Titel: | Elektrische Installationen in Wohnräumen und Werkstätten. |
Autor: | Wilhelm Klement |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 408 |
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Elektrische Installationen in Wohnräumen und
Werkstätten.
Von Oberingenieur Wilhelm Klement.
KLEMENT: Elektrische Installationen in Wohnräumen und
Werkstätten.
Der Installation elektrischer Anlagen wurde von selten des Verbandes Deutscher
Elektrotechniker von jeher besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Man war bemüht, durch
mehrfach verschärfte Vorschriften unsolide Ausführungen zu verhindern. Genannte
Vorschriften, die soeben einer gründlichen Revision unterworfen wurden, erstrecken
sich einerseits auf Errichtung und Betrieb elektrischer Anlagen, anderseits auf die
Konstruktion und Prüfung der Apparate, Materialien und Leitungen. Es unterteilen
sich hiernach die Verbandsvorschriften in Errichtungsvorschriften,
Betriebsvorschriften und Vorschriften über Konstruktion und Prüfung von Apparaten
usw.
Unterschieden wird hierbei zwischen Niederspannungs- und Hochspannungsanlagen. Als
Niederspannungsanlagen gelten Starkstromanlagen, bei welchen die Gebrauchsspannung
zwischen irgend einer Leitung und Erde 250 Volt nicht überschreiten kann. Bei
Akkumulatoren ist die Entladespannung maßgebend. Alle übrigen Starkstromanlagen
gelten als Hochspannungsanlagen.
Die Errichtungsvorschriften enthalten für die verschiedenen Anwendungsgebiete
verschieden scharfe Bestimmungen und unterscheiden im wesentlichen: „Elektrische
Betriebsräume“, „abgeschlossene elektrische Betriebsräume“ und
„Betriebsstätten“. Alle drei dienen zur Aufnahme elektrischer Maschinen
und Apparate, die elektrischen Betriebsstätten zugleich auch andern
Betriebsarbeiten. Sie sind nicht unterwiesenem Personal regelmäßig zugänglich,
stellen also die eigentlichen Werkstätten dar, in denen elektrische Apparate und
Maschinen zur Verwendung kommen. Die Vorschriften unterscheiden ferner zwischen
feuchten, durchtränkten, feuer- und explosionsgefährlichen Räumen. Sie stellen
vornehmlich bestimmte Forderungen auf zum Schutz gegen Feuersgefahr und Gefährdung
von Personen und Tieren durch Berührung spannungführender Teile und hinsichtlich
Schutz gegen Uebertritt von Spannung auf benachbarte Gehäuseteile. Die Forderungen
zur Erzielung größtmöglicher Feuersicherheit sind sehr ausgedehnt und erstrecken
sich auf richtige Bemessung und Belastung der Leitungen, richtige Konstruktion. Wahl
der Abschmelzsicherungen und Selbstschalter, ferner auf Verwendung wärme- und
feuersicherer Materialien und schließlich auf ungefährliches Arbeiten der
Apparate und Maschinen. Gemäß der Forderung zum Schutz gegen gefährliche Berührungen
sind alle zugänglichen spannungführenden Metallteile abzudecken, zum Schutz gegen
Uebertritt von Spannung zum metallenen Gehäuse werden hohe Isolationswiderstände
gefordert, auch sind Gehäuse, Abdeckungen usw., wo nur angängig, zu erden, d.h. mit
Hilfe von ausreichend starken Leitungen mit im Erdboden befindlichen Metallplatten,
eisernen Gebäudeteilen usw. in Verbindung zu bringen. Der hierdurch bei Körperschluß
auftretende Erdschluß macht das Berühren des Gehäuses trotz Körperschluß bei
zuverlässiger Erdung ungefährlich.
Die ferneren Bestimmungen, die sich speziell auf Feuersicherheit, Wärmesicherheit und
mechanische Festigkeit und auf Gefahrlosigkeit der Apparate erstrecken, gelten
allgemein für alle Apparate, während Sondervorschriften außerdem bestehen für
Schalter, Anlasser und Widerstände, Steckvorrichtungen, Schmelzsicherungen und
Selbstschalter, Lampen und Zubehör, Bogenlampen, Beleuchtungskörper, Schnurpendel
und Handlampen. Neu aufgenommen wurden Vorschriften, die eine größere Sicherheit der
sogenannten „Handapparate“, beispielsweise Handbohrmaschinen, elektrische
Lötapparate, ortsveränderliche Heizapparate usw., in Zukunft für den Bedienenden
gewährleisten sollen.
Die Vorschriften für Leitungen erstrecken sich auf die Beschaffenheit der Leitungen,
deren Bemessung (Belastung) und deren Verlegung. Es werden unterschieden Leitungen
für feste Verlegung, solche für Beleuchtungskörper, Leitungen für ortsveränderliche
Stromverbraucher, außerdem Bleikabel. Genannte Bestimmungen bieten für dauernde gute
Isolation der Leitungen die größte Gewähr. Inbezug auf Leitungsverlegung wurden
Bestimmungen getroffen für Installationen im Freien und Installationen in Gebäuden,
wobei auch besondere Vorschriften geschaffen wurden für die Verlegungsmittel, wie
Isolatoren, Rollen, Rohre usw.
