Titel: | Kritische Betrachtungen zu den Entwürfen für das neue Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz. |
Autor: | Emil Bierreth |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 501 |
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Kritische Betrachtungen zu den Entwürfen für das
neue Patent-, Gebrauchsmuster- und Warenzeichengesetz.
Von Patentanwalt Dipl.-Ing. Emil Bierreth,
Berlin.
(Schluß von S. 468 d. Bd.)
BIERRETH: Kritische Betrachtungen zu den Entwürfen für das neue
Patentgesetz usw.
Wie über das Patentgesetz, so ist auch über das Gebrauchsmustergesetz die Auffassung der berufenen Kreise sehr
geteilt.
Die erfinderrechtlichen Bestimmungen werden hier vor allem
verworfen, da man es bei einem Gebrauchsmuster, das meist nur für Neuerungen von
geringerer Bedeutung in Frage kommt, für überflüssig hält, nur dem Erfinder Anspruch
auf Eintragung des Schutzes und dem Angestellten Anspruch auf Vergütung für die von
ihm geschaffene Neuerung zu gewähren.
Bekämpft wird auch vielfach die Verlängerung der Schutzdauer von 6 auf 10 Jahre durch Zahlung einer Gebühr von 150 M, da
hierdurch die Grenzen zwischen Patent- und Gebrauchsmusterschutz verwischt werden
und der Patentinhaber, der meistens durch seine Erfindung viel mehr für den
Fortschritt der Technik geschaffen hat und größere Abgaben an Gebühren entrichten
muß als der Gebrauchsmusterinhaber, gegenüber dem letzteren benachteiligt wird.
Dagegen wird mit dem Verfasser vielfach die, Ausdehnung
des Gebrauchsmusterschutzes auf alle technischen Neuerungen gefordert, wenngleich
von verschiedenen Seiten eine Ausdehnung des Schutzes auch auf Verfahren wieder
abgelehnt wird.
Die Uebertragung der Bestimmungen über die Schadenersatzpflicht bei fahrlässiger Verletzung aus dem Patentgesetz wird
verschieden beurteilt. Vielfach wird hiergegen eingewendet, daß Gebrauchsmuster
Patentgesetz-Entwurf
Textabbildung Bd. 329, S. 502
Angestelltenerfindungen; Gebühren;
Gesetzentwurf; Erfinderanstatt Anmelderprinzip; Gesetzliche Festlegung der
bisherigen Rechtsprechung; Nennung des Erfinders in der Patentschrift; Vergütung
für den Angestellten; Unterschiedl. Behandlung von Angestellten privater und
öffentlicher Betriebe; Ermäßigung der Jahresgebühren; Erhöhung der Anmeldegebühr
von 20 M auf 50 M; Erhöhung der Beschwerdegebühr von 20 M auf 50 M;
Einspruchsgebühr von 20 M; Erhöhung der Nichtigkeitsgebühr von 50 M auf 100 M;
Berufungsgebühr von 300 M und Gerichtskosten; Prüfungsverfahren; Einzelprüfer;
Ein Beschwerdesenat in der Besetzung von 3 und 5 Mitgliedern; 5 jährige
Präklusivfrist für Nichtigkeitsklagen bei offenkundiger Ausführung der
Erfindung; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand; Schadenersatzpflicht bei
Fahrlässigkeit; Bereicherungsanspruch; Erhöhung der Buße; Verschärfung der
Strafbestimmungen; Patentklarheit; Kompetenz des Patentamtes
Gebrauchsmuster-Gesetzentwurf
Textabbildung Bd. 329, S. 503
Angestelltenerfindungen; Gebühren;
Gesetzentwurf; Erfinderanstatt Anmelderprinzip; Gesetzliche Festlegung der
bisherigen Rechtsprechung; Nennung des Erfinders in der Patentschrift; Vergütung
für den Angestellten; Unterschiedl. Behandlung von Angestellten privater und
öffentlicher Betriebe; Verlängerung der Schutzdauer auf 10 Jahre; Gebühren;
Schadenersatzpflicht bei Fahrlässigkeit; Gegenstand des Schutzes; Kompetenz des
Patentamtes; Vorbenutzungsrecht.
Warenzeichen-Gesetzentwurf
Textabbildung Bd. 329, S. 503
Prüfungsverfahren; Gebühren;
Gesetzentwurf; Abschaffung der amtlichen Kollisionsprüfung; Aufgebotsverfahren;
Einzelprüfer; Klassensystem; Klassengebühren; Erhöhung der Beschwerdegebühr von
20 M auf 50 M; Einspruchsgebühr; Löschungsgebühr; Schutzdauer;
Vorbenutzungsrecht; Abschaffung der Sperrfrist; Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand; Bereicherungsanspruch; Oeffentliche Klageanstatt Strafklage; Strafen;
Kein Strafschutz für Ausstattungen
ohne Prüfung auf Neuheit und Schutzfähigkeit eingetragen
werden und es daher unbillig sei, schon den fahrlässigen und nicht wie bisher nur
den grob fahrlässigen Verletzer mit Schadenersatz zu bedrohen. Anderseits wird aber
auch vereinzelt noch der in das Patentgesetz neu aufgenommene Bereicherungsanspruch
für das Gebrauchsmustergesetz gefordert.
