Titel: | Festigkeitseigenschaften einiger Treibriemenmaterialien. |
Autor: | P. Stephan |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 17 |
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Festigkeitseigenschaften einiger
Treibriemenmaterialien.
Von Professor P. Stephan in Altona.
STEPHAN: Festigkeitseigenschaften einiger
Treibriemenmaterialien.
1. Allgemeines.
In den Heften 19 ff. des Jahrganges 1913 hatte Verfasser eine Anzahl Angaben über die
Festigkeitseigenschaften des Treibriemenleders gemacht. An die damals mitgeteilten
Versuche schlössen sich weitere über Treibriemenleder und die gebräuchlichen anderen
Riemenmaterialien an, die zu einigen allgemein gültigen Gesetzen führten. Da immer
noch angegeben wird, daß Treibriemenleder eine Zerreißfestigkeit von 500 und
bisweilen 800 kg/qcm besitzt, und für die anderen Materialien ähnliche Zahlen
genannt werden, während man bei der landläufigen Berechnung die Beanspruchung kaum
auf den 20. Teil dieser Werte ansetzt, wenn der Riemen auch nur verhältnismäßig
kurze Zeit halten soll, so besteht hier offensichtlich ein Wiederspruch, zu dessen
Aufklärung die folgenden Darlegungen beitragen sollen.
Ehe Ergebnisse mitgeteilt werden können, seien hier einige für alle
Festigkeitsuntersuchungen maßgebende Punkte kurz wiederholt: Es ist seit langem
bekannt, daß besonders bei sehr nachgiebigen Materialien, aber auch bei harten
Eisen- und Stahlsorten ein richtiger Wert der Zerreißfestigkeit nur festgestellt
werden kann, wenn eine hinreichend lange Zeit für den Versuch aufgewendet wird, die
von der Art des zu untersuchenden Materials abhängig ist. Werden mehrere
gleichartige Versuche mit demselben Material angestellt, so macht sich der Fehler
besonders dadurch kenntlich, daß die kurz vor dem Zerreißen des Probestückes
bestimmte Dehnung verschiedene, meist garnicht in Einklang zu bringende Werte zeigt,
die jedoch immer unterhalb des bei langsamem Zerreißen gemessenen Betrages liegen.
Z.B. liefern die in der industriellen Praxis meist recht schnell ausgeführten
Untersuchungen von Kesselblechproben fast immer etwas höhere Werte der Festigkeit
und geringere der Dehnung, als von amtlichen Prüfstellen bei langsamem.
Arbeiten an demselben Material gefunden werden. Der Unterschied steigert sich bei
nachgiebigen Materialien wie den hier in Frage kommenden sehr bedeutend. Verfasser
führte deshalb seine Zugversuche in zum Teil recht langen Zeiträumen durch, und zwar
derart, daß auf der Zerreißmaschine eine bestimmte Verlängerung eingestellt und nun
die Veränderung der dazugehörigen Zugkraft beobachtet wurde.
Textabbildung Bd. 331, S. 17
Abb. 1.Spannungsabfall von Leder bei unveränderter Dehnung
Es ergab sich, daß die zur Erhaltung der eingestellten Verlängerung nötige Kraft mit
der Zeit immer kleiner wird, und zwar wurde diese Abnahme regelmäßig und für Zeiten
bis zu einer Woche festgestellt, wenn sie auch zu Anfang am größten ist. Ein
Beispiel einer solchen an Leder gemachten Aufnahme gibt die nachstehende Tabelle
wieder, deren Werte in Abb. 1 zeichnerisch
dargestellt sind. Aehnliche Abhängigkeiten von der Zeit finden sich auch bei anderen
physikalischen Vorgängen, z.B. hat Zschimmer eine fast
gleiche Kurve für die Abhängigkeit des Schmelzpunktes von Glas von der
Erhitzungszeit gefunden („Die Naturwissenschaften“ 1914 S. 962).
Zeit:
0
1/4
½
¾
1
2
3
4
72
114
169
Min.
Kraft:
452
344
338
332
330
319
314
311
282
273
267
kg
Für derartige Abklingungen gilt durchweg das Gesetz
Pt =
P0 · e–c•t;
wenn bezeichnet:
P0 die Kraft zur Zeit 0,
Pt die Kraft zur Zeit t,
e die Basis der natürlichen
Logarithmen,
c einen dem betreffenden Vorgang
und Materialzustand eigentümlichen Festwert.
