Titel: | Das JS-Diagramm von Mollier, ein Beispiel für die Anwendung des Entropiebegriffs. |
Autor: | R. Vater |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 53 |
Download: | XML |
Das JS-Diagramm von Mollier, ein Beispiel für die
Anwendung des Entropiebegriffs.
Von R. Vater, Geh.
Bergrat, Berlin-Grunewald.
VATER: Das JS-Diagramm von Mollier usw.
In einem früheren Artikels. D. p. J. 1915 Bd.
330 S. 502. hatte ich versucht, den Entropiebegriff durch
möglichst anschauliche Darstellungen zu erläutern. Wenn nun auch durch jene
Darlegungen das Wesen der Entropie klar geworden sein
dürfte, so wird doch mancher noch fragen, ob denn die Einführung des
Entropiebegriffes nennenswerte praktische Vorteile bietet. Die sämtlichen
Anwendungsmöglichkeiten hier zu erläutern, würde zu weit führen. Es soll aber
wenigstens als Beispiel ein in der Technik besonders häufig und vielseitig
angewendetes Diagramm besprochen werden, bei welchem Entropiewerte als Abszissen
Anwendung finden: Es ist das sogenannte JS-Diagramm, wie es zuerst von Professor Mollier angegeben wurde.
Das JS-Diagramm besteht aus mehreren Scharen von einander schneidenden Kurven, die
sich punktweise in der Weise aufzeichnen lassen, daß man für eine große Zahl von
Zuständen des Wasserdampfes den jeweiligen Wärmeinhalt i von 1 kg Dampf als Ordinate, die zugehörige Größe der Entropie S (z.B. bezogen auf Wasser von 0° C) als Abszissen
aufträgt. Dabei versteht man unter Wärmeinhalt i z.B.
von gesättigtem Dampf von 3 at abs. diejenige Wärmemenge, welche aufzuwenden ist, um
1 kg Wasser von 0° C in einen Kessel, in welchem 3 at Spannung herrschen,
hineinzudrücken und dort in gesättigten Wasserdampf von 3 at zu verwandeln.
Die Kurven des JS-Diagramms lassen sich in zwei Gruppen zerlegen, von denen jede
wieder aus zwei Scharen sich kreuzender Kurven besteht. Die beiden Gruppen werden
getrennt durch die „Grenzkurve“, deren einzelne Punkte dadurch gefunden
werden, daß zusammengehörige Werte von i und S für gesättigten Wasserdampf (berechnet oder einer
Dampftabelle entnommen und) in irgend einem gewählten Maßstabe aufgetragen werden.
In Abb. 1 ist dies z.B. für die Werte der
Spannungen von 20-, 2- und 0,1 at abs. geschehen. Die Maßstäbe für die Wärmeinhalte
i und für die Entropie S sind aus der Abbildung zu entnehmen. Der Nullpunkt für beide Werte liegt
außerhalb der gezeichneten Figur.
Textabbildung Bd. 331, S. 53
Abb. 1.
Unterhalb der Grenzkurve liegt das Gebiet der feuchten Dämpfe, die also noch
unverdampftes Wasser in Nebelform enthalten. Betrachten wir z.B. Dampf von 2 at
abs., der nur zu 90 v. H. seines Gewichtes aus Dampf und zu 10 v. H. aus Wasser
besteht. Die Entropie solchen Dampfes, bezogen auf Wasser von 0° C, war frühers. D. p. J. 1915 Bd. 330 S. 505.
berechnet worden zu S = 1,574. Der Wärmeinhalt i ergibt sich aus der Erwägung, daß in dem Dampfe
steckt: Erstens der volle Wärmeinhalt von Wasser von 120° C, nämlich 120,4 WE (siehe
Dampftabellen) und ferner 0,9 der Verdampfungswärme, nämlich 0,9 • 526,8 = 474 WE,
zusammen also i = 120,4 + 474 = 594,4 Wärmeeinheiten.
