Titel: | Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer für den Antrieb der Papiertrommel des Indikators. |
Autor: | W. Wilke |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 328 |
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Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer für den
Antrieb der Papiertrommel des Indikators.
Von Dipl.-Ing. W. Wilke, Dozent an der
Techn. Hochschule Hannover.
(Fortsetzung von S. 312 d. Bd.)
WILKE: Ueber Hebel- und Kurbelhubverminderer usw.
Sehr häufig findet man Ausführungen – auch in der Literatur – angegeben, bei
denen das Hebelende als Schlitz ausgebildet ist, in dem sich der auf der
Kolbenstange oder am Kreuzkopf befindliche Stein bewegt, während die übrige
Einrichtung dieselbe wie die oben besprochene ist. Ein solcher Hubverminderer,
schematisch in Abb. 15 dargestellt, gibt bedeutende
Fehler, denn es verändert sich hier das Uebersetzungsverhältnis L/l. Ist in der Mittelstellung die Hebellänge L = L0, so ist bei einem Ausschlage gleich dem Winkel ϕ die Hebellänge
L=\frac{L_0}{\cos\,\varphi}.
Das Uebersetzungsverhältnis des Hubverminderers L/l ist
also umgekehrt proportional cos ϕ. Es wechselt zwischen
den Grenzen
L0/l
bei
einem
Ausschlag
des
Hebels
ϕ = 0 und
\frac{L_0/\cos\,\alpha/_2}{l}
„
„
„
„
„
ϕ = a/2.
Textabbildung Bd. 329, S. 328
Abb. 15.
Die Größe der Veränderlichkeit ist bei den verschiedenen Hebelverhältnissen
L= S
L =3/2S
L = 2 S
11,8 v. H.
5,4 v. H.
3,1 v. H.
Ueber die durch diese Veränderlichkeit hervorgerufenen Verzerrungen in der
Trommelbewegung gibt Tab. 1 Aufschluß. Die erste Zeile zeigt dabei die
Kolbenbewegung aus der Mittelstellung, da der Hubverminderer symmetrisch um diese
Stellung schwingt. Die Zahl 5 gibt die äußerste, die
Totpunktstellung des Kolbens an. Die folgenden Zeilen geben die entsprechenden
Trommelwege wieder. Man sieht, daß bei 30 v. H. des Kolbenweges aus der Mitte die
größten Verzerrungen vorhanden sind. Die Trommel- Stellung ist L0
= S schon 32,13 v. H. aus der Mitte.
Textabbildung Bd. 329, S. 328
Abb. 16.
Diese Fehler sind selbst bei L = 2 S, welches Verhältnis wohl für außergewöhnlich genaue
Untersuchungen empfohlen wird, reichlich groß. Gleiche Fehler erhält man, wenn ein
teleskopartig sich verlängernder Hebel drehbar mit dem Kreuzkopf verbunden wird.
Eine Bewegungsübertragung von vollkommener Proportionalität erhält man dagegen
wiederum, wenn man die Hebellänge / unter Einschaltung einer Geradführung im
gleichen Sinne wie L veränderlich macht. Eine solche
Konstruktion zeigt Abb. 16. Eine Vereinfachung
gegenüber der Anordnung, wie sie Abb. 12 wiedergibt,
besteht wohl kaum, da die Geradführung umständlich ist. Ausführungen zeigen Abb. 17, 18 und 19.
Tabelle 1.
Kolbenweg aus der Mitte (1/10 des Hubes gleich 1 gesetzt)
0
1
2
3
4
5
Entsprechender Schnurweg aus der
Mitte(1/10 der Diagrammlänge gleich 1
gesetzt)bei einem Hebelverhältnis von
L0 = SL0 = 3/2 SL4 = 2 S
000
1131,0521,030
2,1932,0902,051
3,2133,1013,058
4,1534,0744,043
555
Auf eine Konstruktion, die ebenfalls Fehler in sich birgt, möge noch hingewiesen
werden, da man sie ebenfalls sehr häufig vorfindet. Es wird hierbei der Hebel
entweder durch Kulisse (Abb. 20) oder durch Lenker
(Abb. 21) angetrieben, während statt des Stiftes
C eine Rolle oder ein Segment vom Halbmesser l
angewandt wird. Der Kolbenweg aus der Mittelstellung bei einem beliebigen Winkel y ist in diesem Falle (Abb.