Da zur Einstellung der Verlängerung schon eine gewisse Zeit
gebraucht wird, während der die Spannkraft bereits wieder heruntergeht, so ist die
Bestimmung des Anfangswertes P0 mit Sicherheit kaum möglich. Verfasser näherte
deshalb die Exponentialkurve überall durch eine Hyperbel an, die von dem tatsächlich
gemessenen Verlauf nur in den ersten Minuten etwas abweicht.
Es liegt nun kein Grund zu der Annahme vor, daß der stets beobachtete Spannungsabfall
nach einer bestimmten Zeit plötzlich aufhört, und man kann infolgedessen das
angegebene Gesetz auch für längere Zeiten, als bisher untersucht worden sind, als
gültig ansehen. Selbst wenn eine geringe Abweichung im späteren Verlauf vorhanden
sein sollte, so ist es für die Praxis gleichgültig, ob ein bestimmter endlicher
Spannungsabfall in etwa neun oder zehn Jahren eintritt, so daß die im Folgenden
wiedergegebenen Zahlenwerte für die gemeinhin als ausreichend angesehene Lebensdauer
der betreffenden Riemenmaterialien maßgebend sind.
Die beschriebene Erscheinung der Spannungsabnahme bei gleichbleibender Dehnung beruht
darauf, daß alle organischen Fasern eine sehr deutlich hervortretende Ermüdung
zeigen. Die gezogene Faser setzt der Dehnung eine im ersten Augenblick recht hohe
elastische Kraft entgegen, die die Dehnung sofort rückgängig zu machen sucht. Ist
das nicht möglich, so setzt sich die zuerst ganz oder nahezu rein elastische Dehnung
mit der Zeit immer mehr in eine bleibende um. Zur Aufrechterhaltung einer bleibenden
Dehnung ist aber keine Kraft mehr erforderlich, und so sinkt die von der
Prüfmaschine angezeigte Kraft stetig und dauernd. Damit steht in Uebereinstimmung
die Erfahrung, daß bei völliger Entlastung die Verkürzung ebenfalls tage- und
wochenlang andauert, denn die vorher elastisch gespannt gewesenen Fasern müssen
jetzt die bleibend gedehnten zusammendrücken. Es folgt daraus, daß ein nach einer
gewissen Anspannung entlastetes Riemenstück keineswegs spannungslos ist; vielmehr
werden einzelne Fasern zusammengedrückt, während andere noch Zugspannungen erfahren.
Hiermit stimmt wieder die Beobachtung überein (vgl. unten), daß die Probestücke bei
Beginn der Wiederanspannung schon unter einer ganz geringen Belastung stark
nachgeben.
Zu beachten ist, daß zwischen dem Zerreißversuch und der Betriebsbeanspruchung ein
grundsätzlicher Unterschied besteht. Beim Zerreißversuch wird eine bestimmte Dehnung
eingestellt, der sich die Spannung nach dem obigen Gesetz anschließt, während
im Betriebe eine bestimmte, allerdings langsam abnehmende Kraftwirkung vorliegt und
die Dehnung immer wieder neu eingestellt – vergrößert – wird, damit die Spannung im
Mittel ungefähr dieselbe bleibt. Das Endergebnis ist aber in beiden Fällen das
gleiche. Bemerkt sei noch, daß von Stribeck an erwärmten
Metallen Zugversuche angestellt worden sind, die diesen Betriebsvorgang möglichst
nachahmen, deren Ausführung aber erheblich mühseliger war als die der auch schon
recht unbequemen des Verfassers. Der sachliche Unterschied ist nur der, daß die Stribeckschen Abbildungen des Dehnungsverlaufs wagerechte
Dehnungszunahmen zeigen, wo die des Verfassers senkrechte Spannungsabnahmen
enthalten.
2. Leder.
Je nach der Art der Gerbung ist auch das Verhalten des Leders verschieden. Man
unterscheidet deshalb für die hier in Betracht kommenden Zwecke hauptsächlich die
folgenden Arten.
Rein Eichenlohe-grubengegerbtes Leder: Als Gerbmaterial wird nur Eichenlohe bzw.
