Titel: | Rechts-Schau. |
Autor: | Wernebrug |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 341 |
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Rechts-Schau.
Rechts-Schau.
Die Maschine als Bestandteil in der
Zwangsversteigerung. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet bei Sachen,
die auf ein Grundstück eingebracht werden, scharf zwischen Bestandteilen und Zubehör
des Grundstücks. Begrifflich sind wesentliche Bestandteile eines Grundstücks solche,
die von dem Grundstück nicht mehr getrennt werden können, ohne daß dieses oder der
Bestandteil zerstört oder in seinem Wesen geändert wird, Zubehör dagegen solche
Sachen, die keine Bestandteilseigenschaft haben und dazu bestimmt sind, dem
wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen und zu dieser in einem ihrer
Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnisse stehen. Zu den wesentlichen
Bestandteilen eines Grundstückes – hier des Fabrikgrundstückes bei eingebrachten
Maschinen – gehören nach der Vorschrift des § 94 BGB die mit dem Grund und Boden
fest verbundenen Sachen; Zubehör, weil dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu
dienen bestimmt, sind bei einer Fabrik nach besonderer Vorschrift des § 98 BGB die
zu dem Betriebe der Fabrik bestimmten Maschinen und sonstigen Gerätschaften.
Die scharfe Trennung des Gesetzes zwischen Bestandteil und Zubehör einer Sache beruht
darauf, daß die rechtliche Behandlung beider keine gleiche ist. Denn bezüglich der
wesentlichen Bestandteile bestimmt der § 93 BGB ausdrücklich, daß sie nicht
Gegenstand besonderer Rechte – namentlich nicht Gegenstand des Sondereigentums eines
anderen als des Eigentümers der Hauptsache – sein können. Sind also zum Beispiel
Maschinen durch das Einbringen und Aufmontieren in dem Fabrikgrundstück des
Erwerbers der Maschine zu wesentlichen Bestandteilen des Fabrikgrundstücks geworden,
so ist ein etwaiger Eigentumsvorbehalt des Maschinenlieferanten bzw. des Verkäufers
der Maschine rechtlich wirkungslos. Im Gegensatze hierzu bleiben Maschinen, wenn sie
lediglich Zubehör der Fabrik nach der Sachlage sind, rechtlich selbständig, so daß
also ein etwaiger Eigentumsvorbehalt des Maschinenlieferanten an ihnen auch nach
Einbringen in das Fabrikgrundstück des Käufers wirksam bleibt. Bestandteile, und
zwar wesentliche Bestandteile des Fabrikgrundstückes werden Maschinen durch die Art
und Weise ihrer Verbindung mit dem Fabrikgrundstück; dies ist nach dem Urteil des
Reichsgerichtes Bd. 69 S. 118 ff. dann der Fall, wenn sie durch die Art ihrer
Verbindung, oder im Falle einer blos losen Verbindung, durch ihre besondere
Anpassung an die bauliche Beschaffenheit oder an die Zweckbestimmung des
Fabrikgrundstückes einen Teil davon ausmacht und ihre Selbständigkeit verloren hat,
derart, daß sie mit dem Fabrikgrundstück in wesentlichem Zusammenhang steht und nach
der Verkehrsauffassung als ein und dieselbe Sache gilt.
Wie bemerkt wurde, wird ein etwaiger, von dem Maschinenverkäufer bei Verkauf und
Besitzübertragung der Maschine an den Käufer gemachter Eigentumsvorbehalt unwirksam,
wenn die Maschine infolge der erwähnten Verbindung mit dem Fabrikgrundstück des
Käufers zum wesentlichen Bestandteil des Grundstücks – bzw. des Fabrikgebäudes, was
dasselbe ist – wird. Wird nun von den Gläubigern des Käufers der Maschine – des
Fabrikeigentümers – die Zwangsversteigerung des Fabrikgrundstückes ausgebracht und
das Fabrikgrundstück einem anderen als dem Maschinenverkäufer zugeschlagen –
letzterer kann nämlich ebenfalls wegen seiner Kaufpreisforderung mit einem
vollstreckbaren Titel aus dieser die Zwangsversteigerung des Fabrikgrundstückes
betreiben und das Grundstück selbst ansteigern – so erwirbt der Dritte durch den
Zuschlag in der Zwangsversteigerung das Eigentum nicht nur an dem Fabrikgrundstück
selbst, sondern auch an allen darin befindlichen zu wesentlichen Bestandteilen
gewordenen Maschinen, ohne daß hieran durch einen Einstellungsbeschluß des
Prozeßgerichtes oder einen Vermerk des Zuschlagsbeschlusses, daß die Maschinen
ausgenommen sein sollten, etwas geändert werden könnte (R.-G. Bd. 50 S. 241).