20)
S = L sin
ϕ.
Der Schnurweg aus der Mittelstellung ist
s = l ϕ,
statt l sin ϕ.
Der Fehler wird hier also durch das wechselnde Verhältnis von
\frac{l\,\varphi}{l\,.\,\sin\,\varphi} bedingt. Der
Unterschied von lϕ gegen l
sin ϕ bei dem Höchstausschlage a/2 ist bei verschiedenen Verhältnissen
von L zu S
L = S
L = 3/2
S
L= 2 S
4,72 v. H.
1,95 v. H.
1,11 v. H. von l sin
ϕ
Textabbildung Bd. 329, S. 329
Abb. 17.
Ueber die Verzerrungen gibt Tab. 2 Aufschluß. Auch hier erreicht der Fehler bei 30 v.
H. des Kolbenweges aus der Mitte seinen Höchstwert, der jedoch bei dieser
Konstruktion bei weitem nicht so groß wie bei der durch Abb. 15 dargestellten Anordnung ist. Bei Ausführungen
mit den Abmessungen L = 3/2
Sund L = 2 S ist der Fehler noch innerhalb der zulässigen Grenzen.
Ein Fehler von etwas erheblicherer Größe tritt bei der Konstruktion nach Abb. 22 auf. Der Hebel ist mit Schlitz versehen, und die
Schnur wird von einer Rolle oder einem Segment abgeleitet. Der Kolbenweg aus der
Mittelstellung ist
S = L0tg ϕ,
der Schnurweg wie oben
S = lϕ,
statt l tg ϕ.
Der Unterschied von lϕ gegen l tg ϕ gleichfalls beim
Höchstausschlag a/2 ist
bei
L0 = S
L0 = 3/2
S
L0 = 2 S
7,27 v. H.
3,47 v. H.
2,00 v. H.
Die im Diagramm auftretenden Verzerrungen zeigt Tab. 3.
Textabbildung Bd. 329, S. 329
Abb. 18.
Die wenigsten Hubverminderer, bei denen der Schnurantrieb von Rollen oder Segmenten
geschieht, sind richtig konstruiert. Es wird dabei außer Acht gelassen, daß der
Schnurweg s gleich dem abgewickelten Bogen lϕ ist. Vom Kolben oder Kreuzkopf muß daher
Tabelle 2.
Kolbenweg aus der Mitte (1/10 des Hubes gleich 1 gesetzt)
0
1
2
3
4
5
Entsprechender Schnurweg aus der
Mitte(1/10 der Diagrammlänge gleich 1
gesetzt)bei einem Hebelverhältnis von
L = SL = 3/2 SL = 2 S
000
0,9560,9820,990
1,9231,9681,982
2,9102,9622,979
3,9303,9723,984
555
der Antrieb in gleichem Sinne geschehen. Das kann man nur durch Einschalten von
Hebeln, die nach besonderen Kurven gekrümmt sind, erhalten.
Textabbildung Bd. 329, S. 330
Abb. 19.
Textabbildung Bd. 329, S. 330
Abb. 20.
Allgemein ist für den Kolbenweg S und den Schnurweg
s zu schreiben:
S = ∫V∙dt
und s = ∫v∙dt ,
wobei die entsprechenden Geschwindigkeiten V und v auszudrücken sind
durch das Produkt aus dem Radius R bzw. r und der Winkelgeschwindigkeit
\frac{d\,\varphi}{d\,t}.
V=R\,\frac{d\,\varphi}{d\,t} und
v=r\,\frac{d\,\varphi}{d\,t};
es ist also auch
S = ∫R d
ϕ und s = ∫r∙dϕ
.