Eichenlohebrühe verwendet. Die gereinigten Blößen werden in einer Reihe von
Farbgängen, in die sie hineingehängt werden, vorgegerbt und dann in Gruben mit
Eichenlohe versetzt. Mit reiner Eichenlohe in Grubenversatz wird heute nur noch
selten gegerbt, da die billigeren Ersatzstoffe bei richtiger Wahl ein für viele
Zwecke fast genau gleichwertiges Material liefern; allerdings trifft dies gerade für
Treibriemenleder nicht zu, wie aus Tab. 2 zu ersehen ist.
Das gewöhnliche grubengegerbte Leder wird ebenfalls zuerst in Farbengängen vorgegerbt
und dann in Gruben versetzt, aber die Brühen und meist auch die Streumittel sind nur
teilweise, bisweilen auch garnicht mehr aus Eichenlohe gewonnen.
Leder moderner Gerbung wird ganz oder hauptsächlich in mehr oder weniger starken
Brühen fertig gegerbt. Es ist nach Durchlaufen eines Farbganges in umlaufenden
Walkfässern mit der Gerbbrühe durchtränkt worden, worauf oft noch eine kurze
Versetzung in eine Grube folgt.
Hydrodynamisch gegerbtes Leder wird sowohl im Farbgang wie auch bei der Fertiggerbung
mit reinen Eichenlohebrühen von sehr geringer Konzentration behandelt. Nach dem
Farbgange werden je zwei Krupons in rechteckige Holzrahmen fest eingespannt und mit
diesen Rahmen in die Gerbbrühe gehängt. Aus dem abgeschlossenen Innern der Rahmen
wird die Luft ständig abgesaugt, so daß die Gerbstoffbrühe durch die Poren der Haut
gepreßt wird und so alle Fasern mit Gerbstoff tränkt.
Chromgegerbtes Leder wird nach dem Zweibadverfahren zuerst mit einer wässerigen,
etwas angesäuerten Lösung von doppelchromsaurem Kali in einem umlaufenden Walkfaß
getränkt und darauf in einem zweiten Walkfaß mit einer wässerigen Antichlorlösung
behandelt, so daß sich eine Chromoxydverbindung bildet, die dem Leder die bekannte
blaugrüne Farbe gibt.
Nach der Gerbung und Reinigung von dem überflüssigen Gerbstoff wird das Leder
gefettet, da es nur in diesem Zustande gute elastische Eigenschaften besitzt.
Wie die unten folgenden Angaben zeigen, ist das nicht weiter vorgestreckte Leder
besonders bei den niedrigeren Belastungsstufen recht nachgiebig und besitzt eine
nicht unbedeutende bleibende Dehnung. Derartige ungestreckte Riemenkrupons werden im
Handel als „Kernleder“ bezeichnet. Sind die Krupons vor der Verarbeitung zu
Riemen in nassem Zustande vorgestreckt und unter Spannung wieder getrocknet worden,
so hat das Material die Handelsbezeichnung „Prima“. Wenn nicht der Krupon im
Ganzen, sondern die einzelnen Bahnen nach der Zerlegung des Krupons naß gestreckt
und unter Spannung getrocknet worden sind, hat das Riemenleder die
Handelsbezeichnung „Extra“.
Man erkennt, daß diese Vorbehandlung und Qualitätsunterscheidung nur die Dehnung des
Leders betrifft, während die Festigkeit unverändert bleibt, allerdings mit einem
geringen Unterschied: Da nämlich der Querschnitt des Leders bei der Naßstreckung um
5 bis 7 v. H. kleiner geworden ist, so kann ein Prima- oder Extra-Riemen um rund 5
v. H. höher beansprucht werden, als die unten folgenden Zahlenwerte angeben.
Ein typisches Abbild der Ergebnisse eines ausgegeführten Zugversuches von langer
Dauer enthält die Abb. 2. Die bei der angegebenen
Dehnung erhaltenen Augenblickswerte der Spannung, die naturgemäß etwas von der
Geschwindigkeit der Einstellung abhängig sind, verbindet die oberste Linie, die nach
zwei Minuten abgelesenen Werte liegen auf der zweiten, die für die Versuchsdauer von
sechs Stunden interpolierten Werte auf der dritten Linie. Der Anfang der
Belastungskurven ist als bedeutungslos nicht mit aufgenommen worden (siehe unten).
