Titel: | Neuere Fortschritte in der Glühlampentechnik. |
Autor: | Alfred R. Meyer |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 401 |
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Neuere Fortschritte in der
Glühlampentechnik.
Von Dr. Alfred R. Meyer in
Berlin.
MEYER: Neuere Fortschritte in der Glühlampentechnik.
Inhaltsübersicht.
Es werden die neueren Fortschritte besprochen, die die Glühlampentechnik im
vergangenen Jahre zu verzeichnen gehabt hat. Insbesondere wird auf die Halbwatt-
sowie die Spiraldrahtlampe eingegangen und es werden die neuen Gesichtspunkte
klargelegt, die damit vom Standpunkte des Verbrauchers wie des Herstellers Eingang
in die Lampentechnik gefunden hatten.
In einem früheren ArtikelMeyer, D. p. J. Bd. 328 1913 S. 305. wurde die
Entwicklung geschildert, die die elektrische Glühlampe von der Kohlefadenlampe bis
zur modernen Drahtlampe mit einem Draht aus gezogenem Wolframmetall genommen hat,
und die Darstellung schloß mit den Folgerungen, die sich für den Hersteller der
Lampen wie für den Verbraucher aus der Durchführung dieser technischen Maßnahme im
Großbetrieb ergaben.
In der Zwischenzeit ist es auch der Fabrikantengruppe, die den Faden nach einem
Spritzverfahren herstellte, gelungen, durch geeignete Zusätze Fäden mit einem hohen
Grade von Duktilität anzufertigen.Müller, Helios 19 (1913) S. 37. Alles
in allem genommen aber sind die wesentlichen Fortschritte, die die weitere
Entwicklung der Glühlampentechnik gemacht hat, dem gezogenen Draht zu verdanken
gewesen, wie auch seine Anwendung immer allgemeiner geworden ist.
Es sei an dieser Stelle nicht weiter auf die Ausgestaltung eingegangen, die die Zahl
der Typen dadurch erfahren hat, daß der Hersteller seine Lampen einer Reihe von
speziellen Verwendungszwecken anpaßte, indem er Soffiten-, Fokus-, Bahnlampen usw.
schuf, auch sein Bestreben, in der Verico-Lampe eine Lichtquelle zu schaffen, die
besser als die normalen Glühlampen der Farbe des Tageslichts angepaßt ist, sei nur
erwähnend gestreift; es sei darüber wie über die weiteren noch näher zu schildernden
Fortschritte zusammenfassend gesagt, daß die Arbeiten des Vorjahres sich im
wesentlichen in den drei Richtungen bewegten, die Wirtschaftlichkeit der
elektrischen Glühlampen weiter zu erhöhen, die Abmessungen der Lampen zu
verringern und Lichtquellen mit einer solchen Lichtverteilung herzustellen, wie sie
für besondere große Anwendungsgebiete erwünscht erscheinen.
Das erste dieser Ziele schloß notwendig die Erhöhung der Betriebstemperatur des
Fadenmaterials in sich, die bei den normalen Einwattlampen 2070 ° Cv. Pirani und Meyer, Verh. d. D. Phys. Ges. 14 (1912) S. 213
und 681. E. T. Z. 33 (1912) S. 456 und 720. beträgt. Dies wurde
erreicht, indem man insbesondere in den hochkerzigen Lampen chemische Präparate
unterbrachte, die die mit höherer Betriebstemperatur einsetzende stärkere
Verdampfung und Zerstäubung des Wolframs durch dessen Ueberführung in
lichtdurchlässige Verbindungen unschädlich machten und so durch eine Erhöhung der
Temperatur um etwa 100° C Lampen mit einem spezifischen Verbrauch von etwa 0,85 Watt
pro Kerze ermöglichten. Diese Effekt- oder Intensivlampen haben inzwischen dem
neuesten Fortschritte der Glühlampentechnik, den Halbwattlampen, fast völlig das
Feld räumen müssen.
In ihnen ist, wie bereits von anderer Seitev. Pirani, D. p. J. Bd. 329 1914 S. 7. an
dieser Stelle eingehend geschildert wurde, die Fadentemperatur weiter erhöht, auf
etwa 2600 ° C, indem die Verdampfung des Fadenmaterials durch eine Atmosphäre
indifferenter Gase, z.B. reinen Stickstoffs, von etwa ½ bis ⅓ at Druck, fast völlig
aufgehoben ist.