Textabbildung Bd. 329, S. 330
Abb. 21.
Textabbildung Bd. 329, S. 330
Abb. 22.
Tabelle 3.
Kolbenweg aus der Mitte (1/10 des Hubes gleich 1 gesetzt)
0
1
2
3
4
5
Entsprechender Schnurweg aus der
Mitte(1/10 der Diagrammlänge gleich 1
gesetzt)bei einem Hebel Verhältnis von
L = SL = 3/2 SL0 =
2 S
000
1,0751,0341,020
2,1292,0602,035
3,1443,0683,039
4,1034,0504,019
555
Nun soll für jede Lage gelten
\frac{s}{S}=\mbox{konst.}
oder
\frac{\int\,r\,.\,d\,\varphi}{\int\,R\,.\,p\,\varphi}=\mbox{konst.}
Diese Bedingung wird z.B. schon erreicht für den einfachen Fall
R = konst. (r = konst. ist angenommen).
Man erhält
S=R\,\int_{\varphi_1}^{\varphi_2}\,d\,\varphi=R\,(\varphi_2-\varphi_1)
und
s = r
(ϕ2 – ϕ1),
daher
\frac{S}{s}=\frac{R}{r}=i.
Man hat es in diesem Falle mit den bekannten Rollenhubverminderern und
Differential-Rollenhubverminderern zu tun.
Eine richtige Lösung erhält man auch, wenn der Kreuzkopf einen nach der
archimedischen Spirale gekrümmten Hebel antreibt (Abb.
23). Es ist hier der Drehpunkt A in die
Bewegungsrichtung des Antriebstiftes gelegt. Die Polargleichung der archimedischen
Spirale lautet:
R = a
ϕ
Für jede beliebige Lage des Kreuzkopfes aus der Anfangsstellung B ist
S = a ∙
ϕ2 – a ∙ϕ1 = a (ϕ2 – ϕ1).
ϕ1 ist der der Anfangstellung entsprechende und ϕ2 der der augenblicklichen Stellung
entsprechende Winkel. Der Schnurwegs ist wie oben:
s = r (ϕ2 –ϕ1).
Man erhält also
\frac{S}{s}=\frac{a\,(\varphi_2-\varphi_1)}{r\,(\varphi_2-\varphi_1)}=\frac{a}{r}.
Bei dieser Anordnungs. Am. Masch. Jahrg.
1911 S. 405. Die in dieser Zeitschrift angegebene Konstruktion weicht von
der obigen insofern ab, als hier der Schnurantrieb nicht von einer Rolle,
sondern von einem Hebel erfolgt. Infolgedessen ist die Kurve, um
Proportionalität zu erhalten, nicht genau nach der archimedischen Spirale
gekrümmt. liegt der Hebel durch sein Gewicht auf einer am
Kreuzkopf befestigten Führungsrolle auf. Die Konstruktion des Hubverminderers
geschieht in folgender Weise. Nachdem aus der Diagrammlänge der Radius der Rolle und
ihr gesamter Ausschlag ϕ, der aus praktischen Gründen
nicht zu groß gewählt werden darf, bestimmt ist, trägt man von dem festgelegten
Drehpunkt A den Winkel ϕ
an die Bewegungsrichtung des Kreuzkopfes an. Den Hub S
und den Winkel y teilt man in gleiche Teile. Um A als Mittelpunkt werden durch die Teilpunkte a, b, c... des Kolbenweges Kreisbogen beschrieben. Die
Schnittpunkte der Kreisbogen mit den entsprechenden Schenkeln des gleicherweise
geteilten Winkels ϕ, nämlich a,
b, c... sind Punkte der archimedischen Spirale. Da die Bewegung vom
Kreuzkopf durch eine Rolle vom Durchmesser d erfolgt,
so wird zu der erhaltenen Kurve im Abstande \frac{d}{2} eine
Aequidistante gezogen.
Textabbildung Bd. 329, S. 331
Abb. 23.
(Schluß folgt.)