Titel: | Werner von Siemens und die Physikalisch-Technische Reichsanstalt. |
Autor: | Karl Scheel |
Fundstelle: | Band 331, Jahrgang 1916, S. 405 |
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Werner von Siemens und die
Physikalisch-Technische Reichsanstalt.
Von Geh. Regierungsrat Professor Dr. Karl Scheel, Berlin-Dahlem.
SCHEEL: Werner von Siemens und die Physikalisch-Technische
Reichsanstalt.
Während den schönen Künsten zu allen Zeiten reichliche private Mittel zugefloßen
sind, haben die Wissenschaften, namentlich diejenigen, welche man als exakte zu
bezeichnen pflegt, dieser Hilfe bis in die neueste Zeit entraten müssen. Erst seit
wenig mehr als einem Jahrzehnt begann sich in Deutschland der Opfersinn auch für die
Wissenschaft zu regen. Inzwischen sind große Forschungsinstitute, wie zum Beispiel
die Kaiser-Wilhelm-Institute in Dahlem entstanden, deren Bau nicht nur, sondern auch
deren dauernde Unterhaltung kapitalkräftige Bürger bereitwilligst übernahmen. Die
Stifter, welche zum großen Teile der mächtig aufgeblühten Industrie und Technik
angehörten, erwarteten aus ihren Stiftungen keine unmittelbaren Vorteile, wohl aber
hofften sie, daß die neu geschaffenen Forschungsstätten befruchtend auf die
Weiterentwicklung von Wissenschaft und Technik zurückwirkten und so nicht nur den
nationalen Wohlstand, sondern auch den Kulturstand des deutschen Vaterlandes
erhöhten.
Der erste deutsche Techniker, welcher seiner Zeit weit vorausschauend eine
Verpflichtung der Technik gegen die wissenschaftliche Forschung klar erkannte und
seinen Anschauungen nicht nur durch Worte, sondern auch durch Taten Ausdruck
verlieh, war Werner von Siemens. Sein Anteil an der
Gründung der ersten deutschen physikalischen Forschungsstätte, der
Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, soll im folgenden kurz beleuchtet
werden.
Die Pläne für die Errichtung eines der Förderung der exakten Wissenschaften und der
Präzisionstechnik dienenden Staatsinstituts reichen bis zum Jahre 1872 zurück. Die
ersten Vorschläge waren insbesondere von Prof. Schellbach, dem bekannten Berliner Schulmann, und dem Direktor der Berliner
Sternwarte Prof.
Foerster entworfen, die, durch andere namhafte
Gelehrte unterstützt, den damaligen Kronprinzen, späteren Kaiser Friedrich für ihre
Bestrebungen zu interessieren wußten. Im Jahre 1873 berief Generalfeldmarschall Graf
von Moltke als Vorsitzender des Zentraldirektoriums
der Vermessungen im preußischen Staate eine Fachkommission, deren „Vorschläge zur
Hebung der wissenschaftlichen Mechanik und Instrumentenkunde“ die Grundlage
für eine im Jahre 1876 dem preußischen Abgeordnetenhause übergebene Denkschrift
bildeten. In grundsätzlicher Zustimmung zu den Ausführungen dieser Denkschrift und
in Anknüpfung an die in ihr enthaltenen Vorschläge wurde damals zunächst
beschlossen, in den für die Berliner Technische Hochschule herzustellenden neuen
Baulichkeiten geeignete Räume für die Errichtung eines Instituts zur Pflege der
Präzisionstechnik vorzusehen.