Auffällig ist, daß während die Augenblickswerte eine gleichmäßig durchlaufende, erst
am Ende etwas umbiegende gerade Linie bilden, die Zeitwerte am oberen Teil einen
scharfen Knick zeigen, der in Uebereinstimmung mit der bei Metallen üblichen
Bezeichnung „Streckgrenze“ genannt wird. Bei Ueberschreitung der Streckgrenze
fangen einzelne überanstrengte Lederfasern an zu reißen, was sich durch ein
knisterndes Geräusch kenntlich macht, das mit steigender Spannung immer mehr
zunimmt.
Der z.B. in Abb. 1 dargestellte Spannungsabfall bei
einer bestimmten Dehnung läßt sich mit großer Annäherung durch eine Hyperbel
darstellen, deren Ordinaten in einer arithmetischen Reihe abnehmen, während die
Abszissen in einer geometrischen Reihe mit dem Exponenten 2 steigen. Anscheinend ist
die Schnelligkeit, mit der die betreffende Dehnung eingestellt wird, von Einfluß
darauf, ob dieses Hyperbelgesetz bereits nach zwei oder erst nach vier Minuten
Zeitverlauf gilt. Der erste Teil der Kurve von 0 bis 2 bzw. 4 Minuten wird von der
Hyperbel nicht mehr genau genug wiedergegeben (vgl. oben). Wird das Hyperbelgesetz
auch für längere Zeitabschnitte als gültig angesehen, und es liegt kein Grund vor,
eine plötzliche Aenderung im Verhalten der fraglichen Stoffe anzunehmen, so
erhält man, daß derselbe Spannungsabfall in den Zeiten
2 Minuten, 6 Stunden, 28 Tage, 10 Jahre
stattfindet. Ueber 10 Jahre hinaus verläuft die Kurve
praktisch fast parallel zur Zeitachse.
Textabbildung Bd. 331, S. 19
Abb. 2.Leder, Eichenlohe-Grubengerbung
Wird also der Spannungsabfall zwischen der zwei Minuten- und der sechs Stunden-Linie
von dieser aus verdoppelt nach unten abgetragen, so erhält man den untersten
Linienzug der Abb. 2, der die Spannungen miteinander
verbindet, die nach Verlauf von zehn Jahren die entsprechenden Dehnungen
hervorbringen würden. Die Streckgrenze für die zehnjährige Beanspruchung ist für
normale Treibriemen die maßgebende Beanspruchungszahl, die nur durch gelegentliche
stoßweise Belastungen überschritten werden darf. Denn bei dauernd gleichmäßiger oder
gleichmäßig zwischen zwei Grenzwerten schwankender Belastung dehnt sich das Leder
immer mehr, wie ja die landläufige Erfahrung lehrt, bis es schließlich die der
Streckgrenze entsprechende Dehnung erreicht hat, bei der einzelne der regellos
miteinander verfilzten Fasern zu reißen anfangen, womit eine stetige und ziemlich
schnelle Zerstörung des Riemens einsetzt.
Die wichtigsten Zahlenergebnisse der Versuche des Verfassers sind in der
nachstehenden Tab. 1 vereinigt. Die Zusammenstellung ergibt, daß sich die Streifen
in der Nähe der sogenannten Hüftlinie, 25 bis 30 cm vom Wirbel entfernt, am
ungünstigsten verhalten, sie besitzen die niedrigste Streckgrenze und
Zerreißfestigkeit und zeigen im allgemeinen die größte Dehnung. Die Flanken- und Rückenstreifen
sind ungefähr gleichwertig. Bemerkt sei, daß die Zahlen für die Dehnung die gesamte,
bleibende und elastische Dehnung kurz vor Eintritt des Bruches angeben.
Textabbildung Bd. 331, S. 20
Abb. 3. Reine Eichenlohegerbung, 10 cm vom Wirbe.Abb. 4. Gewöhnliche
Lohgerbung. 30 cm vom Wirbel.Abb. 5. Gewöhnliche Lohgerbung. Flanke des
Kroupons.
a = Stärke b = Zerreißfestigkeit (2
Min.) c = Bruchdehnung, stark gefettet d = Bruchdehnung, wenig gefettet e =
Streckgrenze (10 J.)
