Titel: | Die Bedeutung des Experimentes im physikalischen und chemischen Unterricht. |
Autor: | Otto Friedrich |
Fundstelle: | Band 329, Jahrgang 1914, S. 556 |
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Die Bedeutung des Experimentes im physikalischen
und chemischen Unterricht.
Von Ingenieur Otto Friedrich in
Berlin-Siemensstadt.
(Schluß von S. 536 d. Bd.)
FRIEDRICH: Die Bedeutung des Experimentes im physikalischen und
chemischen Unterricht
Voraussetzung zu all den besprochenen Experimenten ist, daß dem Dozenten im
Hörsaal Strom zur Verfügung steht, und daß der Strom regulierbar ist. Die
verschiedenartigsten Apparate dienen diesem Zwecke, in Spezialkonstruktionen je nach
Stromstärke und Spannung, deren Einregulieren sie in bestimmten Grenzen
gestatten. Für eine Schule ist es aber im allgemeinen wenig vorteilhaft und auch zu
teuer, sich für jeden vorkommenden Fall einen eigenen Regulierwiderstand
anzuschaffen; sie braucht vielmehr einen Widerstand von möglichst vielseitiger
Verwendbarkeit. Er
muß in kleinsten Stufen Spannungen von 0 bis zur Anschlußspannung und Ströme von
geringster bis zur höchsten Stärke, mit der er überhaupt noch belastet werden darf,
einstellen lassen. Dies ermöglicht der Universalregler in Spannungsteilerschaltung.
Ein Kurbelwiderstand G (s. Schema Abb. 29) zur groben Einstellung und ein
Schieberwiderstand F zur Feineinstellung liegen in
Reihe hintereinander an den Klemmen t t des
Netzanschlusses. Der Grobregler besitzt eine Anzahl gleicher Widerstandsstufen, der
Gesamtwiderstand des Feinreglers ist genau einer solchen Stufe gleich. Und da einmal
der Feinregler selbst eine Regulierung in sehr vielen kleinsten Stufen gestattet,
und nach Art der Schaltung mit dem Grobregler zusammen ein Spannungsgefälle
darstellt, wenn der Trennschalter T geschlossen ist, so
kann man von 0 bis zur Anschlußspannung jeden beliebigen Strom entnehmen. Ein sehr
wichtiger Vorzug des Universalreglers ist weiterhin noch darin zu erblicken, daß die
Schaltung äußerst übersichtlich und einfach ist; es wird sich auch ein Schüler
sofort zurechtfinden. Der Universalregler kann in ein fahrbares Gehäuse (Abb. 30) montiert oder in die
Experimentierschalttafel eingebaut werden, die weiter unten noch besprochen werden
soll.
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Abb. 29. Schaltung des Universalreglers.
F = Feinregler, G = Grobregler, T =
Trennschalter, s s = Anschlüsse für den Nutzwiderstand, t t =
Netzanschlüsse
In Wechselstromkreisen kann man an Stelle eines Widerstandes auch einen Transformator
zur Regulierung benutzen; in ihm treten viel geringere Energieverluste auf, auch
verändert er die Kurvenform der Spannung nicht, was für viele Untersuchungen von
Wichtigkeit ist. Die Regulierwandler für kleine Leistungen der Siemens & Halske A.-G., Wernerwerk, werden
als Spartransformatoren mit einer unterteilten Wicklung ausgeführt; sie besitzen
eine sehr gedrängte Form, sind leicht und trotzdem stabil. Handräder bedienen die
Stufenschalter für grobe und mittlere Regulierung, die feine erfolgt durch
einen Schiebewiderstand. Wegen der sehr feinstufigen Regulierung eignen sich diese
Strom- und Spannungswandler besonders für Laboratoriumsarbeiten; in Lehranstalten
wird man jedoch meist mit einer weniger feinstufigen Regulierung auskommen; es
genügen Spannungswandler mit mehrfach unterteilter Sekundärwicklung (Abb. 31).
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Abb. 30. Fahrbarer Universalregler
Eine Schule kann aus Netzanschlüssen nicht immer die Stromarten erhalten, die sie
benötigt. Gleichstrom ist für die grundlegenden Versuche unentbehrlich. Wechselstrom
kann man eventl. missen, wenn das Unterrichtsziel nicht zu weit gesteckt ist, da
sich sehr viele Wechselstromexperimente auch mit pulsierendem Gleichstrom ausführen
lassen.
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Abb. 31. Experimentier-Spannungswandler für Drehstrom mit mehrfach
unterteilter Wicklung
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Abb. 32. Motorgenerator
Nun sind aber gerade Wechselstrom- und Drehstromnetze viel weiter verbreitet, und man
muß dann zu Maschinenaggregaten Zuflucht nehmen, die Drehstrom in Gleichstrom von
geeigneter Spannung (65, 110 oder 220 Volt) umformen. Auch wenn das Netz sehr
hochgespannten Gleichstrom führt, ist es rationeller, einen Motorgenerator an Stelle
von Widerständen zur Erzeugung der niedrigen Spannung zu benutzen. Ein solcher
Motorgenerator (Abb. 32 und 33) besteht aus einem kleinen Motor, der aus dem Netz
gespeist wird, und einem mit ihm fest verbundenen Generator. Diese kleine
Maschinenanlage bildet selbst ein ausgezeichnetes Demonstrationobjekt und sollte
deswegen in einem leicht zugänglichen Raum, etwa im Vorbereitungszimmer, Aufstellung
finden, doch genügt auch ein trockener, ausreichend heller Raum, etwa im
Kellergeschoß, dafür.