Diese beiden zusammengehörigen Werte S = 1,574 und i = 594,4 lassen sich unter Benutzung der angegebenen
Maßstäbe in das Diagramm eintragen. In genau derselben Weise lassen sich nun (für
einen spezifischen Dampfgehalt x = 0,9) die
zusammengehörigen Werte von S und i bei anderen Spannungen berechnen. In der Abbildung
ist das z.B. wieder geschehen für 20 und 0,1 at abs. Dasselbe läßt sich dann machen
für x = 0,95; x = 0,85;
x = 0,8 usw. Man erhält auf diese Weise eine Schar von
Kurven, die eine ähnliche Form haben, wie die Grenzkurve und natürlich unterhalb von
ihr liegen. Verbindet man dann durch Linien auch noch alle die Punkte auf den eben
gefundenen Kurven, welche gleichen Spannungen entsprechen – in der Abbildung ist das
mit den Punkten für 20-, 2- und 0,1 at geschehen, so erhält man eine Schar von
schrägen geraden Linien. Daß es gerade Linien sein müssen, läßt sich auch durch eine
einfache mathematische Ueberlegung beweisen.
Oberhalb der Grenzkurve liegt das Gebiet der überhitzten Dämpfe. Für Dampf von 8 at
abs., der auf 200° überhitzt ist, war früherD. p.
J. 1915 Bd. 330 S. 505. die Entropie mit Wasser von 0° C als
Bezugspunkt zu S = 1,637 berechnet worden. Der
Wärmeinhalt i ergibt sich, wenn man zu dem Wärmeinhalt
von 1 kg gesättigten Wasserdampfes von 8 at abs., nämlich 663,3 WE (siehe
Dampftabellen), ähnlich wie bei den früheren Berechnungen der Entropie den Wert der
Ueberhitzungswärme Q = c (200 – 170) = 0,56 • 30 = 16,8
hinzufügt. Die beiden zusammengehörigen Werte wären dann also S = 1,637 und i = 680,1.
In derselben Weise lassen sich nun (Abb. 2) bei
überhitztem Dampf von 8 at abs. zusammengehörige Werte von 250°, 300° C usw.
berechnen. Dasselbe läßt sich dann z.B. machen bei überhitztem Dampf von 1 at (siehe
die Abbildung) usw. Man erhält auf diese Weise durch entsprechende Verbindung der
einzelnen Punkte einmal die von der Grenzkurve aus steiler ansteigenden Kurven für
gleiche Spannung und endlich die mehr wagerecht liegenden flachen Kurven, welche die
Punkte gleicher Temperaturen verbinden.
Textabbildung Bd. 331, S. 54
Abb. 2.
Das Gesamtdiagramm.
In der oben geschilderten Weise sind nun von Mollier
für eine große Anzahl von Spannungen, spezifischen Dampfmengen und
Ueberhitzungstemperaturen die zusammengehörigen Werte berechnet, in einem
bestimmten Maßstab aufgetragen und daraus die früher beschriebenen Kurven
gefunden worden, die dann zusammen das vollständige JS-Diagramm ergeben, von
welchem Abb. 3 ein besonders häufig benutztes
Stück darstellt. Der Maßstab für die senkrecht aufgetragenen i in WE und für die wagerecht aufgetragenen
Entropiewerte S ist aus der Abb. 3 zu entnehmen. Der Nullpunkt der i und S liegt auch
hier wieder außerhalb des dargestellten Diagrammabschnitts. Vollständige
JS-Diagramme, in großem Maßstabe gezeichnet, sind käuflich im Buchhandel zu
haben oder größeren Werken über mechanische Wärmelehre (z.B. Schüle, Technische Thermodynamik, Berlin, J.
Springer) beigegeben.
Die Benutzung des JS-Diagramms.