Diese Maßnahme allein hätte indessen nicht genügt, um damit eine praktisch brauchbare
Lampe zu schaffen. Es bedurfte der weiteren Erkenntnis,J. Langmuir,
Transactions of the American Institute of Electrical Engineers 1913, S.
1895. daß die unter dem Einfluß der Gasfüllung auftretenden
Energieverluste durch Wärmeleitung und Convection (die Vakuumlampe hat fast nur mit
den Verlusten durch Strahlung zu rechnen) wesentlich geringer sind, je größer der
Drahtdurchmesser ist, und daß sie daher durch Aufwinden eines dünnen Drahtes, wie
ihn die Anpassung an bestimmte Spannungen
Tabelle 1.
Faden-temperaturin° C
SpezifischerVerbrauchi. Vakuum i.
W/HK
Spezifischer Verbrauch (in W/HK) von
Wolframfäden in Stickstoff von atmosphärischemDruck bei einem
Fadendurchmesser von mm:
0,025
0,051
0,127
0,25
0,51
1,27
2,54
2130
1,00
4,80
3,13
2,02
1,59
1,35
1,18
1,11
2330
0,63
2,53
1,71
1,14
0,93
0,81
0,72
0,69
2530
0,45
1,54
1,07
0,74
0,62
0,53
0,50
0,49
2730
0,33
1,00
0,71
0,50
0,43
0,39
0,36
0,35
2930
0,26
0,70
0,51
0,37
0,33
0,30
0,28
0,27
3130
0,21
0,52
0,39
0,30
0,26
0,24
0,23
0,22
3270
0,20
0,45
0,34
0,27
0,24
0,22
0,21
0,21
verlangt, zu einer Spirale wesentlich vermindert werden können. Einen guten
Ueberblick über diese Tatsache gibt die Tab. 1, die der genannten Arbeit von Langmuir entnommen ist.
Zu den Temperaturen dieser Tabelle ist zu bemerken, daß Langmuir die Schmelztemperatur des Wolframs zu 3270 ° C annimmt. Es ist
danach leicht möglich, die obigen Angaben auf die anderer Beobachter zu
beziehen.Vgl. dazu die Zahlen
in: Meyer, D. p. J. Bd. 328 1913 S. 481
usw.Die Fortschritte, die die Halbwattlampe seit dem Erscheinen des
vorgenannten Artikelsv. Pirani, D. p. J. Bd. 329 1914 S. 7.
gemacht hat, seien weiter unten geschildert. Zunächst sei noch auf die weitere
Entwicklung eingegangen, die die Drahtlampe dadurch genommen hat, daß neuerdings von
der Mehrzahl der Firmen Lampen auf den Markt gebracht werden, bei denen ein im
Vakuum brennender Faden ebenfalls in Spiralform angeordnet ist.
Es ist klar, daß in diesem Falle, da wir im Vakuum fast ausschließlich mit
Strahlungsverlusten zu rechnen haben, für die schraubenlinienförmige Anordnung des
Fadens lediglich konstruktive Gesichtspunkte maßgebend waren, und daß diese
Maßnahmen es nicht ermöglichen konnten, eine Steigerung der Fadentemperatur
vorzunehmen. Wir haben diese Lampen somit zur Klasse der Einwattlampen zu zählen.
Allerdings werden die Lampen auf den der Materie Fernerstehenden leicht den Eindruck
machen können, als wäre in ihnen der Faden weißer, d.h. seine Temperatur höher. Es
ist dies indessen ein lediglich physiologischer Effekt, der dadurch erzielt wird,
daß die Spirale zum Teil als schwarzer Körper wirkt und daß die Blendung auf das
Auge wegen der größeren Breite des leuchtenden Fadens stärker ist. Es ist wichtig,
diese Tatsache an dieser Stelle hervorzuheben, weil durch diese Lampen – und nicht
nur in Laienkreisen – vielfach die Ansicht hervorgerufen worden ist, als wäre es
schon jetzt gelungen, auch niederkerzige Halbwattlampen für die normalen
Netzspannungen herzustellen.
Mit dieser neuen Art von Lampen ist einem doppelten Bedürfnis Rechnung getragen,
indem einerseits durch das Zusammendrängen des Fadens auf einem engen Raum eine
Verringerung der Glockendimensionen möglich war, und indem anderseits Lampen mit
sehr gleichmäßiger Lichtverteilung auf den Markt gelangten, wie sie für die
Intensivbeleuchtung kleiner Flächen erwünscht erscheinen.
