Titel: | Ueber die Reibung von Leder auf Eisen. |
Autor: | R. Skutsch |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 306 |
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Ueber die Reibung von Leder auf
Eisen.
Von Professor Dr.-Ing. R. Skutsch.
(Fortsetzung von S. 278 d. Bd.)
SKUTSCH: Ueber die Reibung von Leder auf Eisen
So erhielt ich am 11. Juli 1913 u.a. die Aufnahme Abb.
3, welche die Unvollkommenheit der damaligen Versucheinrichtung deutlich
zeigt. Wie man sieht, wechseln mehrfach Stellen mit kürzeren und solche mit längeren
Intervallen ab, so daß von einer bestimmten Beharrungsgeschwindigkeit nicht
gesprochen werden kann. Die Verschiedenheiten der Reibungsziffer an den
verschiedenen Stellen der Bahn könnten vielleicht auf ungleichmäßige Verteilung des
Schmiermittels zurückgeführt werden – die Bahn war leicht getalgt worden – sehr
wahrscheinlicherweise
Textabbildung Bd. 329, S. 307
Abb. 3.
rühren sie aber in erster Linie von Unvollkommenheiten der Bahn her, für deren
Ebenheit zu wenig Gewähr gegeben war. Da es zudem wünschenswert schien, die
Gleitbahn tunlichst zu verlängern, um recht große Beharrungsgeschwindigkeiten zu
erzielen, so nahm ich im Herbst 1913 die Hilfe der Maschinenfabrik Schüchtermannn & Kremer in
Anspruch, deren Entgegenkommen ich die sehr vervollkommnete Versuchseinrichtung nach
Abb. 4 verdanke. Die 3,3 m lange schiefe Ebene
ist hier durch Hobeln und Schleifen der unteren Fläche einer Eisenbahnschiene
hergestellt, deren eines Ende mit zwei Füßen auf dem Boden ruht, während das andere
zur Erzielung der erforderlichen verschiedenen Neigungen mit zwei seitlichen Zapfen
in die betreffenden Aussparungen zweier von der Decke herabhängenden Flacheisen
eingelegt werden kann. Erwähnenswert sind auch noch die beiden federnden und mit
Filz bekleideten Fänger am unteren Ende der Bahn.
Textabbildung Bd. 329, S. 307
Abb. 4.
Der Läufer, für den die früher erwähnte Messingplatte mit eingelassener Lederscheibe
in Verwendung bleiben konnte, erhielt im übrigen unter Fortfall des Schwanzes die
aus der Abb. 5 zu ersehende einfache und zweckmäßige
Gestalt, bei der das Gewicht der seitlichen Belastung in dem Kugelgelenk der
Messingplatte frei
aufgehängt ist. Es hatte sich nämlich gezeigt, daß bei genügend geringer Tiefe des
Schwerpunktes Pendelungen nicht mehr auftraten; und ebenso hatte auch die Erfahrung
gelehrt, daß eine seitliche Führung des Läufers, wie sie Coulomb und Morin unerläßlich schien, bei
richtiger Einstellung der beiden Füße durchaus überflüssig war, da der Läufer sich
dann stets von selbst genau parallel der Bahn bewegte.
Textabbildung Bd. 329, S. 308
Abb. 5.
Auch für leichtere Bedienung des Apparates und gleichzeitig damit für erhöhte
Zuverlässigkeit der Ergebnisse konnte noch einiges geschehen. Da die bedeutsamsten
Versuche doch wohl diejenigen sind, welche infolge Einfettung der Flächen hohe
Reibungsziffern ergaben, und da gerade in diesem Fall die Vorgänge vor dem
eigentlichen Versuche besonders starken Einfluß zu haben scheinen, nämlich abgesehen
von der Fettung der Bahn und der Lederscheibe auch noch durch die Dauer und
Innigkeit der Berührung vor dem Versuch, so schien es zweckmäßig die Berührung
während einer Versuchsreihe überhaupt nicht zu unterbrechen und den Läufer bereits
mit der für jeden einzelnen Versuch vorgesehenen Belastung gleichmäßig und langsam
auf der Bahn emporzuziehen. Die Erheblichkeit der dazu erforderlichen Kräfte führte
zur Anwendung einer Bogenlampen winde, deren Zugseil über eine Rolle am oberen Ende
der Gleitbahn geleitet wurde. Der Läufer wurde durch eine die Messingplatte
umgreifende Schlinge gefaßt, die bei ihrem sehr geringen Gewicht unbedenklich auch
die Abwärtsbewegung mitmachen durfte, die Verbindung zwischen Zugseil und Schlinge
aber durch einen auslösbaren Haken bewirkt, so daß der Start sehr genau festgelegt
werden konnte. Mit der Schlinge war ein Querstück aus Aluminiumblech verbunden, das
durch vier kleine Röllchen seine Führung an der Gleitbahn erhielt und die
Lampenfassung trug.