Was läßt sich nun mit diesen Kurvenscharen anfangen, die in ihrer Gesamtheit das
JS-Diagramm bilden? Zunächst gibt schon die Gestalt
der oben erwähnten „Grenzkurve“ einige fesselnde Aufschlüsse über die
Eigenschaften von gesättigtem Wasserdampf: Je niedriger die Spannung, um so
geringer ist, wie man sieht, der Wärmeinhalt von 1 kg Dampf, die Kurve senkt
sich nach rechts. Das ist allerdings kaum besonders überraschend. Sehr
beachtenswert ist es dagegen, wie flach die Kurve
verläuft. Das beweist nämlich, daß der Wärmeinhalt von 1 kg gesättigten
Wasserdampfes von 0,1 at abs. verhältnismäßig nur wenig geringer ist als der
Wärmeinhalt von l kg Dampf von 20 at abs. Die Kurve zeigt ferner, daß mit
sinkender Spannung die Entropie des gesättigten Wasserdampfes stark zunimmt.
Nach den Betrachtungen des früheren Artikels heißt das, hochgespannter Dampf ist
trotz verhältnismäßig wenig höheren Wärmeinhaltes weit hochwertiger als niedrig
gespannter Dampf, er läßt sich demnach zu einem höheren Hundertsatze in Arbeit
umwandeln als niedrig gespannter Dampf.
Textabbildung Bd. 331, S. 54
Abb. 3.
Für die weitere Benutzung des JS-Diagramms zu praktischen Rechnungen ist in
erster Linie zu beachten, daß bei adiabatischen Zustandsänderungen eines Körpers
die Entropie unverändert bleibt. Das ist auch ohne lange Ableitungen unschwer
einzusehen. Nach einem wichtigen Satze der Thermodynamik ist die bei
adiabatischer Zustandsänderung geleistete Arbeit in mkg allgemein
L=\frac{c_v}{A}\,(T_1-T_2) wobei cv die spezifische Wärme bei
unveränderlichem Volumen, A = 1/427 den
Umrechnungswert von Arbeit in Wärme, T1 die Temperatur am Anfang, T2 die Temperatur
am Ende der adiabatischen Zustandsänderung bedeutet. Da cv und A
als unveränderlich angesehen werden können, so folgt daraus, daß bei adiabatischer
Zustandsänderung die gewonnene Arbeit der Temperaturabnahme proportional ist.
Erinnern wir uns nun des Lynenschen Vergleichs, nach
welchem Arbeitswärme (von der Form Q/T-T) durch
eine Geldrolle von der „Münze“
Q/T und einer Höhe T
dargestellt wurde. Ist die geleistete Arbeit genau proportional (T1 – T2), so heißt das
doch nichts anderes, als daß bei irgend welchen „Anschaffungen“ auf
Kosten jenes Geldes die gemachten Anschaffungen genau der Abnahme der
Geldrollenhöhe entsprechen. Wenn das aber der Fall ist, dann muß bei diesen
Anschaffungen die „Münze“ (Entropie Q/T)
unverändert geblieben sein.
In dem JS-Diagramm sind die Entropiewerte als Abszissen aufgetragen. Bleibt also
die Entropie während einer Zustandsänderung des Dampfes unverändert, so müssen
die beiden Punkte, welche die Zustände des Dampfes vor und nach der
(adiabatischen) Zustandsänderung bezeichnen, offenbar senkrecht übereinander
liegen. Im Folgenden sind nun eine Reihe von Fragen behandelt, die sich auf
Grund dieser Erwägung mit Hilfe des JS-Diagramms leicht beantworten lassen.
1. Veränderung in der Beschaffenheit des Dampfes bei
adiabatischer Zustandsänderung. Dampf von 18 at abs., der auf 280° C
überhitzt ist, dehne sich in einer Dampfmaschine adiabatisch bis auf 2 at abs.
aus. In welchem Zustande befindet sich der Dampf am Ende dieser
Zustandsänderung? Man suche sich den Schnittpunkt der Kurve für 18 at und 280°
auf, Punkt a (Abb.
3) und ziehe von diesem Punkte aus eine Senkrechte nach abwärts so weit,
bis sie die Kurve für 2 at trifft (Punkt b). Der
betreffende Punkt liegt, wie das Diagramm zeigt, etwa in der Mitte zwischen den
Kurven für die spezifische Dampfmenge x = 0,95 und
x = 0,9, der Dampf ist also am Ende jener
adiabatischen Zustandsänderung nicht mehr überhitzt, sondern sogar feucht und
hat eine spezifische Dampfmenge von etwa x = 0,925
kg.