Den Verlauf der Festigkeit nach zwei Minuten, der Streckgrenze nach zehn Jahren und
der Dehnung, sowie der Stärke des untersuchten Streifens stellen z.B. die Abb. 3, 4 und 5 dar, in denen die
Ergebnisse zweier Proben gleicher Gerbung von zum Teil verschiedener Herkunft
übereinander gezeichnet sind. Auch weitere Einzelversuche mit anderen gleichwertigen
Proben fügen sich den wiedergegebenen Kurven sehr gut ein. Einige erhebliche
Abweichungen der Festigkeit nach unten sind durch tiefgehende Adern hervorgerufen,
die in einem schmalen Probestück von 4 cm Breite einen viel größeren Einfluß haben
als in einem Riemen normaler Breite.
Auffällig ist, daß die Festigkeit des Schwanzendes durchweg wesentlich geringer ist
als die des Halsendes. Der fast plötzliche Festigkeitsabfall liegt bei den
Flankenstreifen vier Zehntel der ganzen Kruponlänge von i. M. 1,5 m vom
Schwanzende entfernt, bei den anderen Streifen beträgt derselbe Abstand 4,4 bis 4,5
Zehntel der Länge. Ebenso ist die Dehnung am Schwanzende geringer als am Halsende.
Daß die Dehnung an den äußersten Enden um ein Viertel bis ein Drittel des mittleren
Wertes ansteigt, ist kein Nachteil, denn da die Enden miteinander verleimt werden
und die Leimung die Dehnung auf ungefähr drei Viertel des ursprünglichen Wertes
herabsetzt, so ergibt sich daraus für einen fertigen Riemen annähernd gleiche
Dehnung in allen Teilen.
Betont werden muß, daß Leder von anderer Stärke fast genau die gleichen Festigkeits-
und Streckgrenzenzahlen ergibt, daß also stärkeres Leder derselben Gerbung auch
entsprechend größere Kräfte aufzunehmen vermag. Anders liegt es beim Vergleich
verschiedener Gerbungsarten. Rechnet man als mittlere, häufigst vorkommende Stärke
von Leder reiner Eichenlohegerbung 5 mm, ebenso 5 mm für das gewöhnliche lohgare
Leder und das moderner Gerbung, für das hydrodynamisch gegerbte 3 mm, in der
Rückenlinie 2,7 mm und für Chromleder 4 mm, so steht die zulässige Beanspruchung bei
den genannten Stärken in dem Verhältnis der Tab. 2. Da das Leder an dem Schwanzteil, der am
wenigsten fest ist, die größte Stärke besitzt, so enthalten die Zahlen der Tab. 1
noch eine gewisse Reserve von 5 bis 10 v. H., je nach der Art der Gerbung und dem
Stärkenverhältnis der Haut.
Tabelle 1.
Art der Gerbung
Abstandvon
derRückenliniecm
GeringsteZerreißfestig-keit
nach2 Min. Be-anspruchungat
Streckgrenze nach 6
Std.Beanspruchung
NiedrigsteStreckgrenzenach 10
Jahr.Beanspruchg.at
Stärke an derStelle d. nie-drigsten
Be-anspruchungmm
Mittlere Bruchdehnungdes ganzen
Streifens
Höchstwertat
Geringstwertat
kalt ge-schmiertv. H.
heißgefettetv. H.
Reine
Eichenlohe-Grubengerbung
103055
285250280
320320330
220185220
125115155
3,94,83,7
21 22,5 16,5
262622
Gewöhnliche
„lohgare“Grubengerbung
103055
250190250
225205260
160115155
857090
4,94,34,8
–––
171819
Moderne Gerbung
60
270
195
185
85
4,0
–
–
HydrodynamischeGerbung
82255
415400400
420420640
340280315
245210245
2,0 3,15 3,65
131615
–––
Chromgerbung
73555
195290380
270325435
180165235
115130175
7,25,15,4
–––
40 36,5 32,5
Tabelle 2.