Von großer Bedeutung ist die bereits eingangs erwähnte Unterscheidung der Anlagen in
verschiedene Räume. Die Vorschriften fordern insbesondere hinsichtlich Berührungsschutz bei
elektrischen Betriebsräumen geringere Sicherheit als in Betriebsstätten
(Werkstätten), da erstere im allgemeinen unzugänglich sind, bzw. nur von
unterwiesenem Personal betreten werden. Dagegen wird die größte Isolations- und
Berührungssicherheit verlangt für feuchte, durchtränkte und ähnliche Räume, um die
Gefährdung von Personen durch Berührung spannungführender oder unter Spannung
geratener Teile der Anlage möglichst sicher zu verhindern. Die strengen Forderungen
für diese Räume sind um so notwendiger, als Erfahrungen mehrfach gelehrt haben, daß
unter Umständen bei feuchtem Fußboden, Betreten mit feuchtem Schuhwerk oder nackten
Füßen, besonders empfindliche Personen erschlagen wurden, als sie spannungführende
oder schlecht isolierte Teile der elektrischen Anlage zufällig berührten, und zwar
schon bei Spannungen unter 110 Volt. Recht empfindlich zeigten sich hierbei auch
Pferde und Kühe. Den Vorschriften über feuchte, durchtränkte und ähnliche Räume ist
demnach allergrößte Aufmerksamkeit zu schenken und hierbei zu berücksichtigen, daß
feuchte Fußböden nicht nur in Kellereien, Waschanstalten, Färbereien, Brauereien
usw., sondern auch in fast jedem Gewerbebetriebe vorkommen.
Da Räume mit ätzenden Dünsten und feuergefährliche Räume seltener sind, können die
Vorschriften hierfür um so leichter durchgeführt werden. Im allgemeinen wird man
aber in solchen Räumen elektrische Apparate wie auch Leitungen überhaupt möglichst
vermeiden, die Beleuchtung der betreffenden Räume tunlichst von außen her bewirken,
und so weit dies nicht angängig, Leitungen und Apparate mit metallenen Rohren bzw.
Gehäusen gegen jegliche äußere Einflüsse zu schützen suchen, wobei
selbstverständlich die Umhüllungen ebenfalls gegen Zerstörungen chemischer Natur
durch Verbleiung, Verzinkung oder geeigneten Farbanstrich widerstandsfähig gemacht
und unverbrennbar sein müssen.
Für explosionsgefährliche Räume sind nur Apparate zulässig, die durch ihre besondere
Bauart für Verwendung in obigen Räumen erprobt sind. Hierbei genügt im allgemeinen
nicht die Einkapselung der Apparate in kräftige gußeiserne Gehäuse, da diese
erfahrungsgemäß nicht genügend luftdicht gehalten werden können, im Gegenteil sehr
häufig die Eigenschaft besitzen, die umgebenden Gase einzusaugen. Man hat deswegen
die Schutzgehäuse absichtlich mit Luftspalten versehen, die den Explosionsgasen
freien Zutritt zu den Apparaten gewähren, wobei diese im Gehäuse selbst auch zur
Zündung kommen können. Die Luftspalten sind indessen eng genug bemessen und mit so
großen Abkühlungsflächen versehen, daß die Explosionsflamme durch sie hindurch nicht
nach außen treten kann, trotzdem aber genügender Luftdruckausgleich möglich
wird. Einen noch sicheren Schutz bieten Apparate, die schon an sich
schlagwettersicher gebaut sind, was sich beispielsweise bei Sicherungspatronen,
Drehschaltern und Glühlampenfassungen wohl erreichen läßt.
Bei der Unterscheidung der verschiedenen Räume hat man unterlassen, diese näher zu
definieren, da sich das als ganz unmöglich erwies. Zu entscheiden, ob ein Raum
beispielsweise als feuchter oder durchtränkter Raum anzusehen und zu behandeln ist,
und wie weit ein anderer Raum als feuergefährlich zu gelten hat, wird in sehr vielen
Fällen dem besonderen Sachverständigenurteil überlassen bleiben müssen. Bestimmtere
Festsetzungen wurden vom Verbände absichtlich unterlassen, um unnütze Härten zu
vermeiden.
Bekanntlich genießen die Errichtungsvorschriften des Verbandes Deutscher
Elektrotechniker einen weit über die Grenzen Deutschlands hinausgehenden Ruf und
dienen Vorschriften anderer Länder als Vorbild. Auch die Vorschriften für
Konstruktion und Prüfung von Apparaten, Materialien und Leitungen, die, gleich den
Errichtungsvorschriften, vollkommen revidiert und wesentlich ergänzt wurden, dürften
nunmehr allerwärts hochgeschätzt werden. In ihrer neuen Fassung wurden die
Verbandsvorschriften in diesem Jahre von der Jahresversammlung angenommen. Die
Konstruktions- und Prüfungsvorschriften bieten nunmehr dem Fabrikanten eine präzise
Richtschnur für die Ausführung seiner Fabrikate, dem Käufer aber die längst
gewünschte Möglichkeit, die Gegenstände von unabhängigen Prüfstellen auf Güte und
Brauchbarkeit untersuchen zu lassen. Prüfstellen befinden sich u.a. in Hamburg,
Bremen, München, Nürnberg, Frankfurt, Chemnitz und Ilmenau.