2. Leistung und Dampfverbrauch der „verlustlosen“
Dampfmaschine. In eine mit Kondensation arbeitende Dampfmaschine oder
Dampfturbine trete der Dampf mit 18 at und 280° C ein. Die Spannung im
Kondensator sei 0,2 at abs. Welche Leistung könnte mit 1 kg Dampfen einer
solchen Maschine erzielt werden, wenn es möglich wäre, eine rein adiabatische
Ausdehnung in der Maschine zu erzielen und sämtliche Verluste zu vermeiden? Den
Wärmeinhalt von 1 kg Dampf in WE beim Eintritt in die Maschine gibt wieder der Punkt a gemäß
dem Maßstab der Ordinaten, den Wärmeinhalt beim Eintritt in den Kondensator nach adiabatischer Ausdehnung gibt Punkt
c. Der Wärmeverbrauch in der Maschine für je 1 kg Dampf, der unter
adiabatischer Zustandsänderung durch die Maschine hindurchgeht, wird also
dargestellt durch die Länge der Strecke ac. Im
Maßstabe der Ordinaten gemessen, gibt ac = 180 WE
oder nach dem ersten Hauptsatze eine Arbeit von 180 • 427 = 77000 mkg. Für jedes
in der Sekunde verbrauchte kg Dampf könnte
die Maschine also theoretisch eine Leistung abgeben von
\frac{77000}{75}=1027 PS, oder umgekehrt: Da eine
Pferdestärkenstunde (1 PS-std.) = 75 • 60 • 60 = 270000 Meterkilogramm ist, so
betrüge der Dampfverbrauch für die PS-std. bei einer solchen idealen, oder, wie
man sie auch nennt, verlustlosen Maschine
\frac{270000}{7700}=3,5 kg/PS-std.
3. Thermischer Wirkungsgrad einer verlustlosen
Dampfmaschine. Unter thermischem Wirkungsgrad ηt versteht man das Verhältnis der im
Zylinder einer Wärmekraftmaschine in Arbeit umgewandelten Wärme zu der insgesamt
zugeführten Wärme. Es sei wieder angenommen eine Eintrittsdampfspannung von 18
at abs. bei 280° C und eine Kondensatorspannung von 0,2 at abs. Diejenige Wärme,
die sich im Zylinder der Dampfmaschine unter den angegebenen Verhältnissen
theoretisch in Arbeit umwandeln läßt, stellte sich,
wie eben gefunden wurde, für jedes kg Dampf dar durch die Strecke ac = 180 WE. Die gesamte Wärme, die der Maschine
mit je 1 kg des oben genannten Dampfes zugeführt wurde, ergibt sich durch die
Größe der Ordinate des Punktes a zu 705 WE, der
thermische Wirkungsgrad einer solchen verlustlosen Dampfmaschine beträgt daher
ηt
= 180/705 = 0,256.
4. Wert von hoher Ueberhitzung. Eine verlustlose
Dampfturbine arbeite mit Eintrittsdampf von 6 at bei 340° C
Ueberhitzungstemperatur. Die Kondensatorspannung betrage 0,1 at abs. Wie groß
ist hier der Dampf verbrauch für die PS-std.? Dem Zustande des eintretenden
Dampfes entspricht der Punkt a' (Abb. 3) im JS-Diagramm. Nach der bis auf 0,1 at
abs. erfolgten adiabatischen Ausdehnung ist wegen gleichbleibender Entropie der
Zustand des die Maschine verlassenden Dampfes gekennzeichnet durch Punkt c'. Ein Nachmessen der Strecke a'c' ergibt, daß sie genau eben so groß ist wie die
bei dem vorhergehenden Beispiel gefundene Strecke ac. Das heißt aber: Von jedem kg des hier zugeführten Dampfes (6 at
bei 340° C) wird dieselbe Anzahl von Wärmeeinheiten in Arbeit umgewandelt, wie
im vorhergehenden Beispiel, oder mit anderen Worten, der Dampfverbrauch ist hier
trotz wesentlich geringerer Eintrittsspannung genau so groß wie im früheren
Beispiel bei 18 at und 280° C.