Der Neubau war im Jahre 1882 vollendet und es begannen jetzt aufs Neue unter der
Führung der preußischen Staatsregierung die Verhandlungen über die Organisation
eines Instituts zur Förderung der Präzisionstechnik, in welche nun auch Werner von Siemens tatkräftig eingriff. Eine von ihm
mitunterzeichnete Denkschrift vom 16. Juni 1883 schlug, unter wesentlicher
Erweiterung des früheren Planes, die Begründung eines Instituts für die
experimentelle Förderung der exakten Naturwissenschaften und der Präzisionstechnik
(physikalisch-mechanisches Institut) vor. In der weiteren Folge machte dann Werner von Siemens dem preußischen Unterrichtsminister
gegenüber das Anerbieten, dem preußischen Staate eine Grundfläche von 12000 m2 schenkungsweise zu überlassen. Er knüpfte an
diese Schenkung zunächst noch die Bedingung, daß der preußische Staat sich zur
Erbauung, Ausstattung und Unterhaltung der nötigen Laboratorien und sonstigen
Gebäude für die mit fundamentalen wissenschaftlichen Forschungen zu betrauende
Abteilung des projektierten Instituts verpflichte. Als man ihn jedoch darauf
hinwies, daß zur Erfüllung der Bedingung die Genehmigung des preußischen Landtages
erforderlich sei, erklärte Werner von Siemens, daß er
auch die Kosten zur Errichtung der erforderlichen Baulichkeiten tragen und, damit
nicht ein volles Baujahr verloren gehe, auf eigene Gefahr vorgehen wolle, ohne von
dem preußischen Staate eine Garantie wegen Einstellung von Mitteln in den Etat für
1885/86 zu verlangen.
Hiermit schien die Errichtung des Instituts als preußische Einrichtung gesichert.
Indessen noch einmal griff Werner von Siemens in den Gang
der Verhandlungen ein. Im Hinblick auf die nationale Bedeutung des Planes und in der
Hoffnung auf eine Durchführung desselben in größerem Umfange und mit reicheren
Mitteln faßte er den Entschluß, das Preußen gemachte Anerbieten auch dem Reiche
gegenüber aufrecht zu erhalten. Er erklärte sich bereit, dem Reiche, behufs Gründung
eines Instituts zur Ausführung naturwissenschaftlicher Forschungen für technische
Zwecke, eine Schenkung Von einer halben Million Mark in Grundwert oder Kapital zu
machen. Seine Ansichten über die Bedeutung und die Ziele eines solchen
Instituts faßte Werner von Siemens in einem vom 20. März
1884 datierten Briefe zusammen, dessen Inhalt es verdient, der Vergessenheit
entrissen und weiteren Kreisen der Technik zugänglich gemacht zu werden. Da der
Brief uns die Persönlichkeit Werner von Siemens näher
bringt, möge er hier im Wortlaut abgedruckt werden:
„Die staatlichen Einrichtungen zur Förderung des naturwissenschaftlichen
Fortschrittes beschränken sich im allgemeinen darauf, für den
naturwissenschaftlichen Unterricht zu sorgen. Man könnte sagen, daß sie hierin
vielleicht quantitativ zu viel tun. Namentlich gilt dies von Deutschland, aus
dessen ausgezeichneten Unterrichtsanstalten jährlich eine Menge hochgebildeter,
junger Gelehrten hervorgehen, welche im Staatsdienste und im Privatleben kaum
eine andere Verwendung finden, als im Lehrfache, nämlich zur Neuerzeugung
derselben Spezies: Für die Fortentwicklung der Wissenschaft selbst findet sich
keine Organisation; es ist diese der Privattätigkeit der Lehrer in ihren
Mußestunden und physikalisch gebildeten Privatleuten überlassen. Zwar bestehen
in den meisten Ländern Akademien, welche den Beruf haben, an der Fortentwicklung
der Wissenschaft zu arbeiten, aber zu Akademikern werden mit wenigen Ausnahmen
nur Gelehrte ernannt, deren Lebensberuf die Lehrtätigkeit ist, die ihre Zeit und
Kräfte ganz in Anspruch nimmt. Eine Ausnahme hiervon machte bisher nur Rußland;
die russischen Akademiker erhalten ihr auskömmliches Gehalt als solche und sind
nicht zur Lehrtätigkeit verpflichtet. Die russische Akademie hat auch gut
dotierte Laboratorien, in denen die Akademiker wissenschaftliche Forschungen
betreiben können. In der Tat sind in diesen Laboratorien fast alle Arbeiten
ausgeführt, welche Rußland eine ehrenvolle Stellung in der Wissenschaft
verschafft haben. Daß die Erfolge keine durchschlagenderen gewesen sind, erklärt
sich leicht aus dem Stande des russischen Unterrichtswesens. Wenn dagegen
Deutschland trotz des gänzlichen Mangels an staatlichen Einrichtungen für die
bezüglichen Forschungen doch immer eine hervorragende Stellung in den
Naturwissenschaften behauptet und dadurch auch in der traurigen Zeit seiner
politischen Ohnmacht und Zersplitterung den deutschen Namen in Ehren gehalten
hat, so verdankt es dies vorzugsweise seinen Bildungsanstalten und der durch sie
entwickelten und wach erhaltenen aufopfernden Liebe des deutschen Gelehrten zur
Wissenschaft.