Der Maschinenverkäufer darf auch nicht diese zu wesentlichen Bestandteilen gewordenen
Maschinen etwa aus dem Fabrikgrundstück herausnehmen, also losmontieren, und zwar
selbst dann nicht, wenn der Grundstückseigentümer hierin ausdrücklich einwilligt
(R.-G. Bd. 78 S. 333 ff.). Dies aus dem Grunde nicht, weil die auf dem
Fabrikgrundstück lastenden Hypotheken sich auch auf die Maschinen erstrecken,
letztere mit anderen Worten ebenso wie das Grundstück selbst der hypothekarischen
Haftung unterliegen. Tut der Maschinenverkäufer dies gleichwohl, so muß er, falls er
die herausgenommenen Maschinen noch in seinem Besitze hat, diese auf das
Fabrikgrundstück des Käufers, des Subhastaten, zurückbringen, damit die
Versteigerung auch der Maschinen ermöglicht wird; hatte er dagegen die abmontierten
Maschinen an einen Dritten, der gutgläubig war – d.h. die wahre Sachlage nicht
kannte, nämlich das Eigentum des Subhastaten an diesen Maschinen –, so muß er den
erzielten Kaufpreis zu der Versteigerungsmasse abführen. Der so erzielte gesamte
Versteigerungserlös dient dann zur Befriedigung sämtlicher an dem
Versteigerungsverfahren beteiligten Gläubiger des Maschinenkäufers und
Grundstückseigentümers (des Subhastaten). Kannte dagegen der Dritte das Eigentum des
letzteren an den Maschinen, war er also bei ihrem Erwerbe durch den
Maschinenlieferanten bösgläubig, so hat er auch kein Eigentum an den verkauften
Maschinen erworben und muß diese selbst wieder auf das in Versteigerung befindliche
Grundstück zwecks gemeinsamer Versteigerung mit diesem zurückbringen.
Aus dem Gesagten folgt, daß der Maschinenverkäufer sich am zweckmäßigsten zwecks
Befriedigung wegen seiner noch nicht bezahlten Kaufpreisforderung an dem ganzen
Zwangsversteigerungsverfahren beteiligen wird, wenn er nicht selbst der betreibende
Gläubiger ist. Dies kann er entweder in der Weise machen, daß er dem von einem
anderen Gläubiger des Maschinenkäufers eingeleiteten Zwangsversteigerungsverfahren
beitritt, indem er unter Vorlegung seines wegen der Kaufpreisforderung erwirkten
vollstreckbaren Titels einen Beitrittsbeschluß von dem Versteigerungsgericht
erwirkt, wodurch er dann dieselbe Stellung erhält, wie wenn das Verfahren auch auf
seinen Antrag eingeleitet worden wäre. Diesen Weg wird der Maschinenverkäufer
jedoch nur für den Fall einzuschlagen haben, daß völlig sicher der später erzielte
Versteigerungserlös auch zur Deckung seiner Forderung ausreicht, für ihn also aus
dem Versteigerungserlöse noch hinreichend Geld auch nach Befriedigung der vor ihm zu
befriedigenden Gläubiger übrig bleibt. Ist zu erwarten, daß dies nicht der Fall ist,
er also entweder ganz oder doch zum Teil mit seiner Kaufpreisforderung ausfällt, so
erscheint dieser Weg unzweckmäßig. In diesem Falle hat der Maschinenverkäufer dafür
Sorge zu tragen, daß in den Versteigerungsbedingungen und dem Zuschlagsbeschluß ein
Vermerk aufgenommen wird, daß die Maschinen von der Versteigerung und dem Zuschlag
ausgeschlossen sein sollen. Durch diesen Vermerk, der selbstverständlich zur Folge
hat, daß der Ersteher für das Fabrikgrundstück weniger bietet, wird nämlich dem
Ersteher die persönliche Verpflichtung auferlegt, die in dem Vermerk bezeichneten
Gegenstände, hier die Maschinen, abzutrennen und an denjenigen herauszugeben, auf
dessen Antrag der Vermerk aufgenommen worden ist – also an den Maschinenverkäufer –;
wenn der Maschinenverkäufer auf Grund dieses Vermerks der Versteigerungsbedingungen
und des Zuschlagsbeschlusses die Maschinen selbst von dem Grundstück abtrennen will,
so besteht eben die Verpflichtung des Erstehers dahingehend, dies zu dulden. Die
Wirksamkeit eines derartigen Vermerks ist von dem Reichsgericht ausdrücklich in
mehreren Entscheidungen gebilligt und bestätigt worden (Urt. v. 12. II. 1902, 27.