Man erkennt hier deutlich, daß eine verhältnismäßig geringe Steigerung der
Ueberhitzung und Verbesserung der Kondensation eine wesentlichere Rolle spielt
als eine erhebliche Steigerung der Eintrittsspannung. Während die absolute
Dampfeintrittsspannung im obigen Falle das Dreifache
betrug, ist die Ueberhitzung hier im zweiten Falle nur von 280° auf 340°
gesteigert, der Druck im Kondensator von 0,2 auf 0,1 at vermindert und doch
dieselbe Arbeitsleistung erzielt worden.
Wirtschaftlichkeit von
Abdampfturbinen.
Im Maschinenbau spielen neuerdings eine große Rolle Dampfturbinen, welche mit
Dampf von sehr geringer Spannung (1,5 bis 2 at abs.) betrieben werden. Auf den
ersten Augenblick scheint es, als wenn derartige Turbinen für jedes kg
verbrauchten Dampfes nur eine ganz geringe Leistung ergeben könnten. Ein Blick
auf unser JS-Diagramm belehrt uns eines besseren: Nehmen wir an, jener Dampf von
2 at abs. sei beim Eintritt in die Turbine trocken gesättigt, die Spannung im
Kondensator betrage 0,1 at, dann ließe sich nach dem JS-Diagramm theoretisch bei
rein adiabatischer Ausdehnung mit jedem kg Dampf ein Wärmegefälle von 105 WE/kg
erzielen (gestrichelte senkrechte Linie). Ein Vergleich ergibt, daß man dasselbe
Wärmegefälle erhält, wenn man z.B. Eintrittsdampf von Hat bei 320° und als
Endspannung 1,5 at abs. wählt. Nach der oben angestellten Berechnung wäre in
beiden Fällen für einen sekundlichen Dampfverbrauch von je 1 kg
N=\frac{105\times 427}{75}=600\ \mbox{PS.}
Berechnung der
Ausströmgeschwindigkeit aus Düsen.
Textabbildung Bd. 331, S. 56
Abb. 4.
Abb. 4 stellt zwei sehr große Räume vor, in
welchen sich Dampf von dauernd gleichbleibender Spannung befinde. Die Spannung
im Raum a sei größer als die im Raum b. In der Zwischenwand befinde sich eine sogenannte
Düse, durch welche vermöge des Druckunterschiedes Dampf von a nach b strömt. Die
Düse sei so geformt, daß in ihr eine rein adiabatische Ausdehnung stattfindet.
Es fragt sich, welche Geschwindigkeit hat der Dampf beim Austritt aus der Düse.
Bezeichnet man den Wärmeinhalt von 1 kg Dampf im Raum a mit i, den entsprechenden Wärmeinhalt
im Raum b mit i0, so herrscht in der Düse ein Wärmegefälle (i – i0) WE, entsprechend (nach dem ersten Hauptsatze)
einem Arbeitsvermögen von (i – i0) • 427 mkg für
jedes kg durchströmenden Dampfes. Dieses Arbeitsvermögen muß sich, wenn man von
Verlusten absieht, nach dem bekannten Gesetz von der Erhaltung der Energie
wiederfinden in der lebendigen Kraft, welche jedes kg durchströmenden Dampfes
erlangt hat. Unter lebendiger Kraft versteht man aber bekanntlich das Produkt ½
mc2, wobei
m die Masse, c die
Geschwindigkeit des bewegten Körpers ist. Masse ist aber Gewicht (hier 1 kg
Dampf) geteilt durch Erdbeschleunigung, im vorliegenden Falle also m = 1/g, während c die
gesuchte Geschwindigkeit ist. Man erhält demnach
(i-i_0)\,427=\frac{c^2}{2\,g} oder
c=\sqrt{2\,g\cdot 427\cdot (i-i_0)}=91,5\,\sqrt{i-i_0}.