Da es sich darum handelte, durch zusammenhängende Versuchsreihen den Einfluß der
Geschwindigkeit und des Flächendruckes auf die Reibung festzustellen, so mußte
darauf Bedacht genommen werden, die Oberflächenbeschaffenheit während einer längeren
Zeit möglichst unverändert zu halten, ohne durch einen Eingriff die Stetigkeit der
Versuchsreihe zu gefährden. In dieser Hinsicht erwies sich die zuerst angewendete
Schmierung mit Talg, der sich auch nicht gut gleichmäßig verteilen ließ, wenig
günstig, und es wurde infolgedessen bei den nachstehend beschriebenen Versuchen mit
besserem Erfolg zu einer leichten Fettung mit Vaseline übergegangen, wobei
allerdings der Absolutwert der Reibungsziffer durch die vorhergegangene Behandlung
des Leders mit Talg beeinflußt sein mag. Jeder Versuch wurde wiederholt, von
weiteren Wiederholungen aber abgesehen, wenn sich keine erhebliche Abweichung gegen
den Vorversuch mehr ergab, oder doch wenigstens keine Tendenz zur Veränderung in
bestimmtem Sinne mehr zu erkennen war. Abweichungen der Fallzeiten etwa im
Verhältnis 1: 2 traten gelegentlich bei allen Belastungen und Neigungen auf, bei
geringen Flächendrucken und Geschwindigkeiten kamen aber so große Schwankungen vor,
daß es zwecklos schien, die Schaulinien auf dieses Gebiet auszudehnen. In die
nachstehenden Tabellen sind sämtliche Versuche ausnahmslos der Reihe nach
aufgenommen worden, um ein Bild von der Streuung der Beobachtungen zu geben. Bei der
Auswertung für die Schaulinien blieb nur ein einziger der einschlägigen Versuche
unberücksichtigt, bei dessen Wiederholung die Fallzeit auf das Dreifache angestiegen
war, es ist Versuch 16 der nachstehenden Tabelle.
Wie man aus dieser Tabelle ersieht, wurde mit vier verschiedenen Flächendrucken
gearbeitet, die in arithmetischer Reihe von etwa ein Hundertstel Atmosphäre bis über
ein Drittel Atmosphäre ansteigen. Um die Flächendrucke gleich zu halten, mußten, wie
leicht einzusehen, die Belastungen auf den verschiedenen Neigungswinkeln
proportional den Werten \frac{1}{\cos\,\alpha} gewählt werden.
Dies ist bei den Dezemberversuchen durchweg sorgfältig beachtet worden, während am
1. April noch auf allen Neigungen die gleiche Belastung beibehalten, also genau
genommen der Flächendruck auf den großen Neigungen verhältnismäßig zu klein war. Der
Einfluß der Geschwindigkeit summierte sich also damals noch mit einem allerdings
sehr viel geringeren des Flächendruckes, der aus den Tabellen hervorgeht. Die auf
den ersten Blick durch ihre Einfachheit bestehende Versuchsanordnung ist also auch
nicht frei von Umständlichkeiten, und man könnte die Frage aufwerfen, ob die
bekannte Anordnung mit wagerechter Gleitbahn und besonderem Treibgewicht, wie sie
schon von Coulomb und Morin
benutzt wurde, nicht doch gewisse Vorteile geboten hätte. Aber wenn diese Frage auch
bejaht werden sollte, so war doch die schiefe Ebene für die ersten mehr
demonstrativen Versuche durch große Anschaulichkeit besonders geeignet, und ein
triftiger Grund, von der einmal gewählten Anordnung wieder abzugehen, war auch
späterhin nie vorhanden.