Es war dies früher auch ausreichend, als der Umfang der naturwissenschaftlichen
Kenntnisse noch gering war, und wichtige Untersuchungen mit einfachen, wenig
kostspieligen Vorrichtungen ausgeführt werden konnten. In neuerer Zeit hat sich
das aber wesentlich geändert. Je tiefer die Wissenschaft in das geheime Walten
der Naturkräfte eingedrungen ist, desto schwieriger sind die zu lösenden
Aufgaben geworden, desto schärfer müssen die Prüfungsmethoden, desto exakter die
Messungen und Wägungen sein, durch welche die Natur selbst dem Forscher die
Frage nach dem sie beherrschenden Gesetz beantwortet. Zur Anstellung
entscheidender naturwissenschaftlicherVersuche gehören heute geeignete, gut gelegene
und vor äußeren Störungen geschützte Räume, ausgezeichnete und kostspielige
Instrumente und die vollständige Hingabe des mit allen Kenntnissen ausgerüsteten
Gelehrten an die Lösung der unternommenen Aufgabe. Dazu sind die Lehrsäle und
Laboratorien, der dem Lehrzwecke gewidmeten Universitäten und Schulanstalten
nicht geeignet, ebenso wenig die an ihnen angestellten Professoren. Diese sind
von ihrem Lehramte und den damit verbundenen Nebenämtern immer um so mehr
überlastet, je tüchtiger sie sind, und je mehr sie sich als bahnbrechende
Forscher bewährt haben. Es fehlen ihnen neben der Muße zur geistigen Vertiefung
in ihre Forschungsaufgabe auch das geeignete Lokal und die Mittel zur
Beschaffung der nötigen Instrumente und Einrichtungen. Die Folge davon ist, daß
die wichtigsten Aufgaben ungelöst bleiben, und daß hochbegabte Männer, die ihrem
Vaterlande und der Menschheit überhaupt unschätzbare Dienste durch ihre
Forschungsarbeit leisten könnten, im Unterrichtsdienste, den Minderbegabte
vielleicht erfolgreicher verrichten könnten, verbraucht werden.
Textabbildung Bd. 331, S. 407
Werner Siemens um das Jahr 1855
Ein recht schlagendes Beispiel, wie nachteilig dieser gänzliche Mangel an
staatlichen Einrichtungen für die experimentelle Forschung für unser Vaterland
ist, zeigte sich unter anderem bei den internationalen Verhandlungen zur
Feststellung der elektrischen Maßeinheiten. Obgleich diese Maße theoretisch in
Deutschland aufgestellt und begründet sind, konnten doch die schwierigen und
kostspieligen Arbeiten der exakten Darstellung derselben in Deutschland nicht
ausgeführt werden. Es waren die Privatlaboratorien reicher Engländer, welche die
Arbeit übernahmen. Auch die seitens der internationalen Kommission zur
Feststellung der elektrischen Maßeinheiten an die Regierungen gerichteten
Aufforderungen, die Arbeit ihrer Gelehrten in dieser Richtung zu unterstützen,
konnte bei uns keinen wesentlichen Erfolg haben, da im ganzen deutschen Reich
kein für diese Messungen geeignetes Lokal mit den nötigen Einrichtungen
vorhanden war! In Deutschland fehlt die Klasse reicher wissenschaftlicher
Dilettanten, welche in England schon so Großes geleistet und Englands
wissenschaftlichen Ruhm hoch über das Maß seiner durschschnittlichen
wissenschaftlichen Bildung gehoben hat. Es sind bei uns nur einzelne große
industrielle Etablissements, welche befähigt waren und durch ihre eigenen
Bedürfnisse dazu angeregt wurden, solche kostspieligen und umfassenden
gemeinnützigen Arbeiten auszuführen. Für exakte Arbeiten sind aber Fabriken nur
in besonderen Fällen geeignet.