Die sonstigen neuen Bestimmungen des Gebrauchsmustergesetzes, wie Beschwerderecht,
Vorbenutzungsrecht, Erweiterung des Löschungsanspruchs auf Grund früherer Anmeldung,
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, werden durchweg gebilligt.
Im Gegensatz zu dem Patent- und Gebrauchsmustergesetzentwurf findet der Entwurf für
das Warenzeichengesetz fast ungeteilten Beifall. Es
werden nur wenige Anstände gegen dieses Gesetz erhoben.
In der Hauptsache gilt letzteres für die Abschaffung der amtlichen Kollisionsprüfung, die zur Entlastung des Patentamtes in
dem Regierungsentwurf vorgesehen ist und durch das Aufgebot mit anschließendem Einspruchsverfahren nach dem Vorbilde des
Patentgesetzes ersetzt werden soll. Wird diese Bestimmung angenommen, so wird die
Rechtsunsicherheit auf warenzeichenrechtlichem Gebiete voraussichtlich sehr groß
werden, da es ein großer Teil der älteren Zeicheninhaber ohne die bisher übliche
besondere Aufforderung des Patentamtes zweifellos versäumen wird, rechtzeitig gegen
die kollidierenden jüngeren Zeichenanmeldungen Einspruch zu erheben, um dann erst
nach Eintragung mit ihrem Löschungsanspruch aufzutreten, nachdem der jüngere
Zeicheninhaber in Unkenntnis über das Vorhandensein des älteren Zeichens vielleicht
schon erhebliche Aufwendungen zur Einführung seines Zeichens gemacht hat.
Da andererseits die bisherige amtliche Kollisionsprüfung allein mit Rücksicht auf die
stetige Anhäufung des Materials und der hierdurch erschwerten Uebersicht zukünftig
auch nicht mehr genügen wird, so wird zur Erhöhung der Rechtssicherheit meist nicht
nur die Beibehaltung der bisherigen amtlichen Kollisionsprüfung, sondern
außerdem auch noch das schon im Entwurf vorgesehene Aufgebots- und
Einspruchsverfahren gefordert.
Eigenartigerweise wird das früher vielfach geforderte Vorbenutzungsrecht für Warenzeichen, das der Entwurf in dem Zeichenrecht
angepaßten beschränkten Sinne vorschlägt, jetzt von verschiedenen Seiten
verworfen.
Die Einführung des Klassensystems, durch das hauptsächlich
den bisherigen Auswüchsen begegnet werden soll, daß sich ein Anmelder, ohne daß ihm
hierdurch irgend welche Mehrkosten entstehen, unter Angabe eines umfassenden
Geschäftsbetriebes sein Zeichen für alle möglichen Waren eintragen läßt, die für ihn
zum großen Teil gar kein Interesse haben, wird fast durchweg als erwünschte
Verbesserung anerkannt.
Den vorgesehenen Gebühren wird gleichfalls im allgemeinen
mit Ausnahme der wieder zu hoch gegriffenen Beschwerdegebühr von 50 M zugestimmt.
Von verschiedenen Seiten wird noch eine Herabsetzung der Klassengebühren
gefordert.
Danach dürfte also das Warenzeichengesetz, wenn die Regierung nicht der Beibehaltung
der amtlichen Kollisionsprüfung Widerstand entgegensetzt,1 im wesentlichen ungeändert angenommen werden,
während das Patent- und Gebrauchsmustergesetz vor seiner Annahme noch scharfe Kämpfe
hervorrufen werden. Prof. Kohler faßt z.B. seine Ansicht
über den Entwurf für das Patentgesetz in seinem in Gewerbl. Rechtsschutz und
Urheberrecht 1914, S. 25 erschienenen Aufsatz in folgenden Worten zusammen:
„So wie der Entwurf jetzt lautet, ist er legislativ nicht zu verwenden. Man
arbeite ihn gründlich um, oder, noch besser, man mache einen neuen.“
Die obigen Zusammenstellungen geben die von verschiedenen Verbänden, Vereinen und
sonstigen Korporationen über die hauptsächlich in Betracht kommenden und in der
ersten Rubrik stichwortartig angegebenen Bestimmungen der drei Gesetzentwürfe
vertretenen Meinungen kurz wieder.