Sept. 1910, Bd. 74 S. 201). Es äußert sich in letzterem Urteil dahin, daß die
Verpflichtung des Erstehers nur rein persönlicher Natur ist, so daß also der
Maschinenverkäufer nicht mit der Eigentumsklage die Herausgabe der Maschinen
verlangen kann. Vielmehr bildet die Grundlage und rechtliche Stütze der Klage des
Maschinenverkäufers eben der in den Versteigerungsbedingungen sowie dem
Zuschlagsbeschluß auf sein Betreiben aufgenommene Versteigerungsvermerk, die das
Entstehen der in der Person des Erstehers begründeten Verpflichtung zur Herausgabe
oder Duldung der Trennung der Maschinen zur Folge hatte.
Da dieser Vermerk in den Versteigerungsbedingungen und in dem Zuschlagsbeschluß nur
eine persönliche Verpflichtung des Erstehers selbst erzeugt, so wirkt sie nicht
gegen den späteren Erwerber des Grundstückes, an den der Ersteher das angesteigerte
Fabrikgrundstück nebst den eingebauten Maschinen weiter veräußert. Deshalb hat der
Ersteher, wenn er sich nicht dem Maschinenverkäufer, der diesen Vermerk erwirkt
hatte, schadensersatzpflichtig machen will, dem späteren Erwerber in dem
Veräußerungsvertrage gleichfalls die Verpflichtung aufzuerlegen, die Maschinen
abzutrennen und ersterem herauszugeben oder doch die Trennung durch diesen selbst zu
dulden. Denn der spätere Erwerber erlangt durch die Veräußerung des
Fabrikgrundstücks neben dem Eigentum an diesem selbst auch das Eigentum an den
eingebauten Maschinen. Selbstverständlich wird der spätere Käufer des
Fabrikgrundstücks aus diesem Grunde dem veräußernden Ersteher einen geringeren
Kaufpreis bei
Auferlegung dieser Verpflichtung zur Herausgabe der Maschinen bieten, da der Wert
des Fabrikgrundstücks ohne diese Maschinen ja entsprechend dem Wert dieser ganz
erheblich geringer ist, wie ohne weiteres ersichtlich ist. Vereinbart der Ersteher
eine derartige Verpflichtung zur Herausgabe der Maschinen gemäß dem Vermerk nicht
mit dem späteren Erwerber des Fabrikgrundstücks, so ist er, wie bemerkt wurde, dem
Maschinenverkäufer (dem Lieferanten) zum Schadensersatz verpflichtet, wobei
dieser Schaden entweder seiner Höhe nach den vollen Kaufpreis der Maschinen
umfaßt, wenn der Käufer nämlich noch nichts bezahlt hatte, oder den noch
rückständigen von dem Käufer zu zahlenden Kaufpreisrest. Zweckmäßigerweise wird
daher der Ersteher bei Weiterveräußerung des Fabrikgrundstücks auch seinem Käufer
diese Verpflichtung zur Herausgabe der eingebauten Maschinen an den
Maschinenverkäufer auferlegen.
Rechtsanwalt Dr. iur. Wernebrug,
Cöln-Rh.