Titel: | Neuerungen für den Antrieb elektrischer Lokomotiven. |
Autor: | G. Wimplinger |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 40 |
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Neuerungen für den Antrieb elektrischer
Lokomotiven.
Von Dipl.-Ing. G. Wimplinger in Aachen.
(Schluß von S. 25 d. Bd.)
WIMPLINGER: Neuerungen für den Antrieb elektrischer
Lokomotiven.
Wie bereits ausgeführt, kann man bei elektrischen Lokomotiven mit Kurbel- und
Gestängeantrieb die durch Lagerspiel oder Ungenauigkeiten des Triebwerkes
hervorgerufenen Schwingungen des Motorankers durch den Einbau federnder Glieder in
das Triebgestänge vermindern. Diese Anordnungen haben den Nachteil, daß sie die
Masse der umlaufenden Teile erhöhen und den Ausgleich erschweren. Mit Rücksicht
hierauf müssen die Federn im Gestänge so klein wie möglich gehalten werden, so daß
infolgedessen ihr Arbeitsvermögen nicht genügt, den gewünschten Zweck vollkommen zu
erreichen. Nach dem DRP Nr. 284486. können bei Fahrzeugen mit Blindwellen diese
Nachteile vermieden werden, wenn die Federung aus dem Gestänge heraus an die Lager
der Blindwellen gelegt wird, so daß die Blindwellen selbst gegen die das Lager
tragenden Teile federn können.
Textabbildung Bd. 331, S. 40
Abb. 13.
Textabbildung Bd. 331, S. 40
Abb. 14.
In Abb. 13 und 14 ist eine solche Anordnung dargestellt. 1 ist der Fahrzeugmotor, 2
das zum Triebrad 3 führende Gestänge und 4 die Blindwelle, deren Lager durch die Federn 5 gegen den starren Rahmen 6 des Fahrzeuges abgefedert ist. Die besondere Ausführung eines
abgefederten Blindwellenlagers zeigt Abb. 14.
Getragen und senkrecht geführt wird das Blindwellenlager von dem Stahlgußstück 6, das an dem Lokomotivrahmen befestigt ist. Ein
Keil 7, der mit Hilfe der Schrauben 8 bewegt werden kann, dient zum Nachstellen der
Gleitlagerführung für die Blindwelle. Diese ist in den Lagerschalen 9 gelagert, die ihrerseits von den Blattfedern 5 getragen werden.
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Abb. 15.
Bei elektrischen Lokomotiven mit einem hochliegenden Motor, der mittels Kurbeln und
Stangen die Triebräder antreibt, ist es mit Rücksicht auf die Federung und die
senkrechten Komponenten der Stangenkräfte erforderlich, in Höhe der
Triebachsenkurbeln einen Hilfspunkt anzuordnen, von dem aus der Antrieb durch nahezu
wagerechte Stangen erfolgt. In den meisten Fällen wird dieser Hilfspunkt als
Kurbelzapfen von Blindwellen ausgebildet. Durch Verwendung einer Blindwelle wird
aber der Rahmen geschwächt, da sie nach unten herausnehmbar angeordnet werden muß.
Ferner bedingt die Blindwelle auch einen bestimmten Platz zwischen den Triebrädern,
so daß der Radstand dadurch vergrößert wird. Nach dem DRP Nr. 286641, Siemens-Schuckert, Berlin, wird eine neue Anordnung
dadurch erhalten, daß bei seitlich angeordnetem Motor die Blindwelle vom Motor aus
jenseits der durch den Hilfspunkt gelegten senkrechten Ebene angeordnet wird, und
daß der Hilfspunkt mit der Motorkurbel durch die nach der einen Seite schräge
Triebstange und mit der Blindwellenkurbel durch eine zweite, nach der anderen Seite
schräge Stange verbunden ist. Der Antrieb der Triebradkurbeln geschieht von dem
Hilfspunkte aus in der üblichen Weise durch wagerechte Stangen. In Abb. 15 ist a der Motor
mit der Achse b, c die Blindwelle, und d bis g sind die
Triebachsen. Von der Motorkurbel führt die Triebstange h zu dem Hilfspunkte i und zu diesem
gleichzeitig die von der Kurbel der Blindwelle c
kommende Stange k. Andererseits führen von dem
Hilfspunkte i die Stangen m und n zu den Kurbeln der zunächst gelegenen
Triebachsen e und f, und von diesen
wiederum die Stangen o und p zu den Kurbeln der Triebachsen d und g. Der Punkt i bewegt sich
zwangläufig auf einem Kreise von einem Halbmesser, dessen Länge gleich der der
Kurbeln der Motorwelle und Blindwelle ist.
Textabbildung Bd. 331, S. 41
Abb. 16.
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Abb. 17.