Art der Gerbung
Stärkemm
Rücken-linie
Hüft-linie
Flanke
Reine Eichenlohe-Grubengerbung
5
1,50
1,65
1,65
Gewöhnliche lohgare Gerbung
5
1
1
1
Moderne Gerbung
5
0,95
0,95
0,95
Hydrodynamische Gerbung
3 (2,7)
1,85
1,85
1,65
Chromgerbung
4
1,50
1,85
1,85
Erwähnt sei noch, daß die feine Narbenschicht des Leders eine geringere Dehnung hat
als die gröbere Faserschicht, so daß sich bei den Zugversuchen oft große Querrisse
auf der Oberseite bilden, ehe der Streifen reißt.
Die Dehnungsziffer, das Verhältnis zwischen der Dehnungsänderung und der zugehörigen
Spannungsänderung, ist in hohem Maße von der für die Aenderung gebrauchten Zeit
abhängig, außerdem beträchtlich von der Größe und Dauer der Vorbeanspruchung. Dazu
treten noch die Unterschiede, die durch die Art der Gerbung und Fettung erzeugt
werden, wie sie z.B. in den oben angegebenen Bruchdehnungen zum Ausdruck kommen. Es
ist demnach ausgeschlossen, für jeden vorkommenden Fall einen genau zutreffenden
Wert der Dehnungsziffer zu nennen.
Bei der erstmaligen Beanspruchung sinkt die Dehnungsziffer mit steigender Belastung
immer mehr, wie z.B. die nachstehende Zusammenstellung zeigt, die an einem von der
Gerberei angelieferten, nicht vorgestreckten Material gemessen wurde.
Beanspruchung:
0
25
50
83
106
143
183
at
Dehnungsziffer:
1/800
1/1000
1/1270
1/1530
1/1600
1/1900
cm2/kg
Nach mehrfacher Vorstreckung werden die Zahlen in den höheren Belastungsstufen
gleichmäßiger; jedoch selbst nach vielfacher und langer Vorstreckung dehnt sich das
Leder von dem „Nullzustand“ aus – in dem einzelne Fasern ja sogar
Druckspannungen erfahren, die sich bei größerer Voranstrengung direkt als
Wellenbildungen auf der Oberfläche bemerkbar machen, – bei ganz geringer
Beanspruchung recht bedeutend. Die Dehnungskurve hat ungefähr den in Abb. 6 dargestellten Verlauf: An einen sehr flach,
liegenden, ziemlich geraden Teil, der natürlich durch mehrmalige Vordehnung verkürzt
wird, schließt sich eine scharfe Krümmung an, und darauf geht die Kurve mit
schwacher, nach der Spannungsachse offener Krümmung weiter. Der letzte Teil, der
allein für die praktische Anwendung in Betracht kommt, kann näherungsweise als
gerade angesehen werden; genauere Bestimmungen sind nach dem obigen wertlos. Ein
Apparat, der gestattet, diese Dehnungskurve an einem längeren Riemenstück direkt
aufzunehmen, ist von Skutsch entworfen worden.
Textabbildung Bd. 331, S. 21
Abb. 6.Dehnungskurve von Leder
Verfasser fand an einem lohgaren Leder gewöhnlicher Gerbung, dessen Nachbarstück in
der Haut bei einer Zerreißfestigkeit von 245 at (zwei Minuten nach Einstellung
bestimmt) kurz vor Eintritt des Bruches die Dehnung 26,2 v. H. zeigte, nach einer vielfachen,
über zweieinhalb Wochen ausgedehnten Vorbeanspruchung, während der sich die Länge um
10 v. H vergrößert und der Querschnitt um 6,5 v. H. verringert hatte, die in Abb. 6 eingetragenen Zahlen. Auch bei anderen,
hinreichend vorbeanspruchten Ledersorten ergab sich innerhalb der praktisch
vorkommenden Belastungsänderungen etwa derselbe Wert 1 : 5000. Chromleder hat bei
der üblichen Vorstreckung innerhalb der genannten Grenzen etwa die
Dehnungsziffer 1 : 2500 bis 1 : 3000. Daß die Dehnungsziffer des Leders im Betrieb
wesentlich kleiner ist als gemeinhin angenommen wird, wurde wohl zuerst von Boesner ausgesprochen. Sie wird nach dem oben gesagten
immer kleiner, je länger der Riemen benutzt wird.
(Schluß folgt.)