Man hat nun weiter nichts nötig, als aus dem JS-Diagramm
den betreffenden Wert (i – i0) in WE festzustellen und in die
Formel einzutragen. Als Beispiel seien dieselben Verhältnisse gewählt, wie oben
bei der Abdampfturbine: Eintrittsdampf sei trockengesättigter Dampf von 2 at
(Spannung im Raum a). Kondensatorspannung (Spannung
im Raum b) sei 0,1 at. Wie wir oben
festgestellt hatten, beträgt hier i – i0 = 105 WE. Die Geschwindigkeit des Dampfes beim
Austritt aus der Düse wäre also theoretisch
c=91,5\,\sqrt{105}=940 m/Sek.
Die Berechnung dieser Ausströmgeschwindigkeit spielt bei
Dampfturbinen eine bedeutende Rolle. Da nun die tatsächliche Ausdehnung des
Dampfes in gut gearbeiteten Düsen der adiabatischen sehr nahe kommt, bildet das
JS-Diagramm für die Berechnung der Dampfturbinen ein vielgebrauchtes
Hilfsmittel. Man kann sich daher für die verschiedenen Werte von (i – i0) nach der oben angeführten Formel geradezu
einen Maßstab anfertigen, wie dies in der rechten unteren Ecke der Abb. 3 geschehen ist und hat dann nur nötig,
irgend ein Wärmegefälle in dem JS-Diagramm abzumessen und diese aus dem Diagramm
gefundene Strecke an jenen Maßstab anzulegen. Die dort eingeschriebenen Zahlen
geben dann sofort die Geschwindigkeit, welche der Dampf beim Austritt aus einer
solchen oben beschriebenen Düse angenommen hat. Ein Versuch mit diesem Maßstab
entsprechend dem oben berechneten Beispiel zeigt die Einfachheit dieses
Verfahrens und den Vorteil des JS-Diagramms.
Zustandsänderung des Dampfes bei
Drosselung.
Textabbildung Bd. 331, S. 56
Abb. 5.
In eine Rohrleitung, durch welche Dampf hindurchströmt, sei (Abb. 5) eine Scheibe eingesetzt, mit einer
Oeffnung, welche kleiner ist als der Querschnitt des Rohres. Dann findet an
dieser Stelle eine „Drosselung“ statt. Wenn durch diese verkleinerte
Oeffnung in der Zeiteinheit dasselbe Dampfgewicht hindurchstreichen soll, wie
durch den Rohrquerschnitt, so ist das nur dadurch möglich, daß die
Geschwindigkeit erhöht wird. Eine solche Erhöhung der Geschwindigkeit ist aber,
wie wir soeben bei den Düsen gesehen hatten, nur dadurch möglich, daß die
Spannung des Dampfes vor der Scheibe (in der Strömungsrichtung) größer ist, als
hinter der Scheibe. Man sagt, es wird ein Teil der Spannung in Geschwindigkeit
umgesetzt, Von der erzeugten Strömungsenergie wird ein Teil durch die hinter der
Scheibe sich bildendenden Wirbel und Dampfstöße „vernichtet“, d.h. in
Wärme umgewandelt. Die Folge einer solchen Drosselung ist also erstens
Verminderung der Spannung und zweitens Umwandlung eines Teiles der
Strömungsenergie in Wärme, die in den Dampf übergeht. Theoretisch betrachtet
stellen sich die Verhältnisse folgendermaßen dar: Vor der Scheibe besitzt jedes
kg Dampf einen gewissen Wärmeinhalt i1 und eine lebendige Kraft
\frac{1}{g}\cdot \frac{{c_1}^2}{2}. Hinter der Scheibe
sind die betreffenden Größen i2 und \frac{1}{g}\cdot
\frac{{c_2}^2}{2}. Lebendige Kraft ist ein Arbeitsvermögen, eine
Größe, die in mkg gemessen wird oder aber durch Multiplikation mit A in WE ausgedrückt werden kann. Da während des
Hindurchströmens durch die Drosselscheibe Arbeit oder Wärme nach außen hin nicht
abgegeben wird, so muß also sein
i_1+A\cdot \frac{{c_1}^2}{2\,g}=i_2+A\cdot
\frac{{c_2}^2}{2\,g}
und folglich
i_1-i_2=\frac{A}{2\,g}\,({c_1}^2-{c_2}^2).