Bei dem im Vorhergehenden beschriebenen Antriebe für elektrische Lokomotiven bedarf
der Hilfspunkt beim Befahren von Kurven mit Rücksicht auf die auftretenden
Fliehkräfte einer besonderen Führung. Nach dem DRP Nr. 287904, Siemens-Schuckertwerke, Berlin, wird diese Führung dadurch erhalten, daß
der Drehpunkt derjenigen Hilfskurbel, deren Zapfen den Hilfspunkt in der
Stangenebene führt, gegenüber dem Fahrzeugrahmen verschiebbar gelagert ist. In Abb. 16 und 17 ist eine
solche Führung des Hilfspunktes dargestellt. Die Kurbel g sitzt dabei drehbar auf dem Zapfen s, und
dieser wiederum fest auf dem Schlitten t, der sich in
der Führung u in senkrechter Richtung verschieben kann.
Infolge der besonderen Lagerung der Kurbel g kann der
Zapfen s innerhalb der Stangenebene beliebige Lagen
einnehmen, Andererseits verhindert die Kurbel g eine
Bewegung des Hilfspunktes aus der Stangenebene heraus. Die Kurbel g führt im Gegensatz zu den Motor- und Triebradkurbeln
keine drehende, sondern nur eine schwingende Bewegung aus.
Um bei elektrisch mit Zahnradübersetzung angetriebenen Fahrzeugen die ungefederten
Massen möglichst zu vermindern, hat man bereits den Fahrzeugrahmen mit dem
Motorgehäuse starr verbunden. Am Motorgehäuse ist dann auf der Ankerachse das kleine
Zahnrad gelagert, ferner trägt sie eine die Triebachse mit Spiel umgebende Hohlwelle
mit einem Armkranze, der das Triebrad mit Spiel durchsetzt, und an dem das große
Zahnrad befestigt ist. Die Zahnräder liegen außerhalb der Triebräder. Zwischen den
das große Zahnrad tragenden Armkranz und die Arme des Triebrades sind dann
Kupplungsglieder geschaltet, welche die für die Federung erforderlichen
gegenseitigen Bewegungen nicht verhindern. Diese Anordnung hat jedoch den Nachteil,
daß die zwischen das kleine und das große Zahnrad geschalteten Teile im
Betriebe Formänderungen erleiden, und daß hierdurch die gegenseitige Lage der
Zahnräder geändert und infolgedessen kein ruhiges Arbeiten der Zahnräder erzielt
werden kann.
Nach dem DRP Nr. 287719, Siemens-Schuckert, Berlin, wird
eine starre Lagerung der Zahnräder und dementsprechend ein ruhiges Arbeiten dadurch
erhalten, daß die beiden Zahnräder nebeneinander im Fahrzeugrahmen gelagert sind. In
Abb. 18 und 19 ist
eine Anordnung dargestellt, bei der der Motor sowie die Motorachse mit dem kleinen
Zahnrad und das große Zahnrad gemeinsam in einem geschlossenen Gußrahmen gelagert
sind. Dabei ist a der Gußrahmen, c die Motorachse, d das
kleine und e das große Zahnrad. Das letztere ist dem
Laufrade f gegenüber gelagert, und zwischen beiden ist
eine Kupplung beliebiger Bauart angebracht, die nur der Bedingung genügen muß, daß
sie die Abfederung des Rahmens nicht verhindert. Die Kupplung ist in Abb. 19 nicht besonders angegeben. Der Rahmen a stützt sich auf Blattfederbündel, die mit Hilfe
normaler Achsbuchsen an der Triebachse i aufgehängt
sind.
Textabbildung Bd. 331, S. 41
Abb. 18.
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Abb. 19.
Um den Stößen zu begegnen, die auf die Radsätze von Fahrzeugen, besonders bei
elektrischen Bahnen, ausgeübt werden, hat man zwischen Radsatz und Antriebsorganen
eine Hohlwelle geschaltet, die gegen den Radsatz abgefedert ist. Nach dem DRP Nr.
287076, Siemens-Schuckert, Berlin, besteht die Federung
darin, daß zwei Gruppen von federnden Stäben zwischen der Hohlwelle und der Radwelle
angeordnet sind. Die Stäbe jeder Gruppe sind mit dem einen Ende in je eine Radnabe
gesteckt und tragen auf dem anderen Ende das dieser Radnabe entgegengesetzte Ende der Hohlwelle.