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Abb. 33. Motorgenerator, Experimentierwandler und Rückansicht der
Experimentierschalttafel
Schalter und Sicherungen, Universalregler und ein paar notwendige Meßinstrumente,
eventuell auch die Anlaßvorrichtung für den Motorgenerator baut man auf einer
Experimentierschalttafel zusammen. Diese Schalttafel (Abb.
34) ist das wichtigste Glied einer Experimentieranlage, und findet ihren
Platz an der Wand hinter oder neben dem Vortragstisch. Je nach Größe der Anlage und
nach der Zahl der zur Verfügung stehenden Stromarten sind diese Tafeln sehr
verschieden in Ausführung und Größe.
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Abb. 34. Normale kleine Experimentierschalltafel
Jeder Raum, in dem experimentiert wird, braucht seine eigene Schalttafel; man setzt
diese von einer möglichst zentral gelegenen Verteilertafel aus unter Spannung,
was den großen Vorteil mit sich bringt daß die Tafeln beim Nichtgebrauch völlig
stromlos sind.
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Abb. 35. Fahrbarer Experimentierschalttisch mit einem durch Universalregler
regulierbaren Stromkreis
Unbefugtes Schalten von selten der Schüler kann also keinen Schaden bringen. Wird in
mehreren Räumen, jedoch nicht gleichzeitig experimentiert, so läßt sich oft
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Abb. 36. Moderner Physiklehrsaal mit Experimentierschalttafel und
Projektionseinrichtung
durch Benutzung der fahrbaren Experimentierschalttische (Abb. 35) an Stelle der Tafeln eine große
Vereinfachung erzielen. Ein solcher Schalttisch enthält alle zur Regulierung und
Messung nötigen Einrichtungen, ist leicht transportierbar und braucht in den
betreffenden Räumen nur mittels einer Steckdose angeschlossen werden.
Sind außer Physik- und Chemiehörsaal (Abb. 36) noch
Laborantentische mit Strom zu versorgen, so werden eine oder bei sehr großen Anlagen
mehrere Verteilertafeln nötig; die Verteilertafeln mit Preßkontaktstöpseln sind
wegen der leichten Handhabung und des vorzüglichen sicheren Kontaktes am meisten zu
empfehlen.
Ausführlichere Angaben über Experimentieranlagen holt man sich am besten aus den
Preislisten von Firmen welche sich, wie das Wernerwerk der Siemens & Halske A. - G., Berlin, speziell mit der Konstruktion und
Ausführung solcher Anlagen befassen.
Es seien nur noch ein paar Worte über Projektionseinrichtungen angefügt. Die bisher
genannten Einrichtungen beschränkten sich mehr auf den Physik- und Chemieunterricht,
von einer Projektionseinrichtung aber haben fast alle Fächer der Schule Nutzen.
Geographie- und Geschichtsunterricht können durch Vorführung von Lichtbildern
lebensvoller werden. Wie umständlich und zeitraubend war es beispielsweise, Schülern
einige mikroskopische Präparate zu zeigen, und wie gering war meist der Erfolg.
Führt man aber das Präparat im Lichtbild vor, so sieht es die ganze Klasse
gleichzeitig, man hat die Gewähr, daß sie das Wesentliche auch erkennt, und nicht
infolge unscharfer Einstellung des Mikroskops ganz falsche Bilder bekommt. Und die
Hauptsache, man kann in derselben Zeit, die 30 Schüler zum Besichtigen eines
Präparates brauchen, vielleicht 50 im Lichtbild zeigen, und obendrein noch dazu
Erläuterungen geben.
Die bequemste Lichtquelle für Projektionsapparate ist die elektrische Bogenlampe, die
mit ganz wenigen und leichten Handgriffen zu bedienen ist, viel leichter als ein
Kalklicht, und die sich infolgedessen viel besser für den Schulbetrieb eignet. Ist
eine Experimentierschalttafel vorhanden, so erübrigt sich die Anschaffung eines
eigenen Regulierwiderstandes, die Stromstärke wird dann mittels des Universalreglers
der Schalttafel eingestellt.
In Vorstehendem wurde versucht, die Bedeutung des Experimentes für den Unterricht zu
skizzieren. Gleichzeitig wurde auf die modernsten Hilfsmittel hingewiesen, die die
Experimente ermöglichen und erleichtern; die es gestatten, den Vortrag und die
Schwierigkeiten des Verständnisses aus dem Wege zu räumen. Ein Unterricht, der in
solcher Weise erteilt wird, gibt den Schülern die wertvollsten Kenntnisse mit ins
praktische Leben, er zieht junge Leute mit offenen Augen und scharfem Verstande
heran. Und auf unserer Jugend ruht unsere Zukunft!