Da die Geschwindigkeit c2 hinter der Drosselscheibe meist wieder nahezu
gleich c1 wird, ist
also die Klammergröße annähernd gleich Null und demnach genügend genau i1 = i2.
Im JS-Diagramm sind die i die Ordinaten. Wenn also
z.B. ein Dampf von 5 at abs. trocken gesättigt ist und seine Spannung durch
Drosselung auf 2 at vermindertverminmindert wird, so bleibt nach den eben angestellten Betrachtungen der
Wärmeinhalt der gleiche. Zieht man daher (Abb. 3)
von dem Punkte, in welchem die Grenzkurve die Kurve für 5 at schneidet, eine
wagerechte gerade Linie (i soll unverändert
bleiben!) bis dahin, wo sie die Kurve für 2 at trifft (gestrichelte wagerechte
Linie Abb. 3), so sieht man sofort aus dem
Diagramm, daß dieser Endpunkt der Wagerechten im Ueberhitzungsgebiet liegt, und
zwar etwa bei dem Schnittpunkt der Kurven für 2 at und der Temperaturkurve von
140°. Da gesättigter Dampf von 2 at nur eine
Temperatur von rund 120° hat, erhält man also durch die Drosselung in diesem
Falle Dampf, der um etwa 20° überhitzt ist.
Textabbildung Bd. 331, S. 57
Abb. 6.
Zieht man in ähnlicher Weise eine Wagerechte von irgend einem Punkte unterhalb
der Grenzkurve quer durch die Grenzkurve hindurch, so erkennt man, daß feuchter
Dampf durch entsprechende Drosselung getrocknet, ja sogar überhitzt werden kann.
Bis zu welcher Spannung er heruntergedrosselt werden muß, um getrocknet oder
gar überhitzt zu werden, ist durch Ziehen einer entsprechend langen
Wagerechten mit Leichtigkeit aus dem JS-Diagramm zu entnehmen.
Mehrstufige
Dampfturbinen.
Unter Benutzung des JS-Diagramms und des oben erwähnten Geschwindigkeitsmaßstabes
ist es nun sehr einfach, bei einer mehrstufigen Dampfturbine das
Spannungsgefälle zwischen den einzelnen Stufen nach der jeweilig gewünschten
Dampfgeschwindigkeit zu bestimmen. Als Beispiel seien dieselben Verhältnisse
gewählt, wie oben bei den beiden Räumen a und b. Der Dampf soll in einer Turbine mit drei
Druckstufen so ausgenutzt werden, daß er in jeder Druckstufe beim Austritt in
das Laufrad die gleiche Geschwindigkeit besitzt. Welche Spannung muß in den
einzelnen Druckstufen herrschen? Soll beim Austritt aus den drei Düsen der Dampf
jeweilig dieselbe Geschwindigkeit besitzen, so muß auch jedesmal dieselbe Anzahl
von Wärmeeinheiten innerhalb der Düse zur Erzeugung von Geschwindigkeit
verwendet werden. Man teile also die Strecke ac in
Abb. 3, d.h. das gesamte Wärmegefälle in drei gleiche Teile, dann gibt
zunächst die Länge eines solchen Drittels auf den Geschwindigkeitsmaßstab
übertragen, eine Geschwindigkeit von etwa 710 m/Sek. Betrachtet man nun die Lage
der Teilpunkte auf der Linie ac, so ergibt jedes
Drittel der Linie ac Anfangs- und Endzustand des
Dampfes beim Hindurchströmen durch diejenige Düse, welche nach der betreffenden
Druckstufe führt. In die erste Düse tritt der Dampf also ein mit der Spannung 18
at bei 280° Temperatur und dehnt sich beim Hindurchströmen durch die Düse aus
auf etwa 5,3 at (erster Teilpunkt auf der Linie ac). Beim Hindurchströmen durch die zweite Düse nach der Druckstufe 2 dehnt sich der Dampf weiter aus auf etwa 1,2 at
(zweiter Teilpunkt) und in der dritten Düse endlich von 1,2 auf 0,2 at. Die Lage
der Teilpunkte unterhalb der Grenzkurve zeigt, daß der Dampf schon beim Austritt
aus der ersten Düse nicht mehr überhitzt, sondern feucht ist.