In diesem Zusammenhange ist es notwendig, einige erläuternde Worte über die
photometrischen Gesichtspunkte bei der Beurteilung dieser Lampen zu sagen. Wie oben
erwähnt, gehören sie zur Klasse der Einwattlampen und weisen damit etwa dieselbe
sphärische Belastung auf, d.h. sie emittieren pro Oberflächeneinheit des
Leuchtfadens dieselbe Kerzenzahl, wie die Einwattlampen. Wenn wir daher, wie dies
geschehen ist, mit ihnen eine größere Gleichmäßigkeit der Lichtverteilungskurve
erreichen wollen, so können wir dies nur, indem wir das Licht aus andern Richtungen
hernehmen.
Textabbildung Bd. 329, S. 402
Abb. 1. Lichtverteilungskurven: 1 einer normalen Einwattlampe 2 einer
Wotanlampe mit spiralförmig angeordnetem Leuchtdraht nach Abb. 2.
Wir dürfen danach nicht damit rechnen, die Lampen in derselben Weise wie normale
Lampen zu messen, das wäre also in wagerechter Richtung, und dabei dieselbe WK-Zahl
(d.h. etwa 1,1 W/K) zu erhalten, wie bei den Einwattlampen.
Betrachten wir vielmehr die Abb. 1, wo die
Lichtverteilungskurven einer normalen Einwattlampe und einer Wotanlampe mit
Spiralfadenanordnung nach Abb. 2 bei gleichem spezifischem
Gesamtverbrauch wiedergegeben sind, so sehen wir, daß wir in der Wagerechten etwa
1,4 W/K herausmessen werden, während der spezifische Verbrauch in der Achsenrichtung
etwa 1,15 W/K beträgt. Trotzdem sind die beiden Lampen hinsichtlich des bei gleicher
Fadenlänge und -Dicke von ihnen ausgesandten Lichtstromes miteinander völlig
identisch. Der von ihnen in den gesamten Raum gesandte Lichtstrom, gemessen nach den
Methoden der wissenschaftlichen Photometrie, ist gleich.
Die Abb. 2, die eine solche Lampe für 15 Watt 110
Volt wiedergibt, läßt erkennen, daß die durch Aufwickeln des Drahtes zu einer
Spirale erzielte Verkürzung der Längsdimensionen des Leuchtsystems (die Spirallänge
beträgt etwa ⅙ der Drahtlänge) keine neuen konstruktiven Prinzipien in der Halterung
der Lampen bedingte, da es im wesentlichen auf dasselbe hinausläuft, einen Draht
oder eine eng gewickelte Spirale entsprechender Länge zu montieren. Aus der
Abbildung ist ferner zu ersehen, daß durch die Konzentration des Leuchtmaterials die
Helligkeit pro cm2 des in irgend einer Richtung
projizierten Leuchtsystems verglichen mit dem der normalen Einwattlampen wesentlich
gestiegen ist; man ist damit in der Lage gewesen, die Glockendimensionen in der
durch Tab. 2 wiedergegebenen Weise zu verringern.
Textabbildung Bd. 329, S. 403
Abb. 2. Wotanlampe mit Spiraldrahtleuchtsystem für 15 Watt und 110 Volt (⅔
natürlicher Größe).
Es sind darin die früheren und jetzigen Abmessungen für KugellampenFür diese werden die Lampen zurzeit im
allgemeinen geliefert. der gleichen Type wiedergegeben, und zwar
sind die Zahlen bezogen auf die bei diesen Lampen übliche Bezeichnungsart, bei der
im Gegensatz zu früher mit Rücksicht auf die oben geschilderten photometrischen
Verhältnisse die Typen nicht nach der Kerzenzahl, sondern nach der Energie in Watt
in Klassen eingeteilt sind:
Tabelle 2.
Volt
Watt
Kugeldimensionen der
normalenLampenmm
Spiral-drahtlampenmm
100–130
15
65–75
50
100–130200–260
25
75–80
60
100–130200–260
50
90
70
100–130200–260
100
100–120
90
Es war zu erwarten, daß man zum Teil auch andere Glockenformen für diese Lampen
benutzen und sich dann des von früher bekannten Hilfsmittels bedienen würde, die
Lichtwirkung durch Anbringung eines weißen Lackreflektors oder eines
Milchglasreflektors weiter zu erhöhen. Die Ausführung einer solchen Lampe mit einem
Reflektor der letztgenannten Art zeigt Abb. 3.
Textabbildung Bd. 329, S. 403
Abb. 3. Spiraldrahtlampe mit Milchglas-Ueberwurfreflektor (½ nat. Gr.)
(Schluß folgt.)