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Abb. 1. Mangelhaft installierte, defekt gewordene und zu leicht gebaute
Apparate.
Neben den erwähnten Verbandsvorschriften macht sich in den Kreisen der Fabrikanten
und Installateure mehr und mehr die Absicht geltend, gewissen Forderungen auf
Solidität und Zweckmäßigkeit der Apparate und Anlagen Rechnung zu tragen und
hierbei auch ästhetische Wirkungen zu berücksichtigen. Unter diesen Gesichtspunkten
bricht sich allmählich die Erkenntnis Bahn, Unterscheidungen zu treffen je nach
Verwendungsart der Anlagen. Man kommt hierbei zur Unterscheidung in zwei
Hautverwendungsgebiete, das sind die Wohn- und Versammlungsräume einerseits, die
Werkstätten und industriellen Anlagen andererseits.
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Abb. 2. Gummiaderleitung.
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Abb. 3. Gummiader-Panzerleitung.
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Abb. 4. Gummiader-Rohrdraht.
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Abb. 5. Neuerdings verbotene Gummiaderschnur.
Die Notwendigkeit zu dieser Unterscheidung macht sich in demselben Maße fühlbar, wie
auch der Werkstattsbetrieb sich allmählich zum Fabrikbetrieb umwandelt und Wohnräume
nur noch selten für gewerbliche Zwecke benutzt werden.
Genannte Unterscheidung führt naturgemäß zu einer Verfeinerung des Materials für
Wohnräume und einer um so robusteren Ausführung für Werkstätten. Sie ist selbst noch
da am Platze, wo es sich innerhalb der Fabrik um Bureau- und Werkstattsräume
handelt, und wird nicht nur in bezug auf die zu verwendenden Apparate, sondern auch
hinsichtlich der ganzen Verlegungsart verschieden sein.
Je reinlicher die Unterscheidung in diese beiden Gruppen, um so vorteilhafter
die Apparate je nach ihrer Verwendung. Defekte ähnlich denen nach Abb. 1 werden dann um so seltener werden.
Die Installationsmethoden für Wohnräume sind älter als die für Werkstätten. Für
Wohnräume sind solche verhältnismäßig gut erprobt und werden auf lange Jahre hinaus
wesentliche Aenderungen kaum erfahren. Anders die Installationsmethoden und Apparate
für den Werkstattsbetrieb. Es ist dieses Gebiet zweifellos noch im Werden begriffen.
In nachfolgendem soll es so weit an dieser Stelle möglich behandelt werden.
In Betracht kommen hierfür vornehmlich Niederspannungsanlagen, und zwar als solche
zumeist Dreileiteranlagen für Gleichstrom mit 220 Volt und
Drehstrom-Vierleiteranlagen mit 380 Volt in den Außenleitern (für Motoren) und 220
Volt gegen Erde (für Licht).
Leitungen und deren Verlegung. Der Verband läßt nach den
soeben angenommenen Vorschriften nur noch Leitungen mit wasserdichter Gummihülle,
sogenannte Gummiaderleitungen, zu (Abb. 2), als eine
Abart dieser Leitungen die sogen. Panzeradern vornehmlich zur Montage an Maschinen,
Kranen usw. (Abb. 3), und die Rohrdrähte (Abb. 4). Die Gummiaderleitung darf auf der Wand und
in Rohren in die Wand verlegt werden, Panzeradern und Rohrdrähte nur erkennbar auf
der Wand. Verboten werden nach den neuen Vorschriften für feste Verlegung sogen.
Litzen, das sind zusammengedrillte Mehrfachleitungen, sogen. Gummiaderschnüre (Abb. 5 und 6), die
bekanntlich sehr schnell verstauben. Verboten sind in Werkstätten nunmehr auch
gänzlich alle Arten von Gummibandleitungen.
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Abb. 6. Neuerdings unzulässige Verlegung von Gummiaderschnur mittels
Klemmrollen.
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Abb. 7. Rohrdraht auf der Wand.
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Abb. 8. Porzellanrollen auf Dübeln für Verlegung von Gummiaderdrähten auf der
Wand.
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Abb. 9. Verlegung von Gummiaderdrähten mit Porzellandoppelklemmen.
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Abb. 10. Verlegung von Gummiaderdrähten in Rohr auf der Wand.
Für Fabrikbetriebe kommen von vorgenannten Leitungen allgemein nur in Frage Rohrdraht
auf der Wand (Abb. 7) für die Bureauräume, dagegen
für die Werkstätten Gummiaderdrähte auf Porzellanrollen (Abb. 8) bzw. Porzellanklemmen (Abb. 9)
oder in Rohren auf der Wand nach Abb. 10. Rohre in
der Wand sind für Werkstätten unzweckmäßig.
(Fortsetzung folgt.)