
Ventilatoren und Kompressoren regte zur weiteren Ausbildung dieser Meßgeräte an, die
zu dem von Professor Dr. Prandtl angegebenen Staurohr
geführt hat, welches gleichzeitig von Dr. Rosenmüller auf
Grund der gleichen Erwägungen gefunden wurde, nämlich einem Staurohr, dessen Beiwert
ξ = 1 ist, leicht reproduzierbare und stabile Form
aufweist und, wenn möglich, gegen ungenaue Einstellung in die Strömungsrichtung
unempfindlicher ist als die zurzeit vorhandenen.
Textabbildung Bd. 329, S. 279
Abb. 1.
Textabbildung Bd. 329, S. 279
Abb. 2. Staurohr nach Prof. Dr. Prandtl
Das Prandtlsche Rohr ist in Abb.
1 schematisch im Schnitt dargestellt. Abb.
2 veranschaulicht die praktische Ausführung von Dr. Rosenmüller.
Die zur Messung des Gesamtdruckes pg dienende Stauöffnung liegt in einem kugelförmig
gewölbten Kopf, wodurch sie gegen Beschädigung geschützt ist (Abb. 3). Die Kugelfläche ist ihrer leichten
Reproduzierbarkeit wegen gewählt. Der statische Druck wird durch einen ringförmig
umlaufenden Spalt des zylindrischen Teiles abgenommen, welcher nur durch einen
kleinen schmalen Steg unterbrochen wird. Dieser fördert die Stabilität des kleinen
Staukörpers außerordentlich und bewirkt, daß schädliche Verschiebungen des
vorderen hinteren Staukörperteiles und hiermit Fehler beim Messen des statischen
Druckes nicht eintreten können. Der Bei wert des Staurohrs ist = 1 gefunden worden,
wodurch das Gerät befähigt ist, alle drei Druckgrößen pg, pst und pd exakt zu messen.
Textabbildung Bd. 329, S. 279
Abb. 3.
Nach Untersuchung von Prof. Dr. Prandtl ist das Staugerät
beim Messen von Geschwindigkeiten innerhalb 15° unabhängig von der genauen
Einstellung in die Strömungsrichtung.
Die Staurohre werden so in die Strömung gehalten bzw. eingebaut, daß die Stauöffnung
der Strömung entgegensteht, und die Längsachsen der Staukörper parallel derselben.
Der Anschluß erfolgt an die Mikromanometer so, daß + am Staurohr mit + am
Mikromanometer, entsprechend – mit – verbunden wird (Abb.
4). Zur Verbindung des Staurohrs mit der Leitung dienen entweder
Schlauchtüllen a, Lötzapfen-Konusverschraubungen b oder Gasgewindemuffen c.
Die Anschlußstücke b und c
passen bei 3 mm Stauöffnung für Blei- und Kupferrohr von 6 mm l. W. für normales
Gasrohr von ¼'', bei 5 mm Stauöffnung für Blei- und
Kupferrohr von 10 mm l. W. für normales Gasrohr von ⅜'', bei 8 mm Stauöffnung für
Blei- und Kupferrohr von 13 mm l. W. für normales Gasrohr von ½''.
Textabbildung Bd. 329, S. 279
Abb. 4.
Die Wahl der Stauöffnung hat mit Rücksicht auf die Möglichkeit einer Verstopfung
durch Staub und auf die Länge der Leitung vom Staurohr zum Manometer zu erfolgen.
Staub- und wasserdampfführende Luft erfordert größere Stauöffnungen.
Die andere Meßmethode verwendet Durchflußöffnungen.
(Schluß folgt.)