Textabbildung Bd. 331, S. 57
Abb. 7.
Soll also in einer Dampfturbine mit drei Druckstufen der Dampf bei dem oben
angegebenen Eintritts- und Austrittszustand in allen drei Stufen dieselbe
Geschwindigkeit besitzen, so muß das Druck gefalle in den einzelnen Stufen
betragen: Erste Stufe 18 – 5,3 = 12,7 at; zweite Stufe 5,3 – 1,2 = 4,1 at;
dritte Stufe 1,2 – 0,2 = 1 at. Trotz der verschiedenen Größe der einzelnen Druckgefälle, ist das Wärmegefälle in allen drei Stufen gleichgroß, nämlich etwa 61 WE und
daher ist auch die Dampfgeschwindigkeit in jeder Druckstufe gleichgroß, nämlich
etwa 710 m/Sek.
Abb. 6 gibt ein Diagramm, welches in der eben
beschriebenen Weise aus dem JS-Diagramm gewonnen ist. Gewählt wurde hier eine
Eintrittsdampfspannung von 12 at bei 300° C und eine Kondensatorspannung von 0,1
at. Die Schnittpunkte der Ordinaten mit den von links unten nach rechts oben
ansteigenden Kurven geben die Höhe der Spannungen (Maßstab an der rechten Seite
der Abbildung), die bei einer bestimmten Zahl von Druckstufen (siehe Abszissen)
in den einzelnen Stufen herrschen müssen, wenn der Dampf in jeder Druckstufe die
gleiche Geschwindigkeit besitzen soll. Die Größe dieser jeweiligen
gleichbleibenden Geschwindigkeit ist ebenfalls sofort aus dem Diagramm zu
entnehmen, und zwar als Schnittpunkt der von links oben nach rechts unten
verlaufenden Kurve mit der die Zahl der Druckstufen angebenden Senkrechten.
Beispiel: Die Zahl der Druckstufen sei acht. Die in das JS-Diagramm vom Punkte
12 at und 300° senkrecht nach abwärts bis hinunter zu 0,1 at gezogene Linie (das
gesamte Wärmegefälle) wird in acht gleiche Teile eingeteilt (s. Abb. 7, die einen Ausschnitt aus Abb. 3 darstellt). Ein Nachmessen dieses Achtels
auf der Geschwindigkeitsskala der Abb. 3 ergibt,
wie auch das Diagramm (Abb. 6) sofort zeigt
(siehe den durch Doppelkreis bezeichneten Punkt) eine Geschwindigkeit von etwa
450 m/Sek. Die Dampfdrücke in den einzelnen Druckstufen ergeben sich entweder
durch die Lage der Teilpunkte auf jener Senkrechten der Abb. 7 oder laut Abb. 6 durch die
Schnittpunkte der Ordinate 8 mit den Kurven in
runden Zahlen zu 8, 5, 3, 1,7, 0,9, 0,45, 0,25 at.
Das Diagramm (Abb. 6) ist dadurch besonders
lehrreich, daß es zeigt, wie außerordentlich groß der Unterschied im
Druckgefälle sein kann bei gleichgroßem Wärmegefälle. Bei geringen
Dampfspannungen genügt schon ein kleines Spannungsgefälle, um dasselbe
Wärmegefälle zu erhalten, wie durch ein großes Spannungsgefälle bei hohen
Dampfspannungen. Je geringer die Zahl der Druckstufen ist, um so auffälliger ist
dieser Unterschied.