In Abb. 20 und 21
bedeuten r und s die
Räder, die auf der Welle w befestigt sind. h ist die Hohlwelle, die auf beiden Enden die Zahnräder
z trägt. Zwischen der Hohlwelle h und der Radwelle w sind
zwei Gruppen von federnden Stäben a und b angeordnet. Die Stäbe a
der einen Gruppe tragen auf ihren Enden e das eine Ende
o der Hohlwelle. Mit ihren Enden k sind sie in der Nabe m
des dem Ende o der Hohlwelle entgegengesetzten Rades
r befestigt. Die Stäbe b des zweiten Satzes tragen auf ihren Enden i
das Ende u der Hohlwelle und sind mit ihren Enden c in der Nabe n des
zweiten Rades s befestigt. Die Enden e oder i der Stäbe sind
zweckmäßig mit der Hohlwelle fest verbunden, um diese zu verhindern, sich
willkürlich zu verschieben. In achsialer Richtung zwischen den beiden Rädern nehmen
die federnden Stäbe keinen Platz weg, und in radialer Richtung ist der Verbrauch von
Platz gering, da die Radwelle mit Rücksicht darauf, daß sie kein Drehmoment zu
übertragen hat, im Durchmesser geschwächt werden kann. Die Hohlwelle kann an einem
ihrer Enden ein Zahnrad, oder, wie gezeichnet, an beiden Enden je ein Zahnrad
tragen, die von einem Motor zwischen den beiden Zahnrädern angetrieben werden. Sie
kann aber auch unmittelbar als Ankerwelle für einen Antriebsmotor dienen.
Textabbildung Bd. 331, S. 42
Abb. 20.
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Abb. 21.
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Abb. 22.
Für elektrisch angetriebene Schnellbahnlokomotiven und für Triebwagen scheint der
Schneckenantrieb besondere Vorteile zu besitzen, weil er gegenüber den bekannten
Kraftübertragungsvorrichtungen spielfrei, durchgehend zentral, symmetrisch und an
jeder Achse angeordnet werden kann. Es genügt ein einziger im gefederten Wagenrahmen
aufgestellter Motor. Der schlingernde Gang der Lokomotive, hervorgerufen durch nicht
vollständig ausgeglichene hin- und hergehende Massen, kann hier vollständig
vermieden werden, was bei der Kraftübertragung auf Triebachsen unmittelbar, oder
durch Zahnräder, Blindwellen und Kurbelgestänge nicht möglich ist. Die von dem Motor
nach den einzelnen Schnecken laufende Antriebswelle muß gelenkig und ausziehbar
gestaltet werden, um die Lokomotive kurvenbeweglich zu machen. Abb. 22, 23 und 24 zeigen nach dem DRP Nr. 284860, Schiemann in Wurzen und Fritz
in Magdeburg, einen neuartigen Schneckenantrieb für Lokomotiven. Hier greifen die
zwischen den einzelnen Schnecken vorgesehenen Kuppelstangen in einer zentralen
Bohrung der Schnecke selbst an, in der die Kupplungsenden der Zwischenwellen
längsverschiebbar, aber unverdrehbar gelagert sind. Eine gut einstellbare Lagerung
der Antriebswellen in den Schnecken wird dadurch erreicht, daß man die zentrale
Bohrung der Schnecken im Querschnitt viereckig gestaltet und die Kupplungsenden der
Zwischenwellen gleichfalls als viereckige Köpfe ausbildet, deren einander
gegenüberliegende Seitenflächen als Zylinderflächen ausgebildet sind. Eine derartige
Kuppelstange kann sich nicht nur ohne weiteres in der Längsrichtung verschieben,
sondern auch in jeder Winkelstellung einstellen, ohne daß die Uebertragung der
Drehkraft irgendwie behindert oder schädlich beeinflußt wird. Die Schnecken selbst
können lose drehbar in einem auf die Radachse drehbar aufgesetzten, das Schneckenrad
umschließenden Gehäuse gelagert werden. Nach Abb. 22
bzw. 23 sitzt der Motor M auf dem Rahmen zwischen den Vorder- und Hinterradachsen und ist durch
universal schwenkbare Wellen W mit den Schnecken S verbunden. Aehnliche Wellen sind auch zwischen den
einzelnen Schnecken vorgesehen. Die Kupplungsköpfe K
der Wellen haben viereckigen Querschnitt und können sich in der Schnecke verstellen,
auch Längsverschiebungen sind zulässig. Das durch den Antrieb bedingte achsiale
Drehmoment des Schneckenlagergehäuses muß infolge der Federung zwischen Achse und
Rahmen durch einen senkrechten Führungszapfen Z, der in
einem Gleitschlitz im Rahmen R gehalten wird,
aufgenommen werden. Dieser Schlitz kann den Bewegungen des Oberkastens bzw. Rahmens
einerseits und den senkrechten und seitlichen Pendelbewegungen der Achse
andererseits nachgiebig folgen. Unter dem Zapfen Z
(Abb. 23) ist die Schnecke S im Gehäuse gelagert. In ihr ist die Bohrung D angeordnet, durch welche das Schmieröl aus dem
Behälter O zum Schneckenrad und zum Achslager
fließt.
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Abb. 23.
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Abb. 24.