Lfde.Nummerdes Ver-suches
NeigungderGleitbahnin °
GewichtdesLäufersin kg
Sin cm
Tin sek
BerechneteGeschwindigkeit
1234
40404040
9,20 9,20 9,20 9,20
272270270270
39,2 80 93,4 88,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=3,37
5
40
0,435
2
46,5
\frac{S}{T}=0,043
6
40
0,435
2
93
\frac{S}{T}=0,021
7891011
4040404040
4,79 4,79 4,79 4,79 4,79
270270270270270
119,7217,4245,7230,7211,8
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=1,32
12131415
40404040
13,6213,6213,6213,62
270270270270
41,5 42,8 38,2 33,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=6,92
16
45
14,75
270
7,8
\left(\frac{S}{T}=3,59\right)
1718192021
4540454545
14,7514,7514,7514,7514,75
274272272272272
14,4 17,2 20,4 23,6 23,2
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=13,78
2223
4545
9,97 9,97
270270
36 35,2
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=7,58
24
45
0,471
2
137
\frac{S}{T}=0,015
252627
454545
5,19 5,19 5,19
270270270
54 64,8 67,2
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=4,35
282930
353535
4,48 4,48 4,48
100100100
119,8160132,4
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=0,73
31
35
0,407
0,3
166
\frac{S}{T}=0,002
3233
3535
8,61 8,61
240270
150180,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=1,54
343536
353535
12,7412,7412,74
270270270
102,2100100,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=2,67
37383940
30303030
5,69 5,69 5,69 5,69
270270270270
22,2 32,4 37,6 38,4
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=8,27
414243
303030
10,9610,9610,96
270270270
20 20 21
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=13,28
444546
303030
0,518 0,518 0,518
100100100
14,2 8,4 7
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=10,14
474849
303030
16,2216,2216,22
270270270
12 13,4 13,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=20,77
50
30
4,24
33
960
\frac{S}{T}=0,034
51
30
4,24
15
125,8
\frac{S}{T}=0,119
52
30
0,385
0,1
45
\frac{S}{T}=0,002
5354
3030
8,14 8,14
200200
255250,8
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=0,79
555657
303030
12,0412,0412,04
270270270
211206,2225
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=1,26
58
25
4,05
2
178
\frac{S}{T}=0,011
59
25
4,05
2
254
\frac{S}{T}=0,008
60
25
0,368
0,2
14–39
\frac{S}{T} ungef. 0,006
6162
2525
7,78 7,78
3030
140,2113,5
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=0,236
636465
252525
11,5111,5111,51
303030
99,2129,4 87,8
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=0,474
Die Versuche bei dem geringen Flächendruck waren sehr unsicher. Wohl hielt
manchmal während langer Zeit eine ganz gleichmäßige Bewegung an, aber es gelang
gewöhnlich schon durch kräftiges Andrücken der Bewegung überhaupt ein Ende zu
machen. Bei den nachstehenden Vergleichsversuchen wurde deshalb der geringste
Flächendruck nicht mehr angewendet und nur noch mit drei Stufen gearbeitet. Leider
vereitelte ein Schaden am Läufer die programmäßige Weiterführung dieser Versuche;
sie reichen infolgedessen nur bis zu Neigungen von 45 °.
Versuche am 19 Dezember 1913.
Lfde.Nummerdes Ver-suches
NeigungderGleitbahnin °
GewichtdesLäufersin kg
Sin cm
Tin sek
BerechneteGeschwindigkeit
1 2 3 4
40404040
4,79 4,79 4,79 4,79
270270270270
161130107114
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=2,11
5 6 7
404040
13,6213,6213,62
270270270
34,3 34,7 38,8
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=7,51
8 9
4040
9,20 9,20
270270
64 67,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=4,10
1011
4545
9,97 9,97
270270
32,3 34,1
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=8,13
Lfde.Nummerdes
Ver-suches
NeigungderGleitbahnin °
GewichtdesLäufersin kg
Sin cm
Tin sek
BerechneteGeschwindigkeit
121314
454545
14,7514,7514,75
270270270
15,8 14,8 14,8
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=17,84
1516
4545
5,19 5,19
270270
96,5 87,4
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=2,94
171819
353535
4,48 4,48 4,48
100 75 95
120120165
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=0,67
2021
3535
8,61 8,61
270270
120,7119,8
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=2,25
2223
3535
12,7412,74
270270
70 69,4
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=3,87
2425
3030
12,0412,04
270270
115120,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=2,20
2627
3030
8,14 8,14
270270
229242,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=1,15
28
30
4,24
–
–
\frac{S}{T}= ungefähr 0,1
2930
2525
11,5111,51
270270
224,8240,6
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=1,16
3132
2525
7,78 7,78
50 50
109111,3
\frac{\mbox{Summe S}}{\mbox{Summe T}}=0,48
(Fortsetzung folgt.)