Diese Betrachtungen hatten in dem Unterzeichneten schon vor längerer Zeit den
Entschluß hervorgerufen, der hiesigen Königl. Akademie der Wissenschaften
durch testamentarisches Legat eine größere Geldsumme zur Begründung eines
Laboratoriums, welches wissenschaftlichen Fundamentaluntersuchungen gewidmet
werden sollte, zu vermachen. Als aber im verflossenen Jahre bei Gelegenheit
kommissarischer Beratungen über die Organisation einer in den Räumen des Königl.
Polytechnikums zu errichtenden technischen Versuchsanstalt die betonte
Notwendigkeit einer ähnlichen, ausschließlich der naturwissenschaftlichen
Forschung dienenden Versuchsanstalt von Sr. Exzellenz dem Herrn Minister Dr. von
Goßler anerkannt wurde, der Ausführung jedoch,
außer finanziellen Bedenken namentlich die Schwierigkeit der Beschaffung eines
passend gelegenen Bauterrains entgegentrat, erbot ich mich, dem Staate ein
solches, in der Marchstraße in Charlottenburg gelegenes, durchaus geeignetes
Grundstück von etwa 1 ha Flächeninhalt unter der Bedingung zur Verfügung zu
stellen, daß der Staat es auf seine Kosten zu dem genannten Zwecke bebaute und
die Anstalt angemessen dotierte. Ich erbot mich ferner, auch den Bau der
Arbeitsräume selbst übernehmen zu wollen, in der Hoffnung, dadurch weiteren
Zeitverlust zu verhindern.
Obschon nun bei dem warmen Interesse, welches der Herr Minister v. Goßler an dem Zustandekommen der geplanten Anstalt
nahm, die Hoffnung, daß die noch bestehenden finanziellen Schwierigkeiten sich
überwinden lassen würden, als eine begründete erschien, so konnte ich mich doch
der Erkenntnis nicht verschließen, daß der Plan auf diesem Wege nicht in dem
Umfange durchgeführt werden könne, wie es seiner Bedeutung und dem Beitrage von
etwa einer halben Million Mark, welchen ich zu seiner Realisierung zu leisten
gewillt bin, entsprechen würde. Es handelt sich bei demselben eben auch um eine
staatliche Einrichtung, welche dem gesamten Reiche in gleichem Maße wie dem
Einzelstaat Nutzen tragen wird. Dem Reiche würden aus einer
naturwissenschaftlichen Arbeitsstätte, wie sie geplant ist, sowohl materielle
wie ideelle Vorteile von großem Gewichte erwachsen. Bei dem jetzt so lebhaft
geführten Konkurrenzkampf der Völker hat das Land ein entschiedenes
Uebergewicht, welches neue Bahnen zuerst betritt und die auf dieselben zu
gründenden Industriezweige zuerst ausbildet. Fast ohne Ausnahme sind es neue
naturwissenschaftliche Entdeckungen, oft sehr unscheinbarer Art, welche solche
neuen Bahnen eröffnen und wichtige Industriezweige neu erschaffen oder neu
beleben. Ob die Aufdeckung einer neuen naturwissenschaftlichen Tatsache
technisch verwendbar ist, ergibt sich in der Regel erst nach ihrer vollständigen
systematischen Bearbeitung, d.h. oft erst nach längerer Zeit. Darum darf der
wissenschaftlicheFortschritt nicht von materiellen Interessen abhängig gemacht werden. Die
moderne Kultur beruht auf der Herrschaft des Menschen über die Naturkräfte, und
jedes neu erkannte Naturgesetz vergrößert diese Herrschaft und damit die
höchsten Güter unseres Geschlechtes! Seit durch das Patentgesetz das
Erfindungseigentum im Deutschen Reiche geschützt ist und durch die deutschen
Unterrichtsanstalten wissenschaftliche und technische Bildung weit verbreitet
sind, fehlt es nicht an Kräften und Mitteln zur technischen Verwertung
wissenschaftlicher Entdeckungen. Die Begünstigung der naturwissenschaftlichen
Forschung ist daher in eminentem Grade eine Förderung der materiellen Interessen
des Landes! Diese meist unbewußte Erkenntnis mag wesentlich dazu beitragen, daß
die naturwissenschaftliche Entdeckung dem Lande, dem sie entstammt, überall zur
hohen Ehre gereicht. Nicht die wissenschaftliche Bildung, sondern die
wissenschaftliche Leistung weist einer Nation die Ehrenstellung unter den
Kulturvölkern an. Es erscheint daher als eine Aufgabe des Reiches und nicht der
Einzelregierungen, die nötigen Einrichtungen zu treffen, um diese
wissenschaftliche Leistung auf die Höhe zu bringen und auf derselben zu
erhalten, welche der durchschnittlichen wissenschaftlichen Bildung des Landes
entspricht.
Ich bemerke schließlich, daß ich mit dem Angebot eines Beitrages von einer halben
Million Mark in Grundwert oder Kapital zur Begründung des geplanten Instituts
nur den Zweck im Auge habe, meinem Vaterlande einen Dienst zu leisten und meine
Liebe zur Wissenschaft, der ich mein Emporkommen im Leben ausschließlich
verdanke, zu betätigen.“
Die Bestrebungen Werner von Siemens' hatten vollen Erfolg.
Die von ihm gedachte Arbeitsstätte trat im Oktober 1887 als Physikalisch-Technische
Reichsanstalt ins Leben. Aus bescheidenen Anfängen hat sie sich in den jetzt 29
Jahren ihres Bestehens zu einer blühenden Organisation entwickelt, an der unter der
Leitung eines Präsidenten mehr als 50 akademisch vorgebildete Beamte und ein großes
technisches Personal tätig sind.
In Anlehnung an die Wünsche Werner von Siemens'
erfüllt die Reichsanstalt eine doppelte Aufgabe. Einerseits liegt ihr die Pflege
rein wissenschaftlicher physikalischer Forschung ob, der sie frei von jeder
Lehrverpflichtung und unbekümmert um die augenblicklichen Forderungen des
praktischen Lebens nachgehen kann, andererseits will sie gerade allen einschlägigen
Forderungen der Industrie und Technik nach Möglichkeit gerecht werden, und die
Entwicklung beider fördern.
Es kann nicht der Zweck dieser Zeilen sein, die in 29 Jahren geleistete
wissenschaftliche Arbeit der Reichsanstalt zu schildern oder ihre vielfachen
Beziehungen zu den Fortschritten der Technik aufzudecken. Ein großer Teil der
Forschung war der Schaffung und Sicherung von Maßeinheiten, ihrer Verkörperung durch
genügend unveränderliche Meßmittel und dem Ausbau der Meßmethoden gewidmet. Gerade
die Werner von Siemens besonders nahestehende
Elektrotechnik hat aus dieser Arbeit reichen Nutzen gezogen. Ein weites Feld ihrer
Tätigkeit sucht die Reichsanstalt in der Prüfung der ihr zu diesem Zweck von der
Industrie und der Technik übergebenen Apparate und Instrumente, soweit sie der
Untersuchung nach physikalischen Methoden zugänglich sind. Durch diese Prüfung
erreicht die Technik die unparteiische Feststellung ihrer Leistungsfähigkeit, was
ihr zur eigenen Kontrolle oder auch zum Beweis ihres Vorsprunges vor der Konkurrenz
erwünscht sein kann, Andererseits werden durch die amtliche Prüfung der
mannigfaltigsten physikalischen Meßinstrumente deren Verkaufswert und
Verkaufsfähigkeit erhöht.
Werner von Siemens hat die erste Blütezeit der
Reichsanstalt noch mit erlebt. Er gehörte von den ersten Beratungen bis zu seinem
Lebensende ihrem Kuratorium an und hat in dessen alljährlich wiederkehrenden
Sitzungen viele wertvolle Beiträge zum Arbeitsprogramm der Anstalt beigesteuert.
Auch mit den führenden Beamten der Anstalt ist er stets in engen Beziehungen
geblieben und hat vielfach befruchtend in die Entwicklung ihrer Arbeiten